Echte Vielfalt

Ricarda Lang, die erste offen bisexuelle Bundestagsabgeordnete, will in die Fußstapfen von Claudia Roth und Annalena Baerbock treten – und wäre auf diesem Posten erneut die erste offen bisexuelle Politikerin. Die 27-Jährige ist derzeit Vize-Parteivorsitzende und sorgte bei der Bundestagswahl am 26. September bereits für Schlagzeilen, weil sie als erste offen bisexuelle Person ins deutsche Parlament einzog.

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„In den letzten Jahren haben wir daran gearbeitet, die Partei zu öffnen und Politik für die ganze Gesellschaft zu machen. Jetzt gilt es, darauf aufzubauen“, erklärte Lang in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Als ihre politischen Schwerpunkte benannte die frühere Chefin der Grünen Jugend wiederholt Feminismus und Frauenpolitik sowie Bildungs- und Hochschulpolitik. Dabei ginge es darum, eine starke soziale und ökologische Politik in der Regierung umzusetzen, aber auch über den Regierungsalltag hinaus zu denken, und am inhaltlichen Profil zu arbeiten. Selbstverständlich also ist Langs Bisexualität nur ein Teil ihrer Identität als Politikerin und sollte Gespräche über ihre Inhalte nicht verdrängen.

Wichtig ist es dennoch, dass ihr bi-Sein sichtbar gemacht und zelebriert wird, denn wie Lang selbst vergangenes Jahr in einem Interview mit dem Bisexuellen Journal beklagt hatte, würde das B der LGBTI*-Community oft verdrängt werden: „Bisexuelle Menschen sind kaum sichtbar und werden oft diskriminiert. Gerade bisexuelle Frauen werden häufig nicht ernst genommen“, sagte Lang. „Es gibt viele Anfeindungen bis hin zu offenem Hass auf das vermeintlich Andere. Dem müssen wir entgegenwirken – sowohl in der Politik als auch in der Gesamtgesellschaft, aber natürlich auch in der LSBTI*-Community.“ Bisexuelle Menschen müssten darum „in allen politischen Bereichen nicht nur mitgenannt, sondern tatsächlich auch mitgedacht werden“, forderte Lang in dem Interview. „In den Bildungsplänen der Schulen zum Beispiel muss Bisexualität – und ganz allgemein Vielfalt – als eigenes Thema verankert werden. Es darf nicht länger nur im Nebensatz erwähnt werden.“

Immer wieder wird von Bisexuellen kritisiert, dass sie und ihre Orientierung in der Community unsichtbar gemacht würden. Wird die Existenz von Bisexualität geleugnet, wird von bisexual erasure (englisch: „bisexuelle Verdrängung/Löschung“) gesprochen. Lesen Sie hier mehr darüber.

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Um queere Menschen besser vor Hass und Hetze zu schützen, hat die Europäische Kommission am Donnerstag einen Vorschlag zur Erweiterung der Liste von EU-weiten Straftatbeständen vorgestellt, mit dem auch sexuelle und geschlechtliche Minderheiten besser geschützt werden sollen. Damit soll Hass laut Brüssel europaweit besser bekämpft werden.

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Dazu sollen nach dem Willen der europäischen Exekutive Hassverbrechen in die Liste der europäischen Straftatbestände aufgenommen werden. Dabei geht das Papier konkret auf die bereits bestehende Strategie der Kommission zur Gleichstellung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und transgeschlechtlichen Menschen ein, die vor einem Jahr vorgestellt worden war.  Vor bereits über einem Jahr im September 2020 hatte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont, dass LGBTQI*-feindliche Hetze mit europäischen Werten nicht vereinbar sei und die Strategie dagegen in ihrer Rede zur Lage der Union angekündigt. Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová, die für Werte und Transparenz zuständig ist, stimmte ihr zu: „Er widerspricht unseren Grundwerten und unseren Grundsätzen. Wir müssen auf Ebene der EU tätig werden, um sicherzustellen, dass Hass überall in Europa in gleicher Weise unter Strafe gestellt wird“ - Für Hass gäbe es in Europa keinen Platz, so Jourová. Auch der deutsche Europaabgeordnete Rasmus Andresen, Mitglied der LGBTI-Intergroup des Europäischen Parlaments, sagte es sei höchste Zeit, dass Hassreden und Hassverbrechen in den EU-Straftatenkatalog aufgenommen werden, insbesondere, auch Taten aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtsbezogener Merkmale. Queere Menschen seien verbaler Diskriminierung und Gewalt vielerorts ausgesetzt und daher „auf den Rückhalt aus Brüssel angewiesen“.

