Echte Vielfalt

Familie

Vater-Mutter-Kind: Das war lange Zeit das war lange Zeit die einzige Form, in der Familie gelebt werden konnte. Doch die Existenz von Regenbogenfamilien mit gleichgeschlechtlichen Elternpaaren macht nun immer mehr deutlich -  die „normale“ Familie gibt es nicht.

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Das gilt auch für die Frage, ob sich die Eltern in einer Familie eigentlich immer lieben müssen oder wie viele (soziale) Eltern ein Kind haben kann.  Auch die Soziologie hat angefangen, sich dafür zu interessieren. Christine Wimbauer, Soziologin, forscht zu Co-Elternschaft/Co-Parenting. So wird eine Form der Elternschaft genannt, in der die Elternteile keine romantische Beziehung Liebesbeziehung miteinander führen. Das Modell der Co-Elternschaft findet zunehmend Verbreitung und stellt bisherige Vorstellungen von romantischer Zweierbeziehung und Familie in Frage.

In einem Interview mit der TAZ erklärt Wimbauer, dass für die Kindererziehung die Liebe zu den Kindern am wichtigsten sei, und nicht die romantische Liebe zwischen den Eltern und zieht einen Vergleich zu traditionellen Familien:  „Selbst bei traditionellen Elternpaaren wissen Sie ja nicht, ob sich die beiden nun unbedingt lieben oder nicht. Trotzdem können sie selbstverständlich gemeinsam Kinder erziehen – und sicherlich auch gut erziehen“.

Genau genommen gibt es Co-Parenting schon länger, etwa wenn sich Elternpaare scheiden lassen und dann Stiefeltern dazukommen. Neuer ist jedoch das Phänomen der geplanten Co-Elternschaft. Auch queere Menschen nutzen das Modell der Co-Elternschaft, wie Wimbauer in ihrer Studie schreibt: „Man kann hier verschiedene Konstellationen aufzählen: Seien es homosexuell orientierte Menschen, die gemeinsam eine Queer Family gründen, etwa das lesbische Paar, das mit einem befreundeten oder erst noch zu findenden (eventuell) schwulen Mann oder Männerpaar eine Familie gründet und sie dann zu dritt oder zu viert Co-Eltern in einer Mehrelternfamilie sind.“

Rechtlich sind in Deutschland allerdings bisher nur Familien mit zwei Personen als Eltern möglich. So schreibt Wimbauer, dass „schon die Frage beim medizinischen Personal nach der Erkrankung des Kindes […] rechtlich für soziale Co-Eltern nicht abgesichert“ sei.   Das mache die Eltern in Co-Parenting-Familien zu „Alltagsjongleur*innen, da die faktische Sorgearbeit ja meist geteilt werden soll und wird.“

Das Buch von Christine Wimbauer mit dem Titel „Co-Parenting und die Zukunft der Liebe“  ist im Transcript-Verlag erschienen und kann OpenAccess als PDF heruntergeladen werden.

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Ein Forschungsprojekt untersuchte erstmals systematische juristische Diskriminierung lesbischer Mütter in der Nachkriegszeit Westdeutschlands.

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Gerichte der Bundesrepublik entzogen Müttern bis mindestens in die 1980er Jahre ihre Kinder – wenn bekannt wurde, dass die Mütter lesbisch lebten. Dies führte auch dazu, dass Frauen die Existenz einer Partnerin verbargen. Die erste historische Studie zu dem Thema hat nun erstmals einen Teil dieser Unrechtsgeschichte aufgearbeitet. In Auftrag gegeben wurde sie vom Land Rheinland-Pfalz. Die rheinland-pfälzische Frauenministerin Anne Spiegel stellte die Untersuchung mit dem Titel „…in ständiger Angst…“ im Januar diesen Jahres vor und entschuldigte sich für das entstandene Unrecht: „Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Frauen, die sich scheiden ließen, um in einer Liebesbeziehung mit einer Frau zu leben jahrzehntelang das Sorgerecht entzogen wurde. Die Studie deckt strukturelle Diskriminierungen lesbischer Mütter bis zum Jahr 2000 auf. Das ist bedrückend und beschämend zugleich“ so Spiegel.

