Echte Vielfalt

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In Ghana droht eine besorgniserregende Verschärfung queerfeindlicher Gesetzgebung: Die nationale katholische Bischofskonferenz und der nationale Christenrat haben das Parlament in einem gemeinsamen Schreiben dazu aufgefordert, die strafrechtliche Verfolgung queerer Menschen erheblich auszuweiten. Öffentliches Eintreten für LGBTIQ*-Rechte könnte demnach künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet werden.

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Diese Entwicklung steht nicht isoliert. Bereits in unserem Artikel zum wachsenden „Einfluss ultrakonservativer Netzwerke“ aus den USA, den Niederlanden und Polen auf afrikanische Gesetzgebungsprozesse hatten wir auf die Verflechtungen während der „Pan-Afrikanischen Konferenz“ hingewiesen. Insbesondere evangelikale Gruppierungen aus den USA spielen eine zentrale Rolle bei der ideologischen Einflussnahme und fördern eine Politik, die auf der Diskriminierung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten basiert. Mit Ghana beteiligen sich nun auch offiziell Teile der katholischen Kirche aktiv an dieser menschenverachtenden Politik.

Wie das Magazin Queer.de berichtet, wurde der queerfeindliche Gesetzesentwurf bereits 2023 vom ghanaischen Parlament beschlossen, jedoch damals vom Präsidenten Nana Akufo-Addo nicht unterzeichnet. Im März 2025 wurde der Entwurf erneut eingebracht. Der derzeitige Präsident John Dramani Mahama signalisiert grundsätzliche Unterstützung, knüpft diese jedoch an die Bedingung, dass es sich um ein offizielles Regierungsvorhaben handeln müsse – und nicht um den Vorstoß einzelner Abgeordneter. Er beruft sich auf „Familienwerte“ und christliche Moralvorstellungen, betont eine binäre Geschlechterordnung und die Ehe zwischen Mann und Frau.

Solche Argumentationen, die auf vermeintlich afrikanische „Familienwerte“ rekurrieren, verdecken oft den Einfluss westlich geprägter, religiös-fundamentalistischer Ideologien. Nelly Munyasia vom Reproductive Health Network Kenya hält im Guardian fest: „Das ist kein afrikanisches Wertesystem, sondern ein Rückschritt in koloniale Denkweisen.“ Konferenzen wie die „Pan-Afrikanische Konferenz“ in Kenia oder restriktive Gesetzesinitiativen wie in Uganda und Sierra Leone verdeutlichen, dass es sich um einen groß angelegten Kulturkampf handelt, der die Rechte von LGBTIQ*-Menschen sowie reproduktive Freiheiten massiv bedroht.

Die neue Beteiligung der katholischen Kirche in Ghana wirft allerdings Fragen nach der Position des Vatikans auf. Während die evangelikale Bewegung keinem internationalen Oberhaupt untersteht, ist das katholische Lehramt klar strukturiert. Queer.de bemerkt: Papst Franziskus hatte bereits 2023 erklärt, dass Homosexualität und Transidentität aus kirchlicher Sicht zwar als Sünde gelten, jedoch keinesfalls strafrechtlich verfolgt werden sollten. Ob und wie sich Leo XIV. zu den Vorgängen in Ghana äußern wird, bleibt bislang offen. Dabei ist zu betonen, dass die katholische Kirche keineswegs ein monolithischer Akteur ist – unterschiedliche Stimmen und Positionierungen existieren innerhalb der weltweiten Gemeinschaft. Dennoch wird seine Stimme Signalwirkung haben – selbst, wenn er schweigen sollte.

Die Entwicklungen in Ghana sind Ausdruck eines beunruhigenden Trends, der nicht auf den afrikanischen Kontinent begrenzt ist: Im Namen von „Werten“ und „Tradition“ werden queere Menschen entrechtet, ihre Existenz delegitimiert. Besonders perfide ist dabei, dass dieser Kulturkampf nicht selten unter dem Deckmantel des Anti-Kolonialismus geführt wird – während er in Wahrheit koloniale Denkstrukturen reproduziert.

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Ende Juni hat die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag im Deutschen Bundestag eingereicht, der darauf abzielt, queere Hasskriminalität zu bekämpfen. Darin fordert die Oppositionspartei die Bundesregierung auf, Maßnahmen zum Schutz queerer Menschen in Deutschland zu ergreifen.

