Echte Vielfalt

Familie

Obwohl queere Gemeinschaften in vielen Ländern mit wachsenden Risiken konfrontiert sind, gab es 2021 auch einige Lichtblicke für LGBTQI*-Rechte: Von der Wahl der ersten offenen trans Bürgermeisterin in Bangladesch über die Stärkung der Rechte von Homosexuellen in den USA bis hin zur Entkriminalisierung von Homosexualität in Botswana - mehrere Länder haben in diesem Jahr Hoffnungsschimmer bei der Förderung von queeren Rechten geliefert.

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Stigmatisierung, Diskriminierung und homofeindliche Angriffe gehören für queere Menschen noch immer zum Alltag. In Ländern wie Polen und Ungarn wurden hart erkämpfte Fortschritte wieder rückgängig gemacht, wobei konservative Regierungen im Namen von Familienwerten Stimmung gegen LGBTQI schürten. In vielen Ländern sind queere Menschen unverhältnismäßig stark von den Folgen der COVID-19-Pandemie betroffen. Trotzdem haben Teile der Welt neue Hoffnung geschöpft, als in diesem Jahr Schritte zur Förderung queeren Rechte der unternommen haben. Hier ist ein Überblick von guten Dingen, die 2021 für queere Rechte passiert sind.

Asien

  • Bhutan hat als letztes asiatisches Land Homosexualität entkriminalisiert.
  • Bangladesch hat seine erste offene trans Bürgermeisterin, Nazrul Islam Ritu, gewählt.
  • Nepal hat bei der Volkszählung zum ersten Mal eine dritte Geschlechtskategorie eingeführt. Die Befragten hatten die Möglichkeit, neben männlich und weiblich auch „anderes“ als ihr Geschlecht anzugeben.

Nordamerika

In den Vereinigten Staaten wurden in diesem Jahr Rechte im Zusammenhang mit der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität wiederhergestellt, die von der vorherigen Trump-Regierung zurückgenommen worden waren. US-Präsident Joe Biden...

  • hob ein Verbot für den Dienst von trans Personen im Militär auf,
  • hob eine Regelung auf, die es Gesundheitsdienstleistenden erlaubte, Homosexuellen und trans Personen den Versicherungsschutz zu verweigern,
  • unterzeichnete eine Durchführungsverordnung, in der er versprach, die amerikanische Diplomatie und die US-Auslandshilfe zu nutzen, um LGBTQ-Rechte international zu fördern und zu schützen, und
  • besetzte den Posten der US-Sonderbeauftragten für globale LGBTQ-Fragen, welcher von der Trump-Administration vakant gemacht wurde.
  • Im Februar wurde der ehemalige Präsidentschaftskandidat für 2020, Pete Buttigieg, als erstes offen schwules Kabinettsmitglied vom US-Senat bestätigt.

 

  • Kanada schloss sich mit der Verabschiedung eines Gesetzes, das die Konversionstherapie formell verbietet, einem weltweit wachsenden Druck zum Verbot dieser Therapie an. Die weithin in Verruf geratene Praxis zielt darauf ab, die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität einer Person zu ändern.

Europa

  • Die Schweiz hat im September die gleichgeschlechtliche Ehe in einem Referendum mit fast zwei Dritteln der Wählerstimmen gebilligt. Die Gesetzesänderung ermöglicht es gleichgeschlechtlichen Paaren, standesamtlich zu heiraten und ihnen die gleichen Rechte wie anderen Ehepaaren zu gewähren, und gleichgeschlechtliche Paare können gemeinsam adoptieren.
  • Frankreich verabschiedete ein Gesetz, das den Zugang zu kostenlosen Fruchtbarkeitsbehandlungen wie künstlicher Befruchtung und In-vitro-Fertilisation (IVF) auf Frauen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen und alleinstehende Frauen ausweitete. Zuvor war dieses Verfahren unfruchtbaren heterosexuellen Paaren vorbehalten, so dass lesbische Paare und alleinstehende Frauen gezwungen waren, sich für eine IVF-Behandlung im Ausland zu entscheiden.

