Echte Vielfalt

Lebensbereiche

Erneut hetzt die AfD gegen die Ampel-Regierung und ihre LSBTIQ*-Politik. Im ARD-Sommerinterview beschwert sich die Parteivorsitzende Alice Weidel über die „bescheuerte Genderpolitik dieser Bundesregierung“ und den in den Schulen unterrichteten „Genderquark“.

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In Angriff nimmt Weidel insbesondere das im August beschlossene Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung. Mit diesem sollen trans und nicht-binäre Personen leichter ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag ändern können. Während dies einen wichtigen Schritt in Richtung Selbstbestimmung darstelle, weist der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) darauf hin, dass der aktuelle Gesetzesentwurf immer noch einige rechtliche Hürden beinhaltet oder zu Diskriminierung führen könnte.

Die Vorsitzende der AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wurde, interpretiert das Gesetz jedoch so, dass Personen sich nun willkürlich ihr Geschlecht aussuchen können. Die Realität der Betroffenen blendet sie dabei komplett aus. Der LSVD erklärt, dass die Verweigerung einer rechtlichen Anerkennung des gelebten Geschlechts diskriminierende und andere negative Auswirkungen für trans- und nicht-binäre Menschen haben kann.

Von dieser Personengruppe versucht sich Weidel jedoch zu distanziere. Denn sie betont, dass sie nicht queer sei, sondern „mit einer Frau verheiratet“, die sie „seit 20 Jahren kenne“. Auch wenn die Nicht-Identifizierung mit dem Begriff queer Weidels persönliche Entscheidung bleibt, impliziert sie mit ihren Aussagen zwei Lager zwischen homosexuellen und trans Personen. Weiter fragt sie, wie man die Kinder in den Schulen und Kitas vor einer „Trans-Pop-Kultur“ schützen könne. Stattdessen sollte eher gefragt werden, wie der Diskriminierung von trans Kindern und Jugendlichen in Schulen besser entgegnet werden kann (Tipps für trans Schüler*innen hat z.B. das Regenbogenportal zusammengestellt).

Weidel selbst fühle sich als lesbische Frau mit zwei Kindern nicht diskriminiert. Dabei lässt sie das queerfeindliche Programm ihrer eigenen Partei außer Acht, das sich explizit gegen Regenbogenfamilien stellt. Eine viel größere Bedrohung versteht sie in der Genderpolitik der Ampel-Regierung. Dabei reiht sich die rechtspopulistische Partei in eine globale Bewegung von teilweise rechtsextremen, antifeministischen und fundamentalistischen Gruppierungen ein, die gegen eine vermeintliche „Gender-Ideologie“ ankämpfen will.

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Im Rahmen des Queerfilmfestivals, das vom 7.9. bis 13.9.2023 zum fünften Mal stattfindet, werden die besten queeren Filme des Jahres in Kinos in elf deutschen Städten und Wien gezeigt.

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In 16 Kinos laufen für eine Woche 25 internationale Filme verschiedener Genres, sowohl Dokumentationen als auch Spielfilme. Das Festivalmotto „Power to the People“ stammt aus dem Essayfilm “Orlando, meine politische Biografie”, der 25 trans und nicht-binäre Personen porträtiert sowie die Verwandlung des Filmemacher Paul B. Preciado begleitet. Der Film greift Virginia Woolfs Roman „Orlando“ (1928) auf, der die Geschichte einer Verwandlung eines jungen Mannes in eine Frau erzählt und als Schlüsseltext der queeren Literatur gilt.

Auch die anderen Filme erzählen spannende LSBTIQ*-Geschichten - es lohnt also, in das Programm des Festivals hineinzuschauen.

Übrigens gibt es im Herbst auch in Norddeutschland queere Filmfestivals: Das Hamburg international Queer Film Festival findet vom 17.10. bis 22.10.2023 statt. Auch in Bremen werden vom 24.10. bis 29.10.2023 LSBTIQ*-Geschichten auf die Leinwände gebracht – im Rahmen des 30. Jubiläums des queerfilm festival.

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Während das spanische Frauennationalteam am 20. August ihre Siegerehrung feierte, küsste der Chef des spanischen Fußballverbands Luis Rubiales der Spielerin Jennifer Hermoso ohne deren Einverständnis auf den Mund. Allein das ist bereits ein Skandal, doch die Meldungen, die seitdem das Thema behandeln, offenbaren eine Fußballführung mit einem deutlichen „Machismo“-Problem, das sich nicht nur auf Spanien beschränkt.

