Echte Vielfalt

Aufklärung und Bildung

Pressemitteilung, Berlin, 06.03.2023 Schluss mit der Diskriminierung älterer Lesben! Zum Internationalen Frauentag fordert der bundesweite Dachverband Lesben und Alter Geschlechtergerechtigkeit. Lesbische Seniorinnen sind stark benachteiligt. Es sind vor allem Frauen, die die Gruppe der Älteren prägen! In Deutschland ist die Zahl der 65-Jährigen und Älteren seit 1991 von 12 Millionen auf 18,4 Millionen im Jahr 2021 deutlich gestiegen. Mit 10,3 Millionen bilden die Frauen nach wie vor die Mehrzahl älterer Menschen. Von ihnen leben nach konservativen Schätzungen mindestens 300.0000 lesbisch beziehungsweise frauenliebend. „Im Alter sind viele Lesben und alleinstehende Frauen stark benachteiligt“, kritisiert Carolina Brauckmann, Vorstandsfrau im Dachverband Lesben und Alter. Die Hochglanzbilder der betuchten Seniorin passen nicht zur Lebensrealität derjenigen, deren Rente wegen Erziehungszeiten, Minijobs und Niedriglöhnen hinten und vorne nicht ausreicht. Sorge vor explodierenden Kosten und das drohende Stigma Altersarmut sind allzu oft Alltagsbegleiter lesbischer und alleinstehender Seniorinnen. Selbst das Wohnen als „letzte Bastion der Selbstwirksamkeit“, so Prof. Dr. Irene Götz von der Ludwig-Maximilian-Universität München, ist gefährdet angesichts horrender Mieten. Wo sind die bezahlbaren Wohnprojekte und Mehrgenerationen-Häuser für Lesben und alleinstehende Frauen? Wo sind die Orte für Lesben- und Frauengemeinschaften? Und wo sind die staatlichen und kommunalen Förderprogramme, die der massiven strukturellen Benachteiligung von älteren Lesben und alleinstehenden Frauen Einhalt gebieten? Zum Internationalen Tag für die Rechte der Frauen ruft der Dachverband Lesben und Alter dazu auf, die Lebenssituation älterer Lesben und alleinstehender Frauen zu stärken. Geschlechtergerechtigkeit ist noch lange nicht erreicht. Notwendig sind eine systematische Erforschung insbesondere lesbischer Lebenslagen und geeignete Maßnahmen, um strukturelle Ungleichheiten dauerhaft zu beenden. Der Dachverband Lesben und Alter fordert:
  • Bereitstellung von bezahlbarem gemeinschaftlichem Wohnraum.
  • Aufstockung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau.
  • Funktionierende Mietendeckel mit Sanktionen bei Verstoß.
  • Förderprogramme für Kultur- und Begegnungsorte für Lesben in allen Lebensaltern.
  • Sicherung und Ausweitung von Lesbenberatungen und Lesbenprojekten.
  • Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Verbesserung der Einkommenschancen und der eigenständigen Alterssicherung von Frauen.
  • Unterstützung von Pflegewohngemeinschaften.
  • Finanzierung und Umsetzung von Konzepten für frauen- und lesbenrespektierende Pflege.
Pressekontakt: Carolina Brauckmann Dachverband Lesben und Alter e. V. | Friedbergstr. 20 | 14057 Berlin www.lesbenundalter.de | kontakt@lesbenundalter.de | Tel: +49 (0)179 6603807 Der Dachverband Lesben und Alter e.V. vertritt die Interessen älterer und alter lesbisch lebender Frauen gegenüber Politik, Verbänden und Gesellschaft. Er stärkt die Wahrnehmung für ihre spezifischen Lebenssituationen. Alles, was Frauen ein unabhängiges und wirtschaftlich gefestigtes Leben ermöglicht, ist auch ein lesbisches Thema. Zu diesen Themen gehören gesellschaftliche und politische Teilhabe, Wohnformen, Pflege, Rentenpolitik und drohende Altersarmut.