Afrika

  • Das Berufungsgericht von Botswana bestätigte im November ein Urteil aus dem Jahr 2019, das gleichgeschlechtliche Beziehungen entkriminalisierte, was als großer Sieg für die LGBTQI*-Rechtsaktivist*innen auf dem Kontinent gefeiert wurde. Vor dem Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 wurde homosexueller Sex in Botswana mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft.
  • Im Februar trat in Angola ein neues Strafgesetzbuch in Kraft, nachdem das Parlament es 2019 verabschiedet und der Präsident es im November 2020 unterzeichnet hatte. Das neue Strafgesetzbuch hebt einen 133 Jahre alten Passus auf, der gleichgeschlechtliche Beziehungen verbietet und in Kraft trat, als das südwestafrikanische Land noch eine portugiesische Kolonie war. Es enthält auch einen umfassenden Antidiskriminierungsschutz auf der Grundlage von Sexualität und Geschlechtsidentität.

Südamerika

  • Chile verabschiedete ein historisches Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht auf Eheschließung einräumt. Das Land hatte 2015 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften legalisiert und wartete schon lange sehnsüchtig auf die Legalisierung der Homo-Ehe.

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Ein historisches Votum, das gleichgeschlechtlichen Paaren in Chile das Recht auf Eheschließung einräumt, wurde von Aktivist*innen als Triumph gefeiert. Der Gesetzentwurf zur Gleichstellung der Ehe sieht vor, dass gleichgeschlechtliche Paare das Recht auf Elternschaft erhalten, was mit dem Gesetz zur Bürgerlichen Vereinigung nicht möglich gewesen war.

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„Die Gleichstellung der Ehe ist ein Lichtblick, ein bisschen Hoffnung“, sagte Isabel Amor, Direktorin der Homosexuellen-Rechtsorganisation Iguales der britischen Zeitung The Guardian, und wies darauf hin, dass sich die LGBTQI*-Gemeinschaft des Landes angesichts der drohenden Präsidentschaft von José Antonio Kast in einem „sehr fragilen emotionalen Zustand“ befindet. Das Votum wird deswegen auch als Rückschlag für die konservative Agenda des Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast gefeiert, der in der ersten Wahlrunde im November in Führung gelegen hatte. Doch „Wir müssen uns fragen, was wir verlieren werden, wenn er Präsident wird“, ergänzte Isabel Amor.

Denn während Boric für mehr Rechte für Minderheiten eintritt, basiert Kasts Agenda auf einer traditionalistischen Politik, die von frommen katholischen Werten geprägt ist. Kast, der bestreitet, homofeindlich zu sein, mutmaßte, dass „die Gesellschaft am besten mit heterosexuellen Paaren funktioniert“; sein Präsidentschaftsprogramm bietet Subventionen für verheiratete heterosexuelle Familien mit Kindern und schließt gleichgeschlechtliche Paare bewusst aus. Auch in seinen 16 Jahren als Abgeordneter wehrte er sich regelmäßig gegen fortschrittliche Gesetze. So stimmte er 2012 gegen ein Antidiskriminierungsgesetz und 2015 gegen das Abkommen über die zivile Union - die schließlich trotzdem beide verabschiedet wurden. Außerdem widersetzte er sich vehement dem Gesetz zur Geschlechtsidentität, das 2018 verabschiedet wurde, um Transmenschen rechtlichen Schutz zu gewähren.

In der ersten Wahlrunde im November erhielt Kast mit 28 % der Stimmen die Mehrheit der Stimmen und schlug den progressiven ehemaligen studentischen Leiter Gabriel Boric um zwei Prozentpunkte - ein Ergebnis, das die queere Gemeinschaft des Landes in Angst und Schrecken versetzte. Eine knappe Stichwahl zwischen Kast und Boric ist für den 19. Dezember angesetzt.