Doch nun müssen die Nationalstaaten dem Plan noch zustimmen, wozu es Einstimmigkeit im Ministerrat, dem EU-Gremium der nationalen Regierungen, braucht. „Und einige Regierungen fördern eher die Diskriminierung von LGTBIQ-Personen als sie zu bekämpfen“, so Andresens Sorge. Gemeint sein könnten damit zum Beispiel Ungarn und Polen, die im letzten Jahr beide queerfeindliche Gesetze erließen, welche kürzlich von der Venedig-Kommission (das beratende Verfassungsorgan des Europarates) als gegen die Menschenrechte verstoßend bewertet wurden. Dies führe umso stärker vor Augen, wie wichtig es sei, dass die EU sich diesbezüglich einschalte und einen flächendeckenden Schutz von LGBTIQ-Personen in der gesamten EU sicherstelle: „Wir stellen uns auf lange und schwierige Verhandlungen ein“. In ihrem Vorstoß betonte die Kommission jedoch, dass Hetze und Hasskriminalität mit den in Artikel 2 des EU-Vertrags verankerten europäischen Grundwerten unvereinbar seien. Es gilt nun abzuwarten, ob sie sich damit unter Regierungen wie der Ungarischen und Polnischen (unter anderen), die selbst Hass und Hetze verbreiten, durchsetzen können wird.

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Wie die Venedig-Kommission des Europarats, ein Gremium von Verfassungsrechts-Expert*innen der wichtigsten europäischen Menschenrechts-Institution, am Montag verkündete, verstoße Ungarns Verbot der Darstellung von Homosexualität für Minderjährige gegen internationale Menschenrechts-Standards.

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Die mit dem Verbot verbundenen Maßnahmen tragen zu einem „bedrohlichen Umfeld“ gerade für queere Kinder bei, sagte die Venedig-Kommission, die den Europarat in verfassungsrechtlichen Fragen berät. Dabei wird dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán vorgeworfen, zum Hass gegen die LGBTQ+-Gemeinschaft aufzustacheln. Diese Bewertung der Venedig-Kommission ist nur die jüngste internationale Kritik an den im Juni verabschiedeten ungarischen Gesetzesänderungen, die den Zugang zu Inhalten, die LGBTQI*-Identitäten darstellen, für Personen unter 18 Jahren beschränken.

Argumentiert hatte der ungarische Ministerpräsident Orbán, dass die neuen Maßnahmen dem Schutz von Kindern und den Rechten der Eltern dienen würden. Nun hat er kürzlich ein Referendum zu dem Thema gefordert. LGBTQI*-Rechtsgruppen und Kritiker*innen Orbáns haben dem langjährigen Regierungschef jedoch vorgeworfen, Hass gegen die queere Community zu schüren, um von politischen Kontroversen und wirtschaftlichen Herausforderungen im Vorfeld der für das Frühjahr 2022 angesetzten Parlamentswahlen abzulenken.

Die Venedig-Kommission erklärte jedoch in einer neuen Stellungnahme, dass die ungarischen Einschränkungen legitime Äußerungen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität, die durch die Europäische Menschenrechts-Konvention geschützt sind, unterdrücken könnten. Die Änderungen ließen nur Raum für „einseitigen und voreingenommenen Unterricht“, was der Stigmatisierung und Diskriminierung von LGBTQI*-Personen Tür und Tor öffne, argumentierten die Expert*innen. Sie stellten auch fest, dass die breite Anwendung und die zweideutige Auslegung der ungarischen Änderungen bedeuten könnten, dass sie das Recht auf Familienleben und das Recht der Eltern, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen zu erziehen, verletzen würden. „Wenn Eltern ihren Kindern unter achtzehn Jahren einen Jugendroman über LGBTQI-Personen kaufen oder sie einen Film mit LGBTQI-Figuren sehen lassen, verstoßen sie gegen das Gesetz“, schrieb die Venedig-Kommission: „In der Tat scheint es Eltern nicht mehr möglich zu sein, ihren Kindern beizubringen, Schwule, Lesben oder Transgender zu akzeptieren, oder ihnen sogar zu helfen, ihre eigene Sexualität zu akzeptieren.“