Wie die International AIDS Society (IAS) bereits am 14. Februar bekannt gab, wird die 25. AIDS-Konferenz vom 22. bis 26. Juli 2024 in München stattfinden. Laut IAS werden rund 18.000 Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt erwartet.

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In den Folgejahren sollen die Veranstaltungen im Jahresrhythmus durch alle Kontinente wandern. Die IAS betonte, dass ein virtueller Zugang jedoch immer ermöglicht werde. Durch das angestrebte Rotationsprinzip soll es Personen leichter gemacht werden, persönlich an den Konferenzen teilzunehmen, unabhängig von der Region.

Die internationale AIDS-Konferenz ist die wichtigste globale Plattform zur Förderung der HIV-Bekämpfung. Sie soll dabei eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Interessenvertretung und Menschenrechten ermöglichen und Vertreter*innen von Wissenschaft, Politik und Geldgebenden, aber auch Angehörige der Gesundheitsberufe und Menschen, die mit HIV leben, zusammenbringen.

"AIDS 2024 wird die Gelegenheit bieten, ein Schlaglicht auf eine der am schnellsten wachsenden HIV-Epidemien der Welt zu werfen, die durch den mangelnden Zugang zu Gesundheitsdiensten für Drogenkonsumenten verursacht und durch die Störungen und die Instabilität des Krieges in der Ukraine, die Massenmigration und die schwächelnde Wirtschaft noch verschärft wird“. So Andriy Klepikov, dritter Co-Vorsitzende der Konferenz. Aus diesem Grund fiel die Wahl auf München mit ihrer offiziellen Partnerstadt Kiew.

Aber nicht nur Osteuropa in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg leidet unter einem Anstieg. Auch andere Regionen der Welt verzeichnen eine massive Zunahme der Infektionszahlen. So verweist das Magazin schwulissimo auf den jährlichen HIV-Bericht der USA: Befürchtet wird auch hier wieder ein Anstieg der Zahlen. „Zwei hauptsächliche Gründe lassen sich dabei in den USA wie auch anderenorts festmachen: Zum einen wurden die Forschungskapazitäten vermehrt auf die Bekämpfung von Covid-19 gelenkt, zum anderen wurden viele Testzentren für HIV und andere Geschlechtskrankheiten (STI) kurzzeitig zu Corona-Teststationen umgebaut.“

Für die Zukunft und damit ebenfalls für die kommende Konferenz wird es allerdings nicht nur darum gehen, die Infrastruktur wieder hochzufahren und weiter zu verbessern. Auch der ständige Balanceakt zwischen Stigmatisierung und der notwendigen Thematisierung wird nach wie vor ein wichtiger Aspekt in der Bekämpfung von AIDS bleiben.

Laut schwulissimo befürchte die WHO, dass gerade in Ländern, in denen die Viruserkrankung bis heute noch immer tabuisiert und mehrheitlich mit negativ bewerteter Homosexualität in Verbindung gebracht wird, mit einem Anstieg zu rechnen ist. Und auch die Deutsche Aidshilfe warnt vor diesem Zusammenhang.

Ein weiteres Mal zeigt sich, dass physische Gesundheit und der Kampf der Homosexuellen wie auch der gesamten LSBTIQ* Gemeinschaft gegen verquere Ideologien nicht voneinander getrennt werden können. Die Konferenz kann dazu beitragen, dies weiter deutlich zu machen.

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Am 15. Juli letzten Jahres reichte die Europäische Kommission in gleich zwei Fällen Klage gegen Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Die Klage war dabei der nächste Schritt im bereits 2021 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren.

