Echte Vielfalt

Queer

Am Freitag, 18. November, war es so weit: Das Kabinett der Bundesregierung beschloss den bundesweit ersten ‚Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt‘. Damit will sich die Koalition aus SPD, Grüne und FDP für mehr Akzeptanz und gegen die Diskriminierung queerer Menschen einsetzen.

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„Queer leben“, so der Name des Plans, überführt damit einem Bericht der Tagesschau zufolge getroffene Vereinbarungen des Koalitionsvertrags in konkrete Handlungsschritte. Beispielsweise solle das Abstammungs- und Familienrecht so angepasst werden, dass „vielfältige Familienkonstellationen“ gestärkt werden. Ein weiterer Teil des Aktionsplans betrifft das Selbstbestimmungsgesetz, zu dem wir hier bereits näher berichteten.

Der Aktionsplan fokussiert die gesamte LSBTIQ* Community. Auf der offiziellen Seite der Bundesregierung werden sechs primäre Handlungsfelder vorgestellt:

  1. Rechtliche Anerkennung: Hierunter fallena. die oben angesprochene Modernisierung des Familienrechts und das Selbstbestimmungsgesetz.
  2. Teilhabe: „Die Bundesregierung will die Forschung und Datenerhebung zur Lebenssituation von LSBTIQ* (lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter* und queer) ausbauen.“ Zudem versteht die Koalition unter Teilhabe auch die Aufklärung in Schulen sowie die Bildung älterer Menschen und ein verbessertes „Diversity-Management im öffentlichen Dienst“
  3. Sicherheit: „Ziel ist, LSBTIQ* besser vor Gewalt, Übergriffen und Anfeindungen zu schützen“. Unter anderem sollen Straftaten gegen LSBTIQ* besser statistisch erfasst und das Dunkelfeld aufgehellt werden.
  4. Gesundheit: Unter diesem Punkt geht es darum, das spezifische medizinische Fachwissen und die HIV/Aids-Prävention auszubauen und den grundsätzlichen Zugang zur Gesundheitsversorgung für LSBTIQ* zu verbessern.
  5. Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen: „Geplant ist ein Dialog mit den Ländern zum Ausbau und zur Stärkung der Antidiskriminierungsberatung.“
  6. Internationales: Hier sieht die Bundesregierung vor, neben den Rechten auch die internationale Repräsentanz „[…] von LSBTIQ* in der Entwicklungszusammenarbeit und auswärtigen Beziehungen stärken“.

Nach Angaben der taz haben die Maßnahmen vorschlagenden, keinen verbindlichen  Charakter. Auch wird Kritik an einzelnen Maßnahmen laut, beispielsweise gebe es diverse Unklarheiten beim Thema Abstammungsrecht. Der gesamte Plan wird als „vage“ und „Raum für Spekulationen“ lassend bezeichnet, auch was die Finanzierung und einen Zeitplan betrifft..

Die Bundesregierung schreibt: „Als nächstes werden die Ministerien ressortübergreifend den Aktionsplan weiter ausgestalten, priorisieren und Maßnahmen umsetzen.“ Wie jedoch diese Ausgestaltung aussieht und was genau priorisiert wird, bleibt abzuwarten und so lange, so scheint es, tritt der Aktionsplan noch nicht in Aktion.

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Am 15.11.2022 startete die Künstlerin „annette hollywood“ das Onlinearchive „anderkawer“. In diesem stellt sie Fotos, Skizzen, Videos, aber auch Polizeiakten und weitere Dokumente zur Verfügung, die das Leben und die Situation lesbischer Mütter der letzten 100 Jahre betreffen.

