Weiterlesen Auf der Webseite des Queeren Netzwerk Niedersachsen e.V., welches die Veranstaltung mitorganisiert, wird dargelegt, warum insbesondere im Gesundheitsbereich mehr Aufklärung zur geschlechtlichen Vielfalt stattfinden muss: „Mit wachsender Akzeptanz in unserer Gesellschaft werden trans* und inter* Personen, also Menschen, die nicht der klassischen Vorstellung von männlich oder weiblich entsprechen, immer sichtbarer. Während diese Personengruppe[n] auch um mehr rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung kämpfen, ist ein Thema für trans* und inter* Menschen ganz zentral: das der Gesundheitsversorgung. Dazu zählt nicht nur die Endokrinologie, die Hormonpräparate bereitstellt oder die Geburtshilfe, die eine Intergeschlechtlichkeit feststellt. Menschen mit ganz unterschiedlichen Körpern und Geschlechtlichkeiten benötigen wie alle anderen auch, die Regelversorgung in Krankenhäusern, niedergelassenen Praxen oder nehmen andere Angebote im Rahmen der Gesundheitsversorgung in Anspruch. Dort erleben sie oftmals, dass das medizinische Personal nur wenig über ihre Körper und Bedürfnisse weiß, wodurch sie immer wieder Diskriminierung ausgesetzt sind. Gleichzeitig sind trans*, inter* und nicht-binäre Personen von erhöhten Gesundheitskrisen betroffen, denn Diskriminierung und Minderheitenstress machen krank! Die wenigen Studien dazu zeigen, dass trans*, inter* und nicht-binäre Personen geringere Chancen auf ein gesundes Leben und ein erhöhtes Risiko von psychischen Erkrankungen haben. Die Kombination von erhöhtem Gesundheitsrisiko, erschwertem Zugang zum Gesundheitssystem, sowie Vorbehalte aufgrund negativer eigener und/oder historischer Erfahrungen ist hochgradig problematisch.“ Im Rahmen von Workshops und Fragerunden wird medizinischem und Pflegepersonal die Möglichkeit geboten, sich über diese Themen zu informieren und auszutauschen. Unter folgendem Link finden Sie das Tagungsprogram (PDF). Eine Anmeldung ist möglich, solange Plätze frei sind. Weitere Informationen sowie die Anmeldung selbst über die Webseite des Queeren Netzwerk Niedersachsen e.V..
Aufklärung und Bildung
Anti-LGBTIQ* Gesetz in Texas: Verbot von geschlechtsbejahenden Behandlungen für Jugendliche
19. Juni 2023Weiterlesen Mit dem Gesetz, das unter „SB 14“ bekannt ist, sollen trans und nicht-binäre Minderjährige in Texas keine geschlechtsbejahenden medizinischen Behandlungen wie Hormontherapien und Pubertätsblocker mehr erhalten. Auch Behandlungen, die derzeit noch laufen, müssen mit der Zeit abgesetzt werden. Das Gesetz wurde vom republikanischen Gouverneur Greg Abbott unterzeichnet, der bereits andere queerfeindliche Gesetzte erließ. Es wird vermutet, dass er den Zugang zu geschlechtsbejahender Medizin zukünftig auch für Erwachsene einschränken will. Dabei äußerten sich medizinische Organisationen wie unter anderem die “American Medical Association” schon vor einigen Jahren ablehnend gegenüber solchen Einschränkungen. Das Verbot von geschlechtsbejahenden Behandlungen könnte für trans und nicht-binäre Kinder und Jugendliche fatale körperliche und mentale Konsequenzen haben. Zudem kritisiert die Organisation die politischen Eingriffe in medizinische Entscheidungen, die von Ärzt*innen sorgsam und gemeinsam mit den Patient*innen in ihrem besten Interesse gefällt würden. Der Beschluss bringt drastische Folgen mit sich. Es zeichnet sich ab, dass einzelne Elternteile oder ganze Familien mit trans oder nicht-binären Kindern in Erwägung ziehen, den Staat zu verlassen, um die medizinische Versorgung ihrer Kinder zu gewährleisten. Die britische Zeitung The Guardian berichtet von einer Familie, die aufgrund der sich immer weiter verschärfenden Situation in Texas den Südstaat nach 20 Jahren verlässt. Die Mutter, Lauren Rodriguez, wurde bereits vor Erlassung des Gesetzes den „Child Protection Services“ gemeldet, weil sie ihren Sohn bei