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Das veraltete sogenannte „Transsexuellengesetz“, welches trans* Personen für die rechtliche Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität immer noch zwingt mehrere Gutachten vorzuweisen, die bestätigen, dass sie wirklich trans* sind, sollte in dieser Legislatur-Periode eigentlich endlich reformiert werden – geschehen ist jedoch nichts. Auch das Blutspende-Verbot für schwule Männer gilt de facto noch, denn sie müssen mehr zwölf Monate enthaltsam gelebt haben, um Blut spenden zu können. Trotzdem: In einem Schreiben an die Koalitionsfraktionen betont Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Erfolge für die queere Community. Doch wie ist der Stand der Dinge wirklich?

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Zwei Monate vor der Bundestagswahl hat Spahn (CDU) seine Errungenschaften für wegen ihrer sexuellen Identität diskriminierte Menschen herausgestellt. So bezeichnete er unter anderem das 2020 beschlossene Verbot der Konversionstherapie als wichtige „Weiche“. Außerdem schreibt er, dass auf Wirken seines Ministeriums die Blutspende-Voraussetzung für schwule Männer zwölf Monate enthaltsam gewesen zu sein aufgehoben werden würde, und weist in dem Dokument außerdem darauf hin, dass Menschen mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko seit September 2019 einen Anspruch auf Beratung, Untersuchung und Arzneimittel zur Vorsorge haben. Darüber hinaus listet das Dokument Projekte auf, mit denen die Stigmatisierung inter- und transgeschlechtlicher Menschen verringert werden soll.

Diese „angeblichen Erfolge“ sind vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) jedoch als „Mogelpackung“ kritisiert worden, da sich Spahn für Maßnahmen feiere, die nicht auf seine Initiative hin, sondern „auf massiven Druck aus der Zivilgesellschaft entstanden“ sind. Außerdem bemängelte der Verband unter anderem, dass es weiterhin eine Ungleichbehandlung geben soll – denn anders als schwule Männer dürfen Frauen und heterosexuelle Männer auch bei wechselnden Sexualpartnern Blut spenden, doch dazu schwieg der Gesundheitsminister in dem Schreiben.

Auch in Bezug auf das veraltete „Transsexuellengesetz“, welches seine Partei zu Beginn der letzten Legislaturperiode versprochen hatte zu reformieren, äußerte sich der Minister nicht, obwohl Aktivist*innen eine solche Reform längst fordern. Außerdem leiden Nichtbinäre seit Jahren unter „dem Hickhack“ bei der dritten Option des Geschlechtseintrags, wie Jeja Klein eine Woche nach Jens Spahns Selbstbeweihräucherung auf queer.de berichtet. Zwar bezieht sich Jeja gar nicht auf sein Schreiben, so beweist der Artikel jedoch, dass der Stand der geschlechtlichen Selbstbestimmung in Deutschland bei weitem nicht so erfolgreich vorangekommen ist, wie es der Gesundheitsminister darstellt. Tatsächlich bestehen unter der gegenwärtigen Gesetzeslage noch eine Vielzahl verschiedener Probleme, sowohl in Bezug auf das „Transsexuellengesetz“ als auch das Personenstandsgesetz, von denen Jeja anschaulich und ausführlich berichtet. Darin wird klar, dass noch ein weiter Weg vor der Bundesregierung liegt, bis sie auf ihre „Errungenschaften“ für die queere Community wirklich stolz sein und sich damit schmücken kann. Jeja schreibt:

„Ich glaube, dass wir hoffen können. Aber es ist unklar, wie lange wir noch hoffen müssen und wie oft wir in dieser Zeit mit Enttäuschung umgehen werden. Bei der Ehe für alle ging alles ganz plötzlich, ganz schnell. Vielleicht wird es hier ja auch so? Wie bei den gleichen Rechten beim Heiraten dürfte den meisten Beobachter*innen klar sein: Selbstbestimmung über das eigene Geschlecht, wenigstens bei den amtlichen Einträgen, wird kommen“. Der Stand der Dinge kann sich bessern.