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Wie es dazu auf der Webseite der deutschen Vertretung heißt, habe Ungarn mit seinen Gesetzen von 15. Juli 2021 zum „strengeren Vorgehen gegen Pädophilie und der Änderung bestimmter Gesetze zum Schutz von Kindern“ auch auf Inhalte gezielt, die einen klaren diskriminierenden Zweck verfolgen. Laut Gesetzestext würden damit Inhalte eingeschränkt, die „von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweichende Identitäten, Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität fördern oder darstellen“. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, wurde die Kommission entsprechend deutlich:

„Die Kommission hat nie infrage gestellt, dass Kinder Recht auf Schutz haben. Durch das ungarische Recht werden jedoch eindeutig Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Es steht den Grundwerten der Europäischen Union entgegen und verstößt gegen eine Reihe von EU-Vorschriften […]“:

Unter anderem verstoße das Gesetz dabei gegen die „Unantastbarkeit der Würde des Menschen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Recht auf Nichtdiskriminierung“, der Artikel 1, 7, 11 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Weiter hieß es, aufgrund der Schwere verstoße es zudem gegen die gemeinsamen Werte nach Artikel 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU.

Aber damit nicht genug: Auch im zweiten Verfahren hatte Ungarn durch eine „intransparente Beendigung von Frequenznutzungsrechten von Klubrádió“, einem regimekritischen Radiosender, nicht nur unverhältnismäßig gehandelt und damit gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen, sondern mit dieser Beendigung ebenfalls diskriminiert.

Bis es allerdings so weit kam, bedurfte es einiger Anstrengung auf Seiten der LGBTI* Organisationen. Wie das Magazin schwulissiom berichtet, war vom Beginn des Vertragsverletzungsverfahrens bis zur letztendlichen Verweisung an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eine monatelange Diskussion notwendig gewesen.

„Erst auf Druck von LGBTI*-Verbänden wie Forbidden Colours wurde der Fall schließlich von der EU-Kommission offiziell Ende letzten Jahres eingereicht und heute im Amtsblatt der EU veröffentlicht.“

Damit haben die Mitgliedstaaten seit dem 13. Februar 2023 sechs Wochen Zeit, schriftlich Stellung zu beziehen.

Auch wenn es hierbei um Europa geht, reicht der Fall in seiner Relevanz weit über Ungarn und die EU hinaus. Wie Rémy Bonny, Direktor von Forbidden Colours im Interviewe mit schwulissimo erklärt, gehe es darum, deutlich zu machen, dass Ungarn die LGBTI*-Community als Sündenbock missbraucht. Dabei stellte er fest, dass Ungarn nur die Spitze des Eisbergs sei und dass sich in der gesamten Europäischen Union Rückschläge in Bezug auf LGBTI*-Rechte feststellen ließen. Die Zunahme von Anti-LGBTI*-Vorfällen seien weniger die Folge von mehr konservativen Menschen, sondern vielmehr von den stark aus dem Ausland finanzierten politischen Führungen in Ungarn, aber auch Polen. Laut Bonny fließen die Gelder dabei sowohl aus Richtung Kreml als auch „von amerikanischen evangelikalen multinationalen Konzernen“.

Die Behauptung Bonnys, die LGBTI*-Bewegung verteidige die Demokratie an vorderster Front, ist demnach nicht bloße rhetorische Mobilisierung. Im Gegenteil bestätigen das Vertragsverletzungsverfahren sowie der nun erfolgte Verweis an den EuGH, dass die Bedrohung ernst zu nehmen ist.

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Die seit Februar 2023 in Hamburg aktive Volksinitiative "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" ist mit queerfeindlichen Äußerungen aufgefallen. Die evolutionstheoretischen Argumente der Anti-Gender Initiative werden nun von vielen Seiten zurückgewiesen.

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Gegen gendergerechte Sprache mithilfe des Gender-Sternchens „*“ oder dem Zusatz „innen“ werden in Hamburg aktuell Unterschriften gesammelt. Es wird eine Rückkehr zum generischen Maskulinum in Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen gefordert. Alles andere würde Ungleichheiten eher befördern als auflösen, begründet die Initiative, welche vom Verein Deutsche Sprache ins Leben gerufen wurde. Dabei wendet die Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft Jennifer Jasberg im Hamburg Journal ein, dass es gar keine verbindlichen Gebote zum Gendern in Hamburg gebe. Dennoch haben die Forderungen in der Hansestadt Anklang gefunden – beispielsweise bei der Hamburger CDU unter Christoph Ploß, der sich schon lange gegen gendergerechte Sprache positioniert hat. Auch die AfD bekundet ihre Unterstützung für das Vorhaben.