seiner medizinischen Transition unterstützte. Auch öffentlich setzte sie sich für die queere Community ein und wurde deshalb mehrfach angeklagt, was mit hohen Verteidigungskosten verbunden war. Der Fall zeigt, wie schwierig die Lage von queeren Personen und ihren Unterstützer*innen in Texas schon vor „SB 14“ war. Rodriguez bezeichnet die politischen und rechtlichen Angriffe auf trans Personen als Hexenjagd. Die Hetze gegenüber queeren Personen sei neben dem Abtreibungsverbot ein Teil der Agenda, die die extreme christliche Rechte in Texas durchsetzen möchte, so eine Sprecherin der Organisation “Texas Freedom Network“ in der taz. LGBTIQ*-Aktivist*innen wehren sich gegen das Gesetz. Dabei ist das Kapitol in der Hauptstadt Austin zum Schauplatz der Proteste geworden, rund 3.000 Personen versammelten sich dort, um ihre Ablehnung für den Beschluss zu demonstrieren. Dennoch zeichnet sich ein queerfeindlicher Trend in den USA ab. Gesetze wie „SB 14“ sind in 19 anderen Bundesstaaten bereits umgesetzt. Unter dem Gouverneur Ron DeSantis, der sich für die nächste Präsidentschaftswahl als Kandidat der Republikaner aufstellen will, sticht Florida in Sachen queerfeindliche Politik und Rhetorik besonders hervor (echte vielfalt berichtete). Aufgrund der Vielzahl an Anti-LGBTIQ* Gesetzen, die allein in diesem Jahr im Land beschlossen wurden, ruft Human Rights Campaign (HRC) erstmals den nationalen Notstand aus. Dabei betont die größte US-amerikanische Organisation für LGBTIQ* Angelegenheiten, dass die Sicherheit und Gesundheit von queeren Personen und ihren Familien in den Vereinigten Staaten nicht gewährleistet seien. Insbesondere trans und nicht-binäre Jugendliche seien von den Gesetzen betroffen. Als Reaktion veröffentlicht HRC einen Leitfaden (PDF) zum Widerstand.
LGBTIQ*: Ein blinder Fleck des EU-Asylkompromisses
15. Juni 2023Weiterlesen Amnesty International warnte beispielsweise, dass „[d]ie geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) […] gegen menschenrechtliche Grundsätze [verstoße] und […] zu völkerrechtswidrigen Abschiebungen führen [wird].“ Pro Asyl unterstreicht: „Kommt die Reform, so droht eine Aushebelung des Asylrechts in der EU.“ Aber auch von politischer Seite lässt sich Kritik vernehmen. So betonte die SPD-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein Serpil Midyatli nach einem Zitat des NDR, dass Lager an den Grenzen nicht das Ziel sein dürften. Es müsse um die Bekämpfung der Fluchtursachen, nicht der Geflüchteten gehen. Eine wichtige Forderung, die allzu häufig auf Bundes- und EU-Ebene nicht in Taten umgesetzt wird. Wie der Deutschlandfunk zusammenfasst, eröffnet die erreichte Einigung erstmals die Möglichkeit, Asylverfahren an den Außengrenzen Europas durchzuführen, um Personen mit geringen Aussichten auf Aufnahme erst gar nicht in die EU gelangen zu lassen. Damit würden die geplanten Maßnahmen zu einer erheblich restriktiveren Behandlung von Migrant*innen führen, denen eine schlechte Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt prognostiziert wird. Um dies zu erreichen, sollen Asylzentren in Grenznähe eingerichtet werden, von denen eine direktere Abschiebung erfolgen soll. Was auf allgemeiner Ebenen bereits zu einem menschenrechtlichen Problem führt, wird LGBTIQ*-Geflüchtete sehr wahrscheinlich noch einmal härter treffen. Wie viel härter zeigt die Kritik des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) im Zuge der geplanten Deklaration von Georgien und Moldau als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“. Dabei verweist der LSVD auf den blinden Fleck in Bezug auf LGBTIQ*-Geflüchtete bei der Einstufung eines Herkunftsstaates. Bereits 1996, so der Verband, urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass nur solche Staaten als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden dürfen, in denen "Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen" besteht. Besitzt ein Land jedoch erst einmal diesen Status, kommt es in Folge zu einem beschleunigten Asylverfahren mit verkürzter Klagefrist (eine Woche). „Dies trifft gerade auch lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere (LSBTIQ*) Geflüchtete, da sich diese oft bei der Anhörung aus erlernter Angst und Scham nicht outen und ihren triftigen Asylgrund, nämlich die queerfeindliche Verfolgung, gar nicht vortragen!