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Der Antrag trägt den Titel „Queerfeindliche Hasskriminalität wirksam bekämpfen und die rechtliche Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie anderen queeren Personen (LSBTIQ-Personen) beenden“.

Vor dem Hintergrund zahlreicher rechtsextrem motivierter Angriffe auf Pride Veranstaltungen im letzten Jahr fordern die Grünen darin, dass „Staat und Gesellschaft […] diesen Angriffen auf die Sicherheit und die Grundrechte queerer Menschen überall klar und entschieden“ entgegnen. Auch in diesem Jahr sind CSD-Veranstaltungen wieder Zielscheibe rechtsextremer, queerfeindlicher Gruppen.

Nun wird die Regierungskoalition in Verantwortung gezogen, ihr Versprechen, queeres Leben in Deutschland vor Diskriminierung zu schützen - wie im Koalitionsvertrag in einem kurzen Absatz festgelegt – konsequent umzusetzen. Konkret fordert der Antrag die Entwicklung wirksamer Schutzkonzepte für CSD-Veranstaltungen. Ebenso soll eine bundesweite Meldestelle für queerfeindliche Straftaten eingeführt und der Aktionsplan „Queer Leben“ weitergeführt werden. Die Bundesregierung müsse sich konsequenter für Demokratieförderung einsetzen und dafür Mittel bereitstellen. Zum Schutz der Zivilgesellschaft und Prävention von Diskriminierung sei ein Demokratieförderungsgesetz „längst überfällig“, wie die Grünen auf ihrer Webseite kritisieren.

Eine zentrale Forderung im Antrag, die schon lange im Fokus queerpolitischer Debatten steht, stellt auch die Erweiterung von Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes um die Kategorie der „sexuellen Identität“ dar. Wichtig sei auch, „dass trans- und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen vom grundgesetzlichen Schutz für das Merkmal „Geschlecht“ erfasst sind“.

Erick Jödicke (Bundesvorstand des LSVD+ Verband Queere Vielfalt) begrüßt den Vorstoß: „Eine solche Verfassungsänderung wäre ein historischer Schritt und ein sichtbares Zeichen des Staates, dass LSBTIQ*-Rechte Grundrechte sind.“

Der Antrag wird von SPD und den Linken unterstützt (LSVD+). Bei der Anhörung am 26. Juni setzten die Fraktionen von Grüne und Linke ein Zeichen für Vielfalt, indem sie sich in Regenbogenfarben kleideten, wie der Spiegel berichtete.

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Seit 1985 beschäftigt sich das Schwule Museum Berlin mit queeren Lebensgeschichten, Themen und Ideen und stellt sie auf künstlerische Weise dar. Aktuell gibt es drei Ausstellungen zu besichtigen, die diverse geographische Kontexte und künstlerische Perspektiven abbilden:

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Die Ausstellung „Young Birds from Strange Mountains – Queere Kunst aus Südostasien und seiner Diaspora“ läuft bereits seit November letzten Jahres und kann noch bis zum 4. August 2025 besichtigt werden. Die Ausstellung will in die Wissenslücke über queere Menschen und Praktiken aus Südostasien und seiner Diaspora intervenieren und zeigt Arbeiten von queeren Künstler*innen aus der Region und Diaspora. So wird auch Archivmaterial aus dem Schwulen Museum, dem A Queer Museum Hanoi und dem Queer Indonesia Archive aufgegriffen. Der Titel der Ausstellung ist eine Referenz auf den vietnamesischen Dichter Ngô Xuân Diệu (1916–1985): „‘Junge Vögel‘ kann als Sinnbild für die Erfahrungen queerer Menschen in einer Gesellschaft interpretiert werden, in der sie um ihre Zugehörigkeit kämpfen und dennoch einen bleibenden Eindruck in der Geschichte hinterlassen“, so das Museum.

