Echte Vielfalt

Mitten im Pride-Monat zeigt sich die aktuelle Gefahr für queeres Leben in Deutschland: Die Schlagzeilen über Bedrohungen verschiedener CSD-Veranstaltungen in Deutschland häufen sich. Eine CSD-Demonstration in Regensburg wurde deshalb abgesagt. Zusätzlich wurde ein Fest für Vielfalt in Brandenburg von mehreren jungen Rechtsextremen angegriffen.

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Anfang der Woche berichtete die Mittelbayrische Zeitung, dass die für den 5. Juli geplante CSD-Parade in Regensburg aufgrund einer „abstrakten Bedrohungslage“ abgesagt wird. Die Entscheidung hätte sich nach einem Krisengespräch mit dem Ordnungsamt und der Polizei ergeben. Die Sicherheit der Teilnehmenden während der Demonstration könne nicht gewährleistet werden, so der CSD-Organisator Alexander Irmisch (zitiert auf queer.de). Das geplante Straßenfest und eine Kundgebung könnten jedoch stattfinden, da diese besser abzusichern seien. Laut Irmisch gehe die Bedrohung von Rechten und religiösen Fanatiker*innen aus.

Angst vor rechtsextremen Angriffen bei queeren Veranstaltungen ist in der aktuellen Lage nicht unbegründet. So gab es vor dem CSD Wernigerode in Sachsen-Anhalt eine mutmaßliche Anschlagsdrohung. Der Mitteldeutsche Rundfunk berichtete von dem Verdacht, dass ein 20-Jähriger in einer Kneipe Angriffe auf die Pride-Veranstaltung angekündigt hätte. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei mehrere Waffen und Munition. Aufgrund fehlender Beweise für den geplanten Anschlag ist der Verdächtigte jedoch noch auf freiem Fuß. Der CSD in Wernigerode wurde durchgeführt und verlief friedlich.

Erst vergangenes Wochenende kam es in Brandenburg zu einem tatsächlichen Angriff, der unter anderem queerfeindlich motiviert zu sein scheint. Circa zwölf Vermummte stürmten ein Fest des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“, wobei zwei Menschen leicht verletzt wurden (Tagesschau). Die taz ordnet den Vorfall klar als Angriff von Neonazis ein. In dem Ort gebe es eine starke rechte Jugendbewegung. Der Versammlungsleiter des Fests Samuel Signer kritisiert, dass zu dem Zeitpunkt keine Polizei vor Ort war, obwohl es Hinweise auf eine Bedrohung gegeben hätte.

Erst im Mai wurde die Statistik des Bundeskriminalamtes zu politisch motivierter Kriminalität veröffentlicht. Darin wurde ein alarmierender Anstieg von Hasskriminalität gegenüber queeren Menschen 2024 von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr festgestellt (siehe dazu die Pressemitteilung des LSVD+). Die Amadeo-Antonio-Stiftung berichtete, dass 2024 ein Drittel aller CSDs in Deutschland zum Ziel rechtsextremer Angriffe wurde. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass die Bedrohung auch in diesem Jahr wieder da ist – womöglich sogar erhöht.

Der Anstieg von Queerfeindlichkeit muss in der Planung von CSD-Veranstaltungen mitgedacht werden. Kai Bölle, Vorstandsmitglied des Vereins CSD Deutschland, betont, dass auch die Bedrohungen im Netz stark angestiegen seien (zitiert in der WELT). Besonders von jungen rechtsextremistischen Gruppen gehe eine Bedrohung aus.

Trotz einer erhöhten Bedrohungslage und teilweise Gegenproteste von Neonazis (wie etwa im baden-württembergischen Pforzheim) lassen sich die CSD-Veranstalter*innen nicht gänzlich abschrecken. In den meisten deutschen Städten werden die Pride-Demos und Veranstaltungen weiter geplant. So auch in der Hauptstadt Berlin. Da kam es jedoch zu einer anderweitigen Schlagzeige: Das queere Regenbogennetzwerk des Bundestags sagt seine Teilnahme ab. In den letzten beiden Jahren hingegen nahm die Bundestagsverwaltung beim Christopher Street Day teil. Der Spiegel zitiert den Vorstand des Berliner CSD e.V., der dies als „aktive Absage an queere Sichtbarkeit“ bezeichnet. Die Verwaltung des Bundestags erklärte ihre Absage mit der Neutralitätspflicht. Dabei wäre genau jetzt in der steigenden Bedrohungslage eine klare Positionierung der Politik für die Rechte und den Schutz queerer Menschen notwendig.

