Weiterlesen Das Verfahren gegen Ungarn ist in diesem Kontext durch ein neues Gesetz, welches LSBTIQ*-Inhalte in Literatur und Fernsehen für Minderjährige verbietet, ausgelöst worden, eine Maßnahme die von EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen als „beschämend“ bezeichnet wurde: „Dieses Gesetz benutzt den Schutz von Kindern, dem wir alle gewidmet sind, als Ausrede um Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schwerstens zu diskriminieren“. Gegen Polen ergriff die Kommission rechtliche Schritte. Lokale Autoritäten seien daran gescheitert, auf die Anfragen der EU zu ihren Resolutionen für „LGBT-Ideologie-freie Zonen“, welche in mehr als 100 polnischen Dörfern und Städten verabschiedet wurden, zu reagieren. Die Kommission war unter Druck geraten zu handeln, nachdem das Europäische Parlament das ungarische Gesetz als rechtswidrig verurteilt hatte. Von EU-Beamt*innen wird vermutet, dass die polnischen „LGBT-Ideologie-freie Zonen“ EU-Gesetze über Nicht-Diskriminierung brechen. Die beiden Ländern haben nun zwei Monate Zeit, um der Kommission zu antworten. Dies ist das erste Stadium in einem EU-Sanktions-Prozess, welcher vor dem Europäischen Gerichtshof und mit einer Strafe von täglichem Bußgeld enden könnte.
Jugend
EU-Parlament verurteilt Ungarns anti-LGBTIQ+ Gesetz
12. Juli 2021Weiterlesen Während LGBTIQ+-Aktivist*innen fürchten, dass das ungarische Gesetz zu einem Anstieg in körperlichen und verbalen Angriffen auf queere Menschen führen könnte, und Unterstützung durch die EU fordern, hält Orbán, dem 2022 Neuwahlen bevorstehen, an seinem Argument des Kindesschutzes fest. In einem das Gesetz verteidigenden Brief an die EU warf er EU-Führungskräften vor „koloniale Instinkte lang-verlorener Zeiten heraufzubeschwören“ und „respektlose Machtdeklarationen zu machen“. Weiterhin schrieb er, dass Zentral-Europäer*innen wüssten, wie es ist, „wenn der Staat oder das diktatorische System, und das Machtmonopol, das es betreibt, statt der Eltern die Kinder großziehen wöllten“, und „wir haben das den Kommunisten nicht erlaubt, und so werden wir es diesen selbsternannten Aposteln der liberalen Demokratie auch nicht erlauben, statt der Eltern die Kinder zu bilden“. Das Gesetz, das er hiermit verteidigte, ist beim letzten EU-Gipfel laut Berichten emotional debattiert worden und wurde von der Kommissions-Präsidentin, Ursula Von der Leyen, als „Schande“ bezeichnet. Sie kritisierte, dass es Homosexualität und Gender-Anpassung mit Pornographie gleichsetze. „Dieses Gesetz benutzt den Schutz von Kindern, dem wir alle gewidmet sind, als Ausrede um Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schwerstens zu diskriminieren“. Sie versprach daher die exekutive Macht der EU zu nutzen, um die Rechte der Bürger*innen zu beschützen, und sendete einen formalen Brief an Orbáns Regierung. Doch dies allein wird wohl nicht ausreichen. Dennoch, obwohl die Resolution, über die mit 459 zu 147 (58 Enthaltungen) abgestimmt wurde, rechtlich nicht bindend ist, erhöht sie den Druck auf Von der Leyen Ungarn vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Die Mitglieder des Parlaments halten das ungarische Gesetz sowohl für eine Verletzung des Rechtes auf Nicht-Diskriminierung und Ausdrucksfreiheit, als auch der „Direktive für die audiovisuellen Mediendienste der EU“ (pan-Europäische Regeln für TV- und Streaming-Dienste). Sie zweifeln außerdem an, dass ungarische Autoritäten EU-Gelder auf eine nicht-diskriminierende Art einsetzen würde, während auch von außerhalb des Parlamentes und außerhalb von Ungarn der Ruf danach lauter wird, den Brüsseler Geldhahn für Budapest abzudrehen. Nun wird erwartet, dass die Kommission die Bestätigung des 7,2 Billionen Euro Wiederaufbaufonds für Ungarn, über den heute abgestimmt werden soll, verschieben wird, auch aufgrund zahlreicher Korruptionsvorwürfe gegenüber Ungarn. Da die eingehende Beurteilung dieses Vorhabens jedoch gerade noch stattfinde, so ein Sprecher der Kommission, sei aktuell noch nichts sicher. Befürchtet werden könnte jedoch, dass die Kommission den Forderungen der Öffentlichkeit – besonders der Betroffenen in Ungarn – nicht gerecht werden wird.
