Echte Vielfalt

Lebensbereiche

Schleswig-Holstein sieht sich wie alle Bundesländer vor dem Problem einer wachsenden Anzahl von Flüchtlingen. In Glückstadt soll daher eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für 600 geflüchtete Menschen eröffnet werden. Eine Angelegenheit, die nicht nur im Rahmen des Diskurses über sichere Herkunftsländer die LGBTIQ* Gemeinschaft betrifft.

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Während die Meinungen der Bürger*innen Glückstadts einem Bericht des NDR zufolge erwartungsgemäß auseinander gehen, betont Glückstadts Bürgermeister Rolf Apfeld (parteilos), dass die Stadt es bereits 2015 „geschafft habe“ und auch jetzt mit ihren 11.000 Einwohner*innen 600 Menschen aufnehmen könne. Kritik von Verbänden gibt es hingegen an der Nähe der geplanten Unterkunft zum örtlichen Gefängnis. „Außerdem sei eine dezentrale Unterbringung für Flüchtlinge immer besser als eine Ballung und Zentrierung in einer Sammelunterkunft“, so die „Besuchsgruppe Abschiebehaft Glückstadt" in einem Bericht des NDR, die sich ehrenamtlich bei der Betreuung von Personen in Abschiebehaft engagiert.

Dabei liegt das Problem eindeutig nicht bei den ankommenden Menschen. Im Gegenteil. Wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, besteht vor dem Hintergrund einer nicht nur alternden, sondern auch schrumpfenden Gesellschaft der dringende Bedarf an jungen Menschen. Eine zunehmende Rentenlücke und der Anstieg von Pflegebedürftigen bis 2055 (tagesschau) benötigen eine neue Generation an Mitgliedern der Gesellschaft, die in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen und entsprechende Jobs übernehmen. Gerade die Rente mit ihrem Umlageverfahren, bei dem die aktuell arbeitende Generation die Rente der aktuellen Rentengeneration finanziert, ist darauf angewiesen.

Das Argument einer zielgerichteten Facharbeitermigration geht hingegen am Problem vorbei. Sprachbarrieren können abgebaut werden und Menschen können durch Schule und Ausbildung qualifiziert werden. Das Hauptproblem sind nicht mangelnde Fähigkeiten der Ankommenden, sondern mangelnde Strukturen und Angebote an guten Schul- und Ausbildungsplätzen. Am 22. September 2023 fand eine deutschlandweite Protestaktion für bessere Bildung statt. Wie der mdr berichtet, „[haben] in mehr als 30 Städten in Deutschland […] tausende Menschen für eine bessere Bildung demonstriert. Die Organisatoren sprachen von bundesweit 15.000 Demonstrierenden.“ Aufgerufen hatte das Bündnis „Bildungswende jetzt“. Kritisiert wurde der großen Mangel an Lehrkräften und Erzieher*innen und das unterfinanzierte Bildungssystem mit seinen veralteten Strukturen, die die soziale Ungleichheit zudem verstärken. Bereits im April 2023 hatte das ifo-Institut im Chancenmonitor nochmals festgestellt, dass Bildungschancen weiterhin stark vom Elternhaus abhängen.

Das Problem ist also vor allem ein finanzielles. Zwar bleibt Bildung zunächst Ländersache, allerdings hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch bei Amtsantritt selbst über einen Schuldenschnitt bei den Ländern nachgedacht, wie er im Interview mit KOMMUNAL vom Dezember 2021 betonte. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach 100 Milliarden Euro Sondervermögen, die „Bildungswende jetzt“ formuliert, keine provokante Spitze, sondern eigentlich eine notwendige Investition in die Zukunft des Landes. Dass das Ganze dabei auch real finanzierbar ist, zeigt der Ökonom Maurice Höfgen auf seinem YouTube-Kanal „Geld für die Welt“ (GfW).

Auch aus Perspektive der LGBTIQ* Gemeinschaft geht es dabei um mehr als „nur“ eine Solidarität mit LGBTIQ* Geflüchteten, wie ein aktueller Artikel des Magazins queer mit Verweis auf die Landeskoordinierungselle queeres Brandenburg bemerkt. Demnach sorgen sich immer mehr LGBTIQ* um ihre Sicherheit. Die AfD habe Hemmschwellen eingerissen, die zu immer mehr „Hass und Gewalt gegen Minderheiten“ führen. Dass ein Abbau des Sozialstaats und eine schlechte Bildung den Rechtspopulisten in die Hände spielt, wurde auf echte-vielfalt bereits in Bezug auf Spaniens hohe Jugendarbeitslosigkeit thematisiert. Aber auch in Deutschland zeigt sich diese Tendenz, so Sarah-Lee Heinrich im Interview mit GfW.