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Die Loveparade ist ein pulsierendes Symbol der 90er Jahre, das Millionen faszinierte. Wummernde Bässe, grenzenlose Freiheit und ihr besonderes Lebensgefühl machten sie zu einer der bedeutendsten Technoparaden weltweit.

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Unter dem Titel „Friede, Freude, Eierkuchen – Die Loveparade in den 90ern“ widmet das Haus der Geschichte in Bonn dieser einzigartigen Ära eine eindrucksvolle Fotoausstellung. Nach dem Mauerfall verwandelte sich Berlin in ein Zentrum der Clubkultur, wo alles möglich schien und die Loveparade als Sinnbild von Gemeinschaft, Frieden und selbstbestimmter Liebe aufblühte.

Das Motto „Love“ stand dabei für mehr als nur Musik – es war Ausdruck von Freiheit und Selbstentfaltung: „Viele Feiernde zeigen nackte Haut. Selbstbewusst ausgelebte Homosexualität gehört so selbstverständlich zur Loveparade wie Heterosexualität.“ Der Fotograf Daniel Biskup hielt diese elektrisierende Atmosphäre in seinen Bildern seit 1995 fest. Die Ausstellung zeigt eine exklusive Auswahl seiner Werke und bringt die Besucher*innen zurück in die Zeit der schrillen Outfits, des ekstatischen Tanzens und des ungebremsten „Hier und Jetzt“-Lebensgefühls.

Ein besonderes Highlight: Laut Manuel Opitz vom Magazin GEO gibt es in der Ausstellung Plattenspieler mit Technomusik, die das Erlebnis auch musikalisch wieder hervorrufen.

Mehr Informationen vor Ort: Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn
oder online unter:Friede, Freude, Eierkuchen

Bild: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

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In einem früheren Artikel zu gendervarianten (engl. „gender nonconforming“) Geschlechtsidentitäten nannten wir auch die Kategorie „Agender“. Dieser Artikel ist eine Ergänzung dazu und geht spezifischer auf die Frage ein, was es bedeutet, „agender“ zu sein und wie es sich beispielsweise zu trans* und Nicht-Binarität verhält.

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Eine kurze Definition von Agender bietet das Queerlexikon: „Als agender können sich Menschen bezeichnen, die kein Geschlecht haben, sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen oder mit dem Konzept von Geschlecht nichts anfangen können.“

So kann Agender als Geschlechtsfreiheit oder Geschlechtslosigkeit beschrieben werden. Dabei wird diese Kategorie oft auch als Teil von trans* und/oder nicht-binären Geschlechtsidentitäten verstanden. Denn agender Menschen ordnen sich nicht in ein binäres Geschlechtssystem (männlich/weiblich) ein und identifizieren sich nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Dennoch sollte agender nicht mit trans* gleichgesetzt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit e. V. (dgti*) erklärt dieses Verhältnis folgendermaßen:

"Ein häufiger Irrtum ist die Annahme, dass agender und trans* dasselbe seien. Während viele trans* Personen sich einem anderen Geschlecht zuordnen oder dieses annehmen, empfinden sich agender Menschen als komplett außerhalb dieser Kategorien. Sie identifizieren sich weder mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht noch mit einem anderen. Einige agender Personen verstehen sich dennoch als Teil der trans* Community, insbesondere wenn sie eine Veränderung ihrer Geschlechtsdarstellung anstreben​.“

Ebenfalls wichtig zu nennen ist, dass agender Menschen nicht gleich asexuell sind. Asexualität beschreibt, dass Menschen kein oder nur selten sexuelle Anziehung zu anderen Personen verspüren. Die Geschlechtskategorie „agender“ beschreibt die Erfahrung, sich mit keinem Geschlecht zu identifizieren, die sexuelle Orientierung ist unabhängig davon.