Seit dem 6. Juni 2025 läuft die Ausstellung „A HEART THAT BEATS – Queere ukrainische Kunst im Fokus“. Darin wird multimediale Kunst im Kontext der Geschichte queerer Gemeinschaften in der Ukraine gezeigt - und das in drei Kapiteln: Das erste sucht nach Spuren queerer Geschichte unter dem Sowjetregime, wo queere Lebensweisen und Kunst größtenteils versteckt bleiben mussten. Das zweite Kapitel behandelt die Jahre der Unabhängigkeit bis 2014 und setzt sich mit dem Aufbau queerer Infrastruktur trotz Widerstand auseinander. Zuletzt wird eine queere Geschichte der Gegenwart erzählt, die von der russischen Besetzung der Krim und dem Angriffskrieg auf die Ukraine geprägt ist. Trotz Geschichten von Repression möchten die Kurator*innen Anton Shebetko und Maria Vtorushyna mit der Ausstellung die Lebendigkeit der ukrainischen queeren Kultur hervorheben.

Die neuste Ausstellung namens „Feuer + Flamme dem Patriarchat. Petra Galls Fotos der Berliner FrauenLesben-Szene“ wird am 3. Juli 2025 eröffnet und bis Februar 2026 laufen. Sie zeigt vor allem Fotos von Petra Gall (1955-2018) im Kontext der FrauenLesbenbewegung der 1980er und 90er Jahre in Berlin. Die Fotografin war selbst Teil der Bewegung, die wichtige feministische Forderungen antrieb und bis heute Wirkung zeigen. Von (körperlicher) Selbstbestimmung, ökonomischer Gleichstellung und rechtlicher Anerkennung – all diese weiterhin höchst aktuellen Themen wurden von der FrauenLesbenbewegung verhandelt. Die Ausstellung ehrt die Bewegung und die Fotografin gleichzeitig. Der Nachlass Petra Galls mit über 200.000 Negativen und Abzügen befindet sich seit 2012 in der Sammlung des Schwulen Museums.

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Trotz eines offiziellen Verbots durch die Polizei fand am 28. Juni in Budapest die diesjährige Pride-Parade statt – und wuchs zu einem historischen Ereignis heran. Rund 200.000 Menschen zogen laut Veranstalter*innen durch die Innenstadt der ungarischen Hauptstadt. Die Demonstration wurde zum deutlichen Protest gegen die Anti- LGBTIQ+-Politik der Orbán-Regierung – und zu einem Fanal für Freiheit und Gleichberechtigung.

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Bereits Anfang März hatte das Kabinett um Premierminister Viktor Orbán ein Gesetz verabschiedet, das Pride-Veranstaltungen im Land untersagt (hier zu unserem Artikel). Es stützt sich auf eine umstrittene Regelung, die die „Darstellung oder Förderung“ gleichgeschlechtlicher Beziehungen gegenüber Minderjährigen untersagt – ein Gesetz, das von Kritiker*innen als gezielter Angriff auf die LGBTIQ+-Gemeinschaft gewertet wird.

Budapests Bürgermeister Gergely Karácsony erklärte nach Angeben des Guardian das von der Polizei ausgesprochene Verbot hingegen als rechtlich nicht bindend. Die Pride sei eine städtische Veranstaltung und benötige daher keine gesonderte Genehmigung. Schon im Vorfeld kündigte Karácsony einen „Plan C“ an, um die Parade trotz Widerstands zu ermöglichen. Der Bürgermeister, ein erklärter Gegner der Orbán-Regierung, bezeichnete die Parade als Ausdruck von Freiheit und Menschenwürde – Werte, die seiner Meinung nach in Budapest unantastbar bleiben müssten.

Auch die Tagesschau berichtete von einer ‚gewaltigen Masse‘, die sich über zweieinhalb Kilometer durch die Hauptstadt zog – deutlich mehr als die üblichen 30.000 bis 40.000 Teilnehmenden. Zudem wurde die klare Solidarität europäischer Politikerinnen und Politiker hervorgehoben: Rund 70 EU-Abgeordnete – darunter der grüne EU-Vizepräsident Nicolae Ştefănuţă – beteiligten sich am Marsch. Ihre Teilnahme hatten sie bereits im Vorfeld angekündigt.

Einziger Wermutstropfen war ein kurzfristiger Routenwechsel, nachdem Rechtsextreme die Freiheitsbrücke blockiert hatten. Der Demonstrationszug wich auf die Elisabethbrücke aus – größere Zwischenfälle blieben jedoch aus. Auch die Polizei hielt sich weitgehend im Hintergrund.