Ob Chile dann einen konservativen oder progressiven Präsidenten bekommt, ist noch unklar. Sicher ist jedoch, dass Chile das sechste Land in Südamerika ist, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, nach Argentinien, Uruguay, Brasilien, Kolumbien und Ecuador. Dies sei ein „Gefühl des Friedens, der Gerechtigkeit und der sozialen Rechtfertigung“, sagte Loa Bascuñan, 42, der „seit Jahren“ auf die Gleichstellung der Ehe gewartet habe: „Es geht um mehr als nur darum, heiraten zu können - es geht darum, gleichberechtigt zu sein“.

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Die Ampelkoalition hat ihr Reformprogramm vorgestellt. Darin hat das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP auch versprochen, eine Reihe von Reformen zur Verbesserung der Rechte von LGBTQI* in Deutschland einzuführen. Und tatsächlich sieht es so aus, als sei die neue Bundesregierung queerer als die letzte – sowohl in ihrer Besetzung als auch in ihren Zielen.

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Daniel Wesener, ein schwuler Grüner wird Berliner Finanzsenator und der schwule Aktivist und QueerGrün-Chef Pascal Haggenmüller ist zum Parteivorsitzenden der Grünen in Baden-Württemberg gewählt worden. Die Koalition fordert, den Schutz queerer Menschen im Grundgesetz zu verankern. Auf Initiative von Berlin und Hamburg empfiehlt die Innenministerkonferenz ein härteres Vorgehen gegen queerfeindliche Gewalt. So sollen in einem unabhängigen Sachverständigengremium Vertreter*innen der Wissenschaft und Sicherheitsbehörden gemeinsam mit Fachverständigen aus der queeren Community konkrete Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung queerfeindlicher Gewalt und für die Sensibilisierung der Sicherheitsbehörden erarbeiten. Außerdem plant die Koalition, das Verfahren zu ändern, mit dem trans Personen in Deutschland rechtlich anerkannt werden, und die geschlechtliche Selbstidentifizierung einzuführen. Zu den weiteren Reformvorschlägen gehören die Verschärfung des Verbots von sogenannten „Konversionstherapien“ in Deutschland, die bundesweite Erfassung von Hassverbrechen gegen LGBTQI*, die Abschaffung von Beschränkungen bei der Blutspende für Männer, die mit Männern schlafen, die Überprüfung von Asylverfahren für queere Asylsuchende und das automatische Elternrecht für die Ehefrauen lesbischer Mütter, die das leibliche Kind ihrer Partnerin derzeit noch adoptieren müssen, um offiziell als zweite Mutter zu gelten.

Julia Monro, von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI), sagte dem Tagesspiegel: „Noch nie gab es in einem Koalitionsvertrag so fortschrittliche Projekte für die Rechte von queeren Menschen. Das ist ein Meilenstein und die queere Community jubelt.“ Nun gilt es abzuwarten und zu hoffen, dass sich die Ampel an die Versprechen ihres Koalitionsvertrages hält.

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Nachdem eine unfruchtbare lesbische Frau vor das Bundessozialgericht gezogen ist, weil ihre Krankenkasse die Übernahme der Kosten für ihre Kinderwunschbehandlung verweigerte, hat das Bundessozialgericht geurteilt: Die Versicherung müsse nur aufkommen, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen des Ehegatten verwendet werden, nicht aber bei der Verwendung von Spendersamen, urteilte der Erste Senat am Mittwoch. Demnach haben Gleichgeschlechtliche Ehepaare keine Chance auf Anspruch auf die Erstattung von Behandlungskosten.

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Wie queer.de berichtete hatte im konkreten Fall eine lesbische und unfruchtbare Klägerin die Kostenerstattung einer Kinderwunschbehandlung verlangt, wurde jedoch von der Hanseatischen Krankenkasse in Hamburg zurückgewiesen. Diese Entscheidung bekräftigte das Bayerische Landessozialgericht mit dem Argument, dass Voraussetzung für die Kostenerstattung sei, dass für die Behandlung Ei- und Samenzellen des Ehepartners verwendet werden. Die Notwendigkeit bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe Spendersamen eines Dritten zu verwenden sei dabei von der gesetzlichen Regelung nicht umfasst – auch nicht bei heterosexuellen unfruchtbaren Ehepaaren.