Auch bei anderen EU-Institutionen sind die queerfeindlichen Maßnahmen der ungarischen Regierung seit ihrer Einführung auf Kritik gestoßen und haben bei den europäischen Staats- und Regierungschefs Bestürzung ausgelöst. Am 2. Dezember leitete die Europäische Kommission die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Ungarn ein und gab der Regierung zwei Monate Zeit, um auf die Bedenken Brüssels zu reagieren und die Situation zu verbessern. Gleichzeitig will sie queere Menschen besser vor Hass und Hetze schützen, indem sie am Donnerstag einen Vorschlag zur Erweiterung der Liste von EU-weiten Straftatbeständen vorstellte, mit dem auch sexuelle und geschlechtliche Minderheiten besser geschützt werden sollen.

Bereits im Juli hatte die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet und argumentiert, die Änderungen verstießen gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Nichtdiskriminierung, wie sie in der EU-Grundrechtecharta garantiert sind, sowie gegen mehrere andere EU-Richtlinien und Grundsätze des EU-Vertrags. Sollte die ungarische Regierung die Bedenken nicht ausräumen, könnte die Europäische Kommission die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen vor dem höchsten Gericht der EU anfechten.

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Ein historisches Votum, das gleichgeschlechtlichen Paaren in Chile das Recht auf Eheschließung einräumt, wurde von Aktivist*innen als Triumph gefeiert. Der Gesetzentwurf zur Gleichstellung der Ehe sieht vor, dass gleichgeschlechtliche Paare das Recht auf Elternschaft erhalten, was mit dem Gesetz zur Bürgerlichen Vereinigung nicht möglich gewesen war.

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„Die Gleichstellung der Ehe ist ein Lichtblick, ein bisschen Hoffnung“, sagte Isabel Amor, Direktorin der Homosexuellen-Rechtsorganisation Iguales der britischen Zeitung The Guardian, und wies darauf hin, dass sich die LGBTQI*-Gemeinschaft des Landes angesichts der drohenden Präsidentschaft von José Antonio Kast in einem „sehr fragilen emotionalen Zustand“ befindet. Das Votum wird deswegen auch als Rückschlag für die konservative Agenda des Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast gefeiert, der in der ersten Wahlrunde im November in Führung gelegen hatte. Doch „Wir müssen uns fragen, was wir verlieren werden, wenn er Präsident wird“, ergänzte Isabel Amor.

Denn während Boric für mehr Rechte für Minderheiten eintritt, basiert Kasts Agenda auf einer traditionalistischen Politik, die von frommen katholischen Werten geprägt ist. Kast, der bestreitet, homofeindlich zu sein, mutmaßte, dass „die Gesellschaft am besten mit heterosexuellen Paaren funktioniert“; sein Präsidentschaftsprogramm bietet Subventionen für verheiratete heterosexuelle Familien mit Kindern und schließt gleichgeschlechtliche Paare bewusst aus. Auch in seinen 16 Jahren als Abgeordneter wehrte er sich regelmäßig gegen fortschrittliche Gesetze. So stimmte er 2012 gegen ein Antidiskriminierungsgesetz und 2015 gegen das Abkommen über die zivile Union - die schließlich trotzdem beide verabschiedet wurden. Außerdem widersetzte er sich vehement dem Gesetz zur Geschlechtsidentität, das 2018 verabschiedet wurde, um Transmenschen rechtlichen Schutz zu gewähren.

In der ersten Wahlrunde im November erhielt Kast mit 28 % der Stimmen die Mehrheit der Stimmen und schlug den progressiven ehemaligen studentischen Leiter Gabriel Boric um zwei Prozentpunkte - ein Ergebnis, das die queere Gemeinschaft des Landes in Angst und Schrecken versetzte. Eine knappe Stichwahl zwischen Kast und Boric ist für den 19. Dezember angesetzt.