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Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Mitglieder der LGBTQ-Community mit fünf bis zehn Jahren Gefängnis bestraft werden können, wenn sie sich als solche zu erkennen geben oder für ihre Rechte eintreten. Ghanas Gesetze kriminalisieren bereits homo Sex, indem sie „unnatürliche fleischliche Kenntnisse“ verbieten, wodurch Sex zwischen gleichgeschlechtlichen Personen auf eine Ebene mit Sex mit Tieren gebracht wird. Jetzt will das westafrikanische Land in seinen Bemühungen, die LGBTQ-Community zu unterdrücken, noch einen Schritt weiter gehen.

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So wurde der Gesetzentwurf mit dem Titel „Gesetzentwurf zur Förderung der sexuellen Rechte des Menschen und der ghanaischen Familienwerte 2021“ im Juni dem ghanaischen Parlament vorgelegt. Wenn das Gesetz verabschiedet wird, könnten gleichgeschlechtliche Personen, die sexuelle Handlungen vornehmen, mit Geld- oder Haftstrafen zwischen drei und fünf Jahren belegt werden. Das Gesetz würde auch das LGBTQ-Sein selbst zu einem Verbrechen machen – jede Person, die sich als lesbisch, schwul, transgender, transsexuell, queer, pansexuell oder nicht-binär (jemand, der sich nicht als männlich oder weiblich identifiziert) versteht, würde mit fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.

Der Gesetzentwurf wird parteiübergreifend unterstützt, und auch Ghanas Parlamentssprecher Alban Bagbin hat sich offen für das vorgeschlagene Gesetz ausgesprochen. Es wird allgemein erwartet, dass der Gesetzentwurf in Ghana, einer tiefreligiösen Gesellschaft, in der homofeindliche Verfolgung weit verbreitet ist, genügend Stimmen erhalten wird, um Gesetz zu werden.

Doch selbst wenn das Gesetz am Ende verworfen wird, sorgt sich Nana Yaa Agyepong, Mitglied von Silent Majority Ghana, einer transnationalen Gruppe von Queer-Feminist*innen, dass es das Leben von LGBTQ-Personen bereits gefährdet hat, „mit den Diskussionen, die es anheizt, und der Homophobie, die es stärken wird“: „So etwas können wir nicht zulassen, denn wir haben Ghanaer*innen, die es verdienen, sicher und in Frieden zu Hause zu leben und nicht ins Exil gezwungen zu werden“, sagte sie der DW. Auch das Eintreten für die Rechte queerer Menschen wäre nach dem Gesetzentwurf illegal, und Aktivist*innen drohen Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren. Agyepong sieht dies als besorgniserregend an, da es „Gespräche und Meinungsverschiedenheiten über das Gesetz unterdrückt, so dass Menschen nicht in der Lage wären, öffentliche Aufklärungsarbeit zu leisten oder in den Medien oder sogar sozialen Medien aufzutreten“.

Sam George, einer der acht Abgeordneten, die den Gesetzesentwurf eingebracht haben, sagte, er sei von dem beeinflusst worden, was er als „wachsende Lobbyarbeit und Propaganda“ der ghanaischen LGBTQ-Gemeinschaft ansah: „Wir bringen nur unsere Gesetze auf den neuesten Stand, um sicherzustellen, dass die Gesetze dies widerspiegeln, solange sich unsere nationale Position nicht geändert hat und Homosexualität immer noch illegal ist“, sagte George. Es gebe keinen Raum für Verhandlungen im Kampf gegen alle Formen von LGBTQ-Aktivismus. „Unsere Verfassung besagt, dass Rechte so lange eingeschränkt werden können, wie sie eine existenzielle Bedrohung für die öffentliche Sicherheit, die öffentliche Gesundheit und die öffentliche Moral darstellen“ – und der Akt der Homosexualität stelle laut dem Abgeordneten eine Herausforderung für die öffentliche Gesundheit und die öffentliche Moral dar.

Der Gesetzentwurf würde auch die Konversionstherapie zulassen, mit der versucht wird, die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität von Menschen zu ändern. Eine Reihe von Gesundheitsbehörden, darunter der britische National Health Service, haben davor gewarnt, dass die Konversionstherapie „unethisch und potenziell schädlich“ ist, doch auch Deutschland hat diese Praxis erst kürzlich für Minderjährige verboten.