Gerechtfertigt wird diese Unterscheidung mit Kindeswohl, da ein Kind bei künstlicher Befruchtung durch eine Person, die mit der dann Schwangeren verheiratet ist, automatisch zwei zum Unterhalt verpflichtet Elternteile habe. Es sollten davon also nur Paare profitieren, die grundsätzlich zusammen Kinder bekommen können, denen dies aber durch eine "krankheitsähnliche Komponente" nicht gelingt, wodurch auch die Zuständigkeit der Krankenkassen überhaupt erst gerechtfertigt sei.

Daraus folge aber nicht die Pflicht, die „zeugungsbiologischen Grenzen“ einer unfruchtbaren Ehe – ob hetero- oder homosexuell – „mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung auszugleichen", begründeten die Kasseler Richter*innen ihre Entscheidung.

Nun hat die Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung (SPDqueer) am Donnerstag angesichts der BSG-Entscheidung eine Gesetzesnachbesserung für lesbische Frauen mit Kinderwunsch gefordert. Anfang Oktober hatte der Bundesvorstand der SPDqueer einen Antrag für den Bundesparteitag der SPD eingereicht, dessen Ziel eine bundeseinheitliche, gesetzliche Regelung hinsichtlich der Kostenübernahme für eine Kinderwunschbehandlung ist, die gleichermaßen für hetero- als auch gleichgeschlechtliche Paare gilt.

Seit diesem Jahr fördern die Länder Rheinland-Pfalz und Berlin lesbische Paare mit Kinderwunsch bereits. Doch Co-Vorsitzende der SPDqueer Carola Ebhardt kritisierte, dass die Unterstützung beim Kinderwunsch nicht davon abhängen dürfe, in welchem Bundesland ein Paar lebt: „Daher braucht es eine bundeseinheitliche Regelung.“

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Mit einer Rede am vergangenen Donnerstag sorgte Martina Jost, gesellschaftspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, für eine Diskussion im Sächsischen Landtag. So zählte sie verschiedene queerpolitische Themen auf, wie das Regenbogenportal des Bundesfamilienministeriums, das Schulaufklärungsprojekt SCHLAU, das „queerste Programm der Grünen aller Zeiten“, die Forderung nach der Anerkennung sozialer Elternschaft – und beendete dies mit dem Ausruf: „Das ist doch alles krank!“

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Außerdem hatte Jost in ihrer Rede die Politik dazu aufgefordert, bei Bildungsplänen nicht die von der AfD fantasierten „Gender-Ideologen und die Gender-Lobby“, sondern „lieber mal unsere Eltern“ zu befragen. Als Jost trotz der Entgleisung von Landtagsvizepräsidentin Luise Neuhaus-Wartenberg (Linke) weder zur Ordnung gerufen noch gerügt wurde, reagierte die SPD-Abgeordnete Hanka Kliese in einer Kurzintervention mit den folgenden Worten: „Dass Sie in Ihrer Rede solche Lebensmodelle gerade wörtlich als krank bezeichnet haben, das fänden nicht nur meine Eltern schlimm, sondern auch viele andere Menschen der älteren Generation, die froh sind, dass man sich heute ein bisschen offener zeigen kann“. Auch Kultusminister Christian Piwarz (CDU) ging als nächster Redner auf Josts diskriminierende Äußerungen ein: „Dass Sie hier am Rednerpult im Sächsischen Landtag davon sprechen, dass bestimmte Lebensentwürfe und Ansichten von Menschen wortwörtlich krank sind, das macht mich wirklich sprachlos“, wofür er von allen demokratischen Parteien Beifall erhielt.

Anlass der Landtagsdebatte war ein queerfeindlicher AfD-Antrag (Drucksache 7/7678), der in der Bildungspolitik unter anderem ein „positives Bild des Lebensentwurfs traditionelle Familie als Lerninhalt“ verankern und eine angebliche „Relativierung der Familie aus Mutter, Vater und Kindern“ unterbinden wollte. In der Antragsbegründung hieß es, die heterosexuelle Familie bringe „als einziges Familienmodell die künftigen Leistungsträger und Fachkräfte hervor, ohne welche Deutschland keine wirtschaftliche Überlebensperspektive hat“. Die AfD-Fraktion wolle „alle Benachteiligungen des Mehrheits-Familienmodells beseitigen“. In der Aussprache sprach der AfD-Abgeordnete Rolf Weigand als Auftaktredner von „Frühsexualisierungs-Irrsinn“, der „Kinderseelen zerstören“ würde.