Ob Chile dann einen konservativen oder progressiven Präsidenten bekommt, ist noch unklar. Sicher ist jedoch, dass Chile das sechste Land in Südamerika ist, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, nach Argentinien, Uruguay, Brasilien, Kolumbien und Ecuador. Dies sei ein „Gefühl des Friedens, der Gerechtigkeit und der sozialen Rechtfertigung“, sagte Loa Bascuñan, 42, der „seit Jahren“ auf die Gleichstellung der Ehe gewartet habe: „Es geht um mehr als nur darum, heiraten zu können - es geht darum, gleichberechtigt zu sein“.

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Ein internes Dokument der Europäischen Kommission, in dem Beamt*innen empfohlen wurde, eine inklusive Sprache wie „Ferienzeit“ anstelle von „Weihnachten“ zu verwenden und Begriffe wie „man-made“ (Dt.: „von Männern gemacht“) zu vermeiden, wurde nach einem Aufschrei rechter Politiker zurückgezogen.

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Die Kehrtwende der EU-Exekutive in Bezug auf die Leitlinien, die von der Gleichstellungskommissarin Helena Dalli Ende Oktober auf den Weg gebracht worden waren, seien durch einen Artikel in der italienischen Boulevardzeitung Il Giornale ausgelöst worden, in dem behauptet worden sei, die Leitlinien kämen einem Versuch gleich, „Weihnachten abzuschaffen“. Eine Reihe von Politiker*innen der Rechten, darunter der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments Antonio Tajani, Mitglied von Silvio Berlusconis Forza Italia, seien daraufhin auf das Thema angesprungen, um sich gegen den „absurden“ Ratschlag auszusprechen. So twitterte Tajani: „Inklusion bedeutet nicht, die christlichen Wurzeln [der EU] zu leugnen“.

Daraufhin gab Dalli eine entschuldigende Erklärung ab, obwohl sie am 26. Oktober noch einen Tweet mit einem Bild von sich mit den Leitlinien und dem Ausdruck ihres Stolzes über die Veröffentlichung geteilt hatte. In der Entschuldigung schrieb sie: „Mit meiner Initiative, Leitlinien als internes Dokument für die Kommunikation der Kommissionsbediensteten im Rahmen ihrer Aufgaben zu erstellen, wollte ich ein wichtiges Ziel erreichen: die Vielfalt der europäischen Kultur zu veranschaulichen und den inklusiven Charakter der Europäischen Kommission gegenüber allen Lebensbereichen und Überzeugungen der europäischen Bürger zu zeigen. Die veröffentlichte Fassung der Leitlinien erfüllt diesen Zweck jedoch nicht ausreichend. Es handelt sich um ein unausgereiftes Dokument, das nicht alle Qualitätsstandards der Kommission erfüllt. Die Leitlinien bedürfen eindeutig weiterer Überarbeitung. Ich ziehe daher die Leitlinien zurück und werde weiter an diesem Dokument arbeiten.“

Den Beamt*innen, die mit dem 27-köpfigen Kommissionskollegium unter der Leitung von Ursula von der Leyen zusammenarbeiten, sei geraten worden, nicht davon auszugehen, dass alle Menschen christlich, weiß und verheiratet sind. Anstatt von Weihnachten zu sprechen, sollten die Beamten "die Ferienzeit" sagen, hieß es in dem Dokument. Außerdem wurde ihnen geraten, geschlechtsspezifische Pronomen, Wörter und Ausdrücke wie „Vorsitzender“ und „Damen und Herren“ zu vermeiden. Es wurde zudem vorgeschlagen, dass Menschen nach ihren Pronomen gefragt werden und Begriffen wie schwul, lesbisch, transgender, bi oder inter nicht als Substantiv verwendet werden sollten, sondern trans Person oder schwule Person gesagt werden solle.

