Echte Vielfalt

LSBTIQ

Wie bereits bei der Fußballweltmeisterschaft (WM) der Männer (2022 in Katar), besitzt auch die WM der Frauen (2023 in Neuseeland und Australien) eine Bedeutung als weltweites Sportereignis mit all seiner symbolischen Reichweite.

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Allein in Deutschland war das Finale der Fußballeuropameisterschaft (EM) der Frauen von 2022 mit ca. 18 Millionen Zuschauer*innen die meistgesehene Sportübertragung des vergangenen Jahres. Nun steht sogar die gesamte WM-Übertragung in Deutschland infrage. Laut eines Berichtes des Deutschlandfunks konnten sich FIFA und die deutschen Medien- und Streaming-Anbieter bis jetzt noch nicht über die Übertragungsrechte einigen. Dieser Zwist unterstreicht auch die Bedeutung der Frauen-WM.

Der Stern berichtete noch Ende März, dass die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben auch für die Frauen-WM nicht vorgesehen sei. Gegenüber der DPA ließ die Fifa allerdings verlauten, dass es noch kein endgültiges Ergebnis gäbe. „Die Fifa bemüht sich um einen fortlaufenden Dialog mit Spielerinnen und Mitgliederverbänden“.

Im Gegensatz zu Katar stehen Australien und Neuseeland dem Thema jedoch völlig anders gegenüber. So zeigte sich James Johnson, Chef des australischen Fußballverbandes, laut einem Bericht des Guardian vom 13. Mai 2023 nach einem Gespräch mit der Fifa durchaus optimistisch, dass es doch noch gelinge, dass Spielerinnen bei der Frauen-WM Regenbogenarmbinden tragen dürfen.

Demnach wollten Co-Gastgeber und Fifa aus der Kontroverse beim Männerturnier in Katar lernen. Damals mussten sechs europäische Länder ihre Pläne aufgeben, die „OneLove-Antidiskriminierungsbinde" zu tragen, nachdem ihnen mitgeteilt worden war, dass ihre Mannschaftskapitäne gesperrt würden, wenn sie dies täten. Nach den Fifa-Regeln darf die Mannschaftsausrüstung keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Aussagen oder Bilder enthalten. Der Kapitän jeder Mannschaft musste die von der Fifa bereitgestellte Kapitänsbinde tragen.

Doch schon der Austragungsort der letzten Männer-WM kann als politische Wertung betrachtet werden. Bereits damals hatten wir die eklatanten Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen angesprochen, die von einem öffentlichen Lavieren der Fifa begleitet wurden. Sobald eine Organisation wie die Fifa ein Land als medial wirksamen Austragungsort auswählt, bedeutet dies auch eine Akzeptanz der aktuellen rechtlichen und gesellschaftlichen Situation.  Selbst wenn die Gegebenheiten offener sind als in Katar, bleibt das nicht zulassen der Regenbogenbinde politisch.

Solange die Debatte um die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben in der Welt ist, bedeutet jedes nicht erlauben: „We don't support you“. So wie gezieltes nicht-kommunizieren als Teil von Kommunikation verstanden werden sollte, so ist das Verbot einer politischen Aussage Teil von Politik. Ein Turnier, welches von Teams aus Nationalstaaten ausgetragen wird, das Absingen von Nationalhymnen beinhaltet und öffentlichkeitswirksam von Politiker*innen begleitet wird, kann nicht unpolitisch sein.

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Nachdem auch die USA mit einem immer stärkeren Rückgang an Blutspenden und damit an Blutkonserven zu kämpfen haben, wurde nun eine Anpassung der entsprechenden Gesundheitsrichtlinie vorgenommen.

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Laut eines Berichts des Guardian lockern die am 11. Mai 2023 verabschiedeten Richtlinien der Food and Drug Administration (FDA) jahrzehntealte Beschränkungen, die die Blutversorgung vor HIV schützen sollten. Bis dato galt die sexuelle Orientierung als anerkannter Risikoindikator. Seit nun ca. acht Jahren vollzieht die FDA eine Kehrtwende in ihrer Gesundheitspolitik. Galt bis 2015 Homo- und Bisexualität bei Männern noch als Ausschlusskriterium, wurde in den Folgejahren das Blutspenden unter Abstinenzauflagen zugelassen, so das Magazin queer. Im Januar kündigte die FDA an, diese Auflage komplett zu kippen.

