Echte Vielfalt

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Heute, am 23.09.2022, ist der Internationale Tag der Bisexualität. Was steckt dahinter? Der seit 1999 gefeierte Tag wurde von den US-amerikanischen Bürgerrechtler*innen Wendy Curry, Michael Page und Gigi Raven Wilbur ins Leben gerufen und bedeutet für viele Menschen, die sich als Bi+ verstehen, Sichtbarwerden und Aufklären.

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Nach Aussagen des Magazins L‑mag, der Gruppe Bi+Pride und des Bundesverbands Bi+ (BiNe) sind Bisexuelle selbst innerhalb der LSBTIQ* Szene immer wieder mit Unwissenheit, Ignoranz oder gar Mobbing konfrontiert. Das Problem sieht BiNe u.a. in einem „Dazwischen“:

„Knutschen zwei Frauen auf der Straße, denken alle, es wären Lesben. Knutschen zwei Männer, heißt es: schwul. Bei einem gemischten Pärchen: heterosexuell. Aber alle sechs könnten auch bisexuell sein“.

Es geht also darum, dass Bisexualität sich gerade dadurch auszeichnet, dass Menschen sich zwischen zwei oder mehreren für sie sexuell attraktiven Polen bewegen. BiNe schreibt, dass sich gerade bei jungen Menschen über ein Drittel nicht als völlig heterosexuell einordnet, ohne dass sich aber alle von ihnen als Bi+ verstehen. Gleichzeitig finden sich diese Personen seltener durch die LSBTIQ* Community repräsentiert. Um hierauf aufmerksam zu machen, veranstaltet die Gruppe Bi+Pride am 23.09. deutschlandweit eine Reihe von Flaggenhissungen (u. a. in Flensburg, Kiel, Pinneberg und Reinbek) und weitere Veranstaltungen. Gegenüber dem Magazin L-mag äußerte sich eine der Organisator*innen:

„Weil ich anscheinend eher heterosexuell gelesen werde, wird immer wieder erwartet, dass ich meine Sexualität irgendwie beweise.“

Man kann also selbst innerhalb des großen Sammelbegriffes der LSBTIQ* Szene immer noch zwischen den Stühlen stehen – egal wie weit „wir*“ als Gesellschaft schon gekommen oder gerade, weil „wir*“ schon so weit gekommen sind. So bleibt es wichtig, auch innerhalb der Szene kritisch nach blinden Flecken zu fragen und zu schauen, welche Person sich evtl. nicht artikulieren kann, weil sie sich keiner der repräsentierten Gruppen zugehörig fühlt.

Zugehörigkeit und Solidarität bleiben also weiterhin zentrale Themen. Der Tag der Bisexualität weist darauf hin, dass Unwissenheit und Ignoranz in jeder Position existieren können. Trotzdem sollte es ein Anlass sein, der nicht nur in der „Mahnung“ verharrt. Wer Interesse hat, schaut sich die Veranstaltungen an und kommt ins Gespräch.

Die „Bi Flag“ übrigens wurde bereits 1988 von Michael Page kreiert. Der pinke Streifen bedeutet dabei gleichgeschlechtliche Liebe, der blaue die Liebe zu einem anderen Geschlecht. Der violette Streifen in der Mitte zeigt die Liebe zu einem Menschen generell.

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Am Samstag, 17.09.2022, fand in Belgrad die EuroPride statt. Im Vorfeld hatten Rechtsradikale und Ultra-Konservative, gestützt durch die serbisch-orthodoxe Kirche und Teile der Regierung, massiv gegen die Veranstaltung aufgerufen. Der Gipfel war das Präsidial-Verbot.

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Die Veranstalter*innen legten daraufhin Widerspruch ein, jedoch ließ das Innenministerium das Verbot bestehen. Es bestünden Sicherheitsbedenken aufgrund rechtsextremer Gegendemonstrationen, zitiert die ZEIT. Obwohl auch die Gegendemonstrationen verboten waren, kündigten einige der Gruppen an, sich nicht daran zu halten, so der Bericht weiter.