“ Für den LSVD braucht eine adäquate EU-Asylpolitik auch aus diesem Grund folgende Mindeststandards: Bei der vorgetragenen Kritik geht es allerdings explizit nicht um ein prinzipielles Ablehnen einer gemeinsamen EU-Asylpolitik. Vielmehr gilt es deutlich zu machen, dass eine solche Politik nicht hinter den eigenen Standards der europäischen Menschenrechte zurückbleibt. Dazu gehört es auch, die Bedarfe und Rechte der LGBTIQ*-Geflüchteten nicht aus dem Blick zu verlieren.
Weiterlesen Das Selbstbestimmungsgesetz sollte ursprünglich bereits 2022 verabschiedet werden, schaffte es allerdings nach einige Verzögerungen erst im Februar 2023 zur Vorlage beim Justizministerium. Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte damals gegenüber dem Tagesspiegel: „Die Arbeiten sind weitgehend abgeschlossen. Wir klären einige Detailfragen. So gibt es etwa die Sorge, dass das Selbstbestimmungsgesetz die Vertragsfreiheit und das Hausrecht einschränken könnte. Das wollen wir nicht, darin sind wir uns in der Koalition einig.“ Nun haben sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Justiz (BMJ) auf einen gemeinsamen Entwurf geeinigt. Auf der Seite des BMFSFJ findet sich ein entsprechender Überblick der einzelnen Eckpunkte. Bis zum 30. Mai hatten daraufhin die Verbände und weitere „interessierte Kreise“ die Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Dabei zeigt sich, dass nach wie vor einige Details der Klärung bedürfen. So äußerte sich bspw. der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland (bff), der bundesweit 214 Einrichtungen vertritt, in seiner Stellungnahme, „[er] steht solidarisch an der Seite von Betroffenen und deren Forderungen und verweist bezüglich der Regelungen des SBGG im Einzelnen auf die Stellungnahmen der Organisationen und Verbände aus der Trans-Community.“ Dabei betonte der Verband unter anderem das Potenzial einiger Passagen und Regelungen, transfeindliche Narrative, die sich innerhalb der öffentlichen Debatte stark wiederfinden, zu verstärken. Um welche Narrative es sich dabei handeln könnte, bringt der Bundesverband Trans* in seiner eigenen Stellungnahme auf einen Nenner. Insbesondere in Bezug auf die dreimonatige Wartefrist (§ 4), einer einjährigen Sperrfrist (§ 5), das Hausrecht und Sport (§ 6) und zum Spannungs- und Verteidigungsfall (§ 9) sieht der Verband das Narrativ eines „grundsätzlichen Misstrauens“ gegenüber den Personen, die eine Änderung des Geschlechtseintrags anstreben. Gegen dieses Misstrauen positioniert sich der bff als Bundesverband für den Schutz von Frauen explizit. Der bff betont, dass trans Frauen das Frausein nicht abgesprochen werden solle. Stattdessen sollten trans Personen als vulnerable Gruppe wahrgenommen werden, die selbst Opfer von sexualisierter Gewalt sind und Schutzräume benötigten. Die Frauenberatungsstellen hätten langjährige Erfahrung darin, diskriminierungsfreie Räume zu schaffen, die cis Männer ausschließen würden. Auf der anderen Seite sei es ein Fehlschluss zu glauben, Damentoiletten, Umkleiden und Duschen seien automatisch Schutzräume. Auch an solchen Orten komme es immer wieder zu Übergriffen vor allem durch cis Männer, deren Geschlechtseintrag bis jetzt nie ein Kriterium war, den Zugang zu verhindern. „Das SBGG ändert daran nichts und stellt die Ausgestaltung von Schutzräumen nicht infrage. Aus Sicht des bff braucht es auch aus diesem Grund keinen Verweis auf das Hausrecht und die Regelungen im AGG im vorliegenden Referentenentwurf.