Nach Dallis Kehrtwende twitterte Tajani, dass das Umdenken ein Sieg des gesunden Menschenverstands sei. Der ehemalige italienische Ministerpräsident Matteo Renzi schloss sich seinem Jubel an und twitterte: „Es war absurd und falsch: Es war ein absurdes und falsches Dokument. Eine Gemeinschaft hat keine Angst vor ihren Wurzeln. Und kulturelle Identität ist ein Wert und keine Bedrohung“.

Sophie in 't Veld, eine liberale niederländische Europaabgeordnete, sei hingegen besorgt über den plötzlichen Rückzug in dieser Frage: „Kommissarin Dalli verdient Lob dafür, dass sie den Mut hatte, das Thema anzusprechen, wenn auch auf eine etwas ungeschickte Art und Weise.“ Die konzertierten Fehlinformationen und Angriffe der extremen Rechten auf sie und die anschließende Reaktion der Kommission darauf seien besorgniserregend. Die Kommission müsse erkennen, dass Europa und seine Institutionen alle Menschen vertreten – auch queere Menschen.

Lesen Sie hier Artikel über die Macht der Sprache und darüber, warum wir Pronomen respektieren sollten.

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Im Juni diesen Jahres wurde ein sogenanntes „Kinderschutz“-Gesetz von der Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Orbán verabschiedet, welches das Verbot gewisser Inhalte, die bei Minderjährigen für Homosexualität und Geschlechtstransitionen „werben“ würden, generell ermöglicht. Nun hat die nationalistische Partei beschlossen, dass die Ungar*innen in einem Referendum die Möglichkeit haben werden, darüber abzustimmen, möglicherweise am Tag der nationalen Wahlen im nächsten Jahr.

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Das Gesetz verbietet LGBTQI*-Inhalte, inklusive Bildungsmaterial, für unter-18-jährige, und besagt, dass Minderjährigen keinerlei Inhalte gezeigt werden dürfen, die queer sein „unterstützen“. Dies gilt auch für alle öffentlichen Medienanstalten, die den Großteil der verfügbaren Medien in Ungarn ausmachen. Letztes Jahr wurde außerdem die Anpassung des legalen Geschlechtseintrags an die Geschlechtsidentität verboten, und die Verfassung wurde um den Satz „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann“ ergänzt. Folglich sind gleichgeschlechtliche Paare auch von Adoption ausgeschlossen. Das von Orbán unterstützte Referendum ist also nur der jüngste Schritt, der nach Ansicht von Kritiker*innen Menschenrechte unterdrückt.

Die die regierende Fidesz-Partei beschloss also nun vier Fragen zum Sexualkundeunterricht an Schulen und zur Verfügbarkeit von Informationen über die sexuelle Orientierung von Kindern. Auf dem Stimmzettel werde auch die Frage stehen, ob die Wähler*innen die uneingeschränkte Präsentation von Medieninhalten unterstützen, die „die Entwicklung von Minderjährigen beeinflussen“. Die Opposition enthielt sich bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf. Mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Wahlen, die voraussichtlich im April stattfinden werden, scheint Orbán zu versuchen, eine Politik zu fördern, die „christliche Werte“ gegen den „westlichen Liberalismus“ schützt, indem er Genderfragen und das, was er wiederholt als „LGBT-Propaganda“ bezeichnet, zusammen mit Migration in den Mittelpunkt seiner Wiederwahlkampagne stellte. Diese Politik hat Orbán zum Teil in Konflikt mit der Europäischen Union gebracht, welche, wegen Maßnahmen, die die queere Community diskriminieren würde, im Juli in Rekordzeit rechtliche Schritte gegen Ungarn und Polen einleitete.

Und auch Aktivist*innen protestierten gegen das queerfeindliche Gesetz: So war der 26. CSD im Juli in Budapest mit zehntausenden Menschen der wahrscheinlich größte in seiner Geschichte, was auch zu der jüngsten Umfrage zur Einstellung zu queeren Themen in der Bevölkerung passt. Eine Ipsos-Umfrage vom letzten Mai ergab, dass 46 Prozent der ungarischen Befragten die gleichgeschlechtliche Ehe unterstützen, 62 Prozent seien der Meinung, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder genauso gut erziehen können wie heterosexuelle Eltern. Spannend wird, was die ungarischen Wähler*innen dazu bei dem Referendum sagen werden.

