Echte Vielfalt

Lebensbereiche

Vom 23. bis zum 25.09.2021 wird die erste Bi+Pride Deutschlands gefeiert. Am 23.09. wird an verschiedenen Orten in Deutschland sowie online die Bi+ Flagge gehisst. Bislang sind 14 Städte und 23 Gebäude in ganz Deutschland dabei. Am 24.09. sind Workshops und am 25.09. eine Demonstration durch die Hamburger Innenstadt geplant.

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Eine Gruppe Bi+Aktivist*innen organisiert die Bi+Pride 2021 für bisexuelle und pansexuelle Sichtbarkeit. Die Veranstaltung besteht aus drei Tagen und beginnt am 23. September, dem offiziellen Tag der Bisexualität.

Es wird an verschiedenen Orten – online und offline – die Bi-Flagge in den Farben Pink, Lila und Blau gehisst. Auf der Homepage finden Sie eine Übersicht zu den genauen Orten, an denen die Flagge gehisst wird. Bisher haben Verantwortliche aus mehr als 14 Städten und 23 Gebäuden zugesagt. Am Freitag, 24. September und weiteren Tagen wird es Workshops (offline und online) geben. Auch hier finden Sie auf der Homepage eine Übersicht. Am Samstag, 25. September, ist die Demonstration durch die Hamburger Innenstadt geplant. Die vollständige Route der Demonstration ist auf der Homepage der Bi+Pride zu finden.

Warum wird neben dem CSD eine Bi+Pride durchgeführt?

Es gibt bi+-spezifische Themen. Dazu gehören auch Ignorieren, Unsichtbarmachung und Nichternstnehmen von Bi+ – auch in der queeren Community. Darüber soll aufklärt werden. Bi+ Erasure (Unsichtbarmachung von Bi+sexualität) bedeutet unter anderem mangelnde Repräsentation, mangelnde Gemeinschaft, mangelndes Bewusstsein fürs Thema, mangelnde Sprache und mangelnde Anerkennung. Dies bedeutet, dass der größte Teil der Kultur die meiste Zeit unter der Annahme steht und agiert, dass es Bi+sexualität nicht gibt und nicht geben kann. Das hat gravierende Folgen für diejenigen, die mehr als ein Geschlecht lieben und/oder begehren können.

Dazu führen die Veranstalter*innen vier Beispiele auf:

  • Bi+sexuelle Jugendliche benötigen Vorbilder und Sichtbarkeit, da sie laut einer US-Studie deutlich häufiger als homosexuelle (und heterosexuelle) Gleichaltrige gemobbt werden oder zu Drogenmissbrauch neigen, deutlich seltener geoutet sind, und bi+sexuelle Mädchen sexualisierte Übergriffe beklagen.
  • Bi+sexuelle werden laut einem DW-Artikel auch in der LGBTQIA+-Community oft nicht ernst genommen und ihnen wird auch immer wieder mal das Recht dazuzugehören abgesprochen.
  • Bi+sexuelle seien laut einer Studie von YouGov keine kleine unwichtige Minderheit, sondern 21% der deutschen Erwachsenen ordnen sich selbst im bi+sexuellen Spektrum ein (bei 18- bis 24-Jährigen sogar 39%).
  • 6 von 10 bi+sexuellen Frauen (61%) haben laut einer US-Studie (zusammengefasst in Deutsch) Vergewaltigung, körperliche Gewalt und/oder Stalking durch eine*n Intimpartner*in erfahren müssen – deutlich mehr als Lesben (44%) oder heterosexuelle Frauen (35%).

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Am 26. September 2021 wird nicht nur der Bundestag, sondern auch das Berliner Abgeordnetenhaus neu gewählt. Der Wahlkampf in Bund und Berlin bringt nun ein queerpolitisches Thema, das von den Verantwortlichen zu lange ignoriert wurde, endlich auf die Tagesordnung: Die nächste Innenministerkonferenz der Länder wird sich auf Initiative Berlins erstmalig mit Hasskriminalität gegen queere Menschen befassen.