“ Auch der Verein Frauenhaus Koordinierung e.V. betont die Vulnerabilität von trans* und nicht-binären Personen und den Bedarf an expliziertem Schutz: „Der kursierende[n] Vorstellung, dass nun durch schlichte Änderung des Vornamens oder Geschlechtseintrags cis Männer missbräuchlich in Frauenhäuser einziehen und die dortigen Bewohner*innen bedrohen können, treten wir energisch entgegen.“ Insgesamt begrüßen sowohl bff und Frauenhaus Koordinierung e.V. als auch der Bundesverband Trans* den Gesetzesentwurf in seinen Grundzügen. Allerdings wird aus der Stellungnahme des Bundesverband Trans* deutlich, dass mit der Streichung der §§4-9 und der Überarbeitung §11 (Elternschaft) und §§13,14 (Offenbarungsverbot) immer noch nicht alle Details geklärt sind. Wie das Beispiel des Hausrechts dabei verdeutlicht, geht es den genannten Verbänden dabei unter anderem um das Vermeiden potenzieller Stigmata durch nicht notwendige Querverweise und Einschränkungen. Der vollständige aktuelle Gesetzesentwurf findet sich hier.
Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein: Tätigkeitsbericht 2021/2022 veröffentlicht
2. Juni 2023Weiterlesen Die Antidiskriminierungsstelle des Schleswig-Holsteinischen Landesparlaments besteht nun seit 10 Jahren. Sie berät und unterstützt Personen, die von Diskriminierung betroffen sind und leistet zudem Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit. Allein im Tätigkeitszeitraum des veröffentlichten Berichts wurden 667 Vorgänge bearbeitet. Die meisten Fälle beziehen sich auf geschlechtliche und rassistische Diskriminierung sowie Diskriminierung aufgrund einer Behinderung. Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle ist auch für die LSBTIQ*- Community im norddeutschen Bundesland relevant. Im aktuellen Bericht wird auf queere Angriffe eingegangen, die vor kurzem in Schleswig-Holstein geschahen und auf Fehler bei der medialen Berichterstattung über diese verwiesen. So wurde beispielsweise in einer Suchmeldung Anfang 2023 ein vermisster trans Jugendlicher misgendert und sein Deadname verwendet, sowohl in dem Polizei- als auch in einem Zeitungsbericht. Die Antidiskriminierungsstelle verweist deshalb auf die Fibel „Echte Vielfalt“, in der Begriffe der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt erklärt werden. Diese könne bei der Berichterstattung zu Themen der LSBTIQ*-Community als Grundlage dienen. Außerdem habe ein queerfeindlicher Angriff in Kiel im vergangenen November gezeigt, dass auch in Schleswig-Holstein „Hassdelikte gegen das Geschlecht und die sexuelle Orientierung vorkommen“. Demnach wird im Bericht auch die Wichtigkeit betont, dass die Landespolizei für solche Themen sensibilisiert und geschult sei. Unter Leitung von Samiah El Samadoni hat sich die Antidiskriminierungsstelle in den Jahren 2021 und 2022 auch mit geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen befasst. Dabei wurde festgestellt, dass einige Betriebe weiterhin den Zusatz „(m/w)“ verwenden, wodurch Geschlechter jenseits von Mann und Frau ausgeschlossen werden. Auch Formulierungen wie „Der/die Bewerber/in“ in Ausschreibungstexten können Personen außerhalb des binären Geschlechtersystems das Gefühl vermitteln, dass sie nicht mitgemeint werden. Dies geschehe „in der Regel einerseits aus Unwissenheit heraus und andererseits aus der Verfestigung von Geschlechterrollenklischees und einer männlich geprägten Sprache“. Deshalb müsse weitere Aufklärungsarbeit durch die Antidiskriminierungsstelle erfolgen. Stellenausschreibungen können beispielsweise den Zusatz „(m/w/d)“ verwenden, um die Option „divers“ zu inkludieren. Ebenso können gegenderte (beispielsweise durch das Gender-Sternchen) oder geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet werden. Hier zum ganzen Bericht (PDF) der Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein.