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So äußerte sich Karl-Heinz Rummenigge, Aufsichtsratmitglied des FC Bayern, am Rande des Sport-Bild-Awards nach einem Zitat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Ich glaube, man soll da nicht übertreiben […] wenn man Weltmeister wird, ist man emotional. Und was er da gemacht hat, ist – sorry, mit Verlaub – absolut okay“. Nach Angeben des Senders Sport1 sitzen sowohl Rubiales als auch Rummenigge im Exekutivkomitee der Union of European Football Associations (UEFA). Damit wird deutlich, dass das Problem nicht allein ein spanisches ist. Fußballfunktionäre wie Rubiales gelten als Repräsentanten und sollten sich dessen Reichweite auch auf einer öffentlichen Veranstaltung bewusst sein.

So zeigt der Sender 3Sat in einem Bericht der Sendung „Kulturzeit“, dass der Großteil der spanischen Bevölkerung und auch die politische Spitze Rubiales als untragbar ansieht. Selbst Spaniens konservative Opposition widerspricht dem nicht. Währenddessen weigert sich Rubiales vehement, seinen Posten zu räumen. Mittlerweile wurde er zwar vom Weltverband FIFA für 90 Tage gesperrt, wie der Deutschlandfunk (DF) schreibt, doch das oberste Sportgericht Spaniens blockiert diese Suspendierung, so der DF weiter. Das Gericht entschied demnach, ein Verfahren aufgrund von schwerem Fehlverhalten zu eröffnen. Damit wäre Rubiales bei einer Verurteilung für max. zwei Jahre gesperrt, wie T-Online bemerkt. „Eine Suspendierung durch die Sportbehörde CSD wäre [laut Deutschlandfunk] hingegen nur möglich gewesen, wenn das Gericht das Verfahren wegen eines „sehr schweren“ Fehlverhaltens zugelassen hätte“. Dabei ist Rubiales‘ Handlung nicht nur aus sportlicher Sicht justiziabel. Wie die Tagesschau bemerkt, gilt in Spanien das "Solo sí es sí"- Gesetz (nur ja heißt ja) und da Hermoso eindeutig nicht „sí“ gesagt hat, bleibt damit die Frage, wie weit sich der Fußball und seine Institutionen gegen Öffentlichkeit und Gesetz behaupten können. Spaniens Frauennationalteam ist mittlerweile in den Streik getreten.

Letztendlich geht es darum, die Kader und ihre Machoallüren nicht nur offen zu verurteilen, sondern ein politisches Gegensignal zu setzen. Schaut man etwas über den Tellerrand, sind es diese Haltungen und die damit verbundene Überheblichkeit einiger Fußballkader, die u.a. auch die Weltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar ermöglicht haben und bis heute den europäischen Fußball daran hindern, sich geschlossen gegen Machismo und damit auch für mehr Regenbogenfarben bei internationalen Spielen zu positionieren.

Bei Interesse finden sich hier weitere Artikel auf echte vielfalt zum Thema Fußball.

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Auf Twitter wird bereits seit einiger Zeit das Hashtag „Stolzmonat“ verwendet als Versuch, ein Gegennarrativ zum #Pridemonth aufzubauen. Solche Posts sind allerdings weniger ein realer Trend, sondern vielmehr das geschickte Ausnutzen von Algorithmen und sozialen Medien durch Rechtspopulisten.

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Wie die Amadeu Antonio Stiftung in ihrer Analyse schreibt, gibt es Hinweise auf eine Koordinierung im Hintergrund mit dem Ziel, dem Hashtag und der dahinter stehenden Queerfeindlichkeit eine Größe zu geben, „[…] die so (zum Glück) nicht gegeben ist. […] Hashtag und Memes werden von einschlägig bekannten faschistischen Trollen, dem Blogger Miro Wolfsfeld, rechten Influencern und Mitgliedern der AfD verbreitet.“ Doch leider bedeutet das nicht, dass solche Hashtags wirkungslos bleiben. Welches Publikum sie liest, ohne sofort selbst aktiv zu werden, und was dieses Publikum denkt, bleibt eine Blackbox. Mit der Begriffsübernahme von Pride zu „Stolz“ entstehe zudem eine Täter-Opfer-Umkehr, so die Bildungsstätte Anne Frank: Der „deutschnationale Stolz“ schließe die LGBTIQ+ Community nicht bloß aus, sondern simuliere eine „Rebellion“ gegen einen vermeintlichen „Genderwahn“. Aber auch außerhalb der digitalen Welt nutzen die Rechten einschlägige Symbolsprache. So wurden im Juni von der AfD in München Plakate aufgehängt, auf denen Dragqueens als Gefahr für Kinder dargestellt wurden. In der Zwischenzeit erstattete ein katholischer Priester gegen diese Plakate Anzeige, wie der Bayrische Rundfunk (BR) berichtet.

Auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) berichtet über eine Vielzahl von Taten, die einen klaren Angriff gegen die LGBTIQ*-Gemeinschaft darstellen. In Berlin wurde ein Denkmal von im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen attackiert, in Schwerin wurde queerenfeindliche Hetze an Büros demokratischer Parteien und Vereine geklebt oder in Düsseldorf die Aidshilfe zum Ziel von queerfeindlichen und rechtsextremistischen Angriffen. Der LSVD titelt: „Unsere Community wird angegriffen und die Gesellschaft schweigt“ und weiter heißt es, „[…] queere Räume, Beratungsstellen, Demonstrationen, Gedenkstätten und Orte der demokratischen Zivilgesellschaft [geraten] in den Fokus von Tätern aus einem vermutlich rechtsextremen sowie religiös-fundamentalistischen Umfeld […].“

Aber es ist eben nicht nur die LGBTIQ*-Gemeinschaft, die angegriffen wird. Im Hintergrund stehen ein europäischer Rechtsruck und eine reale Zunahme an rechtspopulistischen Strömungen in Deutschland, unterstützt von einer alarmierenden Haltung des konservativen Lagers. Nach Angabe der Deutsche Welle (DW) sind sich „viele konservative Politiker […] uneinig, welchen Kurs sie einschlagen sollen.“ Der Kulturkampf mag sich zwar an den Gruppen zeigen, die schon immer um ihre Rechte und ihre Würde kämpfen mussten. Dazu zählt die LGBTIQ*-Gemeinschaft ebenso wie Geflüchtete, religiöse Minderheiten und andere Gruppen. Was allerdings tatsächlich angegriffen wird, ist die demokratische Verfassung, die die Würde jedes Menschen als unantastbar sieht (Art 1 GG). Daher ist es legitim „die Politik“ von Konservativ bis Links daran zu erinnern, dass sie, wenn sie aufgefordert wird, ihre Bürger*innen vor rechten Übergriffen (auch symbolischer Art) zu schützen, dies nicht nur für eine Gruppe zu tun. Dazu zählt insbesondere auch eine Sozialpolitik, die es den Menschen in Deutschland ganz allgemein ermöglicht, ein würdevolles Leben zu gestalten, um sie nicht den Populisten in die Arme zu treiben. In dem Artikel auf echte vielfalt zur Parlamentswahl in Spanien wurde die Parallele zwischen Rechtspopulismus mit der höchsten Zahl an jungen Followern und gleichzeitig der höchsten Jugendarbeitslosigkeit Europas angerissen.

Für Träger und Aktivist*innen der LGBTIQ*-Gemeinschaft ergeben sich damit Argumentationsketten und Schnittstellen mit anderen Gruppen für ein gemeinsames Ziel. Für die Politik ergibt sich hingegen ein klarer Auftrag zum Schutz seiner Bürger*innen vor Rechtspopulismus.

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Unter dem Motto „Unterstützung und Begleitung queerer junger Menschen“ findet am 13. Oktober 2023 ein digitaler Fachtag der Kinderschutzzentren statt.

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Ziel des Fachtags ist es, die Frage zu thematisieren, „[w]ie es Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe gelingen kann, Freiräume für die Persönlichkeitsentwicklung queerer Kinder und Jugendlicher zu schaffen und zu verteidigen, sie in ihrer Identität zu stärken und ihren spezifischen Bedarfen gerecht zu werden […]“. Dabei sollen neben Impulsen und einem Diskurs auch konkrete Beispiele vorgestellt werden. Für die Veranstalter*innen ist Erkennen und Verstehen der spezifischen Bedarfe die Grundlage, damit Fachkräfte dem Thema überhaupt gerecht werden können.