Die Studie, legt auch Gründe dar, die zu der Diskriminierung lesbischer Mütter führten. Dazu gehören, dass die gesellschaftlichen Erwartungen in den 50er, 60er und 70er Jahren an Frauen waren, sich als Ehefrau und Mutter ausschließlich der Familie zu widmen. Auch das bis 1977 gültige Schuldprinzip im Scheidungsrecht führte dazu, dass schuldig geschiedene Ehepartner*innen den Unterhalt verloren. Außerdem galt damaligen Wertvorstellungen gemäß eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft für das Kindeswohl als bedenklich.

Verantwortlich für die Forschungsarbeit war die Historikerin Dr. Kirsten Plötz, welche die Studie für das Institut für Zeitgeschichte und die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchführte. Sie befragte für die Studie auch betroffene Zeitzeug*innen, die sich bereit erklärt hatten in Interviews über ihre schmerzhaften Erfahrungen zu berichten. Im einem Interview mit dem Deutschlandfunk erläutert sie die Schwierigkeiten im Forschungsprozess, da kaum offizielle Quellen vorhanden sind. „Wir haben ein unglaubliches Quellenproblem“, so Plötz dazu. Sie betont auch, wie erst 1984 erstmals gerichtlich entschieden wurde, dass die Bindung und die Versorgung des Kindes wichtig seien und das Kind bei einer offen lesbisch lebenden Mutter belassen werden konnte. „Es gab eine Veränderung, aber sehr langsam“, kommentiert Plötz.

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Vor 20 Jahren wurdes es beschlossen: Das Lebenspartnerschaftsgesetz. Die rot-grüne Bundesregierung verabschiedete am 16. Februar 2001 das Gesetz, dass gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubte, rechtlich in einer Ehe-ähnlichen Gemeinschaft zu leben.

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Teile der CDU stellten sich gegen die eingetragene Partnerschaft, oder CDU-geführte Bundesländer blockierten es im Bundesrat. Sie befürchteten, völlig unbegründet, dass die Lebenspartnerschaft gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie in der Verfassung verstoßen würde. Bundesländer mit CDU-Regierung klagten dann auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Dies entschied jedoch in einem Urteil in 2002 für das Gesetz und begründete dies folgendermaßen: "Ziel des Gesetzes ist es, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, ihrer Partnerschaft einen rechtlichen Rahmen zu geben.“

Im Vergleich zur Ehe hatte die Lebenspartnerschaft die gleichen Pflichten, jedoch nicht die gleichen Rechte, zum Beispiel steuerrechtlich. Erst 2017 kam dann die Ehe für alle: Schwulen und Lesben wurde es endlich erlaubt zu heiraten, und ihre Ehe damit der Hetero-Ehe gleichgestellt.

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Anfang 2020 hatte das Justizministerium einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vorgelegt. Nach diesem sollen chirurgische Eingriffe an den inneren und äußeren Geschlechtsmerkmalen von Kindern nur noch erlaubt sein, wenn die Gesundheit des Kindes gefährdet ist.

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„In der Bundesrepublik Deutschland werden an Kindern, die nicht mit eindeutigem Geschlecht zur Welt kommen, immer noch geschlechtsverändernde Operationen vorgenommen, die medizinisch nicht notwendig sind“ heißt es in dem Entwurf.  Auch bestehende medizinische Leitlinien rieten davon ab, solche irreversiblen Eingriffe vorzunehmen.

Ziel des Gesetzentwurfes soll es sein, neben dem „Schutz der körperlichen Integrität des Kindes […] das Recht des Kindes auf geschlechtliche Selbstbestimmung zu schützen.“

Ab 14 Jahren sollen intergeschlechtliche Kinder mit Genehmigung eines Familiengerichtes dann selbst entscheiden, ob sie operiert werden möchten. Dafür müssen außerdem die Eltern einwilligen und der Eingriff dem Kindeswohl nicht widersprechen.