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Wie wichtig das ist, lässt sich ernüchternd leicht an der Tatsache belegen, dass es erst kürzlich zwei Ereignisse queerfeindlicher Gewalt in Deutschland gab, Echte-Vielfalt.de berichtete (hier und hier). Und „wenn wir im Bereich der LSBTIQ-feindlichen Hasskriminalität von einer bundesweiten Dunkelziffer von 80 bis 90 Prozent sprechen, dann wird es höchste Zeit, den Scheinwerfer anzumachen und diesen Bereich auszuleuchten“, erklärte der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) in einer vorab versandten Pressemitteilung. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) beklage zu Recht, dass seit Bestehen der Innenministerkonferenz 1954 dieses wichtige Thema noch nie als Besprechungspunkt auf der Tagesordnung stand. Nun, kurz vor den Wahlen, setzt der SPD-Senator Geisel das Thema Hasskriminalität gegen LGBTQI* erstmals auf die Tagesordnung. Dazu habe der LSVD bereits Vorschläge gemacht, über die es sich, so Geisel, „lohne zu diskutieren“. Zu diesen Vorschlägen gehöre etwa eine Unabhängige Expertenkommission, die eine Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von Queerfeindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität machen und entsprechende Handlungsempfehlungen erarbeiten solle. Ebenso müsse über die Sensibilisierung der Sicherheitsbehörden für Opfer von LGBTQI*-feindlicher Gewalt sowie über die statistische Erfassung in den polizeilichen Kriminalstatistiken, wie es in Berlin bereits üblich ist, diskutiert werden. Dies müsse „bundesweiter Standard“ werden, denn damit homophobe und transfeindliche Gewalt nicht in der allgemeinen Begriffsstatistik untergehe, müsse sie klar so benannt werden, so der Berliner Innensenator: „Queere Menschen werden ja deshalb angegriffen, weil sie sich offen queer zeigen. Allein in den letzten sechs Wochen sind 12 sehr gewalttätige Angriffe gegen queere Menschen in Berlin bekannt geworden. Das müssen wir klar und deutlich verurteilen“.

Dies sei ein bedeutendes Signal an die queere Community, sagte LSVD-Vorstandsmitglied Henny Engels in einer Pressemitteilung. Doch „der LSVD erwartet von der Innenministerkonferenz eine gemeinsame Strategie zur Verbesserung der Prävention, Erfassung und Bekämpfung von LSBTI-feindlicher Hasskriminalität. Elementarer Bestandteil eines bundesweiten Aktionsplans mit einem Bund-Länder-Programm ist die Reform der polizeilichen Erfassungsmethoden.“  Darüber hinaus müssten die Behörden bei der Bekämpfung von queerfeindlicher Gewalt verstärkt mit LGBTI-Organisationen zusammenarbeiten, „um Vertrauen zu schaffen, Opfern angemessen zu helfen und damit die Anzeigebereitschaft zu steigern“, so der LSVD. „Es müssen in deutlich mehr Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften Ansprechpersonen für LSBTI bestellt werden, wie dies in einigen Städten längst erfolgreich praktiziert wird“.

Ob bei der Innenministerkonferenz auch etwas beschlossen wird, wird leider erst nach den Wahlen öffentlich werden: Die nächste Sitzung des Gremiums findet vom 1. bis 3. Dezember 2021 in Stuttgart statt.

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Am 26. September findet die Bundestagswahl statt. Der LSVD hat den Parteien Wahlprüfsteine vorgelegt, um herauszufinden, wie diese queerpolitisch einzuordnen sind. Die Antworten auf die verschiedenen Fragen geben Auskunft darüber, in wie weit sich die Parteien für LSBTIQ einsetzen wollen.

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Deutlich wurde, das Bündnis 90/die Grünen die Forderungen des LSVD am ehesten umsetzen möchten, danach folgen die Linke und die FDP. Die AfD hingegen möchte sogar das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wieder abschaffen und mit ihrer Politik die Rechte von LSBTIQ gefährden.