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Auf der Webseite lädt sie ein, sich durch die Materialien zu klicken und selbst einen Einblick in die historischen Dokumente zu erhalten:

„Das Langzeitprojekt [anderkawer] untersucht anhand biografischer und gesellschaftlicher Ereignisse die Situation von nicht heteronormativen Familien und den damit verbundenen Ideologien von Familie und Mutterschaft in den letzten 100 Jahren in Deutschland.“

Den Anfang macht das Projekt im Berlin der 1920er Jahre. Wie das Magazin L-Mag schreibt, sind lesbische Frauen in diesem Jahrzehnt „[…] sichtbare Realität, die sich heute noch im Archivmaterial in Form von Fotos, Plakaten und Medien -- zum Beispiel in der Zeitschrift ‚Frauenliebe‘, die in den Jahren 1926 bis 1930 in Berlin erschien – wiederfindet“.

Aber auch Themen wie Verfolgung, Denunziation und damit verbunden die Not, untertauchen zu müssen, spielen eine Rolle. Gerade in den Nachkriegsjahren um 1950 geht es darum, inwieweit die Protagonist*innen medial überhaupt in Erscheinung traten:

„Die Fundstücke, wie Zeitschriften und Akten, erzählen von der Unsichtbarkeit, gesellschaftlichen Diskussion und heute allmählichen Akzeptanz queerer Familien und machen die Verwendung von Sprache, ihre Zuschreibung und Wirkmacht im jeweiligen gesellschaftlichen Klima erfahrbar“.

Am Ende soll das Projekt einen Eindruck vermitteln, wie sich die Verhältnisse in den vergangenen 100 Jahren darstellten und veränderten. Dabei nimmt Unsichtbarkeit und das wieder Sichtbarwerden im Laufe der Zeit eine wichtige Rolle ein.

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Die WorldPride ist ein riesiges LGBTQIA+ Festival. Das erste Mal wurde sie im Jahr 2000 in Rom organisiert und findet seitdem in unregelmäßigen Abständen statt - außerhalb von Europa bis jetzt nur 2019 in New York.

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Die WorldPride wird grundsätzlich unter den Mitgliedern der Dach-NGO InterPride ausgeschrieben und von dieser lizenziert. Bei InterPride handelt es sich um ein Netzwerk von 400 Organisationen aus mehr als 70 Ländern, das global bei der Koordination von Prides unterstützt.

Mit Sydney wird 2023 zum ersten Mal eine Stadt der südlichen Hemisphäre ausgewählt, heißt es auf der offiziellen WorldPride Webseite. Daher findet das Festival auch nicht wie sonst im Juni, sondern bereits vom 17. Februar bis zum 5. März 2023 statt.

„Der Sydney WorldPride umfasst alle beliebten Veranstaltungen des schwul-lesbischen Karnevals in Sydney sowie ein breit gefächertes Festivalangebot in den Bereichen Kunst, Sport, Theater, Konzerte, Partys, Programme für die Ureinwohner und eine Menschenrechtskonferenz.“

Auch ohne die Veranstaltung der WorldPride ist Sydney für seinen „Schwulen und Lesben Karneval“ bekannt. Ungeachtet des irreführenden Namens handelt es sich beim „Gay and Lesbian Mardi Gras“ (SGLMG) um eine gemeinnützige, mitgliederbasierte LGBTQIA+ Organisation, die neben dem Karneval auch verschiedene andere Veranstaltungen und unterstützende Initiativen im Laufe des Jahres organisiert.  Somit mag die WorldPride zwar von Februar bis März stattfinden, die Veranstaltungen rundherum beginnen allerdings bereits im Januar. Wer Interesse hat, vielleicht auch nur als Inspiration, findet im Anschluss an diesen Artikel eine Liste aller Veranstaltungen im Zuge der WorldPride 2023.

Neben vielen künstlerischen Veranstaltungen wird zudem vom 1. bis 3. März eine Menschenrechtskonferenz stattfinden. Das Programm der Konferenz beinhaltet neben Vorträgen von über 60 lokalen und internationalen Redner*innen auch Podiumsdiskussionen und interaktive Workshops.