Und doch fand am vergangenen Samstag eine – wenn auch verkürzte – Pride-Parade statt. Ana Brnabić, serbische Premierministerin, hatte nach Angaben von EPOA am Freitag die Veranstaltung bestätigt und ihre Sicherheit garantiert. Zu diesem Zweck waren zwischen 5.200 und 6.000 Polizist*innen im Einsatz gegenüber einer Teilnehmer*innenzahl von „an die Tausend“ nach Angaben des Spiegel u. a. Medien und bis zu 7.000 Teilnehmer*innen nach Angaben der Veranstalter*innen. Das Innenministerium sprach im Nachgang dennoch davon, dass das Verbot der EuroPride durchgesetzt worden sei. Es habe sich bei dem polizeilichen Einsatz lediglich um die „Eskorte der Menschen zu einem Konzert“ gehandelt, so die ZEIT weiter.

Während die EuroPride wohl auch wegen des großen Polizeiaufgebots sicher verlief, kam es am Rande zu Zusammenstößen. Der „Freitag“ und die „Friedrich Neumann Stiftung“ berichten, dass nach offiziellen Angaben 64 Personen festgenommen und 13 Polizist*innen verletzt wurden. Unter den Opfern der Zusammenstöße befanden sich u. a. auch deutsche Journalist*innen. Der Vorfall ereignete sich auf dem Rückweg ins Hotel, so der Tagesspiegel, dessen Journalistin Nadine Lange betroffen war.

Dennoch wird die EuroPride von den EPOA als Erfolg gewertet. Hält man sich den internationalen und europäischen Druck vor Augen, wie auch die Teilnahme von Politiker*innen wie die des Queerbeauftragten der deutschen Bundesregierung, so zeigt sich, dass zivile und politische Mechanismen auch in Serbien noch wirken, obwohl sich die Regierung in letzter Zeit sehr nach rechts und zum ultrakonservativen Lager orientiert hatte.

Gerade vor diesem Hintergrund bleibt allerdings offen, ob der Polizeischutz auch gewährleistet gewesen wäre, wenn sich keine internationalen Stimmen gegen Serbiens Regierung gerichtet und keine Vertreter*innen ausländischer Institutionen an der Parade teilgenommen hätten.

Es ist ein ziviler Erfolg, der umso stärker wiegt, bedenkt man, dass im Vorfeld vonseiten der Gegner*innen sogar Waffengewalt ins Spiel gebracht wurde. Gleichzeitig wird klar, dass ein solcher Erfolg ein Zusammenspiel zwischen den gesellschaftlichen Akteur*innen erfordert. Demonstrationen und Veranstaltungen wie die EuroPride sind ein wichtiger Ausdruck, brauchen aber den Rückhalt der (inter-)nationalen Gemeinschaft, der hier deutlich wahrzunehmen war.

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Nachdem hier bei echte vielfalt bereits über die Stellungnahme des  Aachener Bischofs Helmut Dieser im Vorfeld der diesjährigen Synode berichtet wurde, liegt es nahe, sich nun auch die Ergebnisse dieser Versammlung anzusehen. Dieser hatte sich vorab für die Segnung homosexueller Paare ausgesprochen.

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Ein Blick in den Grundtext verrät, dass sich die katholische Kirche in Deutschland der Problematik hinter ihrer Sexualhaltung voll bewusst ist. Nicht nur verweist der Text darauf, dass diese Haltung sowohl in keinster Weise mehr der Lebenswelt der Gläubigen entspricht als auch ein Abweichen von der katholischen Norm mit Sünde gleichzusetzen systemisch diskriminiert. Das sei für die betroffenen Paare, Familien und Einzelpersonen mit viel Leid verbunden: „[…] Ausgrenzungen aus der Familie oder weiteren sozialen Gruppen (z. B. Kirchgemeinden) bis hin zu Entlassungen aus der Arbeitsstelle. Nicht zuletzt zu nennen sind die lebensbedrohlichen Kriminalisierungen, die Menschen zur Flucht nötigen“. Der Text betont weiterhin das Menschsein als Gemeinsamkeit sowie die Relevanz sexueller Selbstbestimmung.