Der teils reaktionäre und populistische Charakter der Initiative verwundert nicht, die Debatte um das Gendern ist vielerorts erhitzt. In einem vor kurzem veröffentlichten Artikel kann nachgelesen werden, wie es derzeit um geschlechtergerechte Sprache in Schulen steht. Auf eine neue Ebene bringt die Sprecherin der Initiative Sabine Mertens die Auseinandersetzung in Hamburg jedoch mit dem homo- und transfeindlichen Kommentar: „Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende“. Klar wird mit dieser Äußerung, dass es der Bewegung nicht rein um das Sprachliche geht. So stellt sich die Frage, ob Queerfeindlichkeit die eigentliche Basis für die Bestrebungen der Initiator*innen schafft.

Der Verein Hamburg Pride kritisiert die Äußerung Mertens scharf und merkt an, dass die Anti-Gender-Initiative Vorurteile gegenüber LSBTIQ-Personen schüre. Von der Aussage distanziert sich auch CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Politiker*innen von SPD, Grüne und Linke beklagen, dass die Hamburger Initiative gegen das Gendern und die Diskriminierung von LSBTIQ Hand in Hand gingen. Dahingegen würde eine inklusive und gendergerechte Sprache „Menschen – unabhängig ihrer geschlechtlichen Identität – Teilhabe in der Gesellschaft ermöglichen“, so Hamburg Pride in einem Instagram-Post. Auch echte-vielfalt spricht sich dafür aus, dass Sprache die geschlechtliche Vielfalt abbilden sollte, denn Sichtbarkeit ist notwendig für Akzeptanz.

Wie erfolgreich die Initiative ist, wird sich in sechs Monaten zeigen. Bis dahin müssen 10.000 gültige Unterschriften gesammelt werden, damit sie als Volksbegehren weitermachen kann. Eine kürzlich veröffentlichte repräsentative Umfrage des WDR zeigt auf, dass es eine breite Masse an Unterstützer*innen geben könnte: Fast 60 Prozent der Befragten lehnen Gendern mithilfe des Sternchens oder Doppelpunkts ab und ähnlich viele empfinden gendergerechte Sprache als weniger oder gar nicht wichtig.

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Die britische Regierung hat am 16. Januar 2023 eine wichtige Reform für die schottische trans Community verhindert. Die geplante Änderung des schottischen „Gender Recognition Acts“ (GRA) stellte einen großen Schritt für die Anerkennung von trans Personen und ihr Recht auf Selbstbestimmung dar.

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Ende Dezember wurde in Schottland unter der Regierungschefin Nicola Sturgeon eine Erleichterung für die offizielle Anerkennung von trans Personen beschlossen. Kurz vorher wurde der Entwurf in der britischen Zeitung „The Guardian“ diskutiert. Die Gesetzesänderung sieht vor, dass das auf der Geburtsurkunde eingetragene Geschlecht angepasst werden kann, ohne dass eine medizinische Diagnose vorliegen muss. Stattdessen würde auf Selbstbestimmung gesetzt werden. Auch das Mindestalter einer solchen rechtlichen Anerkennung sollte von 18 auf 16 Jahre gesenkt und die Übergangszeit von zwei Jahren auf drei Monate verkürzt werden.

Erstmals berief sich die britische Regierung auf Paragraf 35 des „Scotland Acts“, der eine vollständige Blockierung des Gesetzesentwurfs erlaubt. In einem Artikel der BBC wird die Argumentation der britischen Seite dargelegt: Es sei problematisch, zwei unterschiedliche Anerkennungssysteme in Großbritannien zu haben. Ebenso werden die Sorgen von Frauenrechtsaktivist*innen hervorgehoben, beispielsweise in Bezug auf ein erleichtertes Eindringen von Männern in Schutzräume von Frauen und Mädchen. Dazu veröffentlichte die taz kürzlich ein Interview mit der Aktivistin Maren Smith, die eine Blockierung des Gesetzes befürwortet.