Egal wie eine Person aussieht und sich kleidet, sollte die Geschlechtsidentität oder eben auch die Geschlechtsfreiheit respektiert werden. Um agender Personen zu unterstützen, sollte wie bei nicht-binären Personen darauf geachtet werden, die selbst gewählten Pronomen und Namen der jeweiligen Person zu verwenden.

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Die Wahl in Hamburg liegt zwar einige Tage zurück, doch ein Blick auf die Ergebnisse zeigt, dass die Stadt ihre Rolle in Sachen Vielfalt und Gleichberechtigung ernst nimmt.

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Wie das Magazin queer treffend feststellt: Während der Koalitionsvertrag der Bundesregierung zu LGBTIQ*-Themen weitgehend schweigt, setzen die Hamburger Koalitionsparteien SPD und Grüne ein klares Zeichen: Vielfalt ist hier nicht nur eine Randnotiz, sondern ein explizites Element der politischen Agenda.

In ihrem Koalitionsvertrag bekennen sich die Regierungsparteien zu einer weltoffenen Gesellschaft und führen den Aktionsplan „Hamburg l(i)ebt vielfältig“ fort. Dieser Plan umfasst 150 Maßnahmen in sieben zentralen Zielfeldern, darunter Aufklärung, Fachkräftequalifizierung und rechtliche Gleichstellung. Ziel ist es, Vielfalt in allen gesellschaftlichen und staatlichen Bereichen zu verankern – von Bildungseinrichtungen bis zu Pflegeheimen. Hervorzuheben ist auch der Fokus auf besonders vulnerable Gruppen, etwa LGBTIQ*-Menschen mit Fluchterfahrung und solche, die mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind. Diese explizite Erwähnung zeigt, dass Hamburg anerkennt: Eine diverse Gesellschaft besteht nicht aus isolierten Gruppen, sondern aus einem Miteinander. Der Koalitionsvertrag erkennt damit Vielfalt als ein Thema an, das über einzelne Gruppen und Generationen hinaus reicht.

Dies spiegelt sich auch in den übrigen Zielgebieten wider, die der Vertrag vorsieht:

  • Queeres Leben in allen Lebensbereichen: Von frühkindlicher Bildung bis zur Pflege soll Vielfalt selbstverständlich sein.
  • Fortbildung von Fachkräften: Mitarbeitende werden gezielt geschult, um queere Menschen besser zu unterstützen.
  • Repräsentation in Gremien: Institutionen wie der Landesseniorenbeirat spiegeln die Vielfalt der Stadtgesellschaft wider.
  • Zentrale Beratungsstelle für queere Familien: Eine solche Anlaufstelle wird geprüft.
  • Erweiterung des Diskriminierungsverbots: Das Grundgesetz soll um sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität ergänzt werden.
  • Reform des Abstammungsrechts: Besonders lesbische Frauen sollen rechtlich gleichgestellt werden.
  • Konsequente Verfolgung von Hasskriminalität: Die Polizei wird ihre bestehenden LGBTIQ*-Konzepte weiterführen und stärken.

Natürlich löst ein Aktionsplan nicht alle strukturellen Probleme. Doch gerade vor dem Hintergrund der immer häufiger diskriminierenden Rhetorik auf Bundesebene setzt Hamburg mit diesen Maßnahmen ein deutliches Signal: Ein anderer Weg ist möglich und dabei handelt es sich keineswegs um eine rein ethisch-soziale Frage. Nicht umsonst betont der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), "soziale, wirtschaftliche und politische Sicherheit in unsicheren Zeiten geben" (queer.de) zu wollen. Er macht damit deutlich, dass wirtschaftliche und politische Sicherheit in unsicheren Zeiten eng mit sozialer Offenheit verbunden ist. Zwar bleibt abzuwarten, wie sich diese Maßnahmen in der Praxis konkret auswirken, doch solange Bundesländer wie Hamburg aktiv für Vielfalt und Offenheit eintreten, bleibt der politische Diskurs in Deutschland dynamisch und offen für Veränderungen.

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Am 27. Mai wurde der Diversity Day 2025 gefeiert – ein Tag, der die Wertschätzung von Vielfalt und Inklusion in Gesellschaft und Arbeitsleben stärkt. Doch eine inklusive Gesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Sie braucht klare Prinzipien und Mechanismen, um sich selbst zu kontrollieren und gegen Hass und Diskriminierung vorzugehen.