Trotz der allgemeinen Unterstützung des Gesetzes fordern einige Ghanaer*innen eine Überarbeitung des Dokuments, bevor es dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt wird. So hat der Menschenrechtsanwalt und Parlamentsabgeordnete Francis-Xavier Sosu Bedenken: „Man kann sehen, dass es einige Herausforderungen gibt. Herausforderungen in Bezug auf die Art und Weise, wie Werte und Kultur von Menschen kriminalisiert werden können. Herausforderungen in Bezug auf die Art des Strafmaßes, das er auferlegen will, insbesondere zu einer Zeit, in der wir uns alle darüber beschweren, dass unsere Gefängnisse überfüllt sind“, sagte Sosu gegenüber Reportern im Parlamentsgebäude in Accra.

Der Gesetzesentwurf kommt vor dem Hintergrund der jüngsten Übergriffe auf die ghanaische LGBTQ-Gemeinschaft. Im Mai wurden Aktivist*innen, die an einem Workshop in der Stadt Ho im Süden Ghanas teilnahmen, in einer viel beachteten Polizeirazzia verhaftet. Die Verhafteten nahmen an einer Schulung für Aktivist*innen und Anwaltsgehilfen zur Unterstützung von LGBTQ-Personen teil. Sie wurden nach mehr als drei Wochen Haft wieder freigelassen, müssen aber immer noch mit einer Strafverfolgung wegen Abhaltung einer „ungesetzlichen Versammlung“ und „Befürwortung von LGBTQ-Aktivitäten“ rechnen. Auch das Büro der Organisation LGBT+ Rights Ghana wurde Anfang des Jahres gestürmt und geschlossen.

Ghanas Schritt, LGBTQ-Menschen weiter zu kriminalisieren, steht im Gegensatz zu mehreren anderen afrikanischen Ländern, die Homosexualität entkriminalisiert haben, wie Ruanda, Angola, Botswana und Südafrika.

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Nachdem das Amtsgericht Köln einen Strafbefehl über 4.800 Euro gegen den erzkonservativen polnischen Theologieprofessor Dariusz Oko verhängt hatte, weil sich dieser Anfang des Jahres in einem Beitrag für die deutsche Zeitschrift „Theologisches“ volksverhetzend über homosexuelle Menschen äußerte, erhebt die Regierung in Warschau Vorwürfe gegen die deutsche Justiz. So sieht Vize-Justizminister Marcin Romanowski, der der rechtsextremen Partei Solidarna Polska (Solidarisches Polen) angehört, die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik gefährdet.

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Weil sich dies in eine größere Debatte der Europäischen Union um Rechtsstaatlichkeit in Polen (wie auch Ungarn) einordnen lässt, die unter anderem durch die Einführung „LGBT-freier Zonen“ in Polen angestoßen wurde, scheint die Bewertung Romanowskis „freiheitsfeindliche Tendenzen im deutschen Rechtsschutzsystem“ zu erkennen, fast ironisch. Dennoch hat Oko, der Homosexuelle als „Kolonie von Parasiten“ und „Krebsgeschwür“ bezeichnete, nach Angaben einer Gerichtssprecherin Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Damit kommt es wohl zu einem Prozess.

Im genauen wird sich dabei klären müssen, ob die „Verhängung von Strafen für wissenschaftliche Tätigkeiten“, wie Romanowski den Beitrag des Theologieprofessors bezeichnet, tatsächlich „eine Bedrohung der Grundfreiheiten und europäischen Standards“ darstellt. Oko hatte darin schwule Männer wegen ihrer sexuellen Orientierung zu einer Gefahr für die Kirche erklärt, zudem warf er Schwulen vor, Kinder eher sexuell zu missbrauchen als Heterosexuelle. Im zweiten Teil des Artikels, der offenbar noch nicht Teil des Strafbefehls ist, sprach er außerdem von „homosexuellen Raubtieren“ und behauptete, die homosexuelle Orientierung sei eine „Krankheit“.