Für die die LGBTIQ* Gemeinschaft scheint es vor diesem Hintergrund immer stärker auch um allgemeine sozialpolitische Themen zu gehen, um weiter an einer Gesellschaft des Miteinander zu arbeiten.

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Nicht nur Erwachsene und Jugendliche, sondern auch oder insbesondere Kinder wünschen es sich, repräsentiert zu werden – unabhängig davon, ob sie selbst queer sind oder nicht, und vielleicht gleichgeschlechtliche Eltern haben oder nicht. Bücher sind dabei ein ideales Mittel, um Kindern die Gesellschaft in Idealen zu vermitteln: Und dazu gehört die Akzeptanz und Normalität verschiedener sexueller oder geschlechtlicher Lebensformen. Daher eigenen sich die folgenden Bücher, die queere Themen beinhalten, keineswegs nur für queere Kinder und Familien, sondern insbesondere für Kitas, Kindergärten, Schulen, und heteronormative Familien, um Kindern so einen Blick über den „mehrheits-gesellschaftlichen“ Tellerrand zu ermöglichen.

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Zwei Papas für Tango – Edith Schreiber-Wicke (2017

Roy und Silo sind anders als die anderen Pinguine im Zoo. Sie zeigen den Pinguinmädels die kalte Schulter und wollen immer nur zusammen sein. Sogar ein Nest bauen sie miteinander. Ein Nest für ein kleines Pinguin-Baby. Aber das geht doch nicht!, denken die Pfleger im Zoo zuerst. Doch dann passiert ein kleines Wunder ... Diese Geschichte, die sich im New Yorker Zoo tatsächlich zugetragen hat, macht Kinder mit neuen Familienformen vertraut. (Quelle: Thalia)

Zwei Mamas für Oscar – Susanne Scheerer und Annabelle von Sperber (2018) 

Wie kommt es, dass Oscar zwei Mamas hat, fragt sich Tilly. Ihre große Schwester Frieda erklärt ihr, dass Oscars Mamas sich sehnlichst ein Kind gewünscht hatten, doch leider vergeblich. Dann lernten sie Tillys und Friedas Eltern kennen, und Oscars Mamas bekamen von Friedas und Tillys Papa Samen gespendet. So kam schließlich Oscar zur Welt, und aus einem großen Wunsch wurde ein noch größeres Wunder. „Zwei Mamas für Oscar“ behandelt das aktuelle Thema „Regenbogenfamilie”: Lebendig, anschaulich und kindgerecht erzählt macht das Buch es Eltern und Erziehern leicht, mit Kindern ab drei Jahren über Vielfalt zu sprechen. (Quelle: Thalia)

PS: Es gibt Lieblingseis – Luzie Loda (2018)

Bella wird eingeschult, doch die plötzliche Geschlechtertrennung der Toiletten oder im Sport macht den Anfang gar nicht so leicht. Mit einfachen Vergleichen wird klar, dass nicht alles so einfach in zwei Gruppen aufgeteilt werden kann, sondern dass man sich manchmal zwei Gruppen gleichermaßen zugehörig fühlen kann oder auch gar keiner. Dass Bella sowohl etwas von einem Jungen als auch etwas von einem Mädchen hat, nehmen die Klassenkameraden jedoch schnell auf. Im Buch befindet sich sowohl ein Vorwort von Lucie Veith (Intersexuelle Menschen e.V.) als auch Fragen und Anregungen, wie man mit Kindern über Intergeschlechtlichkeit und im Speziellen über dieses Buch sprechen kann. (Quelle: Queerbuch )

Ach, so ist das! – Henriette Wich und Anja Grote (2019) 

Das Buch schließt alle möglichen queeren Themen mit ein. Das Besondere daran ist, dass es kein explizit queeres Kinderbuch ist, sondern einfach ein Aufklärungsbuch, das Kindern erklärt, was sie wissen wollen. Ob es die erste Verliebtheit ist, verschiedene Arten von Liebe, Scham, Verantwortung oder Neugier – diese Geschichten bringen Kindern näher, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen lernen und wie sie für sich selbst und für andere einstehen. Sie lernen, dass es unterschiedliche Familienformen gibt und dass manche Kinder weder Junge noch Mädchen sind – oder beides. Dabei ist der Unterton immer darauf bedacht, nicht zu werten, sondern Vielseitigkeit, auch in Bezug auf Geschlechterrollen, zuzulassen. (Quelle: Queerbuch)