Ob die ungarischen Teilnehmer*innen nachträglich mit Strafen rechnen müssen, ist derzeit unklar. Es lässt sich nur spekulieren, ob Orbán mit Blick auf die Parlamentswahlen im April 2026 milde reagiert – oder im Gegenteil seinen Kurs verschärft. Sicher ist: Die Riesenveranstaltung entfaltet politischen Druck. Laut Tagesschau liegt Orbáns Herausforderer Péter Magyar in Umfragen konstant vorn. Das Pride-Verbot könnte sich damit als Bumerang für den Regierungschef entpuppen.

Sollten tatsächlich 200.000 Menschen auf der Straße gewesen sein, entspräche das in Ungarn – bei rund 9,6 Millionen Einwohner*innen – gut zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. In Deutschland käme das zum Vergleich einer Beteiligung von über 1,6 Millionen Menschen gleich. Allein diese Zahl macht die diesjährige Pride zu weit mehr als nur einem Demonstrationszug.

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Letzte Woche berichteten wir in einem Artikel über die aktuellen Bedrohungen von CSD-Veranstaltungen bereits über das Verbot, dass das Regenbogen-Netzwerk der Bundestagsverwaltung am diesjährigen Christopher Street Day in Berlin am 26. Juli  teilnimmt. Trotz Kritik verteidigt die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner die Entscheidung.

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Ein Sprecher von Klöckner erklärt, dass die Entscheidung auf Basis der Notwendigkeit der politischen Neutralität der Verwaltung getroffen worden sei. Aufgrund der konkreten politischen Forderungen auf dem CSD würde eine Teilnahme „über ein allgemeines Bekenntnis zu Menschenrechten und Vielfalt“ hinausgehen (Tagesspiegel).

Der Vorstand des Berliner CSD e.V. sieht das anders und übt scharfe Kritik an dem Verbot: “CSDs sind gelebte Demokratie. Wer die Teilnahme von queeren Netzwerkgruppen staatlicher Institutionen untersagt, kündigt stillschweigend den Konsens auf, dass Grundrechte sichtbar verteidigt gehören”.

Abseits von der queeren Community sorgt die Entscheidung auch innerhalb der CDU für Kritik. Das Nachrichtenportal queer.de berichtet, dass sowohl in Düsseldorf als auch in München (Verwaltungs-)Mitarbeitende an den CSD-Veranstaltungen teilnahmen oder dies ankündigten. Zudem würde auch das Bundesfamilienministerium, geführt von CDU-Ministerin Karin Prien, am CSD Berlin präsent sein.

Auch eine weitere Maßnahme Klöckners in Hinblick auf den Christopher Street Day stößt auf Widerstand: Während die Regenbogenflagge am 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homophobie, am Reichstagsgebäude gehisst wurde, soll diese zum 47. CSD in Berlin das Gebäude nicht schmücken – anders als in den Jahren zuvor. Laut rbb rechtfertigt Klöckner die Entscheidung damit, dass die Flagge am CSD „zurecht auf vielfältige Weise durch die Menschen selbst getragen und verbreitet [wird], nicht durch die Institution Bundestag“. Die Bundesflagge repräsentiere das Grundgesetz und würde sexuelle Selbstbestimmung deshalb bereits mit einbeziehen.

Der Vorstand des Berliner CSD e.V. drängt hingegen auf die Notwendigkeit einer Positionierung in der aktuellen Lage: „Gerade in Zeiten, in denen CSDs zur Zielscheibe rechtsextremer Angriffe werden, wäre politischer Rückhalt mehr als angebracht.”

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Wer eine Alternative zu lauten Love- und CSD-Paraden sucht oder einfach zwischendurch Lust auf entspanntes Beisammensein hat, aber dennoch aktiv sein will, sollte sich die Freizeitgruppe Lesben unterwegs vormerken.

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Die Gruppe organisiert sich über HAKI e.V. Jeden dritten Sonntag im Monat heißt es: Raus aufs Rad oder zu Fuß und rein in die Natur – meist mit Startpunkt Husum und immer mit guter Laune im Gepäck. Die Ausflüge führen quer durch den Norden Schleswig-Holsteins und bieten eine wunderbare Gelegenheit, neue Frauen kennenzulernen oder bekannte Gesichter wiederzusehen.

Am Sonntag, 20. Juli, steht die nächste gemütliche Radtour mit Picknick auf dem Programm. Treffpunkt ist um 11:15 Uhr am Bahnhof Husum. Einfach ein verkehrstaugliches Fahrrad und etwas Leckeres fürs Picknick einpacken – und los geht’s!

