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Während das spanische Frauennationalteam am 20. August ihre Siegerehrung feierte, küsste der Chef des spanischen Fußballverbands Luis Rubiales der Spielerin Jennifer Hermoso ohne deren Einverständnis auf den Mund. Allein das ist bereits ein Skandal, doch die Meldungen, die seitdem das Thema behandeln, offenbaren eine Fußballführung mit einem deutlichen „Machismo“-Problem, das sich nicht nur auf Spanien beschränkt.

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So äußerte sich Karl-Heinz Rummenigge, Aufsichtsratmitglied des FC Bayern, am Rande des Sport-Bild-Awards nach einem Zitat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Ich glaube, man soll da nicht übertreiben […] wenn man Weltmeister wird, ist man emotional. Und was er da gemacht hat, ist – sorry, mit Verlaub – absolut okay“. Nach Angeben des Senders Sport1 sitzen sowohl Rubiales als auch Rummenigge im Exekutivkomitee der Union of European Football Associations (UEFA). Damit wird deutlich, dass das Problem nicht allein ein spanisches ist. Fußballfunktionäre wie Rubiales gelten als Repräsentanten und sollten sich dessen Reichweite auch auf einer öffentlichen Veranstaltung bewusst sein.

So zeigt der Sender 3Sat in einem Bericht der Sendung „Kulturzeit“, dass der Großteil der spanischen Bevölkerung und auch die politische Spitze Rubiales als untragbar ansieht. Selbst Spaniens konservative Opposition widerspricht dem nicht. Währenddessen weigert sich Rubiales vehement, seinen Posten zu räumen. Mittlerweile wurde er zwar vom Weltverband FIFA für 90 Tage gesperrt, wie der Deutschlandfunk (DF) schreibt, doch das oberste Sportgericht Spaniens blockiert diese Suspendierung, so der DF weiter. Das Gericht entschied demnach, ein Verfahren aufgrund von schwerem Fehlverhalten zu eröffnen. Damit wäre Rubiales bei einer Verurteilung für max. zwei Jahre gesperrt, wie T-Online bemerkt. „Eine Suspendierung durch die Sportbehörde CSD wäre [laut Deutschlandfunk] hingegen nur möglich gewesen, wenn das Gericht das Verfahren wegen eines „sehr schweren“ Fehlverhaltens zugelassen hätte“. Dabei ist Rubiales‘ Handlung nicht nur aus sportlicher Sicht justiziabel. Wie die Tagesschau bemerkt, gilt in Spanien das "Solo sí es sí"- Gesetz (nur ja heißt ja) und da Hermoso eindeutig nicht „sí“ gesagt hat, bleibt damit die Frage, wie weit sich der Fußball und seine Institutionen gegen Öffentlichkeit und Gesetz behaupten können. Spaniens Frauennationalteam ist mittlerweile in den Streik getreten.

Letztendlich geht es darum, die Kader und ihre Machoallüren nicht nur offen zu verurteilen, sondern ein politisches Gegensignal zu setzen. Schaut man etwas über den Tellerrand, sind es diese Haltungen und die damit verbundene Überheblichkeit einiger Fußballkader, die u.a. auch die Weltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar ermöglicht haben und bis heute den europäischen Fußball daran hindern, sich geschlossen gegen Machismo und damit auch für mehr Regenbogenfarben bei internationalen Spielen zu positionieren.

Bei Interesse finden sich hier weitere Artikel auf echte vielfalt zum Thema Fußball.

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Wie bereits bei der Fußballweltmeisterschaft (WM) der Männer (2022 in Katar), besitzt auch die WM der Frauen (2023 in Neuseeland und Australien) eine Bedeutung als weltweites Sportereignis mit all seiner symbolischen Reichweite.