Sam besucht Oma und Omi in Großbritannien – Toni Kohm (2019)

Sam verbringt eine Woche bei Oma und Omi in Großbritannien und begleitet das Frauenpaar in seinem Alltag – geht mit Omi auf die Baustelle und mit Oma zum Streetart Festival. Sam lernt, wie es sich so lebt in Großbritannien, so ganz nah am Wasser, und so ganz nah zu London, der britischen Hauptstadt. Das Leben hier ist aufregend und vor allem bunt. In Toni Kohms Buch "Sam besucht Oma und Omi in Großbritannien" geht es um Vielfalt. Bunt sind die Bilder, bunt die Menschen, ihre Identitäten, Ethnien, Kulturen. Alle sind irgendwie anders und alle sind irgendwie gleich – wertvoll. Durch den Verzicht auf Personalpronomen und die Unterlassung, der Hauptfigur ein bestimmtes Geschlecht zuzuzordnen, erhält das betrachtende Kind die Freiheit, das Geschlecht für Sam selbst zu interpretieren. (Quelle: Thalia)

Bilderbuch-Serie - Kathrin* Schultz (2023)

„Morgen ist auch noch ein Tag“, „Kann ich das essen?“ und „Warum hat Mama Schaf Hörner?“ - mit diesen drei Exemplaren ihrer queeren Bilderbuch-Serie erzählen Kathrin Schultz & Raoul Berlin die Geschichte von Baby-Schaf. Dieses erlebt mit Mama Schaf und Mama Eule unterhaltsame und spannende Alltags-Abenteuer jenseits des heterosexuellen „Mainstreams“ oder festgezurrter Geschlechterkategorien, wie sie in den meisten Kinderbüchern leider immer noch häufig zu finden sind.

  • Wie schaffen es Mama Schaf und Mama Eule, Baby-Schaf abends zum Einschlafen zu bringen?
  • Welche Pflanzen finden Baby-Schaf und Baby-Frosch auf dem Wiesenspielplatz und welche sind für wen ungenießbar?
  • Bekommt Baby-Schaf einmal Hörner wie Mama Schaf, obwohl es tausendmal lieber einen Panzer wie Schildi haben möchte? (Quelle: epubli)

Dieser Artikel wurde bereits im Juni 2021 auf echte vielfalt veröffentlicht und nun durch die letztgenannte Buch-Serie ergänzt.

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Zum Tag der Bisexuellen Sichtbarkeit am 23. September veranstaltet Bi+Pride gemeinsam mit BiNe und unterstützt vom LSVD die Bi+ Pride-Parade in Hamburg. Dies ist das dritte Jahr, in dem in der Hansestadt dazu aufgerufen wird, für die Rechte und Sichtbarkeit von bisexuellen Personen auf die Straße zu gehen.

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Dabei betonen die Veranstalter*innen in ihren Forderungen die Diversität des Bi+ Spektrums und definieren „Bi+ als die Community von Menschen, die sich romantisch und/oder sexuell zu mehr als einem Geschlecht angezogen fühlen können […].“ Eine binäre Geschlechterordnung wird abgelehnt und auch Menschen, die sich für kein bestimmtes Label entscheiden wollen, sollen an dem Tag repräsentiert werden.

Dafür fordert Bi+Pride mehr Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt beispielsweise in Schulen und eine breitere gesellschaftliche Anerkennung von und politische Teilhabe für Angehörige des Bi+ Spektrums. Gleichzeitig soll ihnen innerhalb der LSBTIQ+ Community mehr Gehör verschafft werden. Denn Bisexualität stößt auch dort immer wieder auf Vorurteile und Diskriminierung. Aufgrund der fehlenden Akzeptanz leiden bisexuelle Personen vermehrt unter psychischen Problemen. In einem früheren Artikel berichtete echte-vielfalt über die Geschichte und Notwendigkeit des Tags der Bisexuellen Sichtbarkeit.