Damit ist es schwulen und bisexuellen Männern in monogamen Beziehungen erlaubt, in den USA Blut zu spenden, ohne auf Sex verzichten zu müssen. Stattdessen sieht der neue Fragebogen für potenzielle Spender*innen vor, das individuelle HIV-Risiko unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung auf der Grundlage ihres Sexualverhaltens, ihrer letzten Partner*innen sowie weiteren Faktoren zu erfassen.

Während laut Guardian die FAD sowie die NGO Human Rights Campaign (HRC) die neue Richtlinie als Schritt in die richtige Richtung bezeichneten, fügte die HRC im selben Atemzug hinzu, dass auch Personen, die PrEP (ein Medikament zur HIV-Vorbeugung) nehmen, die Spende möglich gemacht werden solle.

Bereits Januar dieses Jahres hatte echte vielfalt in Bezug auf Deutschland über dieselbe Problemlage und den Mangel an Blutkonserven berichtet. Im März berichtete queer, dass der Deutsche Bundestag nun die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität als Ausschlusskriterium gekippt habe. Bis dato steht eine Richtlinienanpassung durch die Bundesärztekammer allerdings noch aus.

Wichtig bei der ganzen Debatte ist, dass sowohl laut FDA für die USA als auch nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Deutschland, alle Spenden grundsätzlich auf HIV, Hepatitis C, Syphilis und andere Infektionskrankheiten getestet werden.

Mit dieser Praxis als Voraussetzung sollten sich die Gesundheitsbehörden die Frage stellen, ob sie mit ihrem Betonen einer weniger diskriminierenden Haltung beim Blutspenden trotz aller Progressivität nicht dennoch einen grundsätzlichen Fehler vollziehen. Dass in der Medizin immer wieder auch persönliche Fragen gestellt werden und dass diese Fragen dabei auch immer wieder zur Diskriminierung führen können, wird wohl zunächst ein gesellschaftlicher Balanceakt bleiben, an dem sich nicht nur direkt Betroffene weiterhin beteiligen müssen. Sollte aber der Mangel an Blutkonserven zu einem ernsthaften Problem werden, sollte der Grundsatz nicht heißen: „Ihr dürft jetzt auch wie alle anderen spenden." Sondern: „Bitte spendet Blut. Wie können wir es Euch recht machen?“

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Am 17 Mai 2023 findet zum 15. Mal der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Trans-feindlichkeit statt. Begleitet wird der Tag durch verschiedene Veranstaltungen rund um die Welt. Die Idee ist es, auf Gewalt und Diskriminierung aufmerksam zu machen, denen Menschen wegen ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität ausgesetzt sind.

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Ins Leben gerufen wurde der Tag 2004. Mittlerweile handelt es sich um einen vom Europäischen Parlament offiziell anerkannten und von Organisationen der Vereinten Nationen begangenen Aktionstag. In Ländern, in denen Homo-, Bi-, Inter- und Trans* legal sind, werden immer wieder Veranstaltungen organisiert, um diesen Tag zu begehen.

Allerdings bedarf es keiner weiten Reise, um sich der Aktualität und Bedeutung dieses Themas bewusst zu werden. Anlässlich des vergangenen 17. Mai 2022 ließ der Europarat auf seiner Webseite nochmals den Schutz von Gleichheit und Vielfalt durch Art.14 der Europäische Menschenrechtskonvention und des zugehörigen Protokolls Nr. 12 hervorheben, nur um anschließend festzustellen:

„Homophobe Zwischenfälle in einigen Mitgliedsstaaten haben jedoch leider gezeigt, dass die Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBTs) systematisch verletzt werden. Sie haben auch gezeigt, dass Ungerechtigkeiten dieser Art oft von genau jenen Behörden geduldet oder aktiv gefördert werden, deren Aufgabe es ist, ihre Bürger vor allen Formen der Diskriminierung zu schützen.“