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Hier setzt die Kampagne STOP the HATE an. Sie konzentriert sich auf Unterstützung, Prävention und Aufklärung, um Betroffene von Hasskriminalität zu schützen und die Gesellschaft zu sensibilisieren. Bereits im vergangenen Jahr berichtete Echte Vielfalt über die Initiative, die darauf abzielt, Menschen zu empowern und für eine sichere Gesellschaft einzutreten.

STOP the HATE hat den Anspruch , die Betroffenen auf die Anzeigenerstattung und deren mögliche Folgen vorzubereiten sowie die richtigen Kontakte zur Polizei bereitzustellen. Darüber hinaus helfen die Mitarbeiter*innen bei der Bekämpfung von Hass im Internet und unterstützen das Löschen schädlicher Inhalte. Zusätzlich organisiert die Kampagne Workshops, in denen Teilnehmende lernen, Hass zu erkennen und aktiv dagegen vorzugehen. Auch Zivilcourage spielt eine große Rolle: Das Netzwerk Echte Vielfalt vermittelt Hilfe und zeigt auf, warum es entscheidend ist, Stellung zu beziehen.

Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein und die Landespolizei Schleswig-Holstein mit der Zentralen Ansprechstelle LSBTIQ* unterstützen STOP the HATE aktiv. Die Kampagne bietet betroffenen Personen professionelle Hilfe, insbesondere bei der schwierigen Entscheidung, eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Dabei werden nicht nur die Tat selbst, sondern auch das persönliche Erleben und individuelle Identitätsfragen sensibel berücksichtigt.

Klare Grenzen gegen Hass – ein notwendiger Schutzraum

Hasskriminalität betrifft nicht nur körperliche Gewalt, sondern schließt auch verbalen und symbolischen Hass mit ein. Dabei ist Hass eine zweischneidige Angelegenheit, bei der es wichtig ist, zwischen struktureller Diskriminierung – verursacht durch Ignoranz oder fehlendes Wissen – und gezielten, hasserfüllten Taten zu unterscheiden. Während strukturelle Diskriminierung durch Bewusstseinsbildung und Reflexion angegangen werden kann mit dem Ziel, das Gegenüber abzuholen, braucht Hasskriminalität eine klare und direkte Grenze.

Eine Anlaufstelle wie STOP the HATE ist daher nicht nur eine notwendige Unterstützung für Betroffene, sondern auch eine selbstverständliche Institution in einem Rechtsstaat wie Deutschland. Sie hilft dabei, eine starke Gemeinschaft zu formen, die sich gegen Hass stellt und ein deutliches „Nein“ zu Hate Crime gegen Queers ausspricht – „für eine Gesellschaft, in der Respekt und Toleranz an erster Stelle stehen“.

 

Hier geht es zum offiziellen Flyer von STOP the HATE.

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Trans SH – Lübeck organisiert nun monatlich ein Treffen für alle Menschen, die sich in einer Identität unter dem nichtbinären/non-binary Umbrella heimisch fühlen, sowie Angehörige und Interessierte.

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Die Treffen finden immer am jeweils letzten Samstag des Monats statt.

Der nächste Termin ist der 31. Mai um 16 Uhr.

​Darin soll Raum für Erfahrungsaustausch, gegenseitige Unterstützung auf dem Weg der Identitätsklärung, aber auch die Bewältigung von Alltag, Schule, Studium oder Beruf geboten werden.

​Die Webseite befindet sich momentan noch im Aufbau. Weitere Informationen per E-Mail an enbytreff.luebeck@gmail.com.

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In deutschen Großstädten ist queeres Leben längst sichtbar und fester Bestandteil der Gesellschaft. Doch in ländlichen Regionen kämpfen LGBTIQ*-Personen weiterhin gegen tief verwurzelte Vorurteile und Diskriminierung. Besonders in strukturschwachen Gebieten fehlen oft unterstützende Netzwerke, die für viele eine essenzielle Stütze wären.