Zur Anerkennung von Bi+ gehöre auch, dass das Asylrecht für bisexuelle Geflüchtete genauso gelte wie für homosexuelle und trans Personen. Denn die Anträge von bisexuellen Asylsuchenden werden oft aus dem Grund abgelehnt, dass sie der Verfolgung ausweichen könnten, weil sie eine als heterosexuell gelesene Partnerschaft eingehen könnten. So wird nicht nur ein binäres Geschlechterverständnis reproduziert, sondern auch eine Vorstellung, dass bisexuelle Personen einfach ihren „nicht-heterosexuellen Teil“ unterdrücken könnten und somit in ihrem Heimatland keiner Gefahr ausgesetzt seien. Dass Bisexualität nicht einfach eine „Mischung“ aus Homo- und Heterosexualität bedeutet, wird in der Anwendung des deutschen Asylrechts jedoch ausgeblendet (siehe einen Blogbeitrag des Fachbereichs Gender Studies der HU Berlin für eine detailliertere Schilderung der Situation von bisexuellen Geflüchteten).

Neben der Parade in Hamburg schließen sich auch andere Organisationen, Parteien, Universitäten und Gewerkschaften in ganz Deutschland den Forderungen an und hissen die „Bi Flag“ am 22. September. In Schleswig-Holstein findet das Flaggenhissen unter anderem in Flensburg, Kiel, Lübeck, Rendsburg, Rellingen, Reinbek und Pinneberg statt. Die genauen Orte lassen sich auf der Webseite von Bi+ Pride Hamburg finden.

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Der Begriff „sichere Herkunftsstaaten“ beschreibt solche Staaten, in denen nach politischer Einschätzung keine staatliche Verfolgung droht und die darüber hinaus den Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung gewährleisten können. Das heißt nicht nur Verfolgung durch den Staat selbst, sondern auch durch Drittakteure wird unterbunden.

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Allerdings, so die Anmerkung des Deutschlandfunk, handelt es sich dabei um eine politische Kategorie mit konkreten Auswirkungen auf das Asylverfahren. Asylanträge aus diesen Ländern können damit als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden, was zu einer verkürzten Widerspruchsfrist führt und währenddessen nicht vor Abschiebung im laufenden Verfahren schützt.

Wie der Tagesspiegel schreibt, legte das Bundesverfassungsgericht bereits 1996 fest, dass landesweite Sicherheit erstens vor politischer Verfolgung und zweitens für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen gelten muss, was LGBTIQ* als Gruppe einschließt. Allerdings scheint die aktuelle Politik dieser Entscheidung wenig reales Gewicht beizumessen. Bis dato gelten neben den EU-Staaten auch Ghana und Senegal (seit 1993), Bosnien und Herzegowina, Serbien und Nordmazedonien (seit 2014), Albanien, Kosovo und Montenegro (seit 2015) als sichere Herkunftsländer. Dazu stellt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fest, dass in Ghana und Senegal Personen aus der LGBTIQ* Gemeinschaft bis heute mehrjährige Haftstrafen drohen.

Die Liste soll nun um Georgien und Moldau ergänzt werden. Zur Begründung sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser nach einem Zitat der Tagesschau: "Beide Staaten wollen Mitglieder der Europäischen Union werden. In beiden Staaten droht Menschen in aller Regel keine politische Verfolgung.“ Auch die Grüne Außenministerin Annalena Baerbock hatte diese Argumentation zuletzt für die beiden Beitrittskandidaten übernommen, obwohl die Grünen zunächst strikt gegen eine Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten waren, so ein Bericht des Deutschlandfunks.

Dabei ist die Formulierung „in aller Regel“ nicht unumstritten. So kritisierte die Sprecherin für Flucht- und Rechtspolitik der Linksfraktion im Bundestag, Clara Bünger: „[In beiden Ländern gebe es] ein erhebliches Sicherheitsrisiko für queere Menschen sowie eine systematische Diskriminierung von Roma" (Tagesschau). Auch das katholische Osteuropahilfswerk Renovabis und Pro Asyl verwiesen auf erheblich rechtsstaatliche Mängel vor allem im Falle Georgiens.