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Allein in Deutschland war das Finale der Fußballeuropameisterschaft (EM) der Frauen von 2022 mit ca. 18 Millionen Zuschauer*innen die meistgesehene Sportübertragung des vergangenen Jahres. Nun steht sogar die gesamte WM-Übertragung in Deutschland infrage. Laut eines Berichtes des Deutschlandfunks konnten sich FIFA und die deutschen Medien- und Streaming-Anbieter bis jetzt noch nicht über die Übertragungsrechte einigen. Dieser Zwist unterstreicht auch die Bedeutung der Frauen-WM.

Der Stern berichtete noch Ende März, dass die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben auch für die Frauen-WM nicht vorgesehen sei. Gegenüber der DPA ließ die Fifa allerdings verlauten, dass es noch kein endgültiges Ergebnis gäbe. „Die Fifa bemüht sich um einen fortlaufenden Dialog mit Spielerinnen und Mitgliederverbänden“.

Im Gegensatz zu Katar stehen Australien und Neuseeland dem Thema jedoch völlig anders gegenüber. So zeigte sich James Johnson, Chef des australischen Fußballverbandes, laut einem Bericht des Guardian vom 13. Mai 2023 nach einem Gespräch mit der Fifa durchaus optimistisch, dass es doch noch gelinge, dass Spielerinnen bei der Frauen-WM Regenbogenarmbinden tragen dürfen.

Demnach wollten Co-Gastgeber und Fifa aus der Kontroverse beim Männerturnier in Katar lernen. Damals mussten sechs europäische Länder ihre Pläne aufgeben, die „OneLove-Antidiskriminierungsbinde" zu tragen, nachdem ihnen mitgeteilt worden war, dass ihre Mannschaftskapitäne gesperrt würden, wenn sie dies täten. Nach den Fifa-Regeln darf die Mannschaftsausrüstung keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Aussagen oder Bilder enthalten. Der Kapitän jeder Mannschaft musste die von der Fifa bereitgestellte Kapitänsbinde tragen.

Doch schon der Austragungsort der letzten Männer-WM kann als politische Wertung betrachtet werden. Bereits damals hatten wir die eklatanten Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen angesprochen, die von einem öffentlichen Lavieren der Fifa begleitet wurden. Sobald eine Organisation wie die Fifa ein Land als medial wirksamen Austragungsort auswählt, bedeutet dies auch eine Akzeptanz der aktuellen rechtlichen und gesellschaftlichen Situation.  Selbst wenn die Gegebenheiten offener sind als in Katar, bleibt das nicht zulassen der Regenbogenbinde politisch.

Solange die Debatte um die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben in der Welt ist, bedeutet jedes nicht erlauben: „We don't support you“. So wie gezieltes nicht-kommunizieren als Teil von Kommunikation verstanden werden sollte, so ist das Verbot einer politischen Aussage Teil von Politik. Ein Turnier, welches von Teams aus Nationalstaaten ausgetragen wird, das Absingen von Nationalhymnen beinhaltet und öffentlichkeitswirksam von Politiker*innen begleitet wird, kann nicht unpolitisch sein.

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Die Fußball-WM in Katar ist mittlerweile kaum noch als unumstritten zu bezeichnen. Die unwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter*innen und die geradezu lebensgefährdende Gesetzgebung, vor allem auch für die LSBTIQ* Community, sind keine Vermutungen.

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In einem früheren Artikel haben wir bei echte-vielfalt.de über die Situation und was sie für LSBTIQ* Besucher*innen sowohl aus dem Ausland als auch aus Katar bedeuten kann, berichtet. Nun spitzt sich die Lage zu. Nach einer Zusammenfassung des Magazins Schwulissimo sollen Filmaufnahmen in Privaträumen, Universitäten, Krankenhäusern sowie bei Unternehmen verboten werden. Gerade die erste Einschränkung erschwert es, hinter die Kulissen zu schauen. Damit betrifft diese Medienzensur zwar alle, allerdings bedeutet sie gerade für gefährdete Personen „Unsichtbarkeit“ in Sinne des Wortes.