Der Kongress beginnt um 9:30 Uhr mit einer Begrüßung durch Sven Lehmann (Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, BMFSFJ). Im Anschluss daran gibt es einen Vortrag zum Thema „Lebenswelten queerer Jugendlicher“. Nach einer kleinen Pause können sich die Teilnehmer*innen dann entscheiden, ob sie an einem Forum zum Thema [Herausforderungen bei der] „Öffnung der Jugendhilfe für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ teilnehmen wollen oder an einem von drei Workshops mit den Themen:

  1. Was heißt eigentlich LSBPATINQ+? – Über Geschlecht(er), Sexualität(en) und Identität(en)
  2. Beratung zu geschlechtlicher Vielfalt bei queeren Kids und ihren Eltern – Bedarfe erkennen und Prozesse begleiten
  3. Ressourcengewinn durch diversitätssensible Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe

Nach einer Mittagspause wird es abschließend noch einen Impulsvortrag mit „Drei Handlungsanregungen für eine queersensible Kinder- und Jugendhilfe“ geben, bevor gegen 13:30 Uhr der Fachtag endet. Den genauen Ablauf mit allen Gastredner*innen und ihren Themen findet sich unter folgendem Link.

Laut Veranstalter*innen richtet sich der Fachkongress bundesweit an alle Fach- und Leitungskräfte der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, medizinisch-therapeutischer Einrichtungen, aber auch juristischer Handlungsfelder und der Kindertagesbetreuung sowie allen weiteren für den Kinderschutz wichtigen Arbeitsfelder.

Der Tagungsbeitrag beträgt 75 €. Studierende zahlen einen ermäßigten Beitrag von 40 €. Weitere Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite. Dort gibt es auch den Link zum Anmeldeportal. Student*innen schicken hingegen ihre Anmeldung mit Immatrikulationsnachweis an folgende Mailadresse: anmeldung@kinderschutz-zentren.org

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In immer mehr Ländern wird der gehypte „Barbie“-Film verboten. Neben Libanon und Kuwait wird auch in Algerien der Film nicht gezeigt, unter anderem, weil er „Homosexualität fördere“.

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Während der Film bereits über eine Milliarde US-Dollar eingespielt hat, wird er von konservativer Seite als „männerfeindlich“ betitelt. In den USA kritisieren Konservative und Rechte den Film als zu ‚woke‘und dass er „sich auf die Geschichten über LGBTQ+ konzentrieren“ würde. Doch während sich im Film einige queere Referenzen auffinden lassen (das Online-Magazine them hat eine Übersicht zusammengestellt), feinden die Kritiker*innen vor allem die Besetzung an. Denn eine der Barbies im Barbie Land wird von der trans Schauspielerin Hari Nef gespielt und auch andere Darsteller*innen sind Teil der LSBTIQ*-Gemeinschaft.

In Algerien wurde der Film drei Wochen nach Kinostart wegen „Verletzung der Moral“ verboten. Auch im Libanon wird der Film als Bedrohung der religiösen und moralischen Werte des Landes verstanden, da er nicht nur patriarchale Strukturen und die Rolle der Mutter anzweifle, sondern auch „Homosexualität und sexuelle Veränderungen“ fördere.

Dabei sind wohl die queere Besetzung und das Queer-Coding von Charakteren wie „Allan“ Grund genug, denn im Film werden weder offen (heter- oder homo-) sexuelle Inhalte gezeigt noch gibt es eine klare LSBTIQ*-Storyline. Dennoch wird das Verbot von „Barbie“ im Libanon, wo Homosexualität eigentlich weniger kriminalisiert wird als in Algerien und Kuwait, zum Schutze der Gesellschaft und vor allem der Kinder begründet.

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Nach dem Inkrafttreten des Anti-Homosexuellen-Gesetz in Uganda scheint sich die Lage weiter zuzuspitzen. Das aktuelle Gesetz stuft homosexuelle Handlungen als Kapitalverbrechen ein, was in „Extremfällen“ sogar die Todesstrafe rechtfertigt. Als neuste Eskalationsstufe entschied die ugandische Regierung, das „host country agreement“ mit den Vereinten Nationen (UN) auslaufen zu lassen.

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Als Resultat mussten die UN daraufhin am 6. August ihr Büro in Uganda schließen. Wie es allerdings auf der Webseite der Organisation heißt, sehe der UN-Hochkommissar für Menschenrechte (Volker Türk) sich weiterhin über sein globales Mandat verpflichtet, sich für das Land zu engagieren. „On our part, the UN human rights office remains committed to working on human rights in Uganda, in line with my global mandate”.