Neue Teilnehmerinnen sind immer herzlich willkommen! Eine Anmeldung ist in der Regel nicht erforderlich.

Kommt ihr mit dem Zug oder sucht eine Mitfahrgelegenheit? Dann meldet euch bitte frühzeitig bei der Tour-Verantwortlichen: lesben-unterwegs@haki-sh.de.

Weitere Infos – etwa zu Route, Dauer und möglichen Kosten – gibt es vorab über eine Ankündigung.

Wer im Juli nicht dabei sein kann – kein Problem: Das Jahresprogramm 2025 hält noch viele weitere Highlights bereit.

Also: Aufsatteln und Sommerluft schnappen!

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Mitten im Pride-Monat zeigt sich die aktuelle Gefahr für queeres Leben in Deutschland: Die Schlagzeilen über Bedrohungen verschiedener CSD-Veranstaltungen in Deutschland häufen sich. Eine CSD-Demonstration in Regensburg wurde deshalb abgesagt. Zusätzlich wurde ein Fest für Vielfalt in Brandenburg von mehreren jungen Rechtsextremen angegriffen.

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Anfang der Woche berichtete die Mittelbayrische Zeitung, dass die für den 5. Juli geplante CSD-Parade in Regensburg aufgrund einer „abstrakten Bedrohungslage“ abgesagt wird. Die Entscheidung hätte sich nach einem Krisengespräch mit dem Ordnungsamt und der Polizei ergeben. Die Sicherheit der Teilnehmenden während der Demonstration könne nicht gewährleistet werden, so der CSD-Organisator Alexander Irmisch (zitiert auf queer.de). Das geplante Straßenfest und eine Kundgebung könnten jedoch stattfinden, da diese besser abzusichern seien. Laut Irmisch gehe die Bedrohung von Rechten und religiösen Fanatiker*innen aus.

Angst vor rechtsextremen Angriffen bei queeren Veranstaltungen ist in der aktuellen Lage nicht unbegründet. So gab es vor dem CSD Wernigerode in Sachsen-Anhalt eine mutmaßliche Anschlagsdrohung. Der Mitteldeutsche Rundfunk berichtete von dem Verdacht, dass ein 20-Jähriger in einer Kneipe Angriffe auf die Pride-Veranstaltung angekündigt hätte. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei mehrere Waffen und Munition. Aufgrund fehlender Beweise für den geplanten Anschlag ist der Verdächtigte jedoch noch auf freiem Fuß. Der CSD in Wernigerode wurde durchgeführt und verlief friedlich.

Erst vergangenes Wochenende kam es in Brandenburg zu einem tatsächlichen Angriff, der unter anderem queerfeindlich motiviert zu sein scheint. Circa zwölf Vermummte stürmten ein Fest des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“, wobei zwei Menschen leicht verletzt wurden (Tagesschau). Die taz ordnet den Vorfall klar als Angriff von Neonazis ein. In dem Ort gebe es eine starke rechte Jugendbewegung. Der Versammlungsleiter des Fests Samuel Signer kritisiert, dass zu dem Zeitpunkt keine Polizei vor Ort war, obwohl es Hinweise auf eine Bedrohung gegeben hätte.

Erst im Mai wurde die Statistik des Bundeskriminalamtes zu politisch motivierter Kriminalität veröffentlicht. Darin wurde ein alarmierender Anstieg von Hasskriminalität gegenüber queeren Menschen 2024 von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr festgestellt (siehe dazu die Pressemitteilung des LSVD+). Die Amadeo-Antonio-Stiftung berichtete, dass 2024 ein Drittel aller CSDs in Deutschland zum Ziel rechtsextremer Angriffe wurde. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass die Bedrohung auch in diesem Jahr wieder da ist – womöglich sogar erhöht.

Der Anstieg von Queerfeindlichkeit muss in der Planung von CSD-Veranstaltungen mitgedacht werden. Kai Bölle, Vorstandsmitglied des Vereins CSD Deutschland, betont, dass auch die Bedrohungen im Netz stark angestiegen seien (zitiert in der WELT). Besonders von jungen rechtsextremistischen Gruppen gehe eine Bedrohung aus.