So lässt sich in Bezug auf die Attacke Romanowskis auf die Bundesrepublik nur wiederholen, dass seine „Sorge“ um die Meinungsfreiheit in Deutschland mehr als zynisch scheint, vor Allem zwei Wochen nach der Veröffentlichung eines neuen Prüfberichts der Europäischen Kommission. Darin wurden beiden Staaten Defizite bei der Unabhängigkeit der Justiz attestiert, außerdem seien lokale Autoritäten daran gescheitert, auf die Anfragen der EU zu ihren Resolutionen für „LGBT-Ideologie-freie Zonen“, welche in mehr als 100 polnischen Dörfern und Städten verabschiedet wurden, zu reagieren. Von EU-Beamt*innen wird vermutet, dass die polnischen „LGBT-Ideologie-freie Zonen“ EU-Gesetze über Nicht-Diskriminierung brechen, weswegen die Kommission nun rechtliche Schritte gegen Polen (und Ungarn) ergriffen hat. Die beiden Länder haben nun zwei Monate Zeit, um der Kommission zu antworten. Dies ist das erste Stadium in einem EU-Sanktions-Prozess, welcher vor dem Europäischen Gerichtshof, mit der Kürzung von EU-Finanzhilfen, und sogar mit einer Strafe von täglichem Bußgeld enden könnte.

Wie der Prozess in Köln um Okos Beitrag weitergehen wird, ist noch unklar. Doch eigentlich hat das Amtsgericht Köln die Frage, ob ein katholischer Priester die Meinungsfreiheit auf seiner Seite hat, wenn er queere Menschen übel beleidigte, klar beantwortet: Nein, hat er nicht.

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Der Rennfahrer Sebastian Vettel, der Sänger Elton John, und der Rapper DaBaby haben eines gemeinsam: Sie genießen mit ihrer Präsenz in der Öffentlichkeit eine Aufmerksamkeit und Reichweite, die die von Politiker*innen und Aktivist*innen oftmals weit übersteigen kann. Ob auf einer Rennbahn, einer Konzertbühne, oder in den Sozialen Medien: Durch ihre prominente Position haben sie die Möglichkeit, Einfluss auf ihre Fans zu nehmen – auch in Bezug auf queere Menschen und ihre Rechte.

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Ein Positiv-Beispiel dafür lieferte Formel-1 Star Sebastian Vettel am vergangenen Sonntag bei einem Rennen in Budapest, Ungarn: Während der ungarischen Nationalhymne legte er sein Regenbogen-Shirt mit der Aufschrift „Same Love“ (und Schuhe, Shirts, Helm und Masken in Regenbogenfarben) nicht ab, obwohl die Hymne des Gastgeberlandes respektiert werden solle, indem die Fahrer ihre Rennanzüge tragen würden, sagte der Rennleiter Michael Masi. So erhielt Vettel eine allgemein formulierte erste Verwarnung, welche allerdings ohne direkten Rennbezug keine weiteren Konsequenzen für den Fahrer haben wird. Doch bevor seine Strafe entschieden wurde, sagte er in einem Interview: „Ich kann damit leben, wenn sie mich disqualifizieren. Sie können mit mir machen, was sie wollen, das kümmert mich nicht. Ich würde es wieder machen.“ Er betonte, dass das Shirt vor dem Hintergrund der queer-feindlichen Politik Ungarns „ein kleines Zeichen der Unterstützung“ für queere Menschen gewesen sei: „Ich finde es peinlich für ein Land, das in der EU ist, solche Gesetze zu haben“, so Vettel konkret zum ungarischen Gesetz gegen Homo- und Trans-„Propaganda“. Er könne nicht verstehen, warum die Regierung so damit kämpfe, dass die Menschen einfach frei leben könnten, wie sie wollten.

Hintergrund der Äußerungen ist ein Mitte Juni vom ungarischen Parlament beschlossenes Gesetz, das jegliche Darstellungen von Homo- oder Transsexualität in Büchern, Filmen, anderen Medien, und an Schulen verbietet. Zwar hat die EU hierzu bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, doch hält die rechtsnationale Regierung trotz internationaler Kritik an dem Gesetz fest – und will sich durch ein Referendum den Rückhalt der ungarischen Gesellschaft holen. Wie die Ungar*innen abstimmen werden ist noch unklar, doch auch sie haben Vettels Regenbogen-Aufzug gesehen und sind dadurch vielleicht beeinflusst worden.

Dass jedoch nicht alle Promis ihre Plattform für Allyship  nutzen, sondern sich sogar öffentlich gegen queere Menschen äußern, hat sich Ende Juli gezeigt, als der US-Rapper DaBaby bei dem Rolling Loud Festival in Miami behauptete, Aids sei eine „schwule Krankheit“. So rief er seine Fans auf, ihre leuchtenden Smartphones in die Höhe zu halten, „wenn ihr heute nicht mit HIV, Aids oder einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit hergekommen seid, an der ihr in zwei, drei Wochen sterben werdet“.