Der Stellenwert dieser Schließung wird vom Magazin schwulissimo auf den Punkt gebracht: „Die mühsam aufgebauten LGBTIQ*-Zentren sowie die HIV-Beratungsstationen sind inzwischen allesamt geschlossen, nun stehen Schwulen und Lesben als letzte Anlaufstelle auch die UN-Büros nicht mehr zur Verfügung.“ Damit wird die LGBTIQ*-Gemeinschaft in dem Land nicht nur kriminalisiert, sondern ihr wird sukzessive jeglicher sozialer, gesundheitlicher und politischer Schutz entzogen. Wie bedrohlich dabei die indirekten Folgen des Gesetzes sein können, haben wir im Falle der HIV-Beratungsstationen bereits in einem früheren Artikel thematisiert.

Als Reaktion kündigte nun auch die Weltbank an, keine neuen Angebote zur Finanzierung vorzulegen, solange Uganda nicht wirksame und überprüfte Maßnahme ergreift, die die Umwelt- und Sozialstandards sicherstellen. Das beinhaltet u.a. das Gewähren von „nicht Diskriminierung“. Nimmt die Weltbank dabei ihre eigene Formulierung ernst, würde das nichts weniger als die Rücknahme des Gesetzes verlangen. Währenddessen kündete Ugandas Präsident Yoweri Museveni am 10. August an, sich nach alternativen Finanzquellen umzuschauen, so die Nachrichtenagentur Reuters. Während schwulissimo auf den geplanten Einstieg ins Ölgeschäft und neue Goldfunde verweist, gab es bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes internationale Geldgeber, die bereit waren und sind, ihre politische Agenda mit Geld zu untermauern.

Wie der Tagesspiegel mit Verweis auf eine Studie des „Institute for Journalism and Social Change“ berichtet, sei bereits viel Geld aus der westlichen Welt geflossen, um Anti-LGBTIQ* Medienkampagnen zu finanzieren. Insbesondere die US-amerikanischen Evangelikalen sind dabei große Finanzgeber für politische Kampagnen gegen die LGBTIQ*-Gemeinschaft, so ein Ergebnis der Studie. Dabei werden religiöse Anti-LGBTIQ*-Gruppen in Uganda in diversen von mit Hilfsgeldern finanzierten Projekten genannt, mit einem Gesamtwert von mehr als 75 Millionen Dollar in den letzten zehn Jahren. Mehrere dieser Projekte wurden dabei sogar unter dem Deckmantel zum Schutz von Frauenrechten und zur Gleichstellung der Geschlechter vergeben. „Zu den ermittelten Strömen gehören einige laufende Finanzierungen und Beziehungen zwischen den Befürwortern des Anti-LGBTQI-Gesetzes und Regierungen von Norwegen und den Niederlanden bis hin zu den Vereinigten Staaten […] und dem Vereinigten Königreich“

Das Fundament für die Verbindungen der religiösen Dogmatiker*innen wurde bereits in der Kolonialzeit gelegt und macht keineswegs an den Grenzen Ugandas halt. Wie Foreign policy berichtet, haben sowohl Evangelikale als auch Puritaner*innen bereits über Jahre von Ghana bis Kenia und Nigeria ihren Einfluss geltend gemacht.

Hält man sich diese internationale Spannweite vor Augen, lässt sich die Frage aufwerfen, welche Organisationen auch vor der eigenen Haustür agieren.

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Durch die Queer Theory wurde die Bezeichnung "queer", die lange Zeit als beleidigend galt, in einer positiven Weise umgedeutet. Sie wird nun als Kategorie verwendet, die Heteronormativität infrage stellt.

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Heteronormativität wird dabei so verstanden, dass sie die Gesellschaft zu einem Großteil prägt und somit auch Lebensbereiche betrifft, die nicht ausschließlich mit Sexualität zu tun haben. Eine der zentralen Fragen der Queer Theory ist, auf welcher Basis man sich auf Identitäten und Differenzen beziehen kann.