Mit solchen „Kampfbegriffen aus rechten Blasen“ versuche die AfD, so Kultusminister Piwarz (CDU), eine Scheinrealität zu konstruieren und Ängste zu bedienen. Auch Lucie Hammecke (Grüne) kritisierte: „Die Angst vor gesellschaftlicher Vielfalt sitzt offenbar tief bei der AfD“. Das eigentliche Ziel des Antrags sei das traditionelle Familienbild als einziges zulässiges zu propagieren und die Vielfalt von Lebensentwürfen zu negieren, so Hammecke weiter. Auch Sarah Buddeberg (Linke) warf der AfD vor „unter dem Deckmantel des Kinderschutzes ihre queerfeindliche Agenda vorantreiben“ zu wollen, und stellte dem entgegen: „Queere Menschen und Familien existieren, auch wenn das den Horizont der AfD übersteigt“. Weiter erklärte sie: „Ein Kinderbuch, in dem eine Familie mit homosexuellen Eltern oder eine trans Person dargestellt werden, wird kein Kind in seiner Intimsphäre verletzen und überschreitet auch keine Schamgrenzen.“ In direkter Ansprache an die AfD-Fraktion schloss sie ihre Rede mit der Vorstellung, dass die AfD-Abgeordneten selbst früher in den Genuss von solchen pädagogischen Angeboten gekommen wären, und mutmaßte, dass es hätte ihnen sicher sehr gutgetan hätte, und dem Landtag ein solch hasserfüllter Antrag so vielleicht erspart geblieben wäre.

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Die Schweizer Wähler*innen haben sich in einem Referendum mit deutlichem Vorsprung dafür entschieden, gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung zu erlauben: 64,1 % der Wähler*innen unterstützen die „Ehe für alle“ in der landesweiten Volksabstimmung. Damit schließt sich das Alpenland vielen anderen Ländern in Westeuropa an.

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Seit 2007 sind in der Schweiz gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften erlaubt. Schon vor dem Referendum war bekannt, dass das Schweizer Parlament und der regierende Bundesrat die „Ehe für alle“ unterstützten. Auch Umfragen im Vorfeld des Referendums zeigten einen soliden Rückhalt.

Gegner*innen der Gleichbehandlung hatten argumentiert, dass die Ersetzung der zivilen Lebenspartnerschaft durch das volle Recht auf Ehe die auf der Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau beruhende Familie untergraben würde. Auch ist die Schweiz mit ihren 8,5 Millionen Einwohner*innen ein traditionell konservatives Land, welches beispielsweise erst 1971 das volle Wahlrecht für Frauen bei den eidgenössischen Wahlen eingeführt, wobei ein Kanton das volle Wahlrecht bei den Kommunalwahlen sogar bis 1990 hinauszögerte.

Nun haben Fortschritt und Vielfalt jedoch gegen die „Tradition“ gesiegt, und die erfolgreichen Befürworter*innen der Ehe für alle können sich freuen, dass gleichgeschlechtliche Partner*innenschaften künftig rechtlich mit heterosexuellen gleichgestellt werden, da sie gemeinsam Kinder adoptieren können und die Staatsbürger*innenschaft für gleichgeschlechtliche Ehepartner*innen erleichtert wird. Außerdem wird es lesbischen Paaren möglich sein, eine geregelte Samenspende in Anspruch zu nehmen.

Befürworter*innen fürchten jedoch, dass es wegen der Verwaltungs- und Gesetzgebungsverfahren noch Monate dauern könnte, bis gleichgeschlechtliche Paare tatsächlich heiraten können.