„Mitglieder der LGBTQIA+-Gemeinschaft aus der ganzen Welt werden zusammenkommen, um die großen Themen anzugehen, mit denen die LGBTQIA+-Gemeinschaft konfrontiert ist, und die Fähigkeiten und Netzwerke zu entwickeln, die einen positiven Wandel bewirken.“, heißt es auf der Seite der Veranstalter*innen. Mit Ticketpreisen von 147 australischen Dollar, also umgerechnet ca. 95€ ist die Konferenz allerdings nicht unbedingt als niedrigschwellig anzusehen.

Die Möglichkeit einer digitalen Teilnahme ist auf der Webseite leider nicht ersichtlich. Gerade in den letzten Jahren ist es allerdings üblich geworden, Podiumsdiskussionen und Vorträge zu streamen und bei YouTube hochzuladen.
Würden die Veranstaltenden hinter diesen Standard zurückfallen, wäre das nicht nur schade, sondern würde auch dem Anspruch, „einen positiven Wandel" bewirken zu wollen, kaum gerecht werden.

Link zur Webseite der WorldPride 2023 und direkt zu den Veranstaltungen

Link zur Webseite der Sydney WorldPride Menschenrechtskonferenz

Link zum Gay and Lesbian Mardi Gras

Link zur Dachorganisation InterPride

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Während der Dokumentarfilm „Mutter Mutter Kind“ ein Langzeit-Porträt über zwei Frauen und ihre Familie zeigt, handelt es sich bei ‚Bodies Bodies Bodies‘ um einen sozialsatirischen Horrorfilm mit lesbischen Hauptfiguren.

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Die Langzeit-Doku ‚Mutter Mutter Kind‘ begleitet die Protagonist*innen seit 2009 ca. 13 Jahre lang und gibt somit nicht nur Einblicke in das Leben der Familie, sondern zeigt darüber hinaus die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich in dem Zeitraum ereignet haben und mit denen Anny und Pedi und ihre Kinder konfrontiert sind.

„Es war mir wichtig, die privaten Erlebnisse unserer Protagonisten in einen zeitgeschichtlichen Kontext zu stellen und auch den Umgang mit Homosexualität in Deutschland international zu verorten“, zitiert der Freitag Annette Ernst, die Regisseurin des Films.

Der Film beginnt kurz vor der Geburt des dritten Sohnes von Anny und Pedi zu einer Zeit, in der die beiden Frauen noch mit einer Annonce nach einem passenden Samenspender suchen mussten. Annette Ernst und Kamerafrau Nina Werth wollten mit ihrem Film Antworten auf vorurteilsbeladene und hoch umstrittene Fragen finden. Zum einen: „Fehlt den Kindern bei gleichgeschlechtlichen Eltern das jeweils andere Geschlecht?" Und zum zweiten: „Darf man den Kindern zumuten, eine Sonderrolle zu spielen?“ (hessenschau)

Das Magazin L-Mag kritisiert hingegen die problembeladene Sicht des Films und hätte sich angesichts des umfassenden Rohmaterials und der „prächtige[n] Entwicklung der porträtierten Regenbogenkinder“ eine positivere Betrachtungsweise gewünscht: „Die Doku lässt viele spannende Themen liegen.“

‚Bodies Bodies Bodies‘ der holländischen Regisseurin Halina Reijn ist ein Generation Z-Film im typischen Slasher-Comedy-Style: Eine Gruppe von sieben rund 20-jährigen ‚Rich Kids‘ verbringt ein Wochenende auf einem abgelegenen Anwesen. Ein Mord-im-Dunkeln-Spiel entpuppt sich dabei als bitterer Ernst mit mehreren echten Leichen… Ein aufziehender Hurrikan mit Strom- und Netzausfall tut sein Übriges.

Auch wenn diese Art Geschichte nicht wirklich neu ist und bereits in diversen Filmen umgesetzt wurde, besteht das Besondere hier aus „immer aggressiver werdenden Anspannungen und Sticheleien innerhalb der toxischen Gruppendynamik, deren Gespräche wie aus einem Twitter-Thread entnommen wirken.“ (moviebreak). Damit zeigt sich ‚Bodies Bodies Bodies‘ als „Genre-Parodie und als Sozialsatire auf Gen Z-Kids, ihre Werte und ihre Freundschaften“ (L-Mag).