Dahingegen sprechen sich Transaktivist*innen zum Großteil für die erleichterte Personenstandsbestimmung aus. In einem Statement der „Scottish Trans“, ein Teil der Organisation „Equality Network“, wird das Vorgehen der britischen Regierung zudem als anti-demokratisch kritisiert. Die Angelegenheit fiele unter die nationale Entscheidungsmacht Schottlands und ein Großteil des nationalen Parlaments habe für die Gesetzesänderung gestimmt. So wird nun von der schottischen Regierung verlangt, die Anwendung von Paragraf 35 rechtlich anzufechten. Wie „The Guardian“ nun berichtet, kritisiert auch Sturgeon die Entscheidung der Regierung von Rishi Sunak scharf und wirft dem britischen Premierminister eine politische Instrumentalisierung von trans Menschen vor.

Zu erwarten ist erstmal eine rechtliche Debatte zwischen London und Edinburgh. Ob sich daraufhin die Erneuerung des GRA in Schottland durchsetzen kann, ist unklar. Die Ereignisse in Großbritannien haben auch international die Aufmerksamkeit auf die Rechte von trans Menschen gelenkt und mitunter Fragen zum geplanten Selbstbestimmungsrecht in Deutschland aufgeworfen, ein Teil des sogenannten Aktionsplans „Queer Leben“ der Ampel-Koalition.  

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Diskriminierendes und ignorantes Verhalten sind grundsätzlich für Betroffene sehr belastend und haben konkrete Auswirkungen auf den beruflichen, behördlichen und sonstigen Alltag. Geht es allerdings um genderbezogene Diskriminierung in der Medizin, ist zusätzlich und ohne Umwege die Gesundheit in Gefahr.

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Wie die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) schreibt, beeinflusst allein der Anteil von Estrogen und Testosteron entscheidend das Immunsystem. Während Estrogen eher verstärkend wirkt, hat Testosteron den gegenteiligen Effekt. Frauen haben somit zwar ein stärkeres Immunsystem, gleichzeitig steigt bei ihnen allerdings auch das Risiko für Autoimmunerkrankungen.

„Auch die Wahrnehmung von Schmerz und Nebenwirkungen bei Arzneimitteln, etwa solchen, die das Immunsystem beeinflussen, kann sich zwischen Frauen und Männern stark unterscheiden.“

Dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, ist auch außerhalb von Fachkreisen nicht unbekannt. Weniger bekannt ist allerdings, dass auch das soziale Geschlecht nicht nur einen Einfluss hat, sondern dass dieser Einfluss auch noch größer ist als beim biologischen Geschlecht. Wie Prof‘in Gertraud Stadler (Professorin für geschlechtersensible Präventionsforschung an der Charité Universitätsmedizin Berlin) gegenüber der DAZ erklärte, werden, obwohl die biologischen und sozialen Unterschiede zwischen Frauen und Männern belegt sind, Nebenwirkungen allerdings immer noch nicht geschlechterspezifisch erfasst.

„Zugelassenen Dosierungen liegen in der Regel größtenteils Daten von Männern zugrunde. Selbst neue Wirkstoffe werden in der Regel zunächst an männlichen Versuchstieren untersucht, und in frühen Phasen klinischer Studien nur an jungen und gesunden Männern getestet.“

Aber nicht nur auf der Ebene von Wirkstoffen und Therapien spielt gendersensible Medizin eine wichtige Rolle. Wie der Wissenschaftspodcast der Zeitung Welt feststellt, ist ebenso der Umgang einer Person mit Krankheiten und Krankheitsrisiken sowie der Medikamenteneinnahme abhängig von den genderspezifisch erlernten Verhaltensmustern.

Gendergerechte Medizin bedeutet also nicht nur eine differenziertere Forschung und darauf aufbauend adäquate Therapie und Medikationen, sondern beginnt bereits bei einer gendergerechten Kommunikation, um den unterschiedlichen Bedarfen und Verhaltensweisen seitens der Ärzt*innen, Apotheker*innen und anderen Fachpersonals professionell begegnen zu können.