Trotz einer erhöhten Bedrohungslage und teilweise Gegenproteste von Neonazis (wie etwa im baden-württembergischen Pforzheim) lassen sich die CSD-Veranstalter*innen nicht gänzlich abschrecken. In den meisten deutschen Städten werden die Pride-Demos und Veranstaltungen weiter geplant. So auch in der Hauptstadt Berlin. Da kam es jedoch zu einer anderweitigen Schlagzeige: Das queere Regenbogennetzwerk des Bundestags sagt seine Teilnahme ab. In den letzten beiden Jahren hingegen nahm die Bundestagsverwaltung beim Christopher Street Day teil. Der Spiegel zitiert den Vorstand des Berliner CSD e.V., der dies als „aktive Absage an queere Sichtbarkeit“ bezeichnet. Die Verwaltung des Bundestags erklärte ihre Absage mit der Neutralitätspflicht. Dabei wäre genau jetzt in der steigenden Bedrohungslage eine klare Positionierung der Politik für die Rechte und den Schutz queerer Menschen notwendig.

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Die Loveparade ist ein pulsierendes Symbol der 90er Jahre, das Millionen faszinierte. Wummernde Bässe, grenzenlose Freiheit und ihr besonderes Lebensgefühl machten sie zu einer der bedeutendsten Technoparaden weltweit.

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Unter dem Titel „Friede, Freude, Eierkuchen – Die Loveparade in den 90ern“ widmet das Haus der Geschichte in Bonn dieser einzigartigen Ära eine eindrucksvolle Fotoausstellung. Nach dem Mauerfall verwandelte sich Berlin in ein Zentrum der Clubkultur, wo alles möglich schien und die Loveparade als Sinnbild von Gemeinschaft, Frieden und selbstbestimmter Liebe aufblühte.

Das Motto „Love“ stand dabei für mehr als nur Musik – es war Ausdruck von Freiheit und Selbstentfaltung: „Viele Feiernde zeigen nackte Haut. Selbstbewusst ausgelebte Homosexualität gehört so selbstverständlich zur Loveparade wie Heterosexualität.“ Der Fotograf Daniel Biskup hielt diese elektrisierende Atmosphäre in seinen Bildern seit 1995 fest. Die Ausstellung zeigt eine exklusive Auswahl seiner Werke und bringt die Besucher*innen zurück in die Zeit der schrillen Outfits, des ekstatischen Tanzens und des ungebremsten „Hier und Jetzt“-Lebensgefühls.

Ein besonderes Highlight: Laut Manuel Opitz vom Magazin GEO gibt es in der Ausstellung Plattenspieler mit Technomusik, die das Erlebnis auch musikalisch wieder hervorrufen.

Mehr Informationen vor Ort: Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn
oder online unter:Friede, Freude, Eierkuchen

Bild: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

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In einem früheren Artikel zu gendervarianten (engl. „gender nonconforming“) Geschlechtsidentitäten nannten wir auch die Kategorie „Agender“. Dieser Artikel ist eine Ergänzung dazu und geht spezifischer auf die Frage ein, was es bedeutet, „agender“ zu sein und wie es sich beispielsweise zu trans* und Nicht-Binarität verhält.

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Eine kurze Definition von Agender bietet das Queerlexikon: „Als agender können sich Menschen bezeichnen, die kein Geschlecht haben, sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen oder mit dem Konzept von Geschlecht nichts anfangen können.“

So kann Agender als Geschlechtsfreiheit oder Geschlechtslosigkeit beschrieben werden. Dabei wird diese Kategorie oft auch als Teil von trans* und/oder nicht-binären Geschlechtsidentitäten verstanden. Denn agender Menschen ordnen sich nicht in ein binäres Geschlechtssystem (männlich/weiblich) ein und identifizieren sich nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Dennoch sollte agender nicht mit trans* gleichgesetzt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit e. V. (dgti*) erklärt dieses Verhältnis folgendermaßen:

"Ein häufiger Irrtum ist die Annahme, dass agender und trans* dasselbe seien. Während viele trans* Personen sich einem anderen Geschlecht zuordnen oder dieses annehmen, empfinden sich agender Menschen als komplett außerhalb dieser Kategorien. Sie identifizieren sich weder mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht noch mit einem anderen. Einige agender Personen verstehen sich dennoch als Teil der trans* Community, insbesondere wenn sie eine Veränderung ihrer Geschlechtsdarstellung anstreben​.“

Ebenfalls wichtig zu nennen ist, dass agender Menschen nicht gleich asexuell sind. Asexualität beschreibt, dass Menschen kein oder nur selten sexuelle Anziehung zu anderen Personen verspüren. Die Geschlechtskategorie „agender“ beschreibt die Erfahrung, sich mit keinem Geschlecht zu identifizieren, die sexuelle Orientierung ist unabhängig davon.