Leider gelang es der Synode nicht, diesen Grundtext mit der nötigen Mehrheit zu verabschieden. Dabei hatten sich nach einem Bericht des Deutschlandfunks lediglich drei der 21 Bischöfe, die mit Nein stimmten, an der vorherigen Debatte überhaupt beteiligt. Während einige Bischöfe sich im Nachhinein rechtfertigten, aber dennoch redebereit zeigten, lehnte eine Gruppe um den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, zu der auch der Kölner Erzbischof Woelki und Kurienkardinal Kasper zählen, die Reformen grundlegend ab. Dies führte beinahe zum Scheitern der Synode, obwohl zuvor das Zentralkomitee mit der nötigen Zweidrittelmehrheit ebenso dafür gestimmt hatte wie die Bischöfe mit 61%. Der folgende Unmut der Teilnehmenden zeigte dabei deutlich, dass die katholische Gemeinde das Signal dieser Ablehnung nicht teilt. Die Empörung schien Wirkung zu zeigen. Die weiteren Papiere wurden angenommen, darunter ein Grundsatzpapier zu „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ und ein Handlungstext „Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität“. Letzterer empfiehlt eine Überarbeitung des Weltkatechismus dahingehend, dass homosexuelle Handlungen nicht mehr als Sünde gegenüber der ‚Keuschheit‘ gelten und darüber hinaus nicht mehr als Krankheit deklariert werden.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing sowie die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken Irme Stetter-Karp sprachen dennoch am Ende von einem guten Ergebnis. Bätzing betonte allerdings, es sei deutlich geworden, dass die katholische Kirche eine Kirche der zwei Geschwindigkeiten sei. Auch wenn Bätzing den Grundsatztext für sein Bistum aufnehmen möchte, bleibt im Hintergrund doch die Instanz in Rom. Die katholische Gemeinde ist bis in ihre Führungsebene gespalten und so langsam die Veränderungen einerseits sind, so machen die Empörung über die Ablehnung andererseits Hoffnung, dass Reformen, zumindest in Deutschland, eine Frage des „Wann“ zu sein scheinen.

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Der Aachener Bischof Helmut Dieser spricht sich für die Segnung homosexueller Paare aus. Gerade fand vom 08. bis 10. September in Frankfurt ein Treffen zum deutschen Synodalen Weg statt, bei dem Dieser den Co-Vorsitz innehat. Der Synodale Weg ist die Zusammenkunft der deutschen katholischen Bischöfe und des Zentralkomitees, um über die zukünftige Ausrichtung der Katholischen Kirche in Deutschland zu beraten. Ein Ordnungspunkt unter anderen ist die Reform der katholischen Sexualmoral.

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Wie vatikannews.va berichtet, soll das Ergebnis der deutschen Synode in der 2023 im Vatikan stattfindenden Welt-Synode Berücksichtigung finden.

Im Vorfeld des Treffens in Frankfurt machte Dieser im Interview gegenüber der ZEIT deutlich, er selbst könne zwar keine Segnung gegen die offizielle Position der Kirche anbieten, aber für sein Bistum gelte schon länger die Haltung, dass es eine Gewissensentscheidung des einzelnen Seelsorgers sei. Dieser betont, Homosexualität sehe er schon lange nicht mehr als Sünde an und grenzte sie explizit von Fällen wie Missbrauch oder Betrug ab. Damit setzte er ein erstes Stimmungsbild für die Synode in Frankfurt und ein öffentliches Umdenken.

Gleichzeitig zeigt der Bezug auf sein früheres Denken die überwiegend geltende Position der Kirche und lässt erkennen, dass Homosexualität als „Sünde“ oder zumindest „nicht Gott gewollt“ immer noch einen tief verankerten Platz in der Katholischen Kirche hat. Auf vatikannews.va heißt es dazu.

„Die geltende kirchliche Lehre ist im Weltkatechismus der Katholischen Kirche ausführlich dargelegt. Sie sieht eine Segnung homosexueller Ehen […] nicht vor. Mit seinem Lehrschreiben Amoris Laetitia hat Papst Franziskus der kirchlichen Ehe- und Familienpastoral und einem Synodalen Prozess auf Weltebene, der 2023 in einer Synode im Vatikan gipfeln soll, einen dezidiert pastoralen Akzent gegeben, an der grundsätzlichen Lehre der Kirche aber nichts geändert.“

Es bleibt also weiter abzuwarten, ob sich auch international immer mehr Stimmen, zudem aus der Führungsebene, Dieser anschließen.

Aber auch die Kirche als Institution sollte auf Reformen hoffen. Die Frage, ob nicht in der allgemeinen Abwertung einer gesamten Menschengruppe als „nicht Gott gewollt“ bereits selbst eine Sünde (Anmaßung) liegt, sollte Gehör finden.

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Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić untersagte den für den 12. bis 18. September geplanten EuroPride in Serbiens Hauptstadt Belgrad. Wie die taz am 28. August berichtete, waren im Vorfeld diverse homophobe und menschenverachtende Petitionen eingegangen. Der Kurs von Vučić und seiner Fortschrittspartei (SNS) ist dabei klar auf die Vergangenheit und national-konservative Strömungen des Landes gerichtet. Die Veranstaltenden (EPOA – European Pride Organiser Association) reagierten prompt auf das Verbot.