Folgende Themen stellen die Schwerpunkte der LSVD-Wahlprüfsteine dar:

  • Diskriminierungsschutz in Artikel 3 Grundgesetz und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ausbauen
  • Abstammungs- und Familienrecht für Regenbogenfamilien reformieren
  • Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen rechtlich anerkennen
  • Hasskriminalität gegen LSBTI bekämpfen
  • Einsatz für Menschenrechte von LSBTI weltweit
  • Menschenrechtskonforme & LSBTI-inklusive Flüchtlingspolitik umsetzen
  • Respekt und Akzeptanz im Alltag stärken
  • Queere Gesundheit fördern

Eine Übersicht über die Antworten der Parteien hat der LSVD in dieser Tabelle dargestellt.

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Während im Sächsischen Taucha bei einem Angriff auf den dortigen CSD eine Eskalation der Ereignisse und somit Angriffe und Verletzungen verhindert werden konnte, kam es in Berlin am selben Tag zu einem queerfeindlichen Angriff auf einen 28-jährigen Mann, der in den frühen Morgenstunden eine Bar im Szeneviertel Prenzlauer Berg verließ.

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Wie die Hauptstadtpolizei am Sonntag meldete, habe ersten Erkenntnissen zufolge der Mann die Bar gegen 4.45 Uhr verlassen, wo ihn schon zuvor zwei 18-jährige Männer bedrängt und homophob beleidigt haben sollen. Im weiteren Verlauf sollen die beiden Angreifer auf den Mann eingeschlagen und ihm Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben. Anschließend sollen sie zudem versucht haben, ihrem Opfer die Handtasche zu entreißen. Als dies misslang, soll einer der Täter das Handy aus der Tasche des Angegriffenen gestohlen und ihn bedroht haben. Eine Passantin, die den Vorfall beobachtete, sei dann zum nahegelegenen Polizeiabschnitt geeilt und habe den Vorfall gemeldet. So konnten die Beamt*innen die Tatverdächtigen schließlich noch vor Ort festnehmen. Der Angegriffene erlitt jedoch leichte Gesichtsverletzungen, die im Krankenhaus ambulant behandelt werden mussten, so die Polizei.

Die Berliner Polizei macht mögliche Gewalttaten aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gezielt in ihren Berichten publik und meldet diese daher vergleichsweise häufig der Öffentlichkeit. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt haben eigene Ansprechpartner für LGBTQI*. Weil dies jedoch noch nicht überall im Bund üblich ist, wird sich die nächste Innenministerkonferenz der Länder auf Initiative Berlins erstmalig mit Hasskriminalität gegen queere Menschen befassen – ein Thema, das von den Verantwortlichen viel zu lange ignoriert wurde.

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In Sachen kam es im August zu einem Vorfall queerfeindlicher Gewalt. In der Stadt Taucha musste der erste Christopher Street Day, der dort stattfand, nach Bedrohungen von Neonazis abgebrochen werden.