Aufklärung über Bisexualität in der Schule
30. Juni 2021Weiterlesen Es ist wünschenswert, dass Bisexualität (und Pansexualität) mehr im Unterricht aller Schulformen und in Kindertagesstätten (positiv) besprochen wird und dass sich mehr Lehrkräfte und anderes pädagogisches Personal als bisexuell (oder pansexuell) outen. Aus diesem Grund bietet BiNe - Bisexuelles Netzwerk e.V. mit www.bine.net/schule eine Seite mit Informationen, Links und Arbeitsblättern konkret zum Tag der Bisexualität (einmal ab Jahrgang 6, einmal ab Jahrgang 9). Erarbeitet wurde das Material von der AG Bisexualität und Schule, die sich auf der Mitgliederversammlung von BiNe vorgestellt hat. Die Arbeitsgruppe tauscht sich zu den folgenden Themen aus: Coming-out von Lehrer*innen und Unterstützung beim Coming-out von Schüler_innen, passende Reaktion auf Diskriminierungen, Vernetzungen mit anderen LSBTIQ*-Gruppen und -Schulprojekten. Mit drei Ansprechpersonen setzt der Vorstand von BiNe – Bisexuelles Netzwerk e. V. auf eine Unterstützung von pädagogischem Personal: „Wertschätzung von Vielfalt und gegenseitiger Respekt sind von klein auf wichtig. Regenbogenfamilien und LSBTI*-Jugendliche verdienen unsere Unterstützung. Außerdem gehört es zum Lernen in einer Demokratie dazu.“ Auf Wunsch können eine Beratung und evtl. auch Fortbildungen angeboten werden. 2021 soll außerdem ein eigenes Buch mit weiteren konkreten Unterrichtsmaterialien erscheinen. Schließlich gibt es einen Instagram-Account. Bisexualität und Schule ist auch bei Queere Bildung e. V. Mitglied und ist bei der Kampagne #TeachOut aktiv, bei der sich queere Lehrkräfte mit ihrem Coming-out für eine diskriminierungsärmere und angstfreie Schule einsetzen.
Weiterlesen Wie echte-vielfalt.de in der vergangenen Woche berichtete, schränkt das Gesetz nicht nur Menschenrechte ein, sondern pathologisiert Homosexualität indem sie mit Pädophilie verglichen wird. In einem Interview letzten Herbst sagte der ungarische Premierminister Viktor Orbán folgendes: „Ungarn ist ein tolerantes, geduldiges Land was Homosexualität angeht. Aber es gibt eine rote Linie, die nicht überquert werden darf: Lasst unsere Kinder in Ruhe!“ Mit dem neuen Gesetz seiner regierenden Fidesz-Partei ist diese rote Linie nun offiziell gezogen worden – und hat in Ungarn zu einem Aufschrei ziviler Organisationen, unter anderem Amnesty International, geführt, die gegen das Vorgehen der Regierung protestieren. Es gab außerdem eine Protest-Petition, die von mehr als 100,000 Menschen unterschrieben wurde, und am Montag versammelten sich circa 10,000 Demonstrierende vor dem Parlament in Budapest. Die meisten Oppositionsparteien hatten die Abstimmung boykottiert, nur die rechts-konservative Partei Jobbik stimmte mit Orbáns regierender Fidesz-Partei für das Gesetz ab. Weil die Formulierungen des Gesetzes vage gehalten sind, könnte nun selbst das öffentliche Aufhängen einer Regenbogenflagge strafbar sein. Es könnte auch Einfluss auf Medieninhalte im weiteren Sinne haben, wie Ungarns größter privater Fernsehsender, RTL Klub, einräumte. So könnten Filme und Serien, die sich beispielsweise mit modernem Familienleben auseinandersetzen, verboten werden. Hiermit reiht sich das Land in ähnliche Gesetzgebung in Russland und Polen ein, wie das russische Gesetz gegen homosexuelle Propaganda, welches 2013 in Russland verabschiedet wurde. Auch in Polen führte Andrzej Duda einen dezidiert homofeindlichen Wahlkampf. In Ungarn hatte Homofeindlichkeit politisch lange keine zentrale Rolle gespielt, doch dies scheint sich verändert zu haben: Letztes Jahr wurde die Anpassung des legalen Geschlechtseintrags an die Geschlechtsidentität verboten, und die Verfassung wurde um den Satz „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann“ ergänzt. Folglich sind gleichgeschlechtliche Paare nun auch von Adoption ausgeschlossen. Andras Bozoki, ein ungarischer Politikwissenschaftler, sagte der Deutschen Welle, dass das Gesetz eindeutige gegen EU-Werte verstoße und wahrscheinlich von einem Europäischen Gericht für illegal erklärt werden würde. Die Frage, was dies in Ungarn wird verändern können, bleibt jedoch erhalten.