Ein sehr präsentes Beispiel innerhalb von Europa, dass auch bei echte Vielfalt immer wieder Thema war, ist Ungarn. Aber auch in Deutschland dürfen wir uns nicht zu selbstverständlich nehmen. Mit seinem Verweis auf „systematische Verletzungen“ macht der Rat deutlich, dass Missstände ein Teil von Strukturen sind und damit letztendlich in jedem bürokratischen Apparat vorkommen können. Das trifft insbesondere Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände Schutz suchen, wie bspw. Asylsuchende. Fehlende Papiere, Sprachbarrieren und kein Anschluss zu Vereinen vor Ort treffen LGBTI*-Geflüchtete meist doppelt. Der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit bedeutet also, auch auf die Stellen zu blicken, an denen die internationale Welt und das eigene Land sich begegnen.

Anlässlich des diesjährigen 17. Mai veranstaltet die Stadt Hamburg in Verbindung mit dem Lesben- und Schwulen-Verband LSVD-Hamburg auch dieses Jahr wieder einen Rainbowflash am Rathausmarkt. Ziel soll es sein, eine Regenbogenflagge zu bilden, um somit ein Zeichen zu setzen (umso mehr kommen, desto besser). Die Aktion beginnt um 18:00 Uhr am Rathausmarkt. Alle Teilnehmer*innen erhalten einen bunten Karton. Gegen 19:00 wird nach einem kurzen Abschnitt von Reden mit diesen Kartons eine Regenbogenflagge gebildet. Für Interessierte finden sich auf der Seite des LSVD-Hamburg hierzu weitere Details.

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Am 14. Mai 2023 wird in der Türkei gewählt. Dabei wird entschieden, ob der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdoğan weiter regieren wird. Dieser greift im Wahlkampf auf eine Anti-LSBTIQ* Rhetorik zurück. Der Ausgang der Wahl wird entscheidend für die Situation von queeren Personen und Frauen im Land sein.

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Erdoğans Partei AKP tritt im Wahlbündnis mit nationalistischen und islamistischen Parteien an, gemeinsam verfolgen sie eine queerfeindliche und antifeministische Politik. Homo-, Bi- und Transsexualität wurden erst kürzlich von Erdoğan als pervers bezeichnet und als Bedrohung für die traditionelle Familienstruktur dargestellt. Im Jahr 2021 ist die Türkei aus der Istanbuler Konvention gegen Gewalt an Frauen ausgetreten, mit der Begründung, dass Homosexualität darin normalisiert werde. So drückt sich die ablehnende Haltung Erdoğans gegenüber der LSBTIQ*-Community nicht erst im Wahlkampf aus. Die türkische Regierung ist in den letzten Jahren bereits mehrfach mit ihrem harten und repressiven Vorgehen gegenüber queeren Personen aufgefallen (echte vielfalt berichtete).

Dass sich Oppositionelle für die Rechte von LSBTIQ* einsetzen, wird ihnen im jetzigen Wahlkampf zum Vorwurf gemacht. Wie der Tagesspiegel berichtet, wird in den Wahlkampfreden der AKP, die in den öffentlichen Medien ausgestrahlten werden, stets davor gewarnt, dass die Türkei in die Hände von LSBTIQ* Personen gerate. So tragen auch die Medien dazu bei, dass queerfeindliche Tendenzen in die Gesellschaft getragen werden. Laut FAZ beklagt die Opposition, dass die staatlichen Sender Präsident Erdoğan eine deutlich größere Bühne bieten als seinem liberaleren Konkurrenten Kemal Kilicdaroglu. Dieser wird zusätzlich von AKP-Mitgliedern angegriffen und manipuliert, wie erst kürzlich mit einem gefälschten Wahlvideo, dass den Oppositionsführer mit der kurdischen PKK in Verbindung bringen soll.

Trotz der ungerechten Mittel im Wahlkampf ist der Ausgang noch nicht entschieden, es bleibt ein enges Rennen zwischen den beiden Kandidaten. Erstmals könnte nach 20 Jahren die Türkei von jemand anderem als Erdoğan regiert werden, was ein Hoffnungsschimmer für die türkische queere Community sein könnte. Jedoch ist eine queerfeindliche Rhetorik auch in Teilen der Opposition bemerkbar, etwa in der konservative Saadet Partei, welche dem Oppositionsbündnis unter Kilicdaroglu angehört.