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Wie Queer.de berichtet musste der erste Christopher Street Day im sächsischen Taucha nach Störaktionen von Rechtsextremen aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendet werden. Die von der linksjugend Nordsachsen organisierte Demonstration mit anschließender Kundgebung, unter dem Titel „Lieb doch, wen Du willst“, wurde ab 14 Uhr immer wieder von Neonazis gestört. Die Polizei sei überfordert gewesen, kritisierte ein Linke-Abgeordneter. So begründeten die Organisator*innen ihre Entscheidung des Abbruchs damit, dass sich die Teilnehmer*innen in der Kleinstadt nördlich von Leipzig nicht mehr sicher bewegen hätten können: „Wir haben den CSD aufgrund der aggressiven Faschos, welche weitere mobilisierten, abgebrochen“. Die Kundgebung, die ursprünglich bis 21 Uhr mit Musik und Redebeiträgen auf dem Marktplatz angemeldet gewesen war, wurde daher um 16 Uhr schon abgebrochen – aus Angst vor queerfeindlicher Gewalt. So wurden die Besucher*innen der vorzeitig beendeten Veranstaltung nach dem Eintreffen zusätzlicher Einsatzkräfte von Polizist*innen zum Bahnhof begleitet. Glücklicherweise kam es nicht zu gewaltsamen Übergriffen auf CSD-Teilnehmer*innen. Der Abgeordnete Marco Böhme schrieb danach in einem Tweet: „Danke an alle Teilnehmenden die für Vielfalt & eine offene Gesellschaft in Taucha auf der Straße waren. Da Sicherheit vorgeht, haben wir den CSD wegen rechten Störern vorzeitig beendet“. „Schon jetzt steht fest: Wir kommen zahlreich wieder!", kündigte auch Philipp Rubach, linker Direktkandidat in Nordsachsen, nach den Vorfällen in einem Statement an. Doch wie der Leipziger Stadtrat Jürgen Kasek (Grüne) auf Twitter kommentierte: „Taucha hat ein Problem“. In den vergangenen Monaten hatte auch die Initiative „Solidarische Alternativen für Taucha“ mehrfach auf Neonazi-Vorfälle in der sächsischen Kleinstadt aufmerksam gemacht. Dass ein CSD aufgrund von Rechtsextremen vorzeitig beendet werden musste ist nun ein drastisches Beispiel dafür, wie strukturelle queerfeindliche Gewalt (in diesem Fall von rechts motiviert) die Demonstrationsfreiheit einer ganzen Gruppe von Menschen einschränken kann.

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Schon vor dem Aufstand der Taliban in Afghanistan war das Leben des schwulen Mannes Abdul (sein Name wurde geändert) gefährlich. Hätte er damals mit der falschen Person über seine Sexualität gesprochen, hätte Abdul nach afghanischem Recht verhaftet und wegen seiner Sexualität vor Gericht gestellt werden können. Doch seit die Taliban letzte Woche die Kontrolle über die wichtigsten Städte Afghanistans übernommen haben, würde er, bei Offenlegung seiner Sexualität „auf der Stelle getötet“.

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Die Taliban sind eine militärische Gruppe, die die Kontrolle über das Land übernommen hat und dafür bekannt ist, dass sie extreme islamische Ideale durchsetzt. Nach der Auslegung der Scharia durch die Taliban ist Homosexualität streng verboten und wird mit dem Tod bestraft. Als die Taliban das letzte Mal in Afghanistan an der Macht waren, zwischen Ende der 90er Jahre und 2001, war der 21-jährige Abdul noch nicht geboren.

„Ich habe gehört, wie meine Eltern und die Älteren über die Taliban gesprochen haben“, sagte er gegenüber Radio 1 Newsbeat, „Wir haben einige Filme gesehen. Aber jetzt ist es, als wäre ich in einem Film“.

Eigentlich sollte Abdul in dieser Woche seine letzten Universitätsprüfungen ablegen, mit Freund*innen zu Mittag essen und seinen Freund besuchen, den er vor drei Jahren in einem Schwimmbad kennen gelernt hat. Stattdessen sitzt er nun schon den vierten Tag in Folge in seinem Haus. Vor seiner Haustür stehen derzeit Taliban-Soldaten. „Selbst wenn ich die Taliban von den Fenstern aus sehe, habe ich große Angst. Mein Körper beginnt zu zittern, wenn ich sie sehe“, erzählt er. „Es werden Zivilisten getötet. Ich glaube nicht, dass ich jemals vor ihnen sprechen werde“.

Doch nicht nur die neuen Machthaber des Landes dürfen nichts von Abduls Sexualität erfahren. „Als schwuler Mensch in Afghanistan darf man sich nicht zu erkennen geben, nicht einmal seiner Familie oder seinen Freunden gegenüber. Wenn ich mich meiner Familie offenbare, werden sie mich vielleicht schlagen, vielleicht töten“.