Während also der eine Beitrittsdiskurs in der Öffentlichkeit noch deutliche Fragen aufwirft, berichtet die Tagesschau, dass die FDP, getrieben von der CDU, mit den Maghreb-Staaten, insbesondere Marokko, Algerien und Tunesien bereits die nächsten Länder zu sicheren Herkunftsländern erklären will. Wie der LSVD feststellt, werden allerdings auch in den Maghreb-Staaten LGBTIQ* Personen  verfolgt. „In Tunesien ist die staatlich geförderte Folter an schwulen und bisexuellen Männern [sogar] bestens dokumentiert.“

Diesen Bedrohungen setzen CDU/CSU, FDP, in Teilen aber auch die SPD immer wieder das Argument einer hohen Belastung der Kommunen entgegen. Der Tagesspiegel folgert daher zynisch: „Von wegen – wie die FDP behauptet -, dass für Homosexuelle alles beim Alten bleibt, weil sie wie gehabt einen Antrag stellen und dann Schutz bekommen können. Falsch! Die FDP sollte besser rasch den Koalitionsvertrag umsetzen. Dazu gehört in Bezug auf queere Verfolgte, dass die vereinbarte neue Rechtsberatung hinreichend finanziert wird. Liberalität hat schließlich ihren Preis.“ Die FDP sägt also mit ihrer aktuellen Sparpolitik fleißig an den Werten unserer Gesellschaft und glaubt, dass Handlungen und Symbole der Unsolidarität nicht auf das eigene Land zurückfallen werden.

Wer dagegen aktiv werden möchte, kann sich unter anderem an der Petition des Lesben- und Schwulenverbandes beteiligen.

Hier geht’s zur Petition.

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Erneut hetzt die AfD gegen die Ampel-Regierung und ihre LSBTIQ*-Politik. Im ARD-Sommerinterview beschwert sich die Parteivorsitzende Alice Weidel über die „bescheuerte Genderpolitik dieser Bundesregierung“ und den in den Schulen unterrichteten „Genderquark“.

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In Angriff nimmt Weidel insbesondere das im August beschlossene Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung. Mit diesem sollen trans und nicht-binäre Personen leichter ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag ändern können. Während dies einen wichtigen Schritt in Richtung Selbstbestimmung darstelle, weist der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) darauf hin, dass der aktuelle Gesetzesentwurf immer noch einige rechtliche Hürden beinhaltet oder zu Diskriminierung führen könnte.

Die Vorsitzende der AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wurde, interpretiert das Gesetz jedoch so, dass Personen sich nun willkürlich ihr Geschlecht aussuchen können. Die Realität der Betroffenen blendet sie dabei komplett aus. Der LSVD erklärt, dass die Verweigerung einer rechtlichen Anerkennung des gelebten Geschlechts diskriminierende und andere negative Auswirkungen für trans- und nicht-binäre Menschen haben kann.

Von dieser Personengruppe versucht sich Weidel jedoch zu distanziere. Denn sie betont, dass sie nicht queer sei, sondern „mit einer Frau verheiratet“, die sie „seit 20 Jahren kenne“. Auch wenn die Nicht-Identifizierung mit dem Begriff queer Weidels persönliche Entscheidung bleibt, impliziert sie mit ihren Aussagen zwei Lager zwischen homosexuellen und trans Personen. Weiter fragt sie, wie man die Kinder in den Schulen und Kitas vor einer „Trans-Pop-Kultur“ schützen könne. Stattdessen sollte eher gefragt werden, wie der Diskriminierung von trans Kindern und Jugendlichen in Schulen besser entgegnet werden kann (Tipps für trans Schüler*innen hat z.B. das Regenbogenportal zusammengestellt).

Weidel selbst fühle sich als lesbische Frau mit zwei Kindern nicht diskriminiert. Dabei lässt sie das queerfeindliche Programm ihrer eigenen Partei außer Acht, das sich explizit gegen Regenbogenfamilien stellt. Eine viel größere Bedrohung versteht sie in der Genderpolitik der Ampel-Regierung. Dabei reiht sich die rechtspopulistische Partei in eine globale Bewegung von teilweise rechtsextremen, antifeministischen und fundamentalistischen Gruppierungen ein, die gegen eine vermeintliche „Gender-Ideologie“ ankämpfen will.

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Im Rahmen des Queerfilmfestivals, das vom 7.9. bis 13.9.2023 zum fünften Mal stattfindet, werden die besten queeren Filme des Jahres in Kinos in elf deutschen Städten und Wien gezeigt.

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In 16 Kinos laufen für eine Woche 25 internationale Filme verschiedener Genres, sowohl Dokumentationen als auch Spielfilme. Das Festivalmotto „Power to the People“ stammt aus dem Essayfilm “Orlando, meine politische Biografie”, der 25 trans und nicht-binäre Personen porträtiert sowie die Verwandlung des Filmemacher Paul B. Preciado begleitet. Der Film greift Virginia Woolfs Roman „Orlando“ (1928) auf, der die Geschichte einer Verwandlung eines jungen Mannes in eine Frau erzählt und als Schlüsseltext der queeren Literatur gilt.