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Gendergerechtes Sprechen und Schreiben in der Schule ist eine anhaltende Debatte. Immer wieder melden sich dazu Politiker*innen und weitere Personen in der Öffentlichkeit zu Wort. Leider werden dabei häufig verschiedene Themen miteinander vermischt, was zu Problemen führen kann.

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Jüngst äußerte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach Angabe des SWR mit der Aussage:

„Die Schulen müssen sich an das halten, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgibt. Sonst haben wir am Ende keine einheitliche Rechtschreibung mehr."

Anders als es dieses Zitat suggeriert, haben Schulen jedoch in der Regel keine Wahl. Wie wir bereits im November berichteten, ist die deutsche Rechtschreibung für alle staatlichen Einrichtungen und damit auch für Schulen verpflichtend. Wenn Kretschmann, unterstützt von Teilen der CDU und FDP sowie dem Philologenverband Baden-Württemberg und anderen Bildungsverbänden, sich für einen genderfreien Deutschunterricht einsetzt, dann hat er das Recht auf seiner Seite. Folgt man allerdings seiner Argumentation weiter, so kommen Zweifel daran, ob mit der politischen Debatte ums Gendern nicht eine Strohpuppe entsteht, die das eigentliche Problem verschleiert. Der SWR zitiert weiter:

„Es ist schon schlimm genug, dass so viele unserer Grundschüler nicht lesen können. Man muss es denen nicht noch erschweren, indem man in der Schule Dinge schreibt, die man gar nicht spricht."

Dabei verkennt Kretschmann allerdings, dass Sprache fluide und stark vom sozialen und Bildungskontext abhängig ist. Dutzende Rechtschreibreformen sowie Jugendwörter und Anglizismen, die neu in den Duden aufgenommen werden, machen deutlich, dass das Problem nicht bei komplizierten Schreibweisen liegt. Ob man beim Sprechen über ein „…*innen“ stolpert, ist eine Frage des Trainings, so wie jede Lautkombination gelernt werden muss. Das, worauf es dabei ankommt, würden die Sozialwissenschaften als Habitus und Pfadabhängigkeit bezeichnen.

Beim Habitus geht es darum, dass erlebte Handlungsmuster von der Person als selbstverständlich verinnerlicht werden. Auch Sprache und Ausdrucksweisen sind solche Handlungsmuster. Das bedeutet, was die Kinder in ihrem Umfeld als „normale“ Sprache erleben und was ihnen in der Schule beim Schreiben als „selbstverständliche“ Regeln vermittelt wird, wird irgendwann als „so ist das richtig“ hingenommen. Mit Pfadabhängigkeiten ist gemeint, dass für „selbstverständlich“ erachtete Sprache nicht ohne weiteres hinterfragt wird und sich damit als „Norm“ selbst bestätigt. Daraus folgt jedoch nicht die Unveränderlichkeit von Sprache. Im Gegenteil, wenn nicht in der Schule, wo sonst gäbe es einen Ort - begleitet durch fachliche Kompetenz - sich mit Sprache auseinanderzusetzen.

Das eigentliche Problem ist jedoch die genannte Schwierigkeit, die Schüler*innen beim Lesen haben. Das hat aber wohl weniger mit Gendern zu tun als vielmehr mit anderen Gründen außer- und innerhalb der Schule. in dem Fall sollte sich die Schule diesem Problem stellen und benötigt nicht das Weglassen von Sternen und Strichen, sondern eine bessere personelle Ausstattung bei kleineren Klassen.

Bis dahin könnte der Vorschlag des Landesschülerbeirats zumindest eine Übergangslösung darstellen. Dieser fordere nach einem Bericht des Magazins queer: „Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache in schriftlichen Prüfungen dürfe nicht mehr als Fehler gewertet werden.“ Alles andere „sei nicht mehr zeitgemäß“ so die Schüler*innen.

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Weihnachten ist gerade ein paar Wochen her. Ein Fest, in dem es gerade für die katholische Kirche um Wärme und Hilfe für diejenigen geht, die es aus eigener Kraft nicht schaffen. Das gilt auch für Menschen, die immer wieder um Anerkennung kämpfen müssen.