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Ein Deutscher wird unter dem Vorwurf, Homosexualität zu bewerben, aus Russland abgeschoben. Die „Propaganda“ für „nicht-traditionelle“ sexuelle Beziehungen ist unter russischem Gesetz eine Straftat. Außerdem wurde er zu einer Geldstrafe von circa 1.700 Euro verurteilt.

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Offenbar habe der deutsche Staatsbürger versucht, online einen Mann kennenzulernen. Russische Medien berichten davon, dass er ihn zu sich ins Hotelzimmer eingeladen habe. Fraglich bleibt, inwiefern dies als „Propaganda“ für Homosexualität zu verstehen ist. Bereits Anfang April wurde das Gerichturteil beschlossen. Nun soll er über die Türkei nach Deutschland gebracht werden.

Die Rechte von LSBTIQ*-Personen sind in Russland stark eingeschränkt. Im Juni 2022 wurde ein seit 2013 bestehendes Gesetz verschärft, dass die „Werbung“ für Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit verbietet. Geld- sowie Haftstrafen können bei Verstößen folgen. Mit dem sogenannten „Gay Propaganda“ Gesetz werden queere Personen stark diskriminiert, in die Unsichtbarkeit und Illegalität gedrängt. Homo- und Queerfeindlichkeit kann öffentlich kaum mehr kritisiert werden, da Aktivist*innen mit hohen Repressionen rechnen müssen.

Auf Basis des Gesetzes wurde unter anderem auch vor kurzem die Social-Media Plattform TikTok zu einer Geldstrafe verurteilt. Allein eine positive Darstellung von nicht-heterosexuellen Beziehungen kann rechtlich verfolgt werden, auch in Filmen und Büchern. So müssen auch Streaming-Anbieter und Verlagshäuser mit Verboten, Einschränkungen und Strafen rechnen.

Wie echte vielfalt im Januar berichtete, wurden queere Personen auch zur Angriffsfläche in Putins diesjährigen Rede zur Lage der Nation. Das Feindbild des Westens würde traditionelle Werte zerstören. So wird der Ausbau von Rechten für Angehörige der LSBTIQ*-Community als Gefahr für die russische Bevölkerung konstruiert. Seit der Einführung des Gesetzes 2013 hat sich nach Angaben von Human Rights Watch die Situation für queere Personen verschlimmert. Unter anderem werden damit Vorurteile gegenüber homosexuellen Personen verstärkt und ein queerfeindliches Klima im Land geschürt.

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Der Verfassungsschutz hat die Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ (JA) sowie zwei weitere Organisationen als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Zusätzlich zu dem starken Rassismus ist auch Queerfeindlichkeit Teil von den rechten Ideologien, die die Gruppierungen vertreten.

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Am Mittwoch, 26. April, bestätigte das Bundesamt für Verfassungsschutz, dass die Junge Alternative, das Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein „Ein Prozent“ verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgten und ihre Positionen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Alle drei Gruppierungen können in der Neuen Rechten verortet werden. Das IfS steht unter der Leitung von Götz Kubitschek, welcher einer der zentralen Figuren der rechtsintellektuellen Bewegung in Deutschland ist. Er gründete auch den Verein „Ein Prozent“ mit, der nun vom Verleger Philipp Stein geleitet wird. Dieser wiederum ist ebenfalls vernetzt in der Neuen Rechten, beispielsweise mit der „Identitären Bewegung“, die bereits vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Die Organisationen fallen vor allem mit ihrer rassistischen Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen und dem Verbreiten völkischer Ideologien auf, die mit Begriffen wie „Umvolkung“ oder „Volkstod“ in den Diskurs getragen werden. Aber auch Gender und Sexualität werden zur immer größeren Zielscheibe der rechtsextremen Programmatik. Mit dem Einführen des Ausdrucks „Genderismus“ hat die Neue Rechte einen Kampfbegriff gegen Gender-Mainstreaming, also das Einbeziehen geschlechterspezifischer Fragen in alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche, eingeführt. Rassistische Narrative werden zudem oft mit einer Vorstellung von Geschlechterrollen und Familienmodellen verknüpft, so wird zum Beispiel suggeriert, dass nur die heterosexuelle Ehe zwischen Mann und Frau die völkische Ordnung sichern könne.