Weiterlesen Wie wir bereits im Februar dieses Jahres mit Bezug auf die Europäische Kommission berichtet hatten, verstoße Ungarn mit dem Gesetz gegen die „Unantastbarkeit der Würde des Menschen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Recht auf Nichtdiskriminierung“ der Artikel 1, 7, 11 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Weiter hieß es, aufgrund der Schwere verstoße es zudem gegen die gemeinsamen Werte nach Artikel 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, so der Vorwurf aus Brüssel. Unter anderem sah das Gesetz vor, Bürger*innen konkret zu ermächtigen, ihre Mitbürger*innen anzuzeigen. Wie das Magazin Queer.de zusammenfasst, könne „dies […] etwa erfolgen, wenn jemand die in der Verfassung festgeschriebenen traditionellen Geschlechterrollen und Familienideale oder das Recht eines Kindes auf seine ‚Identität gemäß dem bei der Geburt empfangenen Geschlechts‘ in Zweifel zieht.“ Hierauf nahm die ungarische Staatspräsidentin Katalin Novak Bezug, als sie vor einem Monat, am 23. April 2023, das Gesetz mit der Bemerkung ans Parlament zurückverwies, der Text stehe nicht im Einklang mit den Rechtsnormen der Europäischen Union. Laut Deutschlandfunk war es das erste Mal, „dass ein Staatsoberhaupt gegen ein Gesetz der rechtspopulistischen Regierung von Ministerpräsident Orban Einspruch einlegt. Novak ist Mitglied der regierenden Fidesz-Partei.“ Wie Queer.de mit Bezug auf die amtliche Nachrichtenagentur MTI weiter berichtet, sei nun der neue Entwurf ohne die entsprechende Passage zur Denunziation von Bürger*innen mit 147 von 199 Stimmen angenommen worden. Allerdings ist dieses Ergebnis nur bedingt als Erfolg zu betrachten. So hatte sich bspw. auch Vize-Justizminister Róbert Répássy für eine entsprechende Änderung ausgesprochen, allerdings mit der Betonung auf eine möglichst baldige Beilegung der Verhandlungen mit der EU über die Freigabe eingefrorener EU-Gelder. Damit ist es zwar positiv zu sehen, dass die EU-Sanktionen wirken, allerdings wird sich die Haltung innerhalb von Ungarns Regierung dadurch kaum ändern.