Auch die anderen Filme erzählen spannende LSBTIQ*-Geschichten - es lohnt also, in das Programm des Festivals hineinzuschauen.

Übrigens gibt es im Herbst auch in Norddeutschland queere Filmfestivals: Das Hamburg international Queer Film Festival findet vom 17.10. bis 22.10.2023 statt. Auch in Bremen werden vom 24.10. bis 29.10.2023 LSBTIQ*-Geschichten auf die Leinwände gebracht – im Rahmen des 30. Jubiläums des queerfilm festival.

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Während das spanische Frauennationalteam am 20. August ihre Siegerehrung feierte, küsste der Chef des spanischen Fußballverbands Luis Rubiales der Spielerin Jennifer Hermoso ohne deren Einverständnis auf den Mund. Allein das ist bereits ein Skandal, doch die Meldungen, die seitdem das Thema behandeln, offenbaren eine Fußballführung mit einem deutlichen „Machismo“-Problem, das sich nicht nur auf Spanien beschränkt.

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So äußerte sich Karl-Heinz Rummenigge, Aufsichtsratmitglied des FC Bayern, am Rande des Sport-Bild-Awards nach einem Zitat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Ich glaube, man soll da nicht übertreiben […] wenn man Weltmeister wird, ist man emotional. Und was er da gemacht hat, ist – sorry, mit Verlaub – absolut okay“. Nach Angeben des Senders Sport1 sitzen sowohl Rubiales als auch Rummenigge im Exekutivkomitee der Union of European Football Associations (UEFA). Damit wird deutlich, dass das Problem nicht allein ein spanisches ist. Fußballfunktionäre wie Rubiales gelten als Repräsentanten und sollten sich dessen Reichweite auch auf einer öffentlichen Veranstaltung bewusst sein.

So zeigt der Sender 3Sat in einem Bericht der Sendung „Kulturzeit“, dass der Großteil der spanischen Bevölkerung und auch die politische Spitze Rubiales als untragbar ansieht. Selbst Spaniens konservative Opposition widerspricht dem nicht. Währenddessen weigert sich Rubiales vehement, seinen Posten zu räumen. Mittlerweile wurde er zwar vom Weltverband FIFA für 90 Tage gesperrt, wie der Deutschlandfunk (DF) schreibt, doch das oberste Sportgericht Spaniens blockiert diese Suspendierung, so der DF weiter. Das Gericht entschied demnach, ein Verfahren aufgrund von schwerem Fehlverhalten zu eröffnen. Damit wäre Rubiales bei einer Verurteilung für max. zwei Jahre gesperrt, wie T-Online bemerkt. „Eine Suspendierung durch die Sportbehörde CSD wäre [laut Deutschlandfunk] hingegen nur möglich gewesen, wenn das Gericht das Verfahren wegen eines „sehr schweren“ Fehlverhaltens zugelassen hätte“. Dabei ist Rubiales‘ Handlung nicht nur aus sportlicher Sicht justiziabel. Wie die Tagesschau bemerkt, gilt in Spanien das "Solo sí es sí"- Gesetz (nur ja heißt ja) und da Hermoso eindeutig nicht „sí“ gesagt hat, bleibt damit die Frage, wie weit sich der Fußball und seine Institutionen gegen Öffentlichkeit und Gesetz behaupten können. Spaniens Frauennationalteam ist mittlerweile in den Streik getreten.

Letztendlich geht es darum, die Kader und ihre Machoallüren nicht nur offen zu verurteilen, sondern ein politisches Gegensignal zu setzen. Schaut man etwas über den Tellerrand, sind es diese Haltungen und die damit verbundene Überheblichkeit einiger Fußballkader, die u.a. auch die Weltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar ermöglicht haben und bis heute den europäischen Fußball daran hindern, sich geschlossen gegen Machismo und damit auch für mehr Regenbogenfarben bei internationalen Spielen zu positionieren.

Bei Interesse finden sich hier weitere Artikel auf echte vielfalt zum Thema Fußball.

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Auf Twitter wird bereits seit einiger Zeit das Hashtag „Stolzmonat“ verwendet als Versuch, ein Gegennarrativ zum #Pridemonth aufzubauen. Solche Posts sind allerdings weniger ein realer Trend, sondern vielmehr das geschickte Ausnutzen von Algorithmen und sozialen Medien durch Rechtspopulisten.