Zwar wurden diesen Falschaussagen schnell widersprochen, indem zum Beispiel der Musiker Elton John DaBaby vorwarf , Fehlinformationen zu verbreiten und eine Reihe von Fakten über HIV teilte; so tragen homofeindliche Tiraden bewunderter Stars zur unter anderem zur Stigmatisierung der Immunschwäche-Krankheit bei. „HIV-Fehlinformationen und Homophobie haben keinen Platz in der Musikindustrie“, teilte Elton Johns Aids Stiftung deswegen mit, eine Botschaft, die auch die Veranstalter*innen des US-Musikfestivals Lollapalooza unterstützten, indem sie DaBabys Auftritte absagten „Lollapalooza wurde auf der Basis von Vielfalt, Inklusivität, Respekt und Liebe gegründet. In diesem Sinne wird DaBaby nicht mehr im Grant Park auftreten“.

Die Reaktion Elton Johns, des Lollapalooza, und unter anderen auch der Sängerin Dua Lipa, die sich von DaBaby distanzierte, sind Beispiele dafür, wie wichtig es ist entschieden gegen Fehlinformationen und homofeindliches, menschenverachtendes Verhalten vorzugehen – und Promis, die ihre Reichweite so nutzen, im wahrsten Sinne des Wortes keine Bühne zu bieten. Denn mit Prominenz kommt nicht nur Reichweite, sondern damit verbunden eine Verantwortung, und die wertvolle Möglichkeit, sich für marginalisierte Menschen und Themen einzusetzen – statt sie weiter zu stigmatisieren.

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Im Münchner Hirschgarten wurde am Samstagnachmittag eine 13-jährige Schülerin, die eine Pride-Flagge mit sich führte, erst angepöbelt und dann geschlagen. In Friedrichshain wurde ein 39-jähriger im Hof seines Wohnhauses von Unbekannten schwulenfeindlich beleidigt und getreten. Er konnte flüchten, doch dann brachen die drei Männer seine Wohnungstür auf. Dies waren Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität – und es ist wichtig, das anzuerkennen.

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Laut Polizeibericht vom Sonntag ereignete sich der Vorfall in München gegen 17.30 Uhr, als sich die betroffene Schülerin zusammen mit Freund*innen im Hirschgarten aufhielt. Dort wurde sie von zwei jungen Männern aus München zunächst angepöbelt und im weiteren Verlauf körperlich attackiert. Anlass des Angriffs war nach ersten Erkenntnissen die Pride-Flagge, die die 13-Jährige um die Schultern trug. Als ihr ein 14-jähriger Schüler zur Hilfe kam, wurde auch dieser attackiert, wobei er zu Boden fiel und weiter körperlich malträtiert wurde. Im Anschluss flüchteten die beiden Täter. Während Rettungskräfte die beiden verletzten Jugendlichen versorgten, konnte jedoch noch einer von ihnen festgenommen werden. Der 18-jährige Münchner wurde allerdings nach Aufnahme der Personalien wieder auf freien Fuß gesetzt, nach dem zweiten Angreifer wird weitergesucht.

Die Polizei sucht Zeug*innen der Tat, daher werden Personen, die sachdienliche Hinweise geben können, insbesondere zur Ergreifung des zweiten Tatverdächtigen, gebeten, sich mit dem Münchener Kriminalfachdezernat 4 in Verbindung zu setzen (unter der Telefonnummer (089) 63007-0 oder auch jeder anderen Polizeidienststelle).

Der Vorfall in Berlin geschah, wie die Polizei der Hauptstadt am frühen Samstagnachmittag nach aktuellem Ermittlungsstand meldete, als der 39-Jährige gerade auf dem Hof des Mehrfamilienhauses an der Straße der Pariser Kommune saß, und drei unbekannte Männer zu ihm kamen und ihn homofeindlich beleidigt haben sollen. Einer der Männer soll ihm anschließend gegen den Brustkorb getreten haben, sodass der Angegriffene nach hinten fiel. Um dem Angriff zu entkommen, flüchtete der 39-Jährige in seine Wohnung und schloss die Wohnungstür. Die Männer folgten ihm bis zur Tür, gegen diese sie mehrmals traten, bis sie aufsprang. Während dessen alarmierte der 39-Jährige die Polizei und die Angreifer flüchteten in unbekannte Richtung. Die Täter wurden im Polizeibericht nicht näher beschrieben.