Doch, obwohl er seine Sexualität verbarg, genoss Abdul sein Leben im pulsierenden Stadtzentrum des Landes. „Mein Studium verlief perfekt. Es war Leben in der Stadt, es gab viele Menschen in der Stadt.“ Nun, innerhalb einer Woche, hat Abdul das Gefühl, sein Leben vor seinen Augen verschwinden zu sehen. „Es gibt keine Zukunft für uns.“

„Ich glaube nicht, dass ich jemals meine Ausbildung fortsetzen werde. Zu meinen Freund*innen habe ich den Kontakt verloren. Ich weiß nicht, ob es ihnen gut geht. Mein Partner sitzt mit seiner Familie in einer anderen Stadt fest. Ich kann nicht dorthin gehen, er kann nicht hierherkommen.“

„Ich leide unter schweren Depressionen. Ich denke daran, diese Sache einfach zu beenden. Ich will so ein Leben nicht mehr führen. Ich will eine Zukunft, in der ich frei leben kann und nicht von Leuten darauf hingewiesen werde, dass man hier nicht schwul sein darf.“ Abdul macht sich keine Hoffnungen auf die Versprechen der Taliban, anders zu regieren. „Selbst wenn die Taliban eine Frau in der Regierung oder in der Schule akzeptieren, werden sie niemals schwule oder LGBT-Menschen akzeptieren. Sie werden sie alle auf der Stelle töten.“

Abdul sagt, er warte darauf, „einen Weg zu finden, das Land zu verlassen“. Es gibt einige Organisationen und Aktivist*innen, die versuchen, queere Afghan*innen in Sicherheit zu bringen. Abdul habe gehört, dass das Vereinigte Königreich die Aufnahme von 20 000 Geflüchteten aus seinem Land plane, aber niemand wisse, wie man sich bewerben oder registrieren lassen könne.

„Ich bin 21 Jahre alt. Mein ganzes Leben habe ich im Krieg verbracht, in Bombenangriffen, ich habe Freunde und Verwandte verloren“ – „Ich möchte nur sagen, falls jemand meine Botschaft hört, dass ich als junger Mensch das Recht habe, frei und sicher zu leben“, sagt Abdul abschließend.

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Eine Online-Debatte aus dem Runden Tisch Echte Vielfalt am 02. September, 19 Uhr via Zoom.

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Mit der Bundestagswahl werden Weichen für die Queer-Politik gestellt, welche die Anliegen von
Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*, intergeschlechtlichen und queeren Menschen entscheidend
prägen werden.

Welche Schwerpunkte haben Sich die Parteien vorgenommen? Was möchten die Kandidat*innen
konkret bei der Queer-Politik angehen?

Diese und weitere Fragen finden Ort in der Online-Diskussion, die über Zoom stattfindet. Im
Anschluss ist diese zu finden bei Youtube.

Dabei sind

  • Lorenz Gösta Beutin, die Linke
  • Bruno Hönel, Bündnis 90/die Grünen
  • Gyde Jensen, FDP
  • Juliane Müller-Weigel, CDU
  • Sönke Rix, SPD
  • Maylis Roßberg, SSW

Moderation: Daniel Lembke-Peters (Geschäftsstelle Echte Vielfalt), Jonny Jochens, CSD Kiel e.V.
Anmeldung bei lembke-peters@echte-vielfalt.de

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Tausende von Menschen haben in dieser Woche versucht, aus Afghanistan zu fliehen, als die Taliban die Kontrolle über das Land erlangten, was am 15. August in der Hauptstadt Kabul seinen Höhepunkt fand. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in diesem Jahr mindestens 400.000 Afghanen gewaltsam vertrieben - 250.000 allein seit Ende Mai. Das Schicksal gefährdeter Gruppen wie etwa führender Frauen, verfolgter religiöser Minderheiten und LGBTQI*-Personen bleibt unter dem neuen Regime unklar.