Im Dezember 2020 beriet des Bundestag über den Gesetzentwurf. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD] begrüßte in einer Pressemitteilung grundsätzlich den Entwurf. Er forderte jedoch Nachbesserungen, da zu befürchten sei, dass Eltern und Mediziner*innen versuchen, das Verbot zu umgehen.

In einer Expert*innen-Anhörung zum Gesetzesvorhaben im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, die am 13. Januar 2021 stattfand, stieß der inzwischen überarbeitete Entwurf bei den eingeladenen Expert*innen überwiegend auf Zustimmung, jedoch wurde auch ein hoher Nachbesserungsbedarf attestiert.
Die Meinungen verschiedener medizinischer Sachverständigen gingen mitunter auseinander. So sagte die Vertreterin der Bundesärztekammer, Dr. Wiebke Pühler, dass dem Regierungsentwurf die nicht durch Daten belegte Vermutung zugrunde liege, dass auch nach der Überarbeitung der medizinischen Leitlinien noch geschlechtsangleichende Operationen ohne Indikation vorgenommen würden. Ein Operationsverbot zum Beispiel bis zum 14. Lebensjahr entspreche zudem nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft und werde der Varianz von geschlechtlichen Ausprägungen der Betroffenen nicht gerecht.

Die Vertreterin der Kinder Endokrinolog*innen, Professorin Annette Richter-Unruh, sieht die Regierung auf dem richtigen Weg. Ebenso konstatierte die Psychologin Prof. Katinka Schweizer von der Hamburg Medical School: „Insgesamt sind der Gesetzentwurf und seine Ziele, den Schutz der geschlechtlichen Selbstbestimmung und leiblichen Souveränität zu gewährleisten, zu begrüßen.“ Es bestehe jedoch erheblicher Veränderungsbedarf an wichtigen Punkten. In der aktuellen Form sei der Gesetzentwurf widersprüchlich und schwer verständlich, und werde damit in der alltagsweltlichen Praxis von Familien nicht gerecht.

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Noch immer werden Familien mit gleichgeschlechtlichen Elternpaaren rechtlich diskriminiert. Zwei Frauen gehen nun den rechtlichen Weg, um beide als Mütter in der Geburtsurkunde ihrer Tochter Paula eingetragen zu werden.

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Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann fordern, mit heterosexuellen Elternpaaren rechtlich gleichgestellt zu werden. Denn bei diesen wird der Vater automatisch in die Geburtsurkunde eingetragen, auch wenn eine biologische Vaterschaft nicht besteht, z.B. weil das Kind mit einer Samenspende entstanden ist. Homosexuelle Elternpaare müssen stattdessen nach der derzeitigen rechtlichen Regelung das lange dauernde Verfahren der Stiefkindadoption durchlaufen. Tochter Paula hat daher bisher rein rechtlich nur einen Elternteil.

Nach Ansicht der beiden Mütter ist Paula jedoch kein Adoptionskind, wie Verena Ackermann in einem Interview erläutert: „Wir haben uns von Anfang an gemeinsam für ein Kind entschieden. Sind jeden Schritt gemeinsam gegangen. Paula muss nicht adoptiert werden, denn sie hat mich und Gesa als ihre Mütter. Dass die Gesetze unseres Staates diese Tatsache nicht anerkennen, erleben wir als massive Diskriminierung und Ungleichbehandlung gegenüber heterosexuellen Paaren und Familien, dort fragt auch niemand nach der genetischen Elternschaft des Vaters.“

Gemeinsam mit der Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte kämpfen die beiden Frauen gegen ihre rechtliche Benachteiligung, von der vor allem auch Paula selbst betroffen ist.  Nach der Gesellschaft für Freiheitsrechte zeigen die Fälle wie dieser auf, wie Familien derzeit bei der Anerkennung ihrer Elternschaft diskriminiert würden. Doch es prägten vielfältige Familienkonstellationen die Gesellschaft – etwa 14.000 Kinder würden in Deutschland in nicht heterosexuellen Familien aufwachsen.