Egal wie eine Person aussieht und sich kleidet, sollte die Geschlechtsidentität oder eben auch die Geschlechtsfreiheit respektiert werden. Um agender Personen zu unterstützen, sollte wie bei nicht-binären Personen darauf geachtet werden, die selbst gewählten Pronomen und Namen der jeweiligen Person zu verwenden.

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Die Wahl in Hamburg liegt zwar einige Tage zurück, doch ein Blick auf die Ergebnisse zeigt, dass die Stadt ihre Rolle in Sachen Vielfalt und Gleichberechtigung ernst nimmt.

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Wie das Magazin queer treffend feststellt: Während der Koalitionsvertrag der Bundesregierung zu LGBTIQ*-Themen weitgehend schweigt, setzen die Hamburger Koalitionsparteien SPD und Grüne ein klares Zeichen: Vielfalt ist hier nicht nur eine Randnotiz, sondern ein explizites Element der politischen Agenda.

In ihrem Koalitionsvertrag bekennen sich die Regierungsparteien zu einer weltoffenen Gesellschaft und führen den Aktionsplan „Hamburg l(i)ebt vielfältig“ fort. Dieser Plan umfasst 150 Maßnahmen in sieben zentralen Zielfeldern, darunter Aufklärung, Fachkräftequalifizierung und rechtliche Gleichstellung. Ziel ist es, Vielfalt in allen gesellschaftlichen und staatlichen Bereichen zu verankern – von Bildungseinrichtungen bis zu Pflegeheimen. Hervorzuheben ist auch der Fokus auf besonders vulnerable Gruppen, etwa LGBTIQ*-Menschen mit Fluchterfahrung und solche, die mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind. Diese explizite Erwähnung zeigt, dass Hamburg anerkennt: Eine diverse Gesellschaft besteht nicht aus isolierten Gruppen, sondern aus einem Miteinander. Der Koalitionsvertrag erkennt damit Vielfalt als ein Thema an, das über einzelne Gruppen und Generationen hinaus reicht.

Dies spiegelt sich auch in den übrigen Zielgebieten wider, die der Vertrag vorsieht:

  • Queeres Leben in allen Lebensbereichen: Von frühkindlicher Bildung bis zur Pflege soll Vielfalt selbstverständlich sein.
  • Fortbildung von Fachkräften: Mitarbeitende werden gezielt geschult, um queere Menschen besser zu unterstützen.
  • Repräsentation in Gremien: Institutionen wie der Landesseniorenbeirat spiegeln die Vielfalt der Stadtgesellschaft wider.
  • Zentrale Beratungsstelle für queere Familien: Eine solche Anlaufstelle wird geprüft.
  • Erweiterung des Diskriminierungsverbots: Das Grundgesetz soll um sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität ergänzt werden.
  • Reform des Abstammungsrechts: Besonders lesbische Frauen sollen rechtlich gleichgestellt werden.
  • Konsequente Verfolgung von Hasskriminalität: Die Polizei wird ihre bestehenden LGBTIQ*-Konzepte weiterführen und stärken.

Natürlich löst ein Aktionsplan nicht alle strukturellen Probleme. Doch gerade vor dem Hintergrund der immer häufiger diskriminierenden Rhetorik auf Bundesebene setzt Hamburg mit diesen Maßnahmen ein deutliches Signal: Ein anderer Weg ist möglich und dabei handelt es sich keineswegs um eine rein ethisch-soziale Frage. Nicht umsonst betont der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), "soziale, wirtschaftliche und politische Sicherheit in unsicheren Zeiten geben" (queer.de) zu wollen. Er macht damit deutlich, dass wirtschaftliche und politische Sicherheit in unsicheren Zeiten eng mit sozialer Offenheit verbunden ist. Zwar bleibt abzuwarten, wie sich diese Maßnahmen in der Praxis konkret auswirken, doch solange Bundesländer wie Hamburg aktiv für Vielfalt und Offenheit eintreten, bleibt der politische Diskurs in Deutschland dynamisch und offen für Veränderungen.

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