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Einen Tag nach einer emotionalen Debatte zum Thema wird das polnische Parlament am morgigen Freitag über ein Gesetz abstimmen, das Pride-Paraden und andere öffentliche Gesten zur Unterstützung von LGBTQI*-Rechten verbieten würde. Die neue Änderung des Versammlungsrechts sieht vor, dass öffentliche Versammlungen künftig nicht mehr „die Ehe als Beziehung zwischen einer Frau und einem Mann in Frage stellen“ oder „die Ausdehnung der Ehe auf Personen des gleichen Geschlechts propagieren“ dürften.

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Demonstrationen wie Pride-Paraden würden demnach verboten, weil sie „eine andere als die heterosexuelle Orientierung“ fördern würden. Wie die Deutsche Welle berichtete begann Krzysztof Kasprzak, einer der rechtskonservativen Aktivist*innen, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, seine Rede damit, dass er die LGBT-Rechtsbewegung als eine Form des Totalitarismus bezeichnete und sie mit dem Nazismus verglich. Er beschuldigte die Bewegung, „die natürliche Ordnung umstürzen und Terror einführen“ zu wollen. Diese Rede bezeichnete Wlodzimierz Czarzasty, der stellvertretende Parlamentssprecher der Linken in Polen, wiederum als „widerwärtig“. Ihm schlossen sich eine Reihe von Abgeordneten der Opposition aus der Linken, der Mitte und sogar der konservativen Fraktion an, die den Gesetzesvorschlag als unmenschlich, homofeindlich oder als Verstoß gegen das in der Verfassung des Landes garantierte Versammlungsrecht bezeichneten. Demnach bleibt es unklar, ob der Vorschlag die nötige Rückendeckung hat, um voranzukommen.

Hunderte von Menschen gingen bereits in der polnischen Hauptstadt auf die Straße, um gegen den Gesetzentwurf zu protestieren. Mehr als 300 Menschen versammelten sich vor dem Parlament in Warschau, schwenkten Regenbogenfahnen und hielten Transparente mit der Aufschrift: „Liebe kennt kein Geschlecht“. Nils Muiznieks von Amnesty International forderte die polnischen Gesetzgeber auf, „anzuerkennen, dass Liebe Liebe ist, und diesen hasserfüllten Vorschlag, der durch und durch diskriminierend ist, zurückzuweisen“. Er fügte hinzu: „Diese Initiative geht zwar nicht von der polnischen Regierung aus, aber wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass die Normalisierung hasserfüllter Rhetorik durch die Regierung ein Umfeld geschaffen hat, in dem sich Menschen ermächtigt fühlen, Bigotterie zu verbreiten“.

Der Gesetzentwurf würde das Recht der Pol*innen auf Versammlungsfreiheit ändern und das Land zweifellos in einen neuen Konflikt mit der EU bringen, die bereits über die Unabhängigkeit der Justiz im Land sowie über ein aktuelles Urteil des polnischen Verfassungsgerichts besorgt ist, in dem erklärt wurde, dass polnisches Recht über dem EU-Recht stehe. Zudem hatten sich vor zwei Jahren mehr als 100 Gemeinden und Regionen in Polen zu „LGBT-ideologiefreien Zonen“ erklärt. In jüngster Zeit haben jedoch einige Orte diesen Status wieder aufgehoben, da Kommission rechtliche Schritte gegen Polen ergriffen hatte. Um EU-Mittel zu beschaffen hatten einige polnische Regionen die „LGBT-freie Zonen“ so sehr schnell wieder aufgehoben. Nun gilt es also zu hoffen, dass die EU auch im Falle einer Bestätigung diesen Gesetzes wieder gegen die darin enthaltenen menschenverachtenden Inhalte vorgehen und queere Rechte so stärken können wird.