Auch die AfD, die als rechtsextremer Verdachtsfall gilt, nimmt regelmäßig Position gegen einen vermeintlichen „Gender-Wahn“ ein, vertritt homo- und transfeindliche Inhalte und verfolgt eine heteronormative Familienpolitik. Wie queer.de hervorhebt, gilt ihre Jugendorganisation als noch radikaler und fällt regelmäßig mit ihrer Queerfeindlichkeit auf. Aber nicht nur in sprachlichen Äußerungen ist der rechte Hass auf Minderheiten spürbar. Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit des rechtsextremistischen Milieus, in welchem sich JA, IfS und „Ein Prozent“ befinden, drückt sich auch in gewaltvollen Aktionen aus. Im Jahr 2021 allein gab es nach Angaben des Verfassungsschutzes über 20.000 rechtsextreme Straftaten.

Dass die JA sowie die zwei weiteren Organisationen bedrohlich sind, beweist also auch die jetzige Einstufung durch den Verfassungsschutz. Auch Innenministerin Faeser betitelt den Rechtsextremismus als größte Gefahr für unsere Demokratie. So stehen die Gruppierungen nun unter strengerer Beobachtung, wobei zu hoffen bleibt, dass rassistische und queerfeindliche Taten damit besser verhindert werden können.

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Im Prozess um Ugandas neuen Anti- LGBTIQ*-Gesetzesentwurf deuten sich minimale Veränderungen an. Ob diese allerdings eine Abmilderung des zutiefst menschenfeindlichen Gesetzesentwurfs bedeuten, ist zu bezweifeln.

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Unter anderem sieht der Gesetzesentwurf neben hohen Freiheitsstrafen bei Homosexualität oder versuchter Homosexualität zusätzlich die Möglichkeit der Todesstrafe vor. Bereits Mitte April hatte echte vielfalt über die kurz vor der parlamentarischen Abstimmung hinzugefügte Todesstrafe berichtet und die mögliche Signalwirkung thematisiert, die ein solches Gesetz international haben könnte.

Nun wurde das Gesetz am Donnerstag, 20. April 2023, Präsident Museveni zur Unterzeichnung vorgelegt. Dieser ließ jedoch, nach einer Meldung des Deutschlandfunks, den Entwurf mit „Vorschlägen zur Verbesserung an das Parlament zurückgehen“. Wie der Deutschlandfunk weiter berichtet, ließ in diesem Zuge ein Sprecher des Präsidenten verlauten, dass es bei den Verbesserungen explizit nicht um das Strafmaß gehe.

Also keine Rückweisung wegen der Todesstrafe und schon gar nicht ein Sinneswandel des Präsidenten. Im Gegenteil: Laut eines Berichts des Guardian sei Museveni grundsätzlich mit dem Entwurf einverstanden gewesen. Allerdings solle er das Parlament gebeten haben, „die Frage der Rehabilitation" zu berücksichtigen. Dabei bezeichnete er Homosexualität als psychische Desorientierung. Während sich einige Menschenrechtsorganisationen durch die Verzögerung weiter an die Hoffnung klammern, das Gesetz noch verhindern zu können, begrüßen Teile der Befürwortenden die Anmerkungen mit der Begründung, es sei „human und legitim“, Rehabilitierung und Rehabilitationszentren ins Gesetz aufzunehmen.