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Nach zwei Jahren parlamentarischer Debatte wird Frankreich den Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung, der zuvor nur unfruchtbaren heterosexuellen Paaren vorbehalten war, erweitern. So hat Frankreichs Bundestag am Dienstag ein Gesetz erlassen, welches dies nun auch alleinstehenden und lesbischen Frauen ermöglicht, die für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) zuvor oft ins Ausland reisen mussten.

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“Wir sind hier, um über ein Gesetz abzustimmen, dem Freiheit, Gleichheit, Solidarität, und Würde zugrunde liegt“, sagte Coralie Dubost, Gesetzgeberin der regierenden La Republique en Marche Partei, vor versammelten Parlament. Wie sie auf Twitter mitteilte, wurde das Gesetz nach 500 Stunden Debatte und 12,000 Änderungen endlich bestätigt. Zuvor hatte sich der konservativ geführte Senat bemüht, die Möglichkeit für alleinstehende und lesbische Frauen von der französischen Sozialversicherung für medizinisch unterstützte Schwangerschaften finanziell unterstützt zu werden, zu verhindern. Da Präsident Emmanuel Macrons regierende Partei jedoch die Mehrheit im Unterhaus hält, wurde das Gesetz mit 326 zu 115 Stimmen beschlossen und tritt, sobald es von dem Präsidenten unterschrieben wurde, in Kraft. Gesundheitsminister Olivier Veran sagte, dass die ersten Schwangerschaften womöglich noch dieses Jahr entstehen könnten.

Wie queer.de berichtete ist die Maßnahme Teil eines breitgefächerten Bioethik-Gesetzes der Regierung Macrons. Das neue Gesetz wird den Zugang zu Fertilitätsbehandlungen, unter andrem künstliche Befruchtung und IVF, erweitern. Es wird auch die Anonymität für Samenspendende beenden, die nun offiziell versichern müssen, ihre Identität offenzulegen, wenn ihre Kinder ab ihrem 18. Lebensjahr nach ihrem biologischen Vater oder Elternteil fragen sollten. Das Gesetz bezieht sich jedoch weder auf das umstrittene Verbot von Leihschwangerschaften noch auf die geforderte Möglichkeit für trans Frauen vor geschlechtsangleichenden Operationen Samen für späteren Nutzen spenden zu können.

LGBTQ*-Gruppen empfingen die bisherigen Änderungen jedoch mit einem „Endlich!“, wie Matthieu Gatipon, Sprecher*in der Inter-LGBT Vereinigung: „Das war ein lang-erwarteter Prozess“, und weiter, „Wir sind froh, dass das passiert… aber es war eine schmerzhafte Geburt“, sagte Gatipon in Bezug auf die lange Dauer der Gesetzänderung. Seit 2013 in Frankreich gleichgeschlechtliche Ehen legalisiert wurden, bemühten sich LGBTQ*-Gruppen um diesen Schritt. Nun sei die Nachfrage so hoch, dass Fabien Joly, Sprecher der Vereinigung französischer gleichgeschlechtlicher Familien, warnte, dass es einen Mangel an Samenbeständen geben könnte.

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Ein Outing in der Familie ist nicht gleich Outing in der Familie: Queere Menschen müssen sich die Frage stellen, welche Familienmitgliedern sie wie davon erzählen. Und weil sich queerfeindliche Einstellungen häufig gerade in konservativen und religiösen Familien verstärken, desto älter die Generation, kann das Coming Out vor den Großeltern eine besondere Hürde darstellen.

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Dies kann für betroffene Queers, die zu ihren Großeltern kein Verhältnis haben, in dem sie sich outen können, extrem schwierig sein. Auch dann, wenn sie vor ihren Eltern und Geschwistern längst geoutet sind. Gerade in Situationen wie Geburtstagen oder Urlauben, in denen erklärt werden müsste, wer der*die Partner*in ist, können innere Konflikte entstehen: Einerseits besteht selbstverständlich der Wunsch danach, sich frei ausleben und wie immer verhalten zu können – andererseits gibt es verschiedene Fragen: Versteht mein Großelternteil überhaupt, was ich meine, wenn ich mein*e Partner*in als solche, oder als mein*e Freund*in vorstelle? Oder muss ich mich offensiver outen? Wie reagieren sie, wenn ich der Person einen Kuss gebe? Könnte ein Streit entstehen?