Der Tagesspiegel merkt an, dass übertragende Medien wie ARD und ZDF oder auch die Telekom Magenta TV immer wieder versichert hatten, auch über die vorherrschenden Zustände berichten zu wollen. Dies wird ihnen nun zumindest massiv erschwert.

Aber damit nicht genug: Wie der Stern mit Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Norwegen "NRK" berichtet, ist jede*r Besucher*in dazu verpflichtet eine App herunterzuladen, die weitreichende Zugriffe auf die privaten Daten erhält. Die App sei von einem „Trojaner“ kaum zu unterscheiden, so der Stern. Der NRK fasst zusammen:

„They can simply change the contents of your entire phone and have full control over the information that is there.”

Aus diesem Grund empfiehlt der norwegische Rundfunk, ein leeres bzw. neues Handy mitzunehmen, wenn man das Land besuchen möchte. Eine App, die einen fast uneingeschränkten Zugang hat, kann nicht nur auf vorhandene Daten zugreifen, sondern prinzipiell auch Gespräche. Wie schon in unserem vorherigen Bericht gilt hier: „Während die WM-Tourist*innen nach den Spielen das Land verlassen, bleibt das Gesetz gegen Homosexualität für die Menschen in Katar auch nach der WM, wenn die Welt nicht mehr zuschaut, bestehen.“ Und es ist unklar, welche Erkenntnisse die Führung in Katar über einige ihrer Bürger*innen daraus zieht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hingegen kündigte an, „vor Ort die Sicherheit von queeren Fans während des Turniers [zu] thematisieren.“ Sie wolle dafür zusammen mit der Menschenrechtsbeauftragten Luise Amtsberg (Grüne) sowie dem Eventmanager Bernd Reisig (Initiative "Liebe kennt keine Pause – gegen Homophobie in Katar") Ende Oktober nach Katar reisen. Bereits zuvor hatte Faeser gefordert, „bei künftigen internationalen Sportevents […]  bereits die Vergabe ‚an menschenrechtliche Standards‘" zu knüpfen, lehnte einen Boykott der WM jedoch ab.

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Die Fußball WM in Katar stand von Beginn an in der Kritik, Menschenrechte zu verletzen. Zum einen waren da die menschenunwürdigen und teilweise lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen für die Gastarbeiter*innen. Zum anderen fiel Katar bereits vor dem Beginn des WM-Ausbaus als Land mit menschenverachtenden Praktiken und Gesetzen auf, die nicht zuletzt auch die LSBTIQ* Community betrafen.

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So ist Homosexualität in Katar gesetzlich verboten, wie die Tagesschau berichtet. Daran hat sich genauso wenig etwas geändert wie an dem Umstand, dass die Kritik an den Arbeitszuständen und die Frage nach einer Entschädigung bis jetzt nicht über den Status einer „Prüfung“ hinausgekommen ist, so Human Rights Watch. Diese „Umstände“ sind bereits lange bekannt und die Lethargie, mit der ihnen seitens der FIFA begegnet wird, ist bedenklich.

Unterstrichen wird das Ganze von der Aussage des FIFA-Präsidenten Gianni auf der offiziellen Seite der FIFA. Er sei glücklich, dass die FIFA sich stark gegen die Verletzung von Menschenrechten, Rassismus und Diskriminierung stellen würde und wie beachtlich und anhaltend die Fortschritte diesbezüglich schon sein. Das Magazin queer.de schreibt dazu: „Wie bitte? …‘beachtliche Fortschritte‘ in Katar“ und schwulissimo titelt: „Homosexuelle werden künftig ganz nachhaltig inhaftiert“. Selbst das Symbolprojekt der FIFA, die bunte Kapitänsbinde, schafft es nicht über die ausweichende Haltung hinwegzutäuschen. Im Gegenteil: Laut FIFA soll sie ein allgemeines Zeichen gegen Diskriminierung darstellen. Dabei enthält sie jedoch explizit keine Regenbogenfarben.