In Wirklichkeit handelt es sich bei den Vorschlägen nicht um Fortschritte, sondern eine solche Ergänzung würde vielmehr eine weitere Verschärfung bedeuten. Wie Adrian Jjuuko vom „Human Rights Awareness and Promotion Forum" in Kampala in einem Zitat des Guardian bemerkt, würde durch die Ergänzungen eine Kultur der Denunziation gefördert, in der eine Person, die um Rehabilitation ihrer ‚psychischen Desorientierung‘ bittet, als Opfer gelten würde, während die andere Person als Täter gebrandmarkt werde. Aber damit nicht genug. Aus der deutschen Problematisierung der sogenannten „Konversionstherapien“ wissen wir, dass eine Psychologisierung weit mehr Schaden anrichten kann als „nur“ Stigmatisierung. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt dazu auf seiner Webseite:

„Wissenschaftlich nachgewiesen sind aber schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch solche „Therapien“ wie Depressionen, Angsterkrankungen, Verlust sexueller Gefühle und ein erhöhtes Suizidrisiko. Nachgewiesen sind zudem Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.“

Nach Überarbeitung des Gesetzesentwurfes durch das ugandische Parlament hat Museveni weitere 30 Tage Zeit, um das Gesetz entweder zu unterzeichnen, es erneut zur Überarbeitung an das Parlament zurückzugeben oder sein Veto einzulegen und das Parlament zu informieren. Allerdings, so der Guardian, könne das Gesetz auch ohne die Zustimmung des Präsidenten in Kraft treten, wenn es ein zweites Mal an das Parlament zurückginge.

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Welche Macht die Wahl von Worten für den öffentlichen Diskurs hat, wurde hier schon in mehreren Artikeln angesprochen. Nun veröffentlichte die CSU ihr neues Grundsatzprogramm.

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Dabei schreibt sie sich nach Berichten der Magazin queer und Mannschaft sowie der Zeitung die Zeit unter anderem auch den Kampf gegen einen „linken Kulturkampf in Form von Identitätspolitik, Wokeness und Cancel Culture“ auf die Fahne. Bereits im Februar wurde auf echte-vielfalt.de über die problematische Rhetorik von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im Zuge des politischen Aschermittwochs berichtet. Die mit der Verfassung beauftragte Grundsatzkommission scheint nun genau an der Stelle wieder anzusetzen. Am 6. Mai soll das Programm dann auf einem Parteitag verabschiedet werden.

Um zu verstehen, wie problematisch die Wortwahl von Söder und den Verantwortlichen des CSU-Grundsatzprogramms ist, hilft ein Blick in die USA. Im Zusammenhang mit dem „don’t say gay“-Gesetzentwurf in Florida hatte echte vielfalt bereits berichtet, dass nicht nur tatsächliche Sprachverbote abwerten und Realitäten schaffen. Stattdessen war es nach Angabe der Rosa-Luxemburg-Stiftung den Konservativen in Amerika gelungen, die Begriffe „political correctness“ und „woke“ zu einem Synonym für linken Autoritarismus umzudeuten. Dabei bedeutete „woke“ ursprünglich, „wachsam gegenüber Rassismus, Sexismus und anderen Unterdrückungsverhältnissen“ zu sein.

Mit der Benennung von „Kulturkampf, Wokeness und Cancel Culture“ springt die CSU auf diesen Zug auf. Dabei drängt das Argument nicht nur die berechtigte Forderung nach Anerkennung und Würde in die Ecke, sondern es schafft gleichzeitig, all jene Konservativen, die nicht auf derselben Schiene fahren wie die CSU, als einheitliche Front zu reklamieren. Unterm Strich sorgt dies dafür, dass vor allem gesellschaftliche Akzeptanz unterminiert wird, anstatt eine ernsthafte Debatte über Würde, Rechte und Bedenken zu führen. Auch dazu findet sich ein Beispiel aus einem früheren Artikel über die USA.

Grundsätzlich sind „die“ LSBTIQ* Gemeinschaft und „die“ Konservativen keine gegensätzlichen Lager. Vielmehr handelt es sich um Konstruktionen, die wiederum jederzeit relativiert werden können. Das bedeutet, dass sich gerade nicht-parteipolitische Akteure immer wieder selbst artikulieren sollten. Sowohl Menschen, die sich als LSBTIQ* verstehen, dürfen ebenso eine konservative Haltung besitzen wie Konservative eine nicht-diskriminierende Haltung.