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In seiner Weihnachtsansprache vom 25. Dezember 2022 verwies der Papst auf die symbolische Bedeutung, die Jesus als „hilfloses“ Baby habe und dass dies dazu ermahnen solle, denen zu helfen, die sich eben nicht selbst helfen können. Darunter könnte man auch verstehen, gerade jene Menschen aufzunehmen, die kein Teil des eigenen Selbstverständnisses sind, die aber gerade, weil sie sich als solche outen, als besonders schutzbedürftig dastehen. Und genau hier setzt die Paradoxie der Institution „katholische Kirche“ an.

Wie wir bereits früher berichtet haben, ist im Vatikan vor allem auf höchster Ebene mit wenig Reformwillen in Bezug auf eine Änderung der offiziellen Sexuallehre zu rechnen. Doch das wäre nötig. Nun bleibt die katholische Kirche eine internationale Vereinigung mit eigenen Hierarchien, allerdings scheint es, dass zumindest in der jüngsten Berichterstattung immer wieder Funktionsträger auftauchen, die offen Kritik an den Praktiken und Haltungen ihrer Institution übten. Wie der NDR berichtet, erklärte sich zuletzt der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode enttäuscht vom Scheitern des Synodalen Wegs und machte deutlich, dass er mit weiteren Kirchenaustritten in seinem Bistum rechne. Auch schwulissimo griff diese Äußerung auf und betonte, dass ca. 80% der jungen Menschen in Deutschland nichts mehr mit der Kirche zu tun haben wollen. Hier zeigt sich, dass auch große internationale Organisationen auf ihre Mitglieder vor Ort angewiesen sind, um sich zu legitimieren.

Vielleicht braucht es also keine Reform durch die Kirche in Rom. Beispiele zeigen, dass sich über die Zeit immer mehr lokale Enklaven und Bistümer sowie deren Funktionsträger (zumindest in Deutschland) damit konfrontiert sehen, den Wünschen und Erwartungen ihrer Gemeinde nachzukommen. Vielleicht wird sich die katholische Kirche am Ende zu einer dezentralen Struktur entwickeln, deren Bischöfe etc. mehr auf die Menschen vor Ort als auf eine veraltete und paradoxe Doktrin hören.

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Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman will einen besseren Schutz vor Diskriminierung durch Behörden und öffentliche Ämter erreichen. Des Weiteren beabsichtigt sie, mehr Menschen unter den Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu stellen.

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Wie die ZEIT mit einem Verweis auf den Berliner Tagesspiegel zitiert, bezeichnete Ataman das Gesetz als „leider zahnlos“. Die ZEIT berichtet weiter, dass das Problem nach Ataman vor allem in dem Umstand liege, dass staatliches Handeln vom Anwendungsbereich des AGG ausgenommen sei.

„Das bedeute, dass sich all jene, die zum Beispiel im Jobcenter oder am Bahnhof von der Bundespolizei diskriminiert würden, nicht darauf berufen könnten.“

Zwar ist nach Art. 3 GG auch dem Staat und seinen Organen jegliche Diskriminierung untersagt, allerdings wird dies nicht konkret durch das AGG geregelt.

Im aktuellen Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle wurden für 2021 insgesamt 5.617 Fälle gemeldet, die mit einem der im AGG genannten Diskriminierungsgründe zusammenhingen, zwanzig Prozent davon im Zusammenhang mit dem Geschlecht und immer noch vier Prozent (225 Fälle) mit sexueller Identität. Hier ist darauf hinzuweisen, dass es sich explizit um eine Meldestatistik handelt und somit keine Rückschlüsse auf Dunkelziffern und oder Unterkategorien zu ziehen sind.