Weiterlesen Wie die BBC berichtet hat nun die Fidesz-Partei einen Gesetzentwurf eingereicht, welches das Verbot gewisser Inhalte generell ermöglichen soll. Die beträfe vor allem Inhalte, die bei Minderjährigen für Homosexualität und Geschlechtstransitionen „werben“. Der Entwurf würde LSBTIQ*-Literatur, inklusive Bildungsmaterial, für unter-18-jährige verbieten. Er besagt, dass jungen Menschen unter 18 keinerlei Inhalte gezeigt werden dürfen, die Queerness „unterstützen“, und ist dabei in einer Regierungsvorlage enthalten, die Pädophilie bestraft. So werden Homosexualität und nicht-konforme Geschlechtsidentitäten institutionell pathologisiert, während die ungarische Verfassung propagiert, dass die Ehe für hetero-Paare ist, und Adoption für homo-Paare unterbindet. Einige Menschenrechtsorganisationen haben dieses Vorgehen bereits kritisiert und es mit den russischen Restriktionen von LSBTIQ*-Aktivitäten verglichen. Die Fidesz-Regierung (wie Polens PiS-Regierung) steht für den Vorwurf mehrfacher Brüche von EU-Rechtsstaatlichkeits-Standards unter formaler EU-Investigation. Gleichzeitig läuft sich Orbans Fidesz-Partei gerade für die ungarischen Wahlen Anfang 2022 warm. Obwohl Orban von der EU als tolerant gegenüber Antisemitismus, für die Einschränkung der Rechte von Migrant*innen und anderer Minderheiten, und für die Politisierung der Gerichte und Medien kritisiert wird, wird der euroskeptische Nationalist seit 2010 mit einer großen Mehrheit wiedergewählt. Er behauptet dabei Ungarns christliche Werte gegen ein vom linkem Liberalismus dominierten Europa zu verteidigen. So bleibt Fidesz die stärkste Kraft im ungarischen Parlament und in den Medien – eine neue Oppositionskoalition fasst jedoch laut Meinungsforschung Fuß. Außerdem werden auch verschiedene ungarische LSBTIQ*-Gruppen wie die Hatter Society laut gegen Fidesz‘ Entwurf und prangerten an, dass er „die Meinungsfreiheit und Kinderrechte schwerwiegend einschränken würde“. Budapest Pride, eine Allianz verschiedener Ungarischer LSBTIQ*-Gruppen, drängte Aktivist*innen den US-Präsidenten Joe Biden zu beeinflussen, die Angelegenheit nächste Woche bei seinem Besuch bei Orban zu thematisieren. Und mit der Bewusstsein des Privilegs, in Deutschland problemlos dafür werben und darüber sprechen zu können, finden Sie hier fünf queere Buchempfehlungen für Kinder.