Überzeugend spielen zudem Amandla Stenberg und Maria Bakalova ein junges lesbisches Paar, das – anders als häufig in Filmen – ganz selbstverständlich zueinander findet. Stenberg ist im echten Leben offen Bi und setzt sich für LGBTIQ* Rechte ein (hier ein interessantes Interview mit ihr). Ein weiterer Hauptdarsteller, Lee Pace, der im Film zwar einen heterosexuellen Part spielt, gab im August bekannt, seinen langjährigen Freund geheiratet zu haben.

Trailer ‚Mutter Mutter Kind‘

Trailer ‚Bodies Bodies Bodies‘

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Die Aussage „Don‘t say gay“, die auf eine Gesetzgebung in Florida vom März 2022 hinweist, steht für eine hoch ideologische und Menschen abwertende Politik. Das Gesetz verbietet den Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität vom Kindergarten bis zur dritten Klasse, so The Guardian im Frühjahr dieses Jahres.

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Darüber hinaus gilt je nach Auslegung des jeweiligen Schulbezirks, dass auch diesbezügliche Vertrauensgespräche zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen oder Symbole wie die Regenbogenflagge in das Verbot eingeschlossen sind. In einem früheren Artikel haben wir hierzu ausführlicher berichtet.

Die Gesetzgebung bildet das „Vorbild“ für die Republikaner*innen, wie das Magazin schwulissimo betont, um in den gesamten Vereinigten Staaten die Grundrechte von Homosexuellen und LGBTIQ+ im Allgemeinen anzugreifen. „Doch es sollte nicht übersehen werden, dass Florida mit der Verabschiedung eines solchen Gesetzes, das den Bildungsbereich betrifft, nicht allein dasteht.“, mahnt die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Auch weitere Bundesstaaten haben bereits ähnliche Gesetze erlassen: „In Georgia etwa richtet sich ein gesetzliches Verbot der Verbreitung von ‚spalterischen Ideen und Konzepten‘ an Schulen nicht nur gegen LGBTQ+-Themen.“

Es ist also nicht „nur“ die LGBTQ+ Comunity, die hier von den Konservativen als Feind auserkoren wurde. Die Konservativen haben es geschafft, ähnlich wie schon bei dem Begriff „political correctness“ den umgangssprachlichen Begriff „woke“ (zu Deutsch: aufgewacht) zu einem Synonym für linken Autoritarismus umzudeuten. Der Begriff hat seinen Ursprung im afroamerikanischen Englisch und bedeutet eigentlich, dass eine Person „wachsam gegenüber Rassismus, Sexismus und anderen Unterdrückungsverhältnissen“ ist. Gesetze wie das in Florida werden als „Anti-woke-Gesetze“ bezeichnet und verfolgen den Zweck, Bildung und Verbreitung von Weltbildern, die nicht in das Bild „weißer christlicher Nationalist*innen“ passen, zu verbieten, so die Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammenfassend.

Dabei geht es über ein Redeverbot bereits weit hinaus. Laut einer Studie von „Pen America“ wurden im vergangenen Schuljahr 2021/22 in den USA über 1.600 Schulbücher zu Themen von Rassismus, Sexualkunde, geschlechtliche Identität etc. auf den Index gesetzt, schreibt der Stern. Auf der Seite von Pen America ist dazu zu lesen, dass von diesem „Buchverbot“ fast vier Millionen Schüler*innen betroffen seien.

Wenn sich also die Konservativen – nach Angaben der Rosa-Luxemburg-Stiftung – neben den Bundesgerichten auf die Einzelstaaten und die lokalen Regierungen konzentrieren, um dort ihre Anliegen durchzusetzen, dann ist das eine nicht zu unterschätzende Bedrohung. Es geht hierbei um eine dezentrale Politik, deren konkrete Konsequenzen nicht nur auf die LGBTQ+ Community zielen, sondern alle betreffen, die nicht dem konservativen Weltbild entsprechen, wie bspw. Frauen, die sich gegen überkommene Reproduktionsvorstellungen stellen, People of Color oder all jene, die grundsätzlich von einem guten Bildungssystem abhängig sind, d. h. die Bildung und Sozialisation der nächsten Generationen.