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Leslie Feinbergs Roman „Stone Butch Buch“ wird dieses Jahr 30 Jahre alt. Zur Ehrung des Werkes, das tiefe Einblicke in die Lebensrealitäten lesbischer und trans Personen gibt, veranstaltet das Zentrum Gender & Diversity Hamburg (ZGD) am 5. und 6. Mai 2023 die Online-Tagung „30 Jahre Stone Butch Blues – Erinnerungen und Perspektiven“.

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Die Autorin und Aktivistin Leslie Feinberg ist eine sehr bedeutsame Figur für die US-amerikanische LGBTIQ*-Bewegung. Ihr Roman Stone Butch Blues wurde mit dem Stonewall Book Award ausgezeichnet. Das Buch bringt die Leser*innen in die Welt von Femmes, Butches und Drag Queens der US-amerikanischen queeren Communities, die die Protagonistin Jess Goldberg durchkreuzt. Dabei illustriert Feinberg auch die Gewalt, die viele queere Personen zu der Zeit erfahren mussten. Als eines der ersten Werke, das medizinische Transition und Detransition sowie die Beziehung von trans und lesbischen Identitäten behandelt, gilt Stone Butch Blues als Kultroman und Klassiker in der queeren Literatur.

Mit zahlreichen Veranstaltungen wird das Publikationsjubiläum Anfang Mai gefeiert. Alle Vorträge und Performances zum Thema sind in das Programmheft der Tagung (PDF) aufgenommen. Die Angebote sind vielfältig, unter anderem gibt es Vorträge zu Lesben mit Unterstützungsbedarf, antirassistischer Sexualerziehung, queeren und jüdischen Identitäten sowie einige Beiträge, die sich direkt mit dem Roman beschäftigen. Zum Abschluss der Tagung findet eine Lesung der Lyrikerin und Lebenspartnerin von Leslie Feinberg, Minnie Bruce Pratt, statt. Die Teilnahme ist kostenlos, bis zum 1. Mai kann man sich auf der Webseite des ZGDs anmelden.

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Ein großer Erfolg für die queere Community stellte die Verleihung des deutschen Buchpreises 2022 an Kim de l’Horizon dar – die erste nicht-binäre Person, die einen der wichtigsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum erhalten hat.

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Die geschlechtliche Identität von Autor*innen spielt für die Repräsentation von queeren Menschen in der Literatur eine immer größer werdende Rolle. Im Folgenden stellen wir fünf Bücher von trans und nicht-binären Autor*innen vor, die die Erfahrungen und Realitäten von Identitäten jenseits der cis-Geschlechtlichkeit beschreiben.

Blutbuch – Kim de l’Horizon

„Die Erzählfigur in "Blutbuch" identifiziert sich weder als Mann noch als Frau. Aufgewachsen in einem schäbigen Schweizer Vorort, lebt sie mittlerweile in Zürich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fühlt sich im nonbinären Körper und in der eigenen Sexualität wohl. Doch dann erkrankt die Großmutter an Demenz, und das Ich beginnt, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen: Warum sind da nur bruchstückhafte Erinnerungen an die eigene Kindheit? Wieso vermag sich die Großmutter kaum von ihrer früh verstorbenen Schwester abzugrenzen? Und was geschah mit der Großtante, die als junge Frau verschwand? Die Erzählfigur stemmt sich gegen die Schweigekultur der Mütter und forscht nach der nicht tradierten weiblichen Blutslinie. Dieser Roman ist ein Befreiungsakt von den Dingen, die wir ungefragt weitertragen: Geschlechter, Traumata, Klassenzugehörigkeiten. Kim de l'Horizon macht sich auf die Suche nach anderen Arten von Wissen und Überlieferung, Erzählen und Ichwerdung, unterspült dabei die linearen Formen der Familienerzählung und nähert sich einer flüssigen und strömenden Art des Schreibens, die nicht festlegt, sondern öffnet.“ (perlentaucher)

Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau. über trans Sein und mein Leben - Phenix Kühnert

„Der Kampf für Gerechtigkeit und trans* Rechte? – ein Kampf für uns alle!
Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose … Sprache, Identität und vor allem: Empathie.