Das Oberlandesgericht Celle beschäftigte sich nun am 13.01. mit dem Fall in einer Anhörung, zuvor waren bereits Anträge in erster Instanz vor dem Amtsgericht abgewiesen worden. Die Anwältin der beiden Frauen, Lucy Chebout, äußerte sich nach der Anhörung  positiv: „Das war ein guter Tag! Das Oberlandesgericht Celle hat sich viel Zeit genommen, um die persönlichen und rechtlichen Dimensionen zu erörtern.“

Unter dem Hashtag #paulahatzweimamas kam es in den sozialen Medien, z.B. auf Twitter, zu zahlreichen Solidaritätsbekundungen. So schreibt zum Beispiel eine Twitter-Userin: „Wenn es in einer Familie zwei Mütter gibt, müssen sie rechtlich gleichbehandelt werden. Weil dies bisher nicht geschieht, signalisiert man gesellschaftlich, dass solche Familien "nicht richtig" sind. Das ist falsch, und das ist Diskriminierung.“

Eine umfassende Reform des Abstammungsrecht sei nach dem Bundesjustizministerium in Arbeit. So lange wollen das Paar und ihre Unterstützer*innen jedoch nicht warten:  "Es bleibt immer wieder bei Ankündigungen", kritisierte Gesa Teichert-Akkermann. "Wir vertrauen nicht darauf, dass uns der politische Prozess zu Recht verhilft. Bisher gab es nur Sonntagsreden, aber keine Anpassung der Gesetze."

Das Paar möchte den Rechtsweg weiter verfolgen – wenn notwendig mit einer Verfassungsbeschwerde.

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Der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) kritisiert die Ausnahmen für Kontaktbeschränkungen über Weihnachten als heteronormativ

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Bis mindestens zum 10. Januar dauert der jetzige Lockdown noch an. Maximal fünf Personen aus zwei Haushalten dürfen sich treffen. Über die Weihnachtstage gibt es jedoch Lockerungen, die in einem Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Ländern festgelegt wurden. Vier weitere über den eigenen Haushalt hinausgehende Personen darf man demnach vom 24. Bis zum 26. Dezember treffen, plus Kinder im Alter von bis zu 14 Jahren. Die Personen müssen jedoch aus dem engsten Familienkreis stammen. Dazu gehören Ehe- und Lebenspartner*innen sowie Verwandte.

Der LSVD kritisierte diesen Beschluss, der nur „leibliche“ Verwandte als wichtigste Bezugspersonen ansehe, und ein Weihnachten mit der Wahlfamilie verunmögliche: „Die Idee der heilen Familie ignoriert sowohl das massive Vorkommen von häuslicher Gewalt, als auch die mitunter gravierenden Diskriminierungserfahrungen, die Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen in ihren Herkunftsfamilien machen müssen und daher mit diesen gebrochen haben, so der LSVD. „Freundschaften als Wahl- und Ersatzfamilie sind daher für LSBTI essenziell und überlebenswichtig. Ihnen soll jetzt ein gemeinsames Weihnachten verboten werden. Das verstärkt die soziale Isolation von LSBTI. Das kann so nicht hingenommen werden.“

Kritik wurde auch von queeren Parteiorganisationen geäußert. Queer-Organisationen der Linken und der Grünen kritisierten die Beschlüsse und forderten, dass auch Nichtverwandte in kleiner Anzahl über Weihnachten zusammenkommen dürfen sollten: „Für Millionen von Menschen in der Bundesrepublik sind Wahlverwandtschaften und die Beziehung zu Freund*innen ihr engster Kreis, nicht Familienangehörige. Ein Rückfall in die muffigen 1950er Jahre stellt keinen Schutz vor Sars-CoV-2 dar“ so die Sprecher*innen von DIE LINKE.queer, Luca Renner und Frank Laubenburg.

