Weiterlesen Ein Gastbeitrag von Frank Thies. Noch vor der Bundestagswahl am 26.9.2021 soll der Artikel 3 des Grundgesetzes geändert werden. Bislang heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ [caption id="attachment_10966" align="aligncenter" width="240"]
Doch nun sollen drei Themen im Grundgesetz angegangen werden: 1. Der Rassebegriff soll ersetzt werden. 2. Die Kinderrechte sollen verankert werden. 3. Die geschlechtliche und sexuelle Identität soll geschützt werden. Doch während die Presse bislang oft über die Änderung des Rassebegriffs berichtet hat, fallen die anderen beiden Themen eher unter den Tisch. Außerdem wünscht sich so manch LSBTI*-feindliche Person, dass der Schutz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*, Inter*, Queers, Pansexuellen, Nicht-Binären und Asexuellen keinen Einzug erhält. Seit langer Zeit gibt es den Runden Tisch „Ergänzung Artikel 3 GG“ mit vielen Videokonferenzen, an der u.a. All Out, der LSVD, das Aktionsbündnis gegen Homophobie e. V., BiNe – Bisexuelles Netzwerk e. V., Bundesverband Trans*, CSD Deutschland e. V., Intersexuelle Menschen e. V., Projekt 100% Mensch gUG und alle queeren Untergruppen der großen demokratischen Parteien beteiligt sind. An dem Appell auf der Website grundgesetz-fuer-alle.de wurde lange gefeilt, damit alle ihn tragen können. Da es in der Politik auch oft um Befindlichkeiten geht, musste einiges berücksichtigt werden. Die Zeit drängt, denn Bundesregierung und Bundestag verhandeln gerade über die Änderung des Grundgesetzes. [caption id="attachment_10967" align="aligncenter" width="240"]
Zu den prominenten Erstunterzeichnenden gehören u. a. Anne Will sagt: „Es ist höchste Zeit, sowohl den Rassebegriff aus dem Artikel 3 GG zu streichen, als auch queere Menschen endlich durch das Grundgesetz vor Diskriminierung zu schützen.“ Mit-Organisator Frank Thies vom Bisexuellen Netzwerk meint dazu: „Als Lehrer und Bi-Aktivist liegt mir der Schutz vor Diskriminierung am Herzen. Bisexuelle werden oft unsichtbar gemacht – bitte nicht auch noch im Grundgesetz!“ [caption id="attachment_11003" align="aligncenter" width="190"]
Schließlich wurden gleichgeschlechtlich liebende Männer noch bis 1994 mit dem im Dritten Reich verschärften Paragraf 175 verfolgt. Der Appell fordert alle Mitglieder und Fraktionen des Deutschen Bundestags auf, alle Menschen der queeren Community durch die Ergänzung des Artikel 3 (3) GG zu schützen. Abwiegelungen, dass die jetzige Form ausreiche, wird u. a. aus obigem Grund nicht geteilt. Ferner wird der Gesetzesänderungsentwurf der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen begrüßt. Nach dem Eklat der SPD in dem Onlinetalk mit der LSBTI*-feindlichen FAZ-Feuilletonchefin Sandra Kegel hat die Partei nun eine Chance zu zeigen, ob sie auf der Seite der queeren Menschen steht. Denn für eine Änderung des Grundgesetzes bedarf es einer Zweidrittel-Mehrheit. Und so zählt jede Stimme. Das Logo von „Grundgesetz für alle“ soll an das für die „Ehe für alle“ erinnern. Das Start-Kampagnenbild ist nur eins von vielen, mehr Vielfalt versprechen die Designer*innen für die Zukunft. Der Hashtag lautet #GrundgesetzFürAlle, gerne ergänzt durch #Artikel3. Wer die Idee unterstützen will, kann das durch Teilen der Kampagnenseite, Teilen der Petition und Machen einer Instastory oder Facebook Story tun. Die Petition kann hier unterschrieben werden.