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Auf epoa.eu heißt es dazu:

“Neither the hosts of EuroPride 2022, Belgrade Pride, nor us as the licensor will cancel EuroPride in Belgrade.”

Der Verband beruft sich dabei auf Artikel 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit), 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) und 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Serbien ist zwar noch kein Mitglied der EU, aber seit 2003 Teil des Europarates und hat daher die EMRK ebenfalls unterzeichnet. So wichtig es ist, dass die Veranstaltenden nicht einfach nachgeben, sondern ihre Rechte und damit auch die darin verankerten Werte verteidigen, so sicher ist auch, dass sich der Diskurs nicht mit einem Rechtsstreit bereinigen lassen wird. Die „Neue Züricher Zeitung“ bemerkt:

„Wohl auch um national-konservative Kreise angesichts [des] vermeintlichen Tabubruchs [im Grenzstreit mit dem Kosovo] zu besänftigen, kündigte Vučić praktisch gleichzeitig an, den […] EuroPride nicht zum geplanten Zeitpunkt im September durchführen zu lassen.“

Neben politischem Kalkül spielt jedoch auch die christliche Ideologie des Landes eine ausschlaggebende Rolle. Gerade die Gruppe der serbisch-orthodoxen Christ*innen feierte das Pride-Verbot von Vučić. Bischof Nikanor Bogunović hatte bereits im Vorfeld die Diskussion in den Sozialen-Medien mitgeprägt und war zuletzt mit seiner Aussage: „Wenn ich eine Waffe hätte, ich würde sie benutzen!“ aufgefallen, wie das Portal freiheit.org zitiert.

Allen Widrigkeiten zum Trotz hält EPOA an der Durchführung der Veranstaltung fest. Aktuelle Informationen zum EuroPride 2022 unter https://www.europride2022.com/

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Am Donnerstag, 08. September 2022, startet das „Queerfilmfestival“. Bis Mittwoch, 14. September, werden dabei verteilt über Deutschland und Österreich 19 nicht-heteronormative Spielfilme und Dokumentationen gezeigt.

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2019 fand das erste Filmfest dieser Art in drei Städten statt. Am aktuellen vierten Filmfest beteiligen sich bereits 13 Städte: Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Fürstenwalde, Halle (Saale), Köln, Leipzig, Magdeburg, München, Nürnberg, Stuttgart und Wien.

Eröffnet wird das Festival in diesem Jahr mit einer Neuverfilmung von Rainer Werner Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ (1972). François Ozons lässt in seiner Version „Peter von Kant“ statt dreier Frauen nun drei Männer in den Mittelpunkt des Geschehens treten.

Auf der Seite der Dokumentarfilme findet sich als Beispiel „Vorurteil und Stolz“ von Eva Beling. Der Film unternimmt eine Reise durch die nicht-heteronormative Filmvergangenheit Schwedens, gerahmt von Interviews mit Filmemacher*innen und Fachleuten.

„Im Programm finden sich Highlights aus Cannes, Toronto, Locarno und von der Berlinale. Bis auf wenige Ausnahmen laufen die Filme als deutsche Erstaufführungen“. (queerfilmfestival.net)

Ein Gesamtüberblick des Programms findet sich hier.

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Der Oberste Gerichtshof Indiens erkannte in seinem Urteil vom 29.08.2022 die Rechte von unverheirateten Paaren oder queere Beziehungen an. Diese haben demnach u. a. Anspruch auf Familien zustehenden Sozialleistungen. Dieser Erfolg tritt fast genau vier Jahre nach einem wegweisenden Urteil ein: Am 06. September 2018 stärkte Indiens Oberster Gerichtshof die Rechte von trans, queer und homosexuellen Personen.

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Der Gerichtshof sah es damals als erwiesen an, dass §377 unhaltbar sei und willkürlich Menschen diskriminiere und stigmatisiere. Der noch aus der britischen Kolonialzeit stammende Paragraf stellte alle sexuellen Handlungen „wider die natürliche Ordnung“ unter Strafe. Damit war alles gemeint, was nicht dem heteronormativen Mann-Frau-Schema entsprach.