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Bereits in unserem Artikel „LGBTIQ* und das Leben auf dem Land“ aus dem vergangenen Jahr haben wir dieses Thema beleuchtet. Trotz der Schwierigkeiten gibt es Hoffnung: Initiativen wie „Allgäu Pride“ aus Bayern oder „Queere Worte – Queere Orte“ aus Hessen setzen sich aktiv für mehr Sichtbarkeit und Vernetzung ein. In Fulda wurde die „Queere Stunde“ ins Leben gerufen, bei der Gleichgesinnte an wechselnden Orten zusammenkommen, um Kontakte zu knüpfen. Schleswig-Holstein bietet ebenfalls Stammtische, wobei diese vermehrt in städtischen Regionen zu finden sind.

Zwar haben rechtliche Errungenschaften wie das Selbstbestimmungsgesetz Fortschritte gebracht, doch sie ändern nicht unmittelbar die Lebensrealität vieler queerer Menschen auf dem Land. Vorurteile bleiben bestehen, und strukturelle Herausforderungen erschweren die Akzeptanz. Projekte wie „Allgäu Pride“ versuchen, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, doch es mangelt an politischer Unterstützung und finanziellen Mitteln. Besonders in wirtschaftlich schwächeren Regionen ist Engagement gefordert, damit queeres Leben sichtbarer und selbstverständlicher wird.

Finanzielle Förderung spielt dabei eine Schlüsselrolle. Ohne Investitionen in soziale und infrastrukturelle Maßnahmen bleibt die Auseinandersetzung mit queerem Leben oft oberflächlich oder wird verdrängt – in manchen Fällen wird sie sogar mit Hass betrachtet. Es braucht ganzheitliche Konzepte, die alle Menschen in ländlichen Regionen einbeziehen und Vorurteile abbauen.

Ein anekdotischen Einblick in die Realität queerer Menschen auf dem Land bietet die Dokumentation „Queer in der Provinz“ des MDR aus dem Mai 2025. Die Sendung begleitet vier Personen auf ihrem Weg zu mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz:

  • Eric, der sich trotz Widerstände für den ersten CSD seiner Kleinstadt engagiert,
  • Tina und ihre Ehefrau, die Akzeptanzprobleme in ihrem Heimatdorf erleben,
  • Christian, der unsicher ist, ob sein neues Zuhause ihn willkommen heißt,
  • Joe, der mit bürokratischen Hürden bei der Anerkennung seiner Identität kämpft.

Die Dokumentation verdeutlicht, dass gesellschaftlicher Wandel möglich ist – und dass die Provinz nicht nur als Gegensatz zur Großstadt existiert, sondern Raum für Vielfalt bieten kann. Ländliche Regionen dürfen nicht mit Ausgrenzung gleichgesetzt werden. Entscheidend ist daher eine Kombination aus politischem Druck für Investitionen in Infrastruktur und dem tatkräftigen Engagement der LGBTIQ*-Community. Vereine und Initiativen sowie all jene, die über genug Energie verfügen, um über die eigenen Interessen hinaus aktiv zu werden, tragen dazu bei, inklusive Räume zu schaffen, die allen Menschen offenstehen.

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Die Organisation Against Conversion Therapy (ACT) fordert die EU-Kommission dazu auf, Konversionsmaßnahmen in der Europäischen Union zu verbieten. Ein Jahr lang wurden Unterschriften dafür gesammelt: Mit 1.245.626 hat die Initiative die Anforderung von einer Million Unterschriften erreicht.

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Während die WHO Homosexualität seit 1990 nicht mehr als ‚Krankheit‘ einstuft, gibt es heute noch Maßnahmen und Praktiken, die darauf abzielen, queere Personen durch Zwang zu ändern. Sogenannte Konversionstherapien, erklärt Victor Madrigal-Borloz, Experte der Vereinten Nationen für sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, können langanhaltende psychische und physische Schäden verursachen. Solche Praktiken seien diskriminierend, unmenschlich und degradierend. In einigen Fällen würden die körperlichen und psychologischen Dimensionen von Konversionstherapien einer Folter gleichkommen.

Einen EU-weiten rechtlichen Rahmen, durch den solche diskriminierenden Praktiken verboten werden, gibt es bisher nicht. Mit der am 17. Mai 2024 gestarteten Petition setzt sich die Organisation ACT eben dafür ein – mit Erfolg: Vor einigen Tagen wurde deutlich, dass die Mindestanzahl an Unterschriften erreicht und sogar mit mehr als 200.000 Stimmen überstiegen wurde.