Die Queer Theory ist jedoch keine einheitliche Theorie. Die Strömung hat sich in den USA in den 1990er Jahren entwickelt und war stark geprägt von den zu der Zeit aktivistischen Bewegungen der LSBTIQ*-Community. Vor allem die Anti-AIDS Bewegung um die Gruppe „ACT UP“ in New York hatte großen Einfluss darauf, wie Sexualität verstanden wurde. Denn bei ACT UP wurde weniger Fokus auf fixe Identitäten gesetzt und mehr auf sexuelle Praktiken. Dies ist eine der wichtigsten Grundlage der queeren Theorie.

Judith Butler hat in ihrem Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ von 1990 die Auffassung verschriftlicht, dass Sexualität und Geschlecht (diskursive) Praktiken sind, anstelle von festgesetzten Kategorien. Als eine der bekanntesten Vertreter*innen der Queer Theory hat Butler auch maßgeblich zu einer Wende in feministischen Diskursen beigetragen: weg von der starren Kategorie „Frau“ zu der Frage, wie politische Kämpfe auf Basis von geteilten Erfahrungen geführt werden können. Deshalb ist Butlers Werk für die queere Gemeinschaft so zentral. Essentialistische oder naturalistische Vorstellungen von Geschlecht werden abgelehnt.

Neben Werken, die sich viel mit Konzepten wie Macht und Diskurs beschäftigen und dadurch dem Poststrukturalismus zugeordnet werden, gibt es die Queer of Color Critique als zweite prägnante Ausprägung der Queer Theory. Diese verhandelt die Beziehung zwischen Sexualität, Geschlecht und race und bezieht sich dabei vor allem auf lesbische Autorinnen of color, wie Audre Lorde und Gloría Anzaldúa. Die Queer of Color Critique untersucht mitunter, inwiefern Rassismus in der Konstruktion von Sexualität eine Rolle spielt. Somit wird mithilfe der Queeren Theorie ebenfalls die Überschneidung verschiedener Diskriminierungsformen betrachtet, was als Intersektionalität bezeichnet wird.

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Am 23.07.2023 wurde in Spanien ein neues Parlament gewählt. Die amtierende sozialdemokratische Minderheitsregierung um Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte aufgrund der Ergebnisse der Kommunalwahlen im Mai parlamentarische Neuwahlen angesetzt. Bereits im Vorfeld zur Wahl waren dabei Befürchtungen über eine rechtsextrem-konservative Koalition lautgeworden.

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Nun ist die konservative Volkspartei (PP) tatsächlich stärkste Kraft geworden, zu einer Regierungsbildung mit der rechtsnationalen VOX reicht es allerdings nicht. Dass sie dazu bereit war, habe die PP, nach einem Bericht des Guardian, auf kommunaler Ebene unter Beweis gestellt.

Die Parlamentswahl hat – wie schon in den vorigen Jahren – unklare Verhältnisse hervorgebracht und so versucht sich Pedro Sánchez an einer Neuauflage seiner Regierung, bei der er wieder auf viele regionale Kleinparteien angewiesen ist. Darunter auch die Partei Junts des geflohenen katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont, der im Exil in Waterloo (Belgien) lebt, so ein Artikel der Tagesschau.

Während der Deutschlandfunk Kultur über die Erleichterung unter den Kulturschaffenden berichtet, dass es die rechtskonservative Koalition nicht zur Mehrheit gebracht habe, schafft VOX in den Bezirken, in denen sie als Sieger hervorgegangen ist, bereits Fakten. Der Sender stellt fest: Gleichstellungsbüros wurden aufgelöst, Theaterprogramme geändert (Orlando von Virginia Woolf) und Disneyfilme verboten (Lightyear). Letzterer mit der Begründung, es küssen sich dort zwei Frauen. Die Madrider Schriftstellerin Marta Sanz sieht darin das Durchbrechen der immer noch existierenden „rigiden Sexualmoral“ aus der Zeit der Franko-Diktatur, wie sie gegenüber dem Deutschlandfunk erklärt. Für Sanz ist es keine Überraschung, dass VOX seinen Kampf vor allem auf dem Gebiet der Kultur umzusetzen versucht. Es ginge um die Dämonisierung von Kulturmedien als „kritisches politisches Instrument der Befreiung“. Die Rechten verstünden Kultur hingegen nur als Zierde und zur Unterhaltung, so Sanz weiter.