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Wie die Amadeu Antonio Stiftung in ihrer Analyse schreibt, gibt es Hinweise auf eine Koordinierung im Hintergrund mit dem Ziel, dem Hashtag und der dahinter stehenden Queerfeindlichkeit eine Größe zu geben, „[…] die so (zum Glück) nicht gegeben ist. […] Hashtag und Memes werden von einschlägig bekannten faschistischen Trollen, dem Blogger Miro Wolfsfeld, rechten Influencern und Mitgliedern der AfD verbreitet.“ Doch leider bedeutet das nicht, dass solche Hashtags wirkungslos bleiben. Welches Publikum sie liest, ohne sofort selbst aktiv zu werden, und was dieses Publikum denkt, bleibt eine Blackbox. Mit der Begriffsübernahme von Pride zu „Stolz“ entstehe zudem eine Täter-Opfer-Umkehr, so die Bildungsstätte Anne Frank: Der „deutschnationale Stolz“ schließe die LGBTIQ+ Community nicht bloß aus, sondern simuliere eine „Rebellion“ gegen einen vermeintlichen „Genderwahn“. Aber auch außerhalb der digitalen Welt nutzen die Rechten einschlägige Symbolsprache. So wurden im Juni von der AfD in München Plakate aufgehängt, auf denen Dragqueens als Gefahr für Kinder dargestellt wurden. In der Zwischenzeit erstattete ein katholischer Priester gegen diese Plakate Anzeige, wie der Bayrische Rundfunk (BR) berichtet.

Auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) berichtet über eine Vielzahl von Taten, die einen klaren Angriff gegen die LGBTIQ*-Gemeinschaft darstellen. In Berlin wurde ein Denkmal von im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen attackiert, in Schwerin wurde queerenfeindliche Hetze an Büros demokratischer Parteien und Vereine geklebt oder in Düsseldorf die Aidshilfe zum Ziel von queerfeindlichen und rechtsextremistischen Angriffen. Der LSVD titelt: „Unsere Community wird angegriffen und die Gesellschaft schweigt“ und weiter heißt es, „[…] queere Räume, Beratungsstellen, Demonstrationen, Gedenkstätten und Orte der demokratischen Zivilgesellschaft [geraten] in den Fokus von Tätern aus einem vermutlich rechtsextremen sowie religiös-fundamentalistischen Umfeld […].“

Aber es ist eben nicht nur die LGBTIQ*-Gemeinschaft, die angegriffen wird. Im Hintergrund stehen ein europäischer Rechtsruck und eine reale Zunahme an rechtspopulistischen Strömungen in Deutschland, unterstützt von einer alarmierenden Haltung des konservativen Lagers. Nach Angabe der Deutsche Welle (DW) sind sich „viele konservative Politiker […] uneinig, welchen Kurs sie einschlagen sollen.“ Der Kulturkampf mag sich zwar an den Gruppen zeigen, die schon immer um ihre Rechte und ihre Würde kämpfen mussten. Dazu zählt die LGBTIQ*-Gemeinschaft ebenso wie Geflüchtete, religiöse Minderheiten und andere Gruppen. Was allerdings tatsächlich angegriffen wird, ist die demokratische Verfassung, die die Würde jedes Menschen als unantastbar sieht (Art 1 GG). Daher ist es legitim „die Politik“ von Konservativ bis Links daran zu erinnern, dass sie, wenn sie aufgefordert wird, ihre Bürger*innen vor rechten Übergriffen (auch symbolischer Art) zu schützen, dies nicht nur für eine Gruppe zu tun. Dazu zählt insbesondere auch eine Sozialpolitik, die es den Menschen in Deutschland ganz allgemein ermöglicht, ein würdevolles Leben zu gestalten, um sie nicht den Populisten in die Arme zu treiben. In dem Artikel auf echte vielfalt zur Parlamentswahl in Spanien wurde die Parallele zwischen Rechtspopulismus mit der höchsten Zahl an jungen Followern und gleichzeitig der höchsten Jugendarbeitslosigkeit Europas angerissen.

Für Träger und Aktivist*innen der LGBTIQ*-Gemeinschaft ergeben sich damit Argumentationsketten und Schnittstellen mit anderen Gruppen für ein gemeinsames Ziel. Für die Politik ergibt sich hingegen ein klarer Auftrag zum Schutz seiner Bürger*innen vor Rechtspopulismus.