Bereits 2009 hatte der Oberste Gerichtshof den §377 als verfassungswidrig erklärt. Dieses Urteil musste allerdings aufgrund von Klagen religiöser Gruppierungen im Jahr 2013 wieder aufgehoben werden, wie Frank Hoffmann in seinem Artikel für „freiheit.org“ schreibt. Erst 2018, nach ca. neunjährigen Auseinandersetzungen, wurde das Urteil nun erneuert. Für andere Entscheidungen des Obersten Gerichts, wie die Anerkennung eines dritten Geschlechts im Jahr 2014, besteht in Indien bis heute das Problem, dass auf gerichtliche Entscheidungen keine politische Umsetzung folgte. Für die LSBTIQ* Community in Indien ist es dennoch ermutigend, mit dem Obersten Gerichtshof einen starken Verbündeten zu haben. Gleichzeitig zeigt dieser Fall aber auch, dass es für Veränderungen immer auf mehr als einzelne Urteile ankommt: Gesetze können geändert werden, aber haben wenig oder keine Chance, wenn einflussreiche Akteure wie religiöse Gruppen oder gar die Regierung selbst nicht gewillt sind, diese anzuerkennen bzw. sie umzusetzen. Ähnliches gilt auch für das Stadt-Land-Gefälle. Das Recht braucht somit, um Sicherheit zu gewähren, immer auch Menschen, die es tragen. Juristische Kämpfe und Kämpfe um die gesellschaftliche Haltung sind dabei zwei Seiten derselben Medaille: Während erstere sich mit juristischen Fallstricken auseinandersetzen müssen, haben letztere das Problem, sich eingefahrenen „Glaubenssätzen“ gegenüberzustellen.

Das Urteil bildet damit nicht den Abschluss für die LSBTIQ* Community in Indien, aber es ist ein wichtiger Schritt und führt zugleich die bis heute aktuellen Schwierigkeiten vor Augen, wenn es darum geht, den großen Begriff der „Menschenwürde“ für alle Menschen anwendbar zu machen.

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Das deutsche Parlament wird nächstes Jahr zum ersten Mal den Opfern des Naziregimes gedenken, die wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität verfolgt und getötet wurden, sagte die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Freitag.

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Am 27. Januar, dem internationalen Holocaust-Gedenktag, werden die deutschen Abgeordneten diese Opfer "in den Mittelpunkt der Gedenkveranstaltung stellen", sagte Bärbel Bas.

Deutschland begeht den Holocaust-Gedenktag offiziell seit 1996 jedes Jahr am 27. Januar mit einer feierlichen Zeremonie im Bundestag, einer Rede eines*r Überlebenden und Gedenkveranstaltungen im ganzen Land. "Leider gibt es keine Überlebenden mehr" für das Denkmal für die LGBT-Opfer, sagte Bas und fügte hinzu, dass die parlamentarischen Behörden in engen Gesprächen mit dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) stünden.

Aktivist*innen setzen sich seit Jahren für ein solches offizielles parlamentarisches Gedenken an diese NS-Opfer ein. Eine Petition, die von Opferorganisationen, Wissenschaftler*innen und anderen Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft unterzeichnet wurde, wurde 2018 zur Unterstützung dieser Idee eingereicht.

Während der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog bei der ersten Veranstaltung 1996 Homosexuelle unter den Opfern des Nationalsozialismus nannte, "haben diese Opfer noch keine eigene Gedenkstätte", sagte Henny Engels, Vorstandsmitglied des LSVD. Daher "begrüßte" die Gruppe die Entscheidung der Bundestagspräsidentin, den Tag den Opfern zu widmen, die wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität verfolgt und getötet wurden. "Um die richtigen Lehren aus all ihren Facetten zu ziehen, muss die Geschichte umfassend lebendig gehalten werden", sagte Engels.

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Ghanas erste geoutete trans Musikerin hat einen Song veröffentlicht, um die Moral der LGBTQ+-Gemeinschaft des westafrikanischen Landes zu stärken. Diese Community hat mit einem harten Durchgreifen der Behörden und einer Zunahme homofeindlicher Verfolgung zu kämpfen.

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Die Künstlerin Angel Maxine sagte, sie habe Wo Fie – was in der Ghanaischen Twi-Sprache "Dein Zuhause" bedeutet – geschrieben, um LGBTQ+-Ghanaer*innen zu trösten, die nicht nur mit Drohungen der Behörden, sondern auch mit einem Anstieg der verbalen und physischen Angriffe in der Öffentlichkeit konfrontiert sind.