Diese Kritik kann weiter geführt werden, so können auch Auslassungen politisch sein. Auch rechtsextremistische Politiker*innen werden sich dessen bewusst sein. In sogenannten sozialen Medien bildet VOX laut Tagesschau die Partei mit der höchsten Anzahl an zumeist jungen Followern. Dabei gehe es um „einfache“ Botschaften von Ordnung, Sicherheit und Klarheit. Dass diese Botschaften bei jungen Menschen verfangen können, ist bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 28 % nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus bekräftigte VOX bereits vor den Wahlen ihr Vorhaben, den Eltern bei der Bestimmung von Schulinhalten mehr Mitspracherecht in Bezug auf LGBTIQ* Themen geben zu wollen. Das weckt Erinnerungen an Floridas Gesetz zur Einschränkung des Lehrplans.

Rechtspopulist*innen bekommen – nicht nur in Spanien – Zulauf, wenn es dem Staat und der Gesellschaft nicht gelingt, ausreichende sozioökonomische Sicherheit zu bieten. In der Folge werden Menschen marginalisiert und an den Rand gedrängt.

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Suchte man im deutschsprachigen Internet in den letzten Monaten nach LGBTIQ*-relevanten Themen, so tauchte immer wieder auch der Begriff Pinkwashing auf. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Unternehmen den Pride Month (Juni) zum Anlass nahmen, ihre Werbestrategien dahingehend auszurichten. Auch konnte eine höhere Präsenz von regenbogenfarbiger Werbung und Produktgestaltung auffallen. Aber ist das gleich ein Problem?

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Als Pinkwashing werden Werbe- und/oder Imagekampagnen bezeichnet, die LGBTIQ*-Farben und -Symbole verwenden, ohne diese intern oder allgemein mit strukturellen Anpassungen ernsthaft zu verfolgen. Anders als es jedoch beim Greenwashing der Fall ist, wirkt Werbung als Symbol für Sichtbarkeit, egal ob die werbetreibende Instanz dahintersteht oder nicht. Andreas Witolla, Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbandes Schleswig-Holstein e. V., bemerkt gegenüber dem Deutschlandfunk, dass diese Werbung grundsätzlich erst einmal zu begrüßen sei, da sie jede Menge Sichtbarkeit schaffe. Dennoch ist auch beim Pinkwashing Aufmerksamkeit notwendig, denn es sei immer zu hinterfragen, was die Firmen damit bezwecken wollen, ob es nur ein Zeichen nach außen ist oder ob sie auch intern oder für ihre Produkte insgesamt in der ganzen Lieferkette etwas tun.

Sichtbarkeit wird dann zum Problem, wenn sie dafür sorgt, dass sie die Konsument*innen bzw. die Öffentlichkeit blendet. Ein Beispiel hierfür ist BMW. Der Autokonzern hatte laut Deutschlandfunk vor einigen Jahren seine Firmenprofile in den Sozialen Medien in Regenbogenfarben gestaltet. Allerdings nicht in Ländern, in denen eine solche Solidarität entsprechend schlecht ankommen würde. Eine solche Strategie konterkariert allerdings genau das, was der Begriff „Solidarität“ bedeutet.

Was für die Käufer*innen eines BMW eine ärgerliche Täuschung darstellt, kann an anderer Stelle dazu führen, dass politische Haltungen verschleiert werden, die eigentlich einer öffentlichen Kritik bedürften. In diesem Sinne schreibt der Tagesspiegel: „Hat etwa ein großes Medienhaus auf dem CSD einen eigenen Truck am Start, profitiert es vom positiven Image des CSD. Es kann hoffen, neue Sympathien und neue Kunden zu gewinnen. […] Hetzen Journalist_innen in den Medien dieses Hauses aber nun gegen [LGBTIQ*], ist der Auftritt auf dem CSD nichts als ‚Pinkwashing‘: In kommerzieller Absicht maskiert er die wahre Ausrichtung des Medienhauses.“ Dabei stellt der Stern fest: „Einer McKinsey-Studie zufolge sind Unternehmen, die sich für Diversity einsetzen, um 25 Prozent rentabler.“

Aber auch hier muss genau hingesehen werden. Ob ein Unternehmen wegen seiner Diversität rentabler ist oder rentablere Unternehmen häufiger divers sind, ist damit noch nicht geklärt. Gibt es möglicherweise für einige Unternehmen strukturelle Schwierigkeiten, die sie zögern lassen oder dafür sorgen, dass das Thema erst gar keine Relevanz erlangt? Sichtbarkeit ist wichtig, darf aber nicht zu dem Irrglauben führen, dass allein Regenbogenfarben strukturelle Probleme verhinderten.

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