Wie sowohl ZEIT als auch queer berichten, betonte Ataman im Besonderen das Nichtvorhandensein eines Diskriminierungsschutzes aufgrund des sozialen Status. Ein geringer Sozialstatus bedeutet letztendlich nichts weniger als geringe monetäre und andere Ressourcen wie bspw. auch Bildung. Während sich Menschen mit guter Bildung und genügend Geld bei Diskriminierung zumindest einen Rechtsbeistand leisten können oder um ihre Rechte wissen, stehen Menschen, die von Armut bedroht sind und eine geringe Bildung haben, häufig vor einer doppelten Diskriminierung. Auch die LGBTQ* Gemeinschaft ist nicht davor gefeit, dass es Menschen in ihrer Mitte gibt, die unter solchen Schwierigkeiten leiden.

Ob es Ferda Ataman allerdings gelingt, ihre hohen Ziele auch tatsächlich umzusetzen oder ob am Ende nur ein weiterer „zahnloser Tiger“ zwischen den Paragrafen steht, bleibt abzuwarten.

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Künftig soll Hasskriminalität gegen LSBTIQ* Personen besser verfolgt werden können. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung am 21. Dezember 2022 einen neuen Gesetzesentwurf beschlossen, der Hasskriminalität gegen diese Gruppe von Menschen explizit als Tatbestand in das Strafgesetzbuch aufnimmt.

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Das „Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“, so der vollständige Name, verweist unter Punkt III. im Besonderen auf § 46 Absatz 2 StGB. Dieser benennt die Umstände, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind. Dabei sind menschenverachtende Beweggründe bzw. Ziele besonders in Augenschein zu nehmen. Bis jetzt waren hier Punkte wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufgeführt. Der neue Entwurf erweitert diese Liste um die Tatmotive „geschlechtsspezifisch“ und „gegen die sexuelle Orientierung gerichtet“.

„Der Begriff „geschlechtsspezifisch“ soll dabei nicht nur die unmittelbar auf Hass gegen Menschen eines bestimmten Geschlechts beruhenden Beweggründe erfassen, sondern auch die Fälle einbeziehen, in denen die Tat handlungsleitend von Vorstellungen geschlechtsbezogener Ungleichwertigkeit geprägt ist.“

Der Text führt hierzu das Beispiel eines „patriarchalen Besitzanspruches“ eines „Täter[s] gegenüber seiner Partnerin oder Ex-Partnerin“ an. Hier muss – um Missbrauch für rechte Zwecke zu vermeiden - darauf aufmerksam gemacht werden, dass patriarchales Denken und Handeln in allen Schichten und kulturellen Hintergründen existiert.

Während sich der erste Begriff vor allem auf Hass gegen Frauen bezieht, richtet sich der zweite Tatbestand deutlicher an Verbrechen gegen LSBTIQ* Personen:

„Die ausdrückliche Nennung der „gegen die sexuelle Orientierung gerichteten“ Tatmotive betont die Notwendigkeit einer angemessenen Strafzumessung für alle Taten, die sich gegen LSBTI-Personen richten.“

Auf der offiziellen Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMSFSJ) bemerkt Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt: „[…] Was Schwarz auf Weiß im Gesetzestext steht, findet in der Rechtspraxis mehr Beachtung. Die ausdrückliche Erwähnung dieser Beweggründe unterstreicht zudem, dass die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen schon frühzeitig solche Motive aufzuklären und zu berücksichtigen hat.“

Für Menschen, die Opfer solcher Taten geworden sind, bedeutet das zumindest in der Theorie, dass ihnen schneller Gehör geschenkt werden sollte, um somit mögliche blinde Flecken eher zu vermeiden. Es gilt allerdings zu bedenken, dass wir uns mit diesem Gesetz am äußersten Ende der Eskalation bewegen. Es bedeutet nämlich, dass ein Hassverbrechen bereits im Raum steht. Gerade der Begriff des „Patriarchalen“ macht deutlich, dass es sich bei solchen Taten immer auch um „Phänomene“ einer Sozialisation handelt, die nicht in einem luftleeren Raum entstehen, sondern Ergebnis von Strukturen und Erziehung sind. Der neue Entwurf betrifft daher nur eine Seite der Medaille, die ohne eine parallele zivilgesellschaftliche Veränderung nur Symptombekämpfung bleibt.

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