Konkret fordert die Petition von der Europäischen Kommission „einen Richtlinienvorschlag zur Erweiterung der Liste der Straftaten mit europäischer Dimension um Konversionsmaßnahmen und/oder zur Änderung der Gleichbehandlungsrichtlinie (2008) zwecks Aufnahme eines Verbots dieser Maßnahmen vor[zu]legen.“

Außerdem soll sie „eine nicht bindende Entschließung annehmen, in der ein generelles Verbot von Konversionsmaßnahmen in der EU gefordert wird, um dem legislativen Moratorium entgegenzuwirken.“ In allen EU-Mitgliedsstaaten soll also ein Verbot von Konversionsmaßnahmen eingeführt werden.

Auch für die Opfer von Konversionsmaßnahmen müsse sich die Kommission einsetzen, indem sie die diese in ihre Opferschutzrichtlinie aufnimmt.

Deutschland gehört zu den ersten EU-Mitgliedsstaaten, in denen ein Verbot von Konversionstherapien rechtlich verankert wurde (das erste EU-Land war Malta). Jedoch bezieht sich das Verbot hier im Land nur auf Minderjährige.

Laut Schwulissimo laufen seit September 2024 Ausarbeitungspläne für eine EU-Richtlinie. Das Ergebnis der Petition wird diesen Prozess hoffentlich beschleunigen, damit EU-weit gesichert ist, dass queeres Begehren keine Krankheit ist, die geheilt werden müsste und LSBTIQ*-Personen vor solchen erniedrigenden und gewaltvollen Praktiken besser geschützt werden.

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Die wiederholte Zerstörung von Regenbogen-Bannern in Flensburg wirft erneut die Frage auf, wie Teile unserer Gesellschaft mit Symbolen der LGBTIQ*-Gemeinschaft umgehen.

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Laut NDR haben Unbekannte in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai erneut Regenbogenflaggen von Brücken entfernt. Später fand man diese zerschnitten auf den Bahngleisen. Der Staatsschutz ermittelt. In Deutschland kann das Verbrennen von Pride-Flaggen als symbolische „böswillige Verächtlichmachung“ gegen eine Gruppe oder einen Teil der Bevölkerung verstanden werden. Damit würde es sich nach §130 StGB um Volksverhetzung handeln.

Während solche Angriffe in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden, bleibt eine Verfolgung jedoch immer reaktiv. In den USA hingegen zeigen einige Städte, dass es auch einen proaktiven Weg gibt: Sie erklären die Pride-Flagge offiziell zum Symbol, um gesetzliche Einschränkungen zu umgehen und ein klares Zeichen für Vielfalt und Akzeptanz zu setzen. Zwar reagieren sie damit auf einen Angriff auf die Freiheit durch die Bundesstaaten selbst – etwas, das in Deutschland nicht der Fall ist –, doch gleichzeitig zeigen sie, dass nicht nur Rechtspopulismus und ultrakonservative Kräfte den Rechtsstaat und seine Instrumente nutzen können.

In einigen republikanisch geführten Bundesstaaten der USA – insbesondere Idaho und Utah – wurden inoffizielle Fahnen an öffentlichen Gebäuden verboten, darunter auch die Regenbogenflagge, so berichtet der RND in einem Artikel vom 14. Mai 2025. Um dem entgegenzuwirken, haben sich Städte wie Boise und Salt Lake City dazu entschlossen, die Flaggen offiziell zu einem Symbol der Stadt zu erklären. Kathy Corless, Stadträtin von Boise, betont, dass es sich bei dem Verbot nicht um eine bloße politische Aktion, sondern um eine klare Zensur handelt. Dies ist umso schwerwiegender, da „Zensur“ genau der Vorwurf ist, der inflationär aus dem konservativen Trump-nahen Lager kommt. Auf dem Instagram-Kanal von Salt Lake City heißt es: Die Stadtverwaltung hat einstimmig drei neue Stadtflaggen genehmigt, die von der Bürgermeisterin vorgeschlagen wurden. Alle enthalten das Symbol der Sego-Lilie, das bereits auf der aktuellen Stadtflagge zu sehen ist und für Widerstandsfähigkeit, Akzeptanz und Zugehörigkeit steht. Chris Wharton, Vorsitzender des Stadtratsbezirks 3, betont, dass die Pride-Flagge ein Symbol für gemeinsame Werte und Menschlichkeit sei. Angesichts der staatlichen Einschränkungen für Fahnen an öffentlichen Gebäuden sieht er es als wichtigen Schritt, dass die Stadt ihre Werte weiterhin innerhalb des gesetzlichen Rahmens vertreten kann.