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Die Fußball-WM in Katar ist mittlerweile kaum noch als unumstritten zu bezeichnen. Die unwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter*innen und die geradezu lebensgefährdende Gesetzgebung, vor allem auch für die LSBTIQ* Community, sind keine Vermutungen.

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In einem früheren Artikel haben wir bei echte-vielfalt.de über die Situation und was sie für LSBTIQ* Besucher*innen sowohl aus dem Ausland als auch aus Katar bedeuten kann, berichtet. Nun spitzt sich die Lage zu. Nach einer Zusammenfassung des Magazins Schwulissimo sollen Filmaufnahmen in Privaträumen, Universitäten, Krankenhäusern sowie bei Unternehmen verboten werden. Gerade die erste Einschränkung erschwert es, hinter die Kulissen zu schauen. Damit betrifft diese Medienzensur zwar alle, allerdings bedeutet sie gerade für gefährdete Personen „Unsichtbarkeit“ in Sinne des Wortes.

Der Tagesspiegel merkt an, dass übertragende Medien wie ARD und ZDF oder auch die Telekom Magenta TV immer wieder versichert hatten, auch über die vorherrschenden Zustände berichten zu wollen. Dies wird ihnen nun zumindest massiv erschwert.

Aber damit nicht genug: Wie der Stern mit Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Norwegen "NRK" berichtet, ist jede*r Besucher*in dazu verpflichtet eine App herunterzuladen, die weitreichende Zugriffe auf die privaten Daten erhält. Die App sei von einem „Trojaner“ kaum zu unterscheiden, so der Stern. Der NRK fasst zusammen:

„They can simply change the contents of your entire phone and have full control over the information that is there.”

Aus diesem Grund empfiehlt der norwegische Rundfunk, ein leeres bzw. neues Handy mitzunehmen, wenn man das Land besuchen möchte. Eine App, die einen fast uneingeschränkten Zugang hat, kann nicht nur auf vorhandene Daten zugreifen, sondern prinzipiell auch Gespräche. Wie schon in unserem vorherigen Bericht gilt hier: „Während die WM-Tourist*innen nach den Spielen das Land verlassen, bleibt das Gesetz gegen Homosexualität für die Menschen in Katar auch nach der WM, wenn die Welt nicht mehr zuschaut, bestehen.“ Und es ist unklar, welche Erkenntnisse die Führung in Katar über einige ihrer Bürger*innen daraus zieht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hingegen kündigte an, „vor Ort die Sicherheit von queeren Fans während des Turniers [zu] thematisieren.“ Sie wolle dafür zusammen mit der Menschenrechtsbeauftragten Luise Amtsberg (Grüne) sowie dem Eventmanager Bernd Reisig (Initiative "Liebe kennt keine Pause – gegen Homophobie in Katar") Ende Oktober nach Katar reisen. Bereits zuvor hatte Faeser gefordert, „bei künftigen internationalen Sportevents […]  bereits die Vergabe ‚an menschenrechtliche Standards‘" zu knüpfen, lehnte einen Boykott der WM jedoch ab.

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Seit dem 1. Oktober 2022 gilt eine neue Dienstanweisung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Asylverfahren von queeren Personen. Bis es jedoch dazu kam, war im Vorfeld viel Protest nötig. Die Anweisung sieht vor, dass erstens, „keine Verhaltensprognosen mehr durchgeführt werden“: Grundsätzlich sei stattdessen davon auszugehen, dass jeder Mensch, der einen Asylantrag stellt, seine*ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität auch offen lebt.