Debatte um Drag-Lesung für Kinder in München
25. Mai 2023Weiterlesen Die Veranstaltung sorgte bereits für viel Aufruhr, obwohl sie noch nicht stattgefunden hat. Insbesondere Mitglieder der CSU, aber auch der AfD, der Freien Wähler und der SPD lehnen das Format ab, da sie darin eine Frühsexualisierung von Kindern sehen. Die Drag-Lesung, die für Familien mit Kindern ab vier Jahren konzipiert ist, wird auf der Webseite der Stadtbibliothek München folgendermaßen beworben: „Drag Queen Vicky Voyage mit Drag King Eric BigClit und die trans* Jungautorin Julana Gleisenberg nehmen euch mit in farbenfrohe Welten, die unabhängig vom Geschlecht zeigen, was das Leben für euch bereithält und dass wir alles tun können, wenn wir an unseren Träumen festhalten!“ Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in Bayern thematisiert in einer Pressemitteilung die Diffamierungs- und Falschinformationskampagne, die um die Lesung stattfindet. Größter Aufhänger der Kritik war unter anderem der Name des Dragkings Eric „BigClit“, der für eine Veranstaltung mit Kindern ab vier Jahren unpassend sei. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) spricht auf Twitter sogar von Kindeswohlgefährdung. Doch hat die Lesung selbst keine sexuellen Inhalte und die Stadtbibliothek betont, dass das Programm altersgerecht gestaltet sei. Unter dem Motto „Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt“ soll es vorrangig um Verkleidung und Rollenwechsel gehen. Gleichzeitig sollen Kinder dadurch die Diversität in der Gesellschaft kennenlernen. Zudem könnten Eltern selbst entscheiden, ob sie mit ihren Kindern die Veranstaltung besuchen. Dennoch fordert die CSU ein Verbot der Lesung. SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter, der sich selbst negativ zur Veranstaltung äußerte, lehnte jedoch ein solches Verbot ab. Die teils queerfeindlichen Reaktionen der Christlich-Sozialen Union sowie Mitgliedern von AfD, Freien Wählern und SPD werden vom LSVD scharf kritisiert. Erneut werde durch die Debatte die Anti-LSBTIQ*-Rhetorik der CSU deutlich. Bereits wegen vergangener Äußerungen wurde die Partei vom diesjährigen CSD in München ausgeschlossen. Als Reaktion auf die Äußerungen der CSU trat Linken-Politiker Thomas Lechner am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit als Drag Queen in den Münchner Stadtrat auf. Damit wolle er beweisen, „dass Inhalte wichtiger sind als das Äußere“ (zitiert im Merkur). Das Format von Drag-Lesungen für Kinder stammt aus den USA. Noch mehr als in Deutschland sind diese dort Angriffsfläche rechter und konservativer Politiker*innen. In mehreren Bundesstaaten werden Drag-Verbote erlassen oder gefordert. Auch von Neonazis werden solche Lesungen attackiert, wie im Bundestaat Ohio im März dieses Jahres (queer.de berichtete).
Neue Regelungen der US-Gesundheitsbehörde für homo- und bisexuelle Männer beim Blutspenden
18. Mai 2023Weiterlesen Laut eines Berichts des Guardian lockern die am 11. Mai 2023 verabschiedeten Richtlinien der Food and Drug Administration (FDA) jahrzehntealte Beschränkungen, die die Blutversorgung vor HIV schützen sollten. Bis dato galt die sexuelle Orientierung als anerkannter Risikoindikator. Seit nun ca. acht Jahren vollzieht die FDA eine Kehrtwende in ihrer Gesundheitspolitik. Galt bis 2015 Homo- und Bisexualität bei Männern noch als Ausschlusskriterium, wurde in den Folgejahren das Blutspenden unter Abstinenzauflagen zugelassen, so das Magazin queer. Im Januar kündigte die FDA an, diese Auflage komplett zu kippen. Damit ist es schwulen und bisexuellen Männern in monogamen Beziehungen erlaubt, in den USA Blut zu spenden, ohne auf Sex verzichten zu müssen. Stattdessen sieht der neue Fragebogen für potenzielle Spender*innen vor, das individuelle HIV-Risiko unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung auf der Grundlage ihres Sexualverhaltens, ihrer letzten Partner*innen sowie weiteren Faktoren zu erfassen. Während laut Guardian die FAD sowie die NGO Human Rights Campaign (HRC) die neue Richtlinie als Schritt in die richtige Richtung bezeichneten, fügte