Weiterlesen Zunächst wurden bei den Protesten vier Studierenden festgenommen. Die Polizei warf ihnen vor, mit einem queeren Bild im Rahmen einer Protest-Ausstellung religiöse Gefühle verletzt zu haben. Gegen zwei Studenten wurde mittlerweile ein Haftbefehl mit dem Vorwurf der Volksverhetzung erlassen. Bei darauffolgenden Protesten an der Universität gegen die Verhaftungen kam es zu weiteren etlichen Festnahmen. Die queere Organisation Kaos GL berichtete von etwa 100 mitunter gewaltsamen Verhaftungen und Ingewahrsamnahmen. Das Uni-Präsidium löste außerdem die queere Studierendengruppe der Bogazici-Universität auf. In einem Interview mit dem Magazin Siegessäule äußert sich der queere Student Olcay über die Proteste und seine Motivation hierfür. Er berichtet auch, wie Erdogan immer weiter versuche, Einfluss auf Universitäten zu nehmen. Über das Bild, welches als Vorwand zur Repression gegen die Proteste diente, berichtet der Aktivist: „Es ist eine Collage und zeigt die Kaaba, einen Teil der Großen Moschee in Mekka. In der Mitte ist das mythische Wesen Şahmaran zu sehen, das für Weiblichkeit steht. Und in den Ecken sind kleine LGBTI*-Flaggen abgebildet. Das Bild richtet sich gegen Frauenhass und LGBTI*-Feindlichkeit, jemand hatte es anonym für die Ausstellung an der Uni eingereicht“. Olcay äußert sich besorgt über zunehmende Gewaltandrohungen, die ihn in diesem Klima erreichen, sowie Beschimpfungen, die auch von der Polizei ausgingen: „Meine größte Sorge ist nicht, ob ich die Hand meines Partners in der Öffentlichkeit halten kann – ich habe Angst davor, zu Tode geprügelt zu werden“, sagt er. Die Ängste Olcays sind mehr als begründet, denn LSBTIQ*-Feindlichkeit geht in der Türkei derzeit nicht nur von der Bevölkerung, sondern auch von staatlichen Institutionen aus. Politiker*innen des konservativen Edoğan-Regimes wollen die Rechte von LSBTIQ* weiter einschränken und fordern zum Beispiel ein Verbot queerer Organisationen und äußern sich hasserfüllt über LSBTIQ-Menschen. So sprach Präsidentensprecher Fahrettin Altun von einer "ungebändigten Minderheit", welche mit ihrem "pervertierten Weg des Denkens und Lebens" eine "Unmoral vermarkten" wolle. Präsident Erdoğan äußerte sich in Parteiansprachen abwertend über queere Jugendliche, bezeichnete die Aktivist*innen als „Terroristen“ und Innenminister Süleyman Soylu schimpfte auf Twitter mehrfach gegen "LGBT-Perverse". Die Türkei reagierte außerdem auf die Kritik anderer Länder, insbesondere der USA, an der Repression gegen die Studierendenproteste und an der LSBTIQ*feindlichen Rhetorik. Man habe nicht das Recht, sich in die internen Angelegenheiten der Türkei einzumischen. Wer die Türkei im Umgang mit den Vorfällen an der Universität belehren wolle, solle lieber in den eigenen Spiegel schauen, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. Queere Organisationen der Türkei haben als Reaktion auf die Ereignisse eine Erklärung veröffentlicht, in der sie Polizeigewalt gegen Studierende, die hasserfüllten Aussagen gegenüber LSBTIQ* und die Einschränkung der Grundrechte queerer Menschen kritisieren. Die Erklärung verteidigt das demokratische Recht der Studierenden, zu protestieren. Der Kampf für LSBTIQ*-Rechte sei ein wichtiger Teil des Kampfes für Menschenrechte und eine demokratische Gesellschaft.
#NoHateMe – Kampagne gegen digitales Mobbing
6. Februar 2021Weiterlesen „Hass im Netz existiert nicht losgelöst vom analogen Leben, sondern greift reale Macht- und Diskriminierungsstrukturen auf, aus denen er sich speist. Zusätzlich lässt sich im Internet eine Art Enthemmungseffekt beobachten. Meinungen, die im realen Leben oft nur von einer Minderheit offen vertreten werden, sind mit wenigen Klicks veröffentlicht und finden im Internet eine große Bühne.“ schreibt die Initiative auf ihrer Homepage. Das wichtigste Ziel der Studierenden und jungen Menschen, die sich bei NoHateMe engagieren, ist die Präventionsarbeit gegen digitales Mobbing bzw. Cyber-Mobbing und Hate Speech. Dies soll unter anderem durch Förderung von Medienkompetenz, der Stärkung von Selbstvertrauen und der Vermittlung von sozialen und kommunikativen Fähigkeiten erreicht werden. Betroffene sollen informiert werden, welche Rechte sie im Internet haben, und wie man sich gegen Hass und Diskriminierung im Netz zur Wehr setzen kann. Auch Bildungs- und Aufklärungsarbeit wird durch das Projekt geleistet, zum Beispiel durch Workshops in Schulen und Jugendzentren. Über die Webseite von Liebe wen Du willst können außerdem Vorfälle gemeldet werden, und darüber beraten werden, ob eine strafrechtliche Verfolgung Sinn machen kann. Erreichbar ist die Initiative auch über Facebook und Instagram.