Mittlerweile wurden die Ausnahmeregelungen der Kontaktbeschränkungen jedoch in einigen Bundesländern entsprechend angepasst, und haben nun den Stellenwert von Freundschaften als Wahl- und Ersatzfamilie hervor. Für die anderen Bundesländer fordert der LSVD Nachbesserungen. Eine Übersicht über den aktuellen Stand der Ausnahmeregelungen der Kontaktbeschränkungen über Weihnachten findet sich auf der Webseite des LSVD.

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Am 18. und 19. November organisierte das Bundesfamilienministerium in Berlin eine europäische (Online-)Konferenz zu lesbischer Sichtbarkeit. Die Konferenz ist die erste internationale Veranstaltung, welche die Interessen und Lebensrealitäten lesbischer Frauen und Regenbogenfamilien in der EU thematisiert hat.

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An beiden Tagen fanden verschiedene Online-Vortrags und Diskussionspanels in englische Sprache statt, so zum Beispiel zu lesbischen Perspektiven auf Flucht und Migration, der Sichtbarkeit von lesbischen Frauen in der wissenschaftlichen Forschung oder der rechtlichen Gleichstellung von Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern in der EU.

Angestrebtes Ziel der Konferenz ist die Umsetzung einer übergreifenden EU-Strategie für die Förderung von LSBTI*-Rechten sowie auch  die spezifischen Lebenssituationen lesbischer Frauen in politischen Maßnahmen der EU zu berücksichtigen. Das „L“ in LGBTI* werde meist nur mitgesprochen, so eine Sprecherin des Familienministeriums, während „Bedarfe lesbischer Frauen und der häufig weiblichen Regenbogenfamilien“ oft nicht betrachtet würden. In einem Panel diskutierte zum Beispiel Bundesfamilienministerin Franziska Giffey mit der EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, und der Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, über eine neue EU-Strategie zu LSBTI*-Gleichstellungspolitik.

Zentraler Ansatz der Konferenz ist das Konzept der Intersektionalität. Mit diesem theoretischen Ansatz aus der Frauen- und Geschlechterforschung soll die Aufmerksamkeit auf die vielfältigen sich überlappenden und verstärkenden Diskriminierungserfahrungen, denen in diesen Fall lesbische Frauen ausgesetzt sind, gelenkt werden. Mehrfachdiskriminierungen zum Beispiel in Bezug auf Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, Religionszugehörigkeit, Behinderung und sozial-ökonomischen Status sollen auf diese Weise mitgedacht werden: „Eine schwarze lesbische Frau erlebt auch in Deutschland sehr wahrscheinlich andere Benachteiligungen als eine weiße lesbische oder auch eine weiße heterosexuelle Frau. Dieses Wissen ist der Schlüssel dazu, in den Ländern der Europäischen Union politische Maßnahmen zu ergreifen, die alle erreichen: die heterosexuellen, die lesbischen, die schwarzen Frauen und Frauen mit Behinderung“ schreibt das Bundesfamilienministerium dazu auf seiner Webseite.

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Obwohl es in Deutschland mittlerweile viele sogenannte „Regenbogenfamilien“ mit homosexuellen Eltern gibt, müssen lesbische Mütter- und schwule Väter-Paare noch immer mit einer Menge Vorurteilen kämpfen. Zu ebendiesen befragte die Wissenssendung Galileo 2019 ein schwules Ehepaar, das mit seinen Zwillingssöhnen in Bayern lebt.