(c) @AllOut[/caption]
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(c) Frank Thies[/caption]
#actout: 185 Schauspieler*innen outen sich als LSBTIQ*
9. Februar 2021Weiterlesen Viele der Mitglieder der Initiative hätten die Erfahrung gemacht, dass ihnen zum Beispiel von Caster*innen oder Regisseur*innen geraten worden sei, ihre sexuelle Orientierung oder ihr Gender geheimzuhalten, um die eigene Karriere nicht zu gefährden. Unter den Personen findet sich unter anderem auch die Schauspielerin Ulrike Folkerts, auch bekannt mit ihrer Rolle als Tatortkommissarin Lena Odenthal. Diversität sei in Deutschland schon längst gesellschaftlich gelebte Realität, schreibt die Gruppe. Dies werde aber noch nicht ausreichend in Film und Fernsehen abgebildet.
Was bedeutet eigentlich „queer“?
5. Februar 2021Weiterlesen Der erste Unterschied zwischen queer sein auf der einen Seite, und bi-, pan-, oder polysexuell sein, auf der anderen, offenbart sich durch das Vorhandensein der Komponente „Sexualität“ in den Begriffen. Das heißt, dass Menschen, die sich als bi-, pan-, und polysexuell outen, damit erstmal nur Auskunft über ihre sexuelle Orientierung geben – nicht ihre geschlechtliche Identität. Während das zwar nicht bedeutet, dass bi-, pan-, und polysexuelle nicht auch queer sein können, so schließen diese Bezeichnungen nicht automatisch jede Person ein, die Geschlecht und Sexualität nicht „traditionell“ lebt – wie der Begriff queer es tut. Queer ist damit eine positive Selbstbezeichnung für Personen, die nicht heterosexuell und/oder cisgeschlechtlich sind. In diesem Zusammenhang kann „nicht heterosexuell“ entweder bedeuten nur Menschen des eigenen Geschlechts anziehend zu finden (homosexuell), oder mindestens zwei verschiedene Geschlechter zu begehren (bi-, pan-, und polysexuell). „Nicht cisgeschlechtlich sein“ als mögliches Element von Queer sein, bezieht sich wiederum auf die eigene Geschlechtsidentität und hat erstmal nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun, sondern besagt, dass sich eine Person nicht oder nur zum Teil zu dem Geschlecht zugehörig fühlt, welches ihr bei der Geburt zugewiesen wurde. Trans*, inter*, agender und nicht-binäre Personen bezeichnen sich daher oft auch als queer – jedoch nicht immer. Und darin offenbart sich der zweite Unterschied zwischen queer sein und beispielsweise bi sein: Als eine Frage der Selbstidentifizierung und der Begriffe, die Menschen zur Verfügung stehen, wenn sie sich zur ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität outen wollen. In einem Gespräch zwischen zwei Journalistinnen des Online-Netzwerks Funk, von denen sich eine als queer und die andere als bisexuell bezeichnet, schildert die bisexuelle Journalistin, dass sie den Begriff queer gar nicht gekannt habe, als sie vor zehn Jahren begann sich in einem kleinen bayerischen Dorf als bi zu identifizieren. Dies bedeute für sie jedoch nicht, dass sie sich nur für Frauen und Männer interessiere - eine überholte Vorstellung und häufige Annahme der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft. Und so geht aus diesem Gespräch der dritte Unterschied zwischen den verschiedenen Bezeichnungen hervor: Die Erfahrungen, die Menschen damit machen. So erzählt die queere Person in dem oben genannten Gespräch, dass ihr oft vorgeworfen werde, mit ihrer queeren Selbstbezeichnung nur für Aufmerksamkeit sorgen zu wollen; oder dass man ihr sage: „Du siehst ja gar nicht queer aus!“. Die bisexuelle Journalistin wiederum berichtet von sogenannter „Bi-Erasure“, auf Deutsch „Bi-Radierung“: Das Phänomen, dass bisexuellen Menschen häufig unterstellt wird, nur in der Übergangsphase zum Outing als schwul oder lesbisch sein, oder sich nicht entscheiden zu können und in einer „Phase“ zu sein. So zeigt sich jedoch in den Unterschieden der oben genannten Bezeichnungen auch eine große Gemeinsamkeit, und zwar die Abweichung von „traditionellen“ Vorstellungen. Damit kann „queer“ eine Art Regenschirm-Begriff für alle darstellen, die sich nicht zur heteronormativen Mehrheitsgesellschaft zugehörig fühlen – sondern zu einer queeren Community. Mehr Informationen und mehr Begriffe finden Sie in der Fibel Echte Vielfalt.