die HRC im selben Atemzug hinzu, dass auch Personen, die PrEP (ein Medikament zur HIV-Vorbeugung) nehmen, die Spende möglich gemacht werden solle. Bereits Januar dieses Jahres hatte echte vielfalt in Bezug auf Deutschland über dieselbe Problemlage und den Mangel an Blutkonserven berichtet. Im März berichtete queer, dass der Deutsche Bundestag nun die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität als Ausschlusskriterium gekippt habe. Bis dato steht eine Richtlinienanpassung durch die Bundesärztekammer allerdings noch aus. Wichtig bei der ganzen Debatte ist, dass sowohl laut FDA für die USA als auch nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Deutschland, alle Spenden grundsätzlich auf HIV, Hepatitis C, Syphilis und andere Infektionskrankheiten getestet werden. Mit dieser Praxis als Voraussetzung sollten sich die Gesundheitsbehörden die Frage stellen, ob sie mit ihrem Betonen einer weniger diskriminierenden Haltung beim Blutspenden trotz aller Progressivität nicht dennoch einen grundsätzlichen Fehler vollziehen. Dass in der Medizin immer wieder auch persönliche Fragen gestellt werden und dass diese Fragen dabei auch immer wieder zur Diskriminierung führen können, wird wohl zunächst ein gesellschaftlicher Balanceakt bleiben, an dem sich nicht nur direkt Betroffene weiterhin beteiligen müssen. Sollte aber der Mangel an Blutkonserven zu einem ernsthaften Problem werden, sollte der Grundsatz nicht heißen: „Ihr dürft jetzt auch wie alle anderen spenden." Sondern: „Bitte spendet Blut. Wie können wir es Euch recht machen?“
Weiterlesen Ins Leben gerufen wurde der Tag 2004. Mittlerweile handelt es sich um einen vom Europäischen Parlament offiziell anerkannten und von Organisationen der Vereinten Nationen begangenen Aktionstag. In Ländern, in denen Homo-, Bi-, Inter- und Trans* legal sind, werden immer wieder Veranstaltungen organisiert, um diesen Tag zu begehen. Allerdings bedarf es keiner weiten Reise, um sich der Aktualität und Bedeutung dieses Themas bewusst zu werden. Anlässlich des vergangenen 17. Mai 2022 ließ der Europarat auf seiner Webseite nochmals den Schutz von Gleichheit und Vielfalt durch Art.14 der Europäische Menschenrechtskonvention und des zugehörigen Protokolls Nr. 12 hervorheben, nur um anschließend festzustellen: „Homophobe Zwischenfälle in einigen Mitgliedsstaaten haben jedoch leider gezeigt, dass die Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBTs) systematisch verletzt werden. Sie haben auch gezeigt, dass Ungerechtigkeiten dieser Art oft von genau jenen Behörden geduldet oder aktiv gefördert werden, deren Aufgabe es ist, ihre Bürger vor allen Formen der Diskriminierung zu schützen.“ Ein sehr präsentes Beispiel innerhalb von Europa, dass auch bei echte Vielfalt immer wieder Thema war, ist Ungarn. Aber auch in Deutschland dürfen wir uns nicht zu selbstverständlich nehmen. Mit seinem Verweis auf „systematische Verletzungen“ macht der Rat deutlich, dass Missstände ein Teil von Strukturen sind und damit letztendlich in jedem bürokratischen Apparat vorkommen können. Das trifft insbesondere Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände Schutz suchen, wie bspw. Asylsuchende. Fehlende Papiere, Sprachbarrieren und kein Anschluss zu Vereinen vor Ort treffen LGBTI*-Geflüchtete meist doppelt. Der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit bedeutet also, auch auf die Stellen zu blicken, an denen die internationale Welt und das eigene Land sich begegnen. Anlässlich des diesjährigen 17. Mai veranstaltet die Stadt Hamburg in Verbindung mit dem Lesben- und Schwulen-Verband LSVD-Hamburg auch dieses Jahr wieder einen Rainbowflash am Rathausmarkt. Ziel soll es sein, eine Regenbogenflagge zu bilden, um somit ein Zeichen zu setzen (umso mehr kommen, desto besser). Die Aktion beginnt um 18:00 Uhr am Rathausmarkt. Alle Teilnehmer*innen erhalten einen bunten Karton. Gegen 19:00 wird nach einem kurzen Abschnitt von Reden mit diesen Kartons eine Regenbogenflagge gebildet. Für Interessierte finden sich auf der Seite des LSVD-Hamburg hierzu weitere Details.