Der Name einer Sache verkörpert deren Bild, unsere Vorstellung davon und die damit verbundenen Gefühle. Oder: Eine Sache wird zur Sache durch ihre Benennung. Doch wie können wir diesen einfachen Gedanken auf unsere Umgebung übertragen? Phenix Kühnert ist sich sicher: mit Empathie. Wir leben in einer Gesellschaft, die alle ausschließt, die von der Norm abweichen. Phenix nimmt uns an die Hand, macht deutlich, wie sehr Sprache unser Denken prägt, was es heißt, die eigene Identität abgesprochen zu bekommen, wie uns Zuschreibungen und Vorgaben zu Männlichkeit und Weiblichkeit beeinflussen. Sie setzt sich für trans* Rechte und nicht binäre Menschen, die queere Community und Verständnis ein. Phenix ermutigt und sensibilisiert. Denn: Menschen sind verschieden, nichts zu 100 Prozent, wir entwickeln und verändern uns, wachsen. Und dabei wird klar: Diversität ist die wahre Normalität.“ (Thalia)

Ich bin Linus. Wie ich der Mann wurde, der ich schon immer war - Linus Giese

„Eigentlich ahnt er es seit seinem sechsten Lebensjahr. Doch aus Sorge darüber, wie sein Umfeld reagieren könnte und weil ihm Begriffe wie trans, queer, nicht-binär fehlen, verschweigt Linus lange, wer er wirklich ist. Mit dem Satz "Ich bin Linus" beginnt im Sommer 2017 sein neues Leben, das endlich nicht mehr von Scham, sondern Befreiung geprägt ist. Offen erzählt Linus Giese von seiner zweiten Pubertät, euphorischen Gefühlen in der Herrenabteilung, beklemmenden Arztbesuchen, bürokratischen Hürden, Selbstzweifeln, Freundschaft und Solidarität, von der Macht der Sprache und digitaler Gewalt. Seit seinem Coming-Out engagiert sich Linus für die Rechte von trans Menschen. Vor allem im Netz, aber nicht nur dort, begegnet ihm seither immer wieder Hass. Doch Schweigen ist für ihn keine Option.“ (perlentaucher)

Mein Weg von einer weißen Frau zu einem jungen Mann mit Migrationshintergrund - Jayrôme C. Robinet

„Jayrôme hat früher als weiße Französin gelebt. Dann zieht er nach Berlin, beginnt Testosteron zu nehmen und erlebt eine zweite Pubertät. Ihm wächst ein dunkler Bart – und plötzlich wird er auf der Straße auf Arabisch angesprochen. Ob im Café, in der Umkleide oder bei der Passkontrolle, er merkt, dass sich nicht nur seine Identität, sondern vor allem das Verhalten seiner Umwelt ihm gegenüber radikal geändert hat. Er kann vergleichen: Wie werde ich als Mann, wie als Frau behandelt? Und was bedeutet es, wenn sich nicht nur das Geschlecht ändert, sondern augenscheinlich auch Herkunft und Alter? Mitreißend erzählt er von seinem queeren Alltag und deckt auf, wie irrsinnig gesellschaftliche Wahrnehmungen und Zuordnungen oft sind.“ (Thalia)

Außer sich - Sasha Marianna Salzmann

„Sie sind zu zweit, von Anfang an, die Zwillinge Alissa und Anton. In der kleinen Zweizimmerwohnung im Moskau der postsowjetischen Jahre verkrallen sie sich in die Locken des anderen, wenn die Eltern aufeinander losgehen. Später, in der westdeutschen Provinz, streunen sie durch die Flure des Asylheims, stehlen Zigaretten aus den Zimmern fremder Familien. Und noch später, als Alissa schon ihr Mathematikstudium in Berlin geschmissen hat, weil es sie vom Boxtraining abhält, verschwindet Anton spurlos. Irgendwann kommt eine Postkarte aus Istanbul – ohne Text, ohne Absender. In der flirrenden, zerrissenen Stadt am Bosporus und in der eigenen Familiengeschichte macht sich Alissa auf die Suche – nach dem verschollenen Bruder, aber vor allem nach einem Gefühl von Zugehörigkeit jenseits von Vaterland, Muttersprache oder Geschlecht.“ (suhrkamp)

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