"Die Situation für die Queer-Community in Ghana ist im Moment sehr angespannt", sagte Maxine, 35, der Thomson Reuters Foundation per Telefon aus der Hauptstadt Accra. Deswegen, so Maxine, habe sie etwas tun müssen um ihrer Gemeinschaft zu helfen. "Das Lied soll ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind, und auch anderen sagen, dass wir auch Menschen sind und es verdienen, genauso zu existieren wie sie". Sie fügte hinzu, dass in den Mainstream-Medien Ghanas wenig Platz für LGBTQ+-Menschen sei, was sie dazu veranlasste, einen Song zu schreiben, der in den sozialen Medien veröffentlicht werden könnte. Der Text des Liedes handelt davon, dass jede*r – Freund*innen, Familie, Kolleg*innen - LGBTQ+ sein könnte und wendet sich gegen den Hass auf schwule, bisexuelle und trans Menschen.

Anfang des Jahres wurde das erste LGBT+-Gemeinschaftszentrum des Landes drei Wochen nach seiner Eröffnung geschlossen, nachdem kirchliche Gruppen und Politiker*innen für Empörung gesorgt hatten. Seitdem wurden Aktivist*innen verhaftet und ein Gesetzesentwurf eingebracht, der LGBTQ+ Menschen kriminalisieren würde. Homosexueller Sex wird in Ghana mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft, und obwohl es nur selten zu strafrechtlichen Verfolgungen kommt, sind queere Menschen häufig Missbrauch und Diskriminierung ausgesetzt, einschließlich Erpressung und Angriffen. Der neue Gesetzesentwurf, der dem Parlament letzten Monat vorgelegt wurde, würde noch weiter gehen - es wäre illegal, LGBTQ+ zu sein oder für LGBTQ+-Rechte einzutreten, und es würden noch längere Strafen verhängt.

Maxine sagte dazu, dass das neue Gesetz "erschreckend" sei und die Intoleranz und Verfolgung von LGBTQ+ Menschen verstärken und sie zwingen würde, sich zu verstecken oder im Ausland Asyl zu suchen. Maxine, die sich vor drei Jahren als trans geoutet hat, sei aufgrund der weit verbreiteten Diskriminierung mit vielen Problemen konfrontiert gewesen - von der Entlassung aus ihrem Job und der Räumung ihrer Wohnung bis hin zum Verlust von Freund*innen. "Als ich von dem Gesetzentwurf hörte, war ich schockiert. Ich frage mich immer wieder 'Warum dieser ganze Hass? Sind wir nicht alle menschliche Wesen? Für eine Transfrau wie mich ist das wirklich beängstigend", sagte sie.

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Eine Moschee in Berlin hat im Vorfeld einer Reihe von LGBTQ-Veranstaltungen in der Stadt die Regenbogenflagge gehisst. Einer der Imame hofft, dass andere Moscheen diesem Beispiel folgen werden.

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Die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin erklärte sich als die erste deutsche Moschee, die die Regenbogenflagge hisst – ein Symbol des Stolzes und der Vielfalt der LGBTQ+ Gemeinschaft. Die Berliner Moschee ist Deutschlands einzige selbsternannte liberale Moschee, in der alle Geschlechter gemeinsam beten können. Sie wurde erst vor fünf Jahren gegründet.

Im zentralen Stadtteil Moabit der deutschen Hauptstadt entfaltete sie ihre Flagge vor einer kleinen Gruppe von Menschen, darunter Berlins Kultursenator Klaus Lederer. Dabei trugen die Anwesenden Aufkleber mit der Aufschrift "Liebe ist Halal".

Mo el-Ketab, einer der sechs Imame der Moschee, sagte der Raum solle ein "sicherer Ort für Menschen sein, die anders sind, damit auch sie die spirituelle Seite ihres Lebens erfahren können". Er hoffe deswegen, dass auch viele andere Moscheen die Flagge auf diese Weise zeigen oder andere positive Zeichen für die LGBT-Gemeinschaft setzen werden. Die Flagge werde bis Ende Juli gehisst bleiben.

CSD-Vorstandsmitglied Marc-Eric Lehmann sagte, die Regenbogenflagge an der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee sei ein "unglaublich starkes Zeichen" und es sei "wirklich wichtig", einen Platz für Religion in LGBTQ-Gemeinschaften zu finden. "Queere Menschen können auch religiös sein und an Gott glauben", sagte er. "Wir sollten nicht nur über sichere Räume in Bars und Clubs in Berlin sprechen, sondern auch über sichere Räume in den Gotteshäusern."

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