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Wie in vielen Konflikten sind LGBTQI*-Personen in Afghanistan in besonderer Weise gefährdet. Gleichgeschlechtliche Intimität wurde bereits unter der früheren afghanischen Regierung mit Gefängnishaft oder sogar mit dem Tod bestraft, und Aktivist*innen befürchten, dass LGBTQI*-Personen unter den Taliban noch stärker von Gewalt bedroht sein werden, und verweisen auf die strenge Auslegung der Scharia, mit der die Gruppe während ihrer Regierungszeit von 1996 bis 2001 regierte. Obwohl sich die heutigen Taliban als gemäßigter darstellen, sind viele Menschenrechtsgruppen weiterhin besorgt. Erst letzten Monat erklärte ein Taliban-Richter gegenüber der deutschen Boulevardzeitung Bild, dass homosexuelle Männer zu Tode geprügelt werden sollen.

Rainbow Railroad, eine weltweit tätige gemeinnützige Organisation, die LGBTQI*-Personen, die verfolgt werden, helfen will, bereitet sich darauf vor, LGBTQI*-Afghanen bei ihrem Fluchtversuch zu unterstützen. Die 2006 in Kanada gegründete Organisation hilft LGBTQI*-Personen, aus Ländern zu fliehen, in denen sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität unmittelbar bedroht sind. Die Gruppe beantwortet jedes Jahr über 3 000 Anfragen und hilft jährlich etwa 200 Menschen, die Grenzen zu überschreiten.

Rainbow Railroad hat in diesem Jahr bereits 50 Hilfegesuche von Menschen aus Afghanistan erhalten und rechnet in naher Zukunft mit einem weiteren Anstieg. Das US-Amerikanische TIME Magazin sprach mit Kimahli Powell, der Geschäftsführerin von Rainbow Railroad, über die aktuelle Situation von LGBTQI* in Afghanistan.

Auf die Frage, ob Rainbow Railroad daran arbeite, allen zu helfen, die derzeit versuchen, Afghanistan zu verlassen, erklärte Powell, dass LGBTQI*-Organisationen in Afghanistan aus verschiedenen Gründen sehr eingeschränkt seien, unter anderem, weil sich das Land in einem ständigen Kriegszustand befindet und einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisiert werden. Es gäbe nur wenige Menschenrechtsverteidiger, an die man sich wenden könne, und es gäbe nur wenige Organisationen, die Unterstützung anbieten. Das ist der Kontext, in dem Rainbow Railroad in der Region tätig ist. Wichtige Partnerschaften seien jedoch für Rainbow Railroad von großer Bedeutung, um gefährdete Menschen zu identifizieren, denn es sei wirklich schwierig, Afghan*innen zu finden, die bereit seien, überhaupt das Risiko einzugehen, sich im Internet als Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft zu outen. Trotzdem erhalte Powells Organisation immer wieder Hilfesuchen aus Afghanistan, allein in diesem Jahr seien es mindestens 50 gewesen, meisten Anfragen von Einzelpersonen. Man gehe jedoch davon aus, dass es in den kommenden Wochen und Monaten noch viele weitere geben wird. Um zu versuchen, mehr Menschen zu erreichen, stütze man sich derzeit auf das weitreichende internationale Netzwerk und Kontakte im Land.

Doch die Situation sei sehr instabil, so Powell: „Wenn ich sage, dass wir mit einem sprunghaften Anstieg der Anfragen rechnen, dann meine ich damit, dass in den kommenden Tagen und Wochen die Menschen versuchen werden, sich auf jede erdenkliche Weise an uns zu wenden, und dass wir auf der Suche nach Lösungen sein werden“.

Im Moment sei die Situation für queere Menschen in Afghanistan unklar, da die Taliban die Macht übernommen haben. Doch schon im Gesetz der vorherigen Regierung wurde einvernehmliches gleichgeschlechtliches Handeln kriminalisiert. Dies habe, so Powell, zu einer Kultur der Belästigung und Gewalt durch die Polizei sowie zu einer Kultur der Diskriminierung geführt. Die Menschen hätten keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten und würden ihre Arbeitsstellen verlieren, wenn sie sich outen. LGBTQ-Personen könnten nicht melden, wenn sie diskriminiert, angegriffen, vergewaltigt oder verhaftet werden. So seien LGBTQI* schon vor der Machtergreifung der Taliban dieser Art von Diskriminierung ausgesetzt gewesen. Nun sorgt Powell sich, angesichts der Trends im Nahen Osten und in Nordafrika, dass Queerfeindlichkeit unter diesem Regime noch zunehmen würden.