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In Deutschland sieht das derzeitige sogenannte „Transsexuellengesetz“ vor, dass trans Personen vor Gericht gehen müssen, um ihr rechtliches Geschlecht ändern zu lassen, erlaubt ein Veto des*der Ehepartners*in, und bestimmt, dass trans Personen drei Jahre warten müssen, bevor sie erneut einen Antrag auf die Änderung ihres rechtlichen Geschlechtes stellen können. Außerdem müssen sie von medizinischen Sachverständigen begutachtet werden und mindestens drei Jahre lang als offen transidente Person gelebt haben.

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So sind trans Personen in Deutschland noch immer gezwungen, sich einer langen und teuren „Begutachtung“ auszusetzen, um ihr legales Geschlecht zu verändern. Dieser Prozess sei, so die trans Aktivistin Felicia Rolletschke, „degradierend, teuer, und unlogisch“.

Dem neuen Ampel-Koalitionsvertrag zufolge würde eine Reform bedeuten, dass trans Personen in Deutschland ihr eigenes Geschlecht mit weniger dieser Hürden bestimmen könnten. So wolle die Koalition erreichen, dass die gesetzliche Krankenversicherung die medizinische Versorgung im Zusammenhang mit einer geschlechtsangleichenden Transition in vollem Umfang übernimmt. Demzufolge müsste es dann beispielsweise nicht mehr zu Verfahren wie vor einigen Wochen kommen, bei der eine trans Frau vor Gericht klagen und ihren Hals entblößen musste, um eine operative Reduktion ihres Adamsapfels von der Kasse übernommen zu kommen.

Es werde zudem ein Entschädigungsfonds für trans und inter Personen eingerichtet, die durch frühere Gesetze geschädigt wurden, zum Beispiel durch Zwangssterilisationen oder unnötige Operationen. Bis 2011 waren trans Menschen in Deutschland gezwungen, sich einer Zwangssterilisation zu unterziehen, um eine rechtliche Geschlechtsanerkennung zu erhalten. Und Anfang diesen Jahres wurde in Deutschland zwar ein gesetzliches Verbot sogenannter „normalisierender“ Operationen an intersexuellen Kindern und Jugendlichen erlassen, doch bei vielen wirke das Trauma der unnötigen Eingriffe noch immer nach. So veröffentlichte der Deutsche Ethikrat im Jahr 2012 einen Bericht, in dem festgestellt wurde, dass „viele Menschen, die in ihrer Kindheit einer 'normalisierenden' Operation unterzogen wurden, diese später als Verstümmelung empfunden haben und ihr als Erwachsene niemals zugestimmt hätten“. Mit einem solchen Entschädigungsfonds wäre Deutschland das zweite Land der Welt, das trans Personen für Zwangssterilisationen entschädigt, nachdem Schweden 2018 das erste war.

Nun fragen sich wohl gegenwärtig viele trans und inter Personen wann mit dem versprochenen Gesetz gerechnet werden könne. Darüber sprach Freddy Mo Wenner, eine Person die drei Jahre im Bundestag gearbeitet hat und sich mit trans Themen gut auskennt, in einem Interview mit queer.de. Auf die Frage, wann das Gesetz denn komme, sagte Wenner: „Der Referent*innenentwurf kann theoretisch in ein bis drei Monaten erarbeitet sein. Mit der Anhörung der Verbände und der Runde durch den Bundesrat sind wir bei insgesamt vier bis sechs Monaten – wenn alles gut und glatt läuft. Was aber immer sein kann, ist, dass im Kabinett Uneinigkeit herrscht, zum Beispiel, weil ein anderes Ressort einhakt. Dann wird es dort erst weiter politisch diskutiert, bevor es weitergeschoben wird.“

Trotz fortschrittlicher Projekte für die Rechte von queeren Menschen im Koalitionsvertrag und diesem „Meilenstein“, wie Julia Monro, von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI), dies bezeichnet, gilt es also hoffen, dass sich die Ampel nicht nur an die Versprechen ihres Koalitionsvertrages hält, sondern diese auch möglichst schnell erfüllt.

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Die Ampelkoalition hat ihr Reformprogramm vorgestellt. Darin hat das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP auch versprochen, eine Reihe von Reformen zur Verbesserung der Rechte von LGBTQI* in Deutschland einzuführen. Und tatsächlich sieht es so aus, als sei die neue Bundesregierung queerer als die letzte – sowohl in ihrer Besetzung als auch in ihren Zielen.