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Das Paar, Matthias und Andi, – „Papa und Papi“ – reisten für ihre Söhne in die USA, da Leih-Mutterschaft – wenn eine Frau eine künstlich befruchtete, gespendete Eizelle für jemand anderen austrägt – dort in vielen Staaten legal ist und über Agenturen vermittelt wird. Anders als in Deutschland, wo homosexuelle Paare seit 2017 zwar gemeinsam adoptieren dürfen, Leih-Mutterschaft aber im Allgemeinen verboten ist.
Zum Zeitpunkt des Interviews waren Matthias‘ und Andis Söhne drei Jahre alt, und auf die Frage, ob die Kinder merken würden, dass etwas „anders“ sei, antwortet einer der Väter: „Es ist ihre Normalität, und es ist unsere Normalität“. Ein Interview welches 2013 von der Süddeutschen Zeitung mit fünf Jugendlichen aus Regenbogenfamilien geführt wurde belegt genau das: Ein Jugendlicher erzählt meistens zu vergessen, dass andere, wenn er von seinen Eltern redet, nicht wissen, dass damit seine zwei Mütter gemeint sind. Auch die Frage danach, wer den „männlichen“ und wer den „weiblichen Teil“ einnehme, verstehe er nicht: „Ich finde sie relativ sinnlos“.
Zur anderen Vorurteils-Frage, ob bei zwei schwulen Vätern nicht eine Mutter fehlen würde, fand eine Studie 2014  tatsächlich folgendes: Die zwei Gehirnareale, die jeweils getrennt bei in heterosexuellen Müttern und Vätern aktiviert würden, würden in beiden schwulen Eltern beide gestärkt – es entstehe sogar eine Verbindung zwischen den beiden Arealen. Biologisch seien schwule Eltern also genauso geeignet, wie ein heterosexuelles Paar, für Kinder zu sorgen.
Alle anderen Argumente oder Vorurteile betreffend sagt einer der von Galileo interviewten Väter, Matthias: „Die Kinder sind glücklich und werden mit Liebe großgezogen“. Laut SZ fand eine weitere Studie genau dies: Eltern aus Regenbogenfamilien würden sehr auf ihre Kinder eingehen, weil viele davon Wunschkinder seien. Wer sich an diesem Modell störe, müsse das reflektieren, so Matthias: Das Problem liege nämlich „immer bei einem selbst“, und nicht bei einem „Paar, das gerade mit zwei glücklichen Kindern rumläuft“.

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Die meisten Regenbogenfamilien bestehen aus zwei Müttern mit Kind(ern). Diejenige, die das Kind geboren hat, ist nach allgemeinem Verständnis sowie nach §1591 BGB die ‚Mutter‘. Das Bundesjustizministerium unter Christine Lambrecht (SPD) möchte diesen Absatz im BGB künftig ergänzen durch „Mutter eines Kindes ist neben der Mutter nach Absatz 1 auch die Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter nach Absatz 1 verheiratet ist oder die die Mutterschaft anerkannt hat."

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Bislang muss die zweite Mutter das Kind adoptieren, was jedoch – neben der Ungleichbehandlung gegenüber heterosexuellen Paaren – rechtliche Unsicherheiten mit sich bringt: Stirbt die leibliche Mutter beispielsweise während des Verfahrens, gilt das Kind als Vollwaise, die zweite Mutter ist in diesem Fall nicht sorgeberechtigt. Die Gesetzesvorlage ist nach Lambrecht „ein Vorschlag im Sinne des Kindeswohls. (…) Eine Mutter sollte ihr Kind nicht adoptieren müssen.“ Eine Elternschaft von mehr als zwei Personen schließt sie jedoch aus. Dies wäre sonst vorstellbar, wenn ein privater Samenspender die Vaterrolle anerkennt. Ebenso hat der Gesetzesentwurf keine Auswirkungen für die Situation schwuler Paare: „Hier ist zu berücksichtigen, dass ein Kind auch immer eine leibliche Mutter hat.“

In den Niederlanden und Finnland besteht bereits das Recht für die zweite Frau auf ‚Mutterschaft‘ ab Geburt und ohne Adoption. In Belgien, Dänemark und Norwegen heißt es ‚Mit-Mutterschaft‘. Hierzulande blockieren die unionsgeführten Ministerien den Entwurf mit der Befürchtung, dass den Vätern Rechte beschnitten würden.