Doch für die Afghan*innen, die flüchten und sich im Ausland neu ansiedeln werden können, gilt, dass sie die Unterstützung von Gemeinschaften brauchen, insbesondere von LGBTQ-Gemeinschaften. „Sie brauchen Zugang zu Wohnraum, sie brauchen Zugang zu emotionaler und psychischer Unterstützung, sie brauchen Zugang zu Ressourcen. Ich denke, das ist die Chance, die Einzelpersonen, Zivilgesellschaften und Regierungen bieten können“.

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  Wie bei jedem Thema, das marginalisierte Menschen betrifft, nehmen sich viele selten die Zeit, über Behinderung nachzudenken. Viele erkundigen sich nicht nach den Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen aus erster Hand, sondern diskutieren das Thema stattdessen lieber mit anderen Menschen ohne Behinderungen. So werden queere Menschen mit Behinderung oft von LGBTQI*-Räumen ausgeschlossen: Das spaltet die Community.

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In einem Artikel der Independent Zeitung beschreibt Umber Ghauri, die selbst queer ist und eine Behinderung hat, dass viele in der Community gar nicht fragen würden, was sie als Mensch mit Behinderung braucht. So würden sie nach ihren eigenen Vorstellungen Räume für Menschen mit Behinderung schaffen, und dann perplex darüber sein, warum Menschen mit Behinderung nicht dabei sind. Es sei deswegen wichtig, als Community ein tiefergehendes Gespräch über Barrierefreiheit führen.

Ein Beispiel, welches sie dafür anbringt, ist dass LGBTQ+-Initiativen oft über wenig finanzielle Mittel verfügen, so dass ein stufenloser Zugang wie ein Luxus erscheinen könne. Für Menschen, die einen stufenlosen Zugang benötigen, ist er jedoch eine Notwendigkeit. Und selbst wenn ein Raum über einen stufenlosen Zugang verfügt, sind möglicherweise keine barrierefreien Verkehrsmittel in der Nähe verfügbar. Darüber hinaus hätten sich viele queere Communities um Nachtleben und Aktivismus herum gebildet – mit einer Behinderung sind Proteste, Märsche und Clubnächte jedoch oftmals nicht gut zugänglich. „Diese Orte sind daher oft enttäuschend exklusiv“, schreibt Ghauri, und weiter: „Menschen mit Behinderung werden als lästig betrachtet, als Nachzügler. Und wenn wir nicht von Anfang an mitgedacht werden, kann man darauf wetten, dass das Ergebnis eines ist, das uns ausschließt“.

Dieser Mangel an Barrierefreiheit dränge queere Menschen mit Behinderung immer weiter aus der Community heraus. Es müsse ein Verständnis entstehen, dass zwar alle unterschiedliche Bedürfnisse und Herausforderungen haben, man aber immer noch eine Gemeinschaft sei. Dabei hätten alle LGBTQI* die Verantwortung, Menschen mit Behinderung nicht nur einzubeziehen, sondern zu unterstützen, denn, so Ghauri: „Ohne uns übersehen Sie einen großen Teil der LGBTQ+ Menschen und repräsentieren daher unsere Gemeinschaft nicht ausreichend“.

Einige Lösungen seien hier einfach: stufenlose Zugänge, genügend Sitzgelegenheiten, viel Platz, Berücksichtigung barrierefreier Verkehrsmittel. Andere jedoch seien schwieriger: die Annahme zu zerstören, dass Behinderung immer sichtbar sei, die Annahme in Frage zu stellen, dass Menschen mit Behinderung weniger zu bieten hätten als Menschen ohne Behinderung, und die Stimme von Menschen mit Behinderung zu verstärken: „Für viele von uns ist eine Behinderung genauso ein Teil unserer Identität wie LGBTQ+ zu sein“. Wenn behinderte Menschen also von queeren Räumen ausgeschlossen werden, spalte das die ganze Community.

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