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Zweitens stellt „die Dienstanweisung […] ausdrücklich klar, dass LSBTIQ* Schutzsuchende in keinem Fall auf ein diskretes Leben im Herkunftsland verwiesen werden dürfen“. Besonders bedeutsam ist dabei die Anmerkung, dass dies auch gilt, wenn eine Person bereits von sich aus deutlich gemacht hat, dass sie ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität verbirgt. Das BAMF verdeutlichte, dass die Mitarbeiter*innen zur Umsetzung dieser Dienstanweisung in Zusammenarbeit mit NGOs entsprechend geschult würden und dass bei „geschlechtsspezifischer Verfolgung besonders geschulte Entscheiderinnen und Entscheider beteiligt [würden]“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte: „Niemand dürfe sich gezwungen fühlen, ein gefährliches Doppelleben zu führen“.

Noch im Juni hatten sie und ihr Ministerium massive Kritik einstecken müssen. Bis dato mussten Geflüchtete dem BAMF gegenüber glaubhaft machen, dass sie zum einen die von ihnen angegebene sexuelle Orientierung tatsächlich haben und zum anderen, dass ihnen aufgrund dieser in ihrem Herkunftsland Verfolgung drohe. Doch selbst wenn dies vom Ministerium als glaubhaft eingeschätzt würde, bedeutete das „Diskretionsgebot“ eine mögliche Abschiebung. Die betroffenen Personen wurden darauf verwiesen, dass ihnen bei einer „diskreten“ Lebensweise keine solche Gefahr drohe, so der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD).

Neben NGOs wie dem LSVD positionierten sich nach einem Bericht von queer.de auch die LSBTIQ*‑Verbände von SPD, Grünen und FDP offen gegen ihre eigene Regierung und forderten ein Ende dieses Missstandes. Zudem erklärte bereits im August das vierte Verwaltungsgericht die „Diskretionsprognose“ und die darauf beruhenden Handlungen des BAMF für unzulässig.

Die Dienstanweisung ist damit nicht nur ein positiver Schritt, sondern eine selbstverständliche Anpassung von unzulässiger Praxis. Auf NGOs und Sozialverbände kommt damit die Aufgabe zu, entsprechende Schulungsangebote zu gestalten sowie die Umsetzung der Anweisung durch das Ministerium und seine Verantwortlichen kritisch zu beobachten.

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Noch bis zum 18.01.2023 findet im Ausstellungshaus C/O Berlin die Ausstellung „Queerness in Photography“ statt: „In drei komplementären Ausstellungen untersucht C/O Berlin mit Queerness in Photography die fotografische Darstellung von Identität, Geschlecht und Sexualität"

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"[...] Von historischem Bildmaterial, das den Akt des Fotografierens als Akt der Identitätsfindung zeigt, über einen einzigartigen Safe Space bis hin zu zeitgenössischen Ausdrucksformen von Geschlechterfluidität, welche die Frage aufwerfen, ob sozial konstruierte Geschlechter heutzutage überhaupt noch zeitgemäß sind.“ (Beschreibung C/O Berlin)

Gute Kunst kann bzw. soll triggern und Emotionen hervorrufen, man sollte also genügend Zeit mitbringen, die Kunst wirken zu lassen und mit den Emotionen umzugehen. Ausstellungen können einen habituellen Anstrich haben, nicht jede*r fühlt sich in ihrer Umgebung wohl. Der Auftritt der Webseite kann Hinweise auf die Bildsprache der Ausstellung geben, es lohnt sich also ein Besuch der Homepage. Die schwarz-weiß-Ästhetik und die Sepiatöne alter Fotografien bilden einen interessanten Kontrast zu der häufig farbenfrohen Darstellung der LSBTIQ* Community.

Dieser Kontrast kann verdeutlichen, dass LSBTIQ* mehr ist als bunt und dass sich auch mit zurückhaltenden Tönen Statements setzen lassen. Die Ausstellung ermöglicht einen punktuellen Blick in die Vergangenheit und ihre damalige Fototechnik. Die Betrachter*innen erlangen einen Blick in das Verborgene und Private von Menschen, die die Fotografie für ihre Selbstdefinition entdeckten.