Der Politikwissenschaftler Christian Lammert bewertet diese Maßnahme gegenüber dem RND als mehr als reine Symbolpolitik. Seiner Ansicht nach sendet sie eine starke Botschaft für Vielfalt, Akzeptanz und Gleichberechtigung – mit potenziell positiven gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Städte. Diese Entscheidung verdeutlicht auch die politischen Spannungen zwischen republikanisch dominierten Bundesstaaten und demokratisch geführten Stadtverwaltungen. Sie zeigt zudem, dass sich nicht nur Rechtspopulisten das Recht zunutze machen können. Die Flaggen sind ein Beispiel dafür, dass auch Verwaltungs- und Zivilrecht zu einem Schutzwall werden können. Allerdings hängt es maßgeblich davon ab, wie sie von den jeweiligen Institutionen – ob kommunal oder nicht – interpretiert und angewandt werden. Am Ende braucht es immer wieder Menschen – hier Politiker*innen –, die Recht erlassen, anwenden und darüber hinaus auch zivile Akteure, die solches Recht einfordern.

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Vergangene Woche wurde der neue Papst gewählt: Der 69-jährige Kardinal Robert Francis Prevost wird am Sonntag, den 18. Mai, in sein neues Amt eingeführt und ab dann als Papst Leo XIV. das neue Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sein. Während der verstorbene Papst Franziskus mit seiner progressiven Einstellung gegenüber LSBTIQ*-Rechten aufgefallen ist, stellt sich nun die Frage, ob Papst Leo diesen Weg weiterführen wird.

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Jedoch bereiten frühere Äußerungen des neuen Papstes queeren Gläubigen Sorgen hinsichtlich seiner Einstellung gegenüber LSBTIQ*. Nach Angaben von The Guardian kritisierte Robert Francis Prevost im Jahr 2012 die „westlichen Massenmedien“, die „Sympathien für unchristliche Lebensstile wecken“ würden. Darunter nennt er neben Abtreibung auch „homosexuelle Lebensstile“.

Im Vergleich dazu äußerte sich Papst Franziskus im Jahr 2013 öffentlich gegen Diskriminierung homosexueller Personen: „Wenn jemand schwul ist und den Herrn sucht und guten Willen hat, wer bin ich, dass ich darüber urteile?“ Auch später machte er deutlich, dass die Kriminalisierung von Homosexualität ungerecht sei, so das unabhängige Nachrichtenportal The 19th.

Ob der neue Papst seine Haltung zu Homosexualität inzwischen geändert hat, ist unklar. Das Online-Magazin Them erklärt, dass er noch keine klare Position für oder gegen die Segnung von homosexuellen Paaren eingenommen habe. Jedoch würde er generell eine inklusivere Kirche im Sinne von Papst Franziskus befürworten.

Katholische LSBTIQ*-Organisationen haben bereits ihre Enttäuschung zu den damaligen Aussagen von Roberto Francis Prevost geäußert. Francis DeBernado, Executive Director der US-amerikanischen Gruppe New Ways Ministry, erklärt in seinem Willkommensstatement für Papst Leo XIV., er hoffe, dass dieser den inklusiven Weg von Papst Franziskus weitergehen wird. Mit scharfen Worten kritisiert er die anhaltende Diskriminierung queerer Menschen in der katholischen Kirche: „Katholiken müssen von der tödlichen Homophobie und Transphobie befreit werden, die ihr persönliches und geistiges Wachstum hemmen.“

DeBernado zeigt sich jedoch optimistisch: „Wir glauben, dass der Heilige Geist Papst Leo XIV. in einer Weise leiten wird, die unserer Kirche und unserer Welt zugutekommen wird. Auch wenn der Weg nicht einfach sein mag, hoffen und beten wir, dass er zuhört und offen ist für alle - auch für LGBTQ+ Menschen -, damit Spaltungen und Schmerz geheilt werden können.“

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