Aktuelles zum Anti- LGBTIQ*-Gesetz in Uganda
27. April 2023Weiterlesen Unter anderem sieht der Gesetzesentwurf neben hohen Freiheitsstrafen bei Homosexualität oder versuchter Homosexualität zusätzlich die Möglichkeit der Todesstrafe vor. Bereits Mitte April hatte echte vielfalt über die kurz vor der parlamentarischen Abstimmung hinzugefügte Todesstrafe berichtet und die mögliche Signalwirkung thematisiert, die ein solches Gesetz international haben könnte. Nun wurde das Gesetz am Donnerstag, 20. April 2023, Präsident Museveni zur Unterzeichnung vorgelegt. Dieser ließ jedoch, nach einer Meldung des Deutschlandfunks, den Entwurf mit „Vorschlägen zur Verbesserung an das Parlament zurückgehen“. Wie der Deutschlandfunk weiter berichtet, ließ in diesem Zuge ein Sprecher des Präsidenten verlauten, dass es bei den Verbesserungen explizit nicht um das Strafmaß gehe. Also keine Rückweisung wegen der Todesstrafe und schon gar nicht ein Sinneswandel des Präsidenten. Im Gegenteil: Laut eines Berichts des Guardian sei Museveni grundsätzlich mit dem Entwurf einverstanden gewesen. Allerdings solle er das Parlament gebeten haben, „die Frage der Rehabilitation" zu berücksichtigen. Dabei bezeichnete er Homosexualität als psychische Desorientierung. Während sich einige Menschenrechtsorganisationen durch die Verzögerung weiter an die Hoffnung klammern, das Gesetz noch verhindern zu können, begrüßen Teile der Befürwortenden die Anmerkungen mit der Begründung, es sei „human und legitim“, Rehabilitierung und Rehabilitationszentren ins Gesetz aufzunehmen. In Wirklichkeit handelt es sich bei den Vorschlägen nicht um Fortschritte, sondern eine solche Ergänzung würde vielmehr eine weitere Verschärfung bedeuten. Wie Adrian Jjuuko vom „Human Rights Awareness and Promotion Forum" in Kampala in einem Zitat des Guardian bemerkt, würde durch die Ergänzungen eine Kultur der Denunziation gefördert, in der eine Person, die um Rehabilitation ihrer ‚psychischen Desorientierung‘ bittet, als Opfer gelten würde, während die andere Person als Täter gebrandmarkt werde. Aber damit nicht genug. Aus der deutschen Problematisierung der sogenannten „Konversionstherapien“ wissen wir, dass eine Psychologisierung weit mehr Schaden anrichten kann als „nur“ Stigmatisierung. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt dazu auf seiner Webseite: „Wissenschaftlich nachgewiesen sind aber schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch solche „Therapien“ wie Depressionen, Angsterkrankungen, Verlust sexueller Gefühle und ein erhöhtes Suizidrisiko. Nachgewiesen sind zudem Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.“ Nach Überarbeitung des Gesetzesentwurfes durch das ugandische Parlament hat Museveni weitere 30 Tage Zeit, um das Gesetz entweder zu unterzeichnen, es erneut zur Überarbeitung an das Parlament zurückzugeben oder sein Veto einzulegen und das Parlament zu informieren. Allerdings, so der Guardian, könne das Gesetz auch ohne die Zustimmung des Präsidenten in Kraft treten, wenn es ein zweites Mal an das Parlament zurückginge.