Wer Interesse hat: Am 01.10.2022 findet eine Führung des Gastkurators Sébastien Lifshitz statt. Lifshitz ist Fotograf einer der drei Ausstellungen. Seine Sammlung zeigt Fotografien des vergangenen Jahrhunderts und darüber hinaus, die er über Jahre auf Flohmärkten zusammengetragen hat. Er zeigt Menschen, die sich durch Kleidung ihre eigene Identität erschaffen, um sie in der Fotografie zu verstetigen. Ein Thema, das bis heute aktuell ist. Die Ausstellung bildet damit eine komplementäre Ästhetik sowie ein Fenster in die Vergangenheit. Vielleicht auch etwas für Personen, die sich ansonsten weniger von LSBTIQ* Themen angesprochen fühlen.

Informationen und Begleitprogramm: „Queerness in Photography

Anreise und Öffnungszeiten

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Am Samstag, 17.09.2022, fand in Belgrad die EuroPride statt. Im Vorfeld hatten Rechtsradikale und Ultra-Konservative, gestützt durch die serbisch-orthodoxe Kirche und Teile der Regierung, massiv gegen die Veranstaltung aufgerufen. Der Gipfel war das Präsidial-Verbot.

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Die Veranstalter*innen legten daraufhin Widerspruch ein, jedoch ließ das Innenministerium das Verbot bestehen. Es bestünden Sicherheitsbedenken aufgrund rechtsextremer Gegendemonstrationen, zitiert die ZEIT. Obwohl auch die Gegendemonstrationen verboten waren, kündigten einige der Gruppen an, sich nicht daran zu halten, so der Bericht weiter.

Und doch fand am vergangenen Samstag eine – wenn auch verkürzte – Pride-Parade statt. Ana Brnabić, serbische Premierministerin, hatte nach Angaben von EPOA am Freitag die Veranstaltung bestätigt und ihre Sicherheit garantiert. Zu diesem Zweck waren zwischen 5.200 und 6.000 Polizist*innen im Einsatz gegenüber einer Teilnehmer*innenzahl von „an die Tausend“ nach Angaben des Spiegel u. a. Medien und bis zu 7.000 Teilnehmer*innen nach Angaben der Veranstalter*innen. Das Innenministerium sprach im Nachgang dennoch davon, dass das Verbot der EuroPride durchgesetzt worden sei. Es habe sich bei dem polizeilichen Einsatz lediglich um die „Eskorte der Menschen zu einem Konzert“ gehandelt, so die ZEIT weiter.

Während die EuroPride wohl auch wegen des großen Polizeiaufgebots sicher verlief, kam es am Rande zu Zusammenstößen. Der „Freitag“ und die „Friedrich Neumann Stiftung“ berichten, dass nach offiziellen Angaben 64 Personen festgenommen und 13 Polizist*innen verletzt wurden. Unter den Opfern der Zusammenstöße befanden sich u. a. auch deutsche Journalist*innen. Der Vorfall ereignete sich auf dem Rückweg ins Hotel, so der Tagesspiegel, dessen Journalistin Nadine Lange betroffen war.

Dennoch wird die EuroPride von den EPOA als Erfolg gewertet. Hält man sich den internationalen und europäischen Druck vor Augen, wie auch die Teilnahme von Politiker*innen wie die des Queerbeauftragten der deutschen Bundesregierung, so zeigt sich, dass zivile und politische Mechanismen auch in Serbien noch wirken, obwohl sich die Regierung in letzter Zeit sehr nach rechts und zum ultrakonservativen Lager orientiert hatte.

Gerade vor diesem Hintergrund bleibt allerdings offen, ob der Polizeischutz auch gewährleistet gewesen wäre, wenn sich keine internationalen Stimmen gegen Serbiens Regierung gerichtet und keine Vertreter*innen ausländischer Institutionen an der Parade teilgenommen hätten.