Die Berliner Polizei macht mögliche Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gezielt in ihren Berichten publik und meldet diese daher vergleichsweise häufig der Öffentlichkeit. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt haben eigene Ansprechpartner für LGBTI.

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Nachdem Echte-Vielfalt.de in den letzten Wochen queere Film-, (Kinder-)Bücher, und Podcast-Empfehlungen zusammengestellt hat, folgt nun eine Liste von fünf queeren Serienempfehlungen, die – zumindest größtenteils – einen „Feelgood-Faktor“ haben, das heißt: Es macht einfach Spaß, diese Serien zu schauen. Und es macht Spaß, repräsentiert zu werden. Im Folgenden ist für alle etwas dabei.

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  1. Feel Good (2020 - )

Mae ist ein aufstrebender Star in der Stand-Up-Szene. Doch ihre Trockenheit und ihr Suchtverhalten machen ihr das Leben schwer. Als sie die pragmatische George kennenlernt, die bisher nur mit Männern zusammen war, gerät ihr Gefühlsleben aus den Bahn. Die beiden beginnen eine berauschende Liebesbeziehung. George scheint für Mae wie eine Sucht zu sein. Aber wird sie ihre Sucht nach Liebe mit echter Liebe ersetzen können?

  1. Sex Education (2019 - )

Otis Milburn hat es nicht leicht. Denn er ist nicht nur unerfahren und ein Außenseiter an seiner Highschool, sondern auch noch der Sohn der erfolgreichen Sex-Therapeutin Jean. Umgeben von Anleitungen, Videos und unangenehm offenen Gesprächen mit seiner Mutter ist Otis – selbst noch Jungfrau – quasi ein Experte wenn es ums Thema Sex geht. Als sein Privatleben an der Schule öffentlich gemacht wird, beschließt Otis sein ganzes Wissen zu nutzen, um von seinen Mitschüler*innen anerkannt zu werden. Gemeinsam mit einer Freundin, Maeve, richtet Otis eine geheime Sprechstunde ein, in der er seine Mitschüler*innen berät.

  1. The L-Word: Generation Q (2019 - )

In „The L Word: Generation Q“, der Fortsetzung der Showtime-Serie „The L Word - Wenn Frauen Frauen lieben“, sind drei Charaktere aus der Originalserie wieder mit dabei: Bette, Alice und Shane. Die Handlung der Fortsetzung setzt 10 Jahre nach dem Ende von The L Word ein – und erzählt nicht mehr nur davon, wie Frauen Frauen lieben, sondern von viel, viel mehr: Eben einer queeren Generation.

  1. Pose (2018 - )

New York, 1986: Die Metropole pulsiert und ist so vielfältig wie nie zuvor. Wo auf der einen Seite der Kapitalismus der Trump-Ära regiert, zelebrieren queere Menschen die Ballroom-Subkultur mit pompösen und fabulösen „Voguing“-Wettbewerben. Dort können die Teilnehmenden ihre Träume ausleben und „posieren“ als wer sie wollen. Doch außerhalb der glanzvollen Clubatmosphäre kostet die AIDS-Epidemie viele Menschen das Leben.

  1. Please Like Me (2013 - 2016)

Claire macht mit Josh Schluss, weil er offensichtlich schwul ist, aber bleibt ihm weiterhin eine gute Freundin. Seinen Mitbewohner Tom scheint das nicht zu kümmern, aber Toms schwuler Arbeitskollege Geoffrey scheint nur auf diese Gelegenheit gewartet zu haben. Zu allem Überfluss ist die Mutter von Josh schwer depressiv und macht das Chaos perfekt, das jetzt sein Leben ist.

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Drei queere Feelgood-Filmempfehlungen

Fünf queere Buchempfehlungen für Kinder 

Fünf queere Buchempfehlungen von Autor*innen of Color 

Queere Podcasts – Fünf Empfehlungen

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„Bildung für alle – Vielfalt anerkennen, Gleichstellung“ – ist eine Broschüre der Landeshauptstadt Kiel erstellt in Kooperation mit HAKI und der Geschäftsstelle Echte Vielfalt. Die Broschüre zeigt praxisorientierte Zugänge für die Arbeit im Themenfeld Gender und Diversität. Sie bietet Impulse und konkrete Maßnahmen für die Antidiskriminierungsarbeit in eigenen Einrichtungen an. Entstanden ist das Heft im Zusammenhang mit einer mehrteiligen Veranstaltungsreihe der Bildungsregion Kiel.