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Daniel Wesener, ein schwuler Grüner wird Berliner Finanzsenator und der schwule Aktivist und QueerGrün-Chef Pascal Haggenmüller ist zum Parteivorsitzenden der Grünen in Baden-Württemberg gewählt worden. Die Koalition fordert, den Schutz queerer Menschen im Grundgesetz zu verankern. Auf Initiative von Berlin und Hamburg empfiehlt die Innenministerkonferenz ein härteres Vorgehen gegen queerfeindliche Gewalt. So sollen in einem unabhängigen Sachverständigengremium Vertreter*innen der Wissenschaft und Sicherheitsbehörden gemeinsam mit Fachverständigen aus der queeren Community konkrete Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung queerfeindlicher Gewalt und für die Sensibilisierung der Sicherheitsbehörden erarbeiten. Außerdem plant die Koalition, das Verfahren zu ändern, mit dem trans Personen in Deutschland rechtlich anerkannt werden, und die geschlechtliche Selbstidentifizierung einzuführen. Zu den weiteren Reformvorschlägen gehören die Verschärfung des Verbots von sogenannten „Konversionstherapien“ in Deutschland, die bundesweite Erfassung von Hassverbrechen gegen LGBTQI*, die Abschaffung von Beschränkungen bei der Blutspende für Männer, die mit Männern schlafen, die Überprüfung von Asylverfahren für queere Asylsuchende und das automatische Elternrecht für die Ehefrauen lesbischer Mütter, die das leibliche Kind ihrer Partnerin derzeit noch adoptieren müssen, um offiziell als zweite Mutter zu gelten.

Julia Monro, von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI), sagte dem Tagesspiegel: „Noch nie gab es in einem Koalitionsvertrag so fortschrittliche Projekte für die Rechte von queeren Menschen. Das ist ein Meilenstein und die queere Community jubelt.“ Nun gilt es abzuwarten und zu hoffen, dass sich die Ampel an die Versprechen ihres Koalitionsvertrages hält.

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Laut einer neuen US-amerikanischen Studie dominieren rechtsgerichtete Seiten die Konversationen auf Facebook, wenn es um trans Themen geht. Damit setze sich ein jahrelanger Trend fort, bei dem Rechte von Transfeindlichkeit geprägte Erzählungen über die trans Community auf der Plattform vorantreiben.

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Wie das queere Magazin them berichtet, untersuchte eine Studie, die letzte Woche von der Medienbeobachtungsorganisation "Media Matters for America" veröffentlicht wurde, eine breite Palette von Facebook-Beiträgen zu trans Themen aus dem vergangenen Jahr. Sie fand, dass alle bis auf einen der 40 Top-Posts zu trans Themen in diesem Zeitraum von rechtsgerichteten Facebook-Seiten gestammt hätten. Wenn man alle Beiträge mit mehr als 50.000 Interaktionen betrachte, seien rechtsgerichtete Seiten für 77 % dieser Beiträge verantwortlich gewesen.

Ein Teil des Grundes, warum rechtsgerichtete Seiten mehr Engagement für trans-bezogene Inhalte erhalten, könne laut der Autor*innen darin liegen, dass diese viel häufiger trans-bezogene Inhalte posten würden als nicht-rechtsgerichtete Seiten - laut der Studie sogar mehr als doppelt so oft wie linksgerichtete Seiten. Media Matters deutete zudem darauf hin, dass die algorithmische Voreingenommenheit Facebooks auch eine Rolle bei der Menge des Engagements spielt, das rechte Inhalte erhalten.

Dies ist nicht das erste Mal, dass Media Matters die algorithmische Voreingenommenheit von Facebook gegenüber trans Personen untersucht hat. "Die jüngste Flut von Nachrichten über Facebook hat gezeigt, dass das Unternehmen Engagement und Profite über alles andere stellt und dass seine Plattformen für Kinder gefährlich sind", sagte Brennan Suen, Media Matters LGBTQ Programm-Direktor und Autor der Studie, in einer Pressemitteilung und fügte hinzu, dass die Plattform besonders „giftig für trans Kinder“ sei.

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