Es ist ein ziviler Erfolg, der umso stärker wiegt, bedenkt man, dass im Vorfeld vonseiten der Gegner*innen sogar Waffengewalt ins Spiel gebracht wurde. Gleichzeitig wird klar, dass ein solcher Erfolg ein Zusammenspiel zwischen den gesellschaftlichen Akteur*innen erfordert. Demonstrationen und Veranstaltungen wie die EuroPride sind ein wichtiger Ausdruck, brauchen aber den Rückhalt der (inter-)nationalen Gemeinschaft, der hier deutlich wahrzunehmen war.

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Nachdem hier bei echte vielfalt bereits über die Stellungnahme des  Aachener Bischofs Helmut Dieser im Vorfeld der diesjährigen Synode berichtet wurde, liegt es nahe, sich nun auch die Ergebnisse dieser Versammlung anzusehen. Dieser hatte sich vorab für die Segnung homosexueller Paare ausgesprochen.

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Ein Blick in den Grundtext verrät, dass sich die katholische Kirche in Deutschland der Problematik hinter ihrer Sexualhaltung voll bewusst ist. Nicht nur verweist der Text darauf, dass diese Haltung sowohl in keinster Weise mehr der Lebenswelt der Gläubigen entspricht als auch ein Abweichen von der katholischen Norm mit Sünde gleichzusetzen systemisch diskriminiert. Das sei für die betroffenen Paare, Familien und Einzelpersonen mit viel Leid verbunden: „[…] Ausgrenzungen aus der Familie oder weiteren sozialen Gruppen (z. B. Kirchgemeinden) bis hin zu Entlassungen aus der Arbeitsstelle. Nicht zuletzt zu nennen sind die lebensbedrohlichen Kriminalisierungen, die Menschen zur Flucht nötigen“. Der Text betont weiterhin das Menschsein als Gemeinsamkeit sowie die Relevanz sexueller Selbstbestimmung.

Leider gelang es der Synode nicht, diesen Grundtext mit der nötigen Mehrheit zu verabschieden. Dabei hatten sich nach einem Bericht des Deutschlandfunks lediglich drei der 21 Bischöfe, die mit Nein stimmten, an der vorherigen Debatte überhaupt beteiligt. Während einige Bischöfe sich im Nachhinein rechtfertigten, aber dennoch redebereit zeigten, lehnte eine Gruppe um den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, zu der auch der Kölner Erzbischof Woelki und Kurienkardinal Kasper zählen, die Reformen grundlegend ab. Dies führte beinahe zum Scheitern der Synode, obwohl zuvor das Zentralkomitee mit der nötigen Zweidrittelmehrheit ebenso dafür gestimmt hatte wie die Bischöfe mit 61%. Der folgende Unmut der Teilnehmenden zeigte dabei deutlich, dass die katholische Gemeinde das Signal dieser Ablehnung nicht teilt. Die Empörung schien Wirkung zu zeigen. Die weiteren Papiere wurden angenommen, darunter ein Grundsatzpapier zu „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ und ein Handlungstext „Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität“. Letzterer empfiehlt eine Überarbeitung des Weltkatechismus dahingehend, dass homosexuelle Handlungen nicht mehr als Sünde gegenüber der ‚Keuschheit‘ gelten und darüber hinaus nicht mehr als Krankheit deklariert werden.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing sowie die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken Irme Stetter-Karp sprachen dennoch am Ende von einem guten Ergebnis. Bätzing betonte allerdings, es sei deutlich geworden, dass die katholische Kirche eine Kirche der zwei Geschwindigkeiten sei. Auch wenn Bätzing den Grundsatztext für sein Bistum aufnehmen möchte, bleibt im Hintergrund doch die Instanz in Rom. Die katholische Gemeinde ist bis in ihre Führungsebene gespalten und so langsam die Veränderungen einerseits sind, so machen die Empörung über die Ablehnung andererseits Hoffnung, dass Reformen, zumindest in Deutschland, eine Frage des „Wann“ zu sein scheinen.

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