Zehntausende Menschen haben am Samstag mit dem 26. CSD in Budapest – dem wahrscheinlich größten in seiner Geschichte – ein friedliches Zeichen gegen die queer-feindliche Regierung gesetzt. Diese hatte vor wenigen Wochen ein Gesetz beschlossen, welches das Verbot gewisser Inhalte, die bei Minderjährigen für Homosexualität und Geschlechtstransitionen „werben“, generell ermöglicht. Nun hetzt Orbáns Regierung gegen Brüssel, keine EU-Corona-Hilfen annehmen zu wollen, wenn sie mit einer Rücknahme des Gesetzes gegen Homo- und Trans-„Propaganda“ verknüpft würden.

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Doch während die Solidarität unter und mit queeren Menschen im In- und Ausland größer, und die Kritik an dem Gesetz lauter wird, hat das Gesetz auch zu einer Zunahme queer-feindlicher Rhetorik durch rechte Parteien in ganz Europa geführt. AfD-Chef Jörg Meuthen erklärte so etwa, dass „wenn die Ungarn die Einflüsse der LGBT-Ideologie als schädlich erachten und ihre Bürger, Werte und Traditionen vor diesen schützen möchten, dann ist das deren gutes Recht“, auch die AfD-Bundestagskandidatin Christina Baum betonte „Homo-Propaganda“ abzulehnen.

Die EU-Kommission hingegen hatte vergleichsweise schnell auf das Gesetz reagiert und vor rund zehn Tagen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn gestartet, worauf Orbán in dieser Woche mit der Ankündigung eines Referendums reagierte. Damit soll die Bevölkerung über die vermeintlichen „Kinderschutz“-Pläne der Regierung und indirekt über das Gesetz abstimmen. Außerdem kündigte Orbán an, dass Ungarn keine Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU annehmen wolle, falls Brüssel dies von einer Abschaffung des Gesetzes abhängig macht.

In diesem Jahr fand also der CSD vor dem Hintergrund dieser queer-feindlichen Politik statt, eine Politik, die sich auch in der Gesellschaft spiegelt: Als LGBTQI*s und ihre Allys zu hochsommerlichen Temperaturen mit Regenbogenflaggen und Plakaten durch die Innenstadt zogen, gab es am Rande (unter anderem von Rechtsradikalen) auch kleinere Gegenproteste, die homofeindliche Sprechchöre skandierten und Plakate wie „Stop LGBT“ hielten. Sie seien jedoch von der Hauptstadt-Polizei auf sicheren Abstand zu den queeren Demonstrierenden gehalten worden. Doch viele queere Menschen können sich auch im Alltag nicht mehr in ihrer Heimat sicher und wohl fühlen: So plant Boldizsar Nagy, welcher das queer- und Roma-inklusive Kinderbuch „Wonderland Belongs to Everyone“ mitveröffentlichte, das Land zu verlassen. Der schwule ungarische Publizist erhält noch immer täglich Morddrohungen auf Sozialen Medien und fühlt sich nicht mehr sicher – außerdem verwehrt die ungarische Regierung ihm und seinem Partner ihren Wunsch ein Kind zu adoptieren – auf Basis eines Gesetzes, welches voraussetzt: „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann“. Mit dem neuesten Gesetz könne nun alles passieren, so Nagy: „Wir haben Angst alles zu verlieren“. Doch Nagy sagte der Deutschen Welle zwei Tage vor der Pride-Parade in Budapest auch, dass das Gesetz viele Menschen, die dagegen sind, vereinen würde. „Jetzt sind wir endlich sichtbar“, erklärte er, und sprach die Hoffnung aus, dass deswegen am Samstag viele erscheinen würden – eine Hoffnung die sich, wie oben beschrieben, erfüllte.

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Erheblich mehr als die 20.000 erwarteten Menschen beteiligten sich am vergangenen Samstag an der Christopher Street Day Parade in Berlin: Nach Angaben der Polizei vom frühen Samstagabend waren es rund 65.000 Menschen, die an der Demonstration unter dem Motto „Save our Community – Save your Pride“ teilnahmen. Eröffnet wurde sie von Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), der unter Jubel des Publikums vorschlug, Berlin zur „queeren Freiheitszone“ auszurufen.