Diese Sorgen können Menschen potenziell daran hindern, sich vor ihren Großeltern zu outen – was sich wie ein emotionaler Rückschlag anfühlen kann. Gerade wenn sie schon seit Jahren geoutet sind und ihre Sexualität nicht mehr groß „mitdenken“ müssen, kann das Geheimnis vor den Großeltern stark an alte Gefühle erinnern – „Und plötzlich bist du wieder im Closet“.

Das Coming Out vor den Großeltern ist also eine hochkomplizierte Angelegenheit, die oftmals viel mit Sexualitäts- und Gendervorstellungen zusammenhängen, die in einer Zeit geprägt wurden, in der sexuelle und geschlechtliche Vielfalt noch stärker unterdrückt wurden, als sie es zum Teil noch heute werden. So schmerzlich das Ergebnis daraus sein kann, so kann dies paradoxerweise auch zu Verständnis führen. Alok Vaid-Menon, Autor*in und Performer*in, sagt in einem Gedicht über das Coming Out als trans Person vor der Großmutter und ihrer negativen Reaktion darauf: „I refuse to call my Grandmother transphobic. I will not blame her for her own violence“ – auf Deutsch; „Ich weigere mich, meine Großmutter als transphob zu bezeichnen. Ich werde ihr für die Gewalt, die sie selbst erfahren hat, keine Schuld geben“. Damit bezieht sich Alok auf die noch stärkere Gender-Hierarchie und Unterdrückung geschlechtlicher Vielfalt in ihrer Generation, und findet so für sie Verständnis.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass jede Person, die sich in irgendeiner Form als queer vor ihren Großeltern outet, Verständnis für deren negative und verständnislose Reaktionen zeigen muss. Es unterstreicht nur, dass das Coming Out vor den Großeltern eben ein komplizierter, potenziell schmerzhafter Prozess sein kann, der die Geschichte einer heteronormativen Gesellschaft spiegelt – aber eben auch, wie sich diese gerade in Teilen verändert und verändern kann.

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Nicht notwendige, geschlechtsangleichende chirurgische Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern sind zukünftig verboten.

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Dies hat eine Mehrheit von CDU und SPD im Bundestag beschlossen. Operative Eingriffe können nur nach Zustimmung eines Familiengerichts durchgeführt werden, und müssen dem Kindeswohl dienen. Außerdem können Eltern einer geschlechtsverändernden Operation nur zustimmen, wenn der Eingriff nicht zu einer selbstbestimmten Entscheidung des Kindes aufgeschoben werden kann.

FDP, Linke und Grüne enthielten sich bei der Abstimmung und kritisierten, dass das Gesetz weiterhin Lücken hätte, die den Schutz intergeschlechtlicher Kinder gefährden. Außerdem fordert die Opposition ein Zentralregister, in dem geschlechtsverändernde Behandlungen erfasst werden.

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Im Januar berichtete Echte Vielfalt über den Kampf der beiden Frauen Verena und Gesa Akkermann, beide rechtlich als Elternteile für ihre Tochter Paula gelten zu können.

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Das Sorgerecht hat bisher nur die biologische Mutter Gesa, ihre Frau Verena müsste den langen Weg einer Stiefkind-Adoption gehen. Das Paar sah seine Grundrechte durch die bestehende Rechtslage verletzt und klagte dagegen.

Das Oberlandesgericht Celle entschied nun:  Das bestehende Abstammungsrecht ist verfassungswidrig.Der gemeinsame Entschluss beider Partnerinnen sei in diesen Fällen die Voraussetzung dafür, dass neues Leben entstehe. Der hierdurch gegenüber dem Kind begründeten Verpflichtung folge zugleich das Recht, die Pflege und Erziehung des Kindes wahrnehmen zu können, heißt es in der Urteilsbegründung.

Das Bundesverfassungsgericht muss nun über den Fall entscheiden. Dies hätte wohlmöglich eine Gesetzesänderung und eine Reform des Abstammungsrechts zur Folge.

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