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Unter dem Motto „Unterstützung und Begleitung queerer junger Menschen“ findet am 13. Oktober 2023 ein digitaler Fachtag der Kinderschutzzentren statt.

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Ziel des Fachtags ist es, die Frage zu thematisieren, „[w]ie es Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe gelingen kann, Freiräume für die Persönlichkeitsentwicklung queerer Kinder und Jugendlicher zu schaffen und zu verteidigen, sie in ihrer Identität zu stärken und ihren spezifischen Bedarfen gerecht zu werden […]“. Dabei sollen neben Impulsen und einem Diskurs auch konkrete Beispiele vorgestellt werden. Für die Veranstalter*innen ist Erkennen und Verstehen der spezifischen Bedarfe die Grundlage, damit Fachkräfte dem Thema überhaupt gerecht werden können.

Der Kongress beginnt um 9:30 Uhr mit einer Begrüßung durch Sven Lehmann (Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, BMFSFJ). Im Anschluss daran gibt es einen Vortrag zum Thema „Lebenswelten queerer Jugendlicher“. Nach einer kleinen Pause können sich die Teilnehmer*innen dann entscheiden, ob sie an einem Forum zum Thema [Herausforderungen bei der] „Öffnung der Jugendhilfe für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ teilnehmen wollen oder an einem von drei Workshops mit den Themen:

  1. Was heißt eigentlich LSBPATINQ+? – Über Geschlecht(er), Sexualität(en) und Identität(en)
  2. Beratung zu geschlechtlicher Vielfalt bei queeren Kids und ihren Eltern – Bedarfe erkennen und Prozesse begleiten
  3. Ressourcengewinn durch diversitätssensible Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe

Nach einer Mittagspause wird es abschließend noch einen Impulsvortrag mit „Drei Handlungsanregungen für eine queersensible Kinder- und Jugendhilfe“ geben, bevor gegen 13:30 Uhr der Fachtag endet. Den genauen Ablauf mit allen Gastredner*innen und ihren Themen findet sich unter folgendem Link.

Laut Veranstalter*innen richtet sich der Fachkongress bundesweit an alle Fach- und Leitungskräfte der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, medizinisch-therapeutischer Einrichtungen, aber auch juristischer Handlungsfelder und der Kindertagesbetreuung sowie allen weiteren für den Kinderschutz wichtigen Arbeitsfelder.

Der Tagungsbeitrag beträgt 75 €. Studierende zahlen einen ermäßigten Beitrag von 40 €. Weitere Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite. Dort gibt es auch den Link zum Anmeldeportal. Student*innen schicken hingegen ihre Anmeldung mit Immatrikulationsnachweis an folgende Mailadresse: anmeldung@kinderschutz-zentren.org

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In immer mehr Ländern wird der gehypte „Barbie“-Film verboten. Neben Libanon und Kuwait wird auch in Algerien der Film nicht gezeigt, unter anderem, weil er „Homosexualität fördere“.

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Während der Film bereits über eine Milliarde US-Dollar eingespielt hat, wird er von konservativer Seite als „männerfeindlich“ betitelt. In den USA kritisieren Konservative und Rechte den Film als zu ‚woke‘und dass er „sich auf die Geschichten über LGBTQ+ konzentrieren“ würde. Doch während sich im Film einige queere Referenzen auffinden lassen (das Online-Magazine them hat eine Übersicht zusammengestellt), feinden die Kritiker*innen vor allem die Besetzung an. Denn eine der Barbies im Barbie Land wird von der trans Schauspielerin Hari Nef gespielt und auch andere Darsteller*innen sind Teil der LSBTIQ*-Gemeinschaft.

In Algerien wurde der Film drei Wochen nach Kinostart wegen „Verletzung der Moral“ verboten. Auch im Libanon wird der Film als Bedrohung der religiösen und moralischen Werte des Landes verstanden, da er nicht nur patriarchale Strukturen und die Rolle der Mutter anzweifle, sondern auch „Homosexualität und sexuelle Veränderungen“ fördere.

Dabei sind wohl die queere Besetzung und das Queer-Coding von Charakteren wie „Allan“ Grund genug, denn im Film werden weder offen (heter- oder homo-) sexuelle Inhalte gezeigt noch gibt es eine klare LSBTIQ*-Storyline. Dennoch wird das Verbot von „Barbie“ im Libanon, wo Homosexualität eigentlich weniger kriminalisiert wird als in Algerien und Kuwait, zum Schutze der Gesellschaft und vor allem der Kinder begründet.

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