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Damit spielte er auf die sogenannten „LGBT-Freien-Zonen“ in Polen an, von denen queere Menschen bewusst ausgeschlossen werden sollen. Der Beifall des Berliner Publikums für eine „Freiheitszone“ macht daher deutlich, dass es bei der Parade um den Kampf für LGBTQI*-Rechte nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland geht. So rief auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) anlässlich des CSD zur Solidarität mit verfolgten LGBTQI* auf, die bei ihrem Engagement für Gleichstellung und Respekt „in Kauf nehmen müssen, ausgegrenzt, verfolgt oder inhaftiert zu werden“. Während das heutige Berlin zwar „weltoffen und liberal“ sei, gäbe es auch in der „Regenbogenhauptstadt Europas“ homofeindliches Denken und Handeln: „Dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen“.

Dass jedoch alles gemeinsame Stehen, Marschieren und Demonstrieren momentan noch unter Abstands- und Maskenregeln stattfinden muss, konnte weder von den Organisator*innen der Veranstaltungen, noch der Polizei vollständig durchgesetzt werden. Die meisten Feiernden trugen zwar einen Mund-Nasen-Schutz (viele in Regenbogenfarben) und bemühten sich um Abstand, doch nicht immer wurden die Corona-Regeln eingehalten, obwohl die Organisator*innen immer wieder über Lautsprecher dazu aufriefen. Auch die Polizei machte die Teilnehmenden unter anderem über Twitter auf die geltenden Bestimmungen aufmerksam und drohte mit einem Abbruch der Demonstration, wenn es weiterhin Verstöße gäbe. Teilnehmende äußerten jedoch Verständnis für die Maßnahmen und lobten den friedlichen Ablauf des Umzugs, so kam es während der Parade selbst zu keinen größeren Zwischenfällen.

Doch am späten Abend, nach Ende der Parade, eskalierte die Polizei eine Situation im Regenbogenkiez, wo nach der Demonstration in und vor der Szene-Bar „Hafen“ mit Alkohol, wenig Abstand und zum Teil ohne Maske gefeiert worden sei. So ereignete sich gegen 23:30 Uhr ein Polizeieinsatz, der von Berliner Rechtsanwalt Prof. Nico Härting anhand eines Facebook-Videos einer Festnahme als „Jagdszene“ beschrieben wurde, „an die wir uns nicht gewöhnen dürfen“: „Nach dem CSD setzt die Berliner Polizei eine Maskenpflicht, die es im Freien eigentlich gar nicht mehr gibt, unerbittlich durch“. Ein vor Ort gewesener Zeuge habe den Polizeieinsatz schon „rein optisch als sehr beängstigend“ erlebt: „Das ist natürlich krass, ausgerechnet beim CSD vor einer Schwulenbar“.

„Ausgerechnet beim CSD“ in der „Regenbogenhauptstadt Europas“ ereigneten sich auch mehrere queer-feindliche Angriffe in verschiedenen Berliner Stadtteilen. So meldeten in Schöneberg drei vorherige CSD-Teilnehmende angegriffen und homofeindlich beleidigt worden zu sein, wobei alle leicht verletzt wurden. Am Sonntagnachmittag meldete die Polizei der Hauptstadt, dass im Bezirk Mitte ein 21-Jähriger durch einen Unbekannten von hinten getreten und von einem weiteren Mann mit der Faust ins Gesicht geschlagen wurde, nachdem die beiden Unbekannten eine Regenbogenfahne aus dem Rucksack des jungen Mannes gerissen hatten.

So wird deutlich, dass es, trotz vereinzelter Missachtungen der Abstands- und Maskenregeln, die im Freien eintraten, ein großes Glück ist, dass sich auch dieses Jahr so viele Menschen unter dem Motto „Save our Community – Save your Pride“ in Berlin versammelten. Denn wie auf der ganzen Welt liegt noch einiges vor der als besonders queer-freundlich geltenden Stadt, bis sie sich in jeder Hinsicht – über Szene Clubs und Bars hinaus – als „Regenbogenhauptstadt“ bezeichnen darf.

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