Bis es zu einer veränderten Gesetzeslage kommt, erschwert derzeit ein weiteres Gesetzgebungsverfahren zum Adoptionsrecht die Lage: Eine verpflichtende Beratung vor der Adoption trifft besonders Zwei-Mütter-Familien, da diese in der Regel schon vor Beginn des Verfahrens eine intakte Familie mit leiblichen Kindern bilden. „Wir fordern Justizministerin Lambrecht und Gleichstellungsministerin Giffey auf, die Diskriminierung lesbischer* Mütter und ihrer Kinder zu beenden“, so LesbenRing-Vorstandsfrau Kathrin Schultz.

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Intergeschlechtliche oder intersexuelle Menschen haben angeborene, körperliche Geschlechtsmerkmale, die sich nicht nur als eindeutig männlich oder weiblich einordnen lassen. Medizinisch werden diese als Varianten der Geschlechtsentwicklung gefasst und darunter unterschiedliche biologische Phänomene verstanden. Diese können Variationen in den Geschlechtsmerkmalen wie z.B. den Geschlechtsorganen oder Geschlechtschromosomen beinhalten.

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Nicht nur von Inter*-Organisationen wird kritisiert, dass intergeschlechtliche Menschen als Säuglinge oder Kinder operiert oder medizinisch behandelt werden, um bei ihnen eine geschlechtliche Eindeutigkeit herzustellen. Diese nicht rückgängig zu machenden Eingriffe erfolgen oft ohne medizinische Notwendigkeit und informierte Einwilligung der Betroffenen.

Auf regenbogenportal.de beschreibt die Mutter eines intersexuellen Kindes, Maria Blume, was Eltern tun können, deren neugeborenes Baby nicht als Junge oder Mädchen auf die Welt kommt. Eine solche Erfahrung wirft nämlich viele Fragen auf und kann Eltern verunsichern.

Ein Wichter Aspekt neben der Liebe und Wertschätzung für das Baby ist, sich Zeit zu lassen, und der neuen und ungewohnten Situation Raum zu geben.
Durch die Reform des Personenstandsrechts können Kinder, deren Geschlecht bei der Geburt nicht eindeutig feststellbar ist, zunächst ohne Geschlechtsangabe oder mit dem Eintrag „divers“ ins Geburtenregister eingetragen werden. Geschlechtsneutrale Namen bieten sich an, um allen Beteiligten den Alltag zu erleichtern.

Empfohlen wird, bei der Suche nach medizinischer Versorgung auf Kliniken oder Ärzt*innen zu achten, welche auf der Grundlage der geltenden Leitlinien behandeln und nur Untersuchungen und Behandlungen durchführen, die momentan medizinisch notwendig sind. Das gilt besonders für chirurgische Eingriffe in denen Genitalien operativ angeglichen werden sollen. Diese sollten erst vorgenommen werden, wenn ein Kind später die Folgen abschätzen und selbst darüber entscheiden kann. Auch Familienangehörige können darüber informiert werden, dass das Kind später selbst entscheiden soll, welchem Geschlecht es sich zugehörig fühlt.
Freund*innen und Bekannten können kurze Informationen darüber gegeben werden, dass beim neugeborenen Kind eine Variation der Geschlechtsentwicklung vorliegt und dazu noch Untersuchungen gemacht werden, dies sollte zunächst ausreichen. Inwieweit dabei ausführlicher über medizinische Details berichtet werden sollte, bleibt den Eltern überlassen.

Für die Erziehung des Kindes ist die Vermittlung von Geborgenheit und Sicherheit zentral. Sobald das Kind größer ist, sollte es in der Findung einer eigenen geschlechtlichen Identität unterstützt werden und darüber selbst entscheiden.
Verschiedene Spielzeuge sollten angeboten werden, und das Kind sollte selbst herausfinden, womit es spielen möchte.
Sobald das Kind in ein Alter kommt, in dem Unterschiede zwischen den Geschlechtern wahrgenommen und angesprochen werden, können die Eltern mit dem Kind darüber sprechen. Dabei ist es wichtig, dass dem Kind vermittelt wird, dass jeder Mensch einzigartig ist und seine Besonderheit kein Makel darstellt.

Beratung und Hilfestellung finden Eltern intersexueller Kinder auch hier.

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