„Es wirkt schon schwach, dass es nicht mal die richtigen Regenbogenfarben der LGBTQ-Fahne geworden sind", so Dario Minden, zweiter Vorsitzender des deutschen Fan-Bündnisses ‚Unsere Kurve‘, nach Angaben der Tagesschau. Wie schwach das wirkt, verdeutlicht die Mahnung des Deutschlanddirektors von Human Rights Watch in einem Interview mit der Sportschau:

„Er glaube zwar nicht, dass viel passieren werde, weil die ganze Welt zuschauen werde, … und dass westliche homosexuelle Fans, sofern sie sich an die Sitten der Katarer hielten, dort Fußball schauen können. ‚Aber eine Garantie gibt es nicht.‘“

Auch der Emir Aamim bin Hamad Al Thaniim äußerte im Mai dieses Jahres in Berlin zwar, dass „alle Gesellschaftsschichten“ empfangen würden und bezog sich dabei auch auf Homosexuelle, gleichzeitig betonte er jedoch die Erwartung, dass „ihre Kultur“ respektiert würde.

Während die WM-Tourist*innen nach den Spielen das Land verlassen, bleibt das Gesetz gegen Homosexualität für die Menschen in Katar auch nach der WM, wenn die Welt nicht mehr zuschaut, bestehen. Wo die FIFA als Gesamtverband versagt, ein deutliches Statement zu setzen, wird es im November daher umso mehr auf die Einzelverbände wie den DFB und weitere ankommen. An den Gesetzen vor Ort werden sie damit vermutlich jedoch so schnell nichts ändern.

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Mit einer öffentlichen Erklärung haben 800 Fußballer*innen ihren Kolleg*innen im Profi-Fußball Mut zugesprochen, sich zu outen.

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Noch immer ist es im Profifußball der Männer ein Tabu, sich als schwul zu outen. Zurzeit gibt keinen einzige offen homosexuellen Fußballer im Profifußball der Männer. Deswegen haben Fußballer*innen aus ganz Deutschland nun eine Aktion ins Leben gerufen: Unter dem Hashtag #ihrkönntaufunszählen und einer Erklärung, die im Fußballmagazin 11 Freunde veröffentlicht wurde, sicherten sie homosexuellen Spieler*innen ihre Unterstützung zu.

„Wir werden euch unterstützen und ermutigen und, falls notwendig, auch gegen Anfeindungen verteidigen. Denn ihr tut das Richtige, und wir sind auf eurer Seite", heißt es in dem Solidaritätsschreiben.

Zu den Unterzeichner*innen des Aufrufes gehören unter anderen Profis wie Max Kruse (1. FC Union Berlin), Niklas Stark (Hertha BSC), Bakery Jatta (Hamburger SV), die Nationalspielerinnen Almuth Schult und Alexandra Popp (VfL Wolfsburg). Auch ganze Mannschaften wie zum Beispiel der 1. FC Köln haben den Appell unterschrieben.

Niemand solle zu einem Coming-out gedrängt werden, betonen die Unterzeichner*innen.  Dies sei die freie Entscheidung jedes Einzelnen.  Denjenigen, die sich dafür entscheiden würden, wollen die Unterzeichner*innen ihre Solidarität zusichern. Es gehöre zu den elementaren Freiheitsrechten jedes Menschen gehört, sich zu seiner sexuellen Orientierung bekennen zu können.

In den sozialen Medien wie Twitter wurde die Kampagne begeistert aufgenommen und verbreitet. Der DFB findet die Initiative eine „starke und wichtige Aktion“. Eine Userin kommentiert den Aufruf mit „Ob auf dem Platz, in der Fankurve oder in der Gesellschaft: was zählt ist Respekt, Akzeptanz & Vielfalt. Danke für diese wichtige Aktion @11Freunde_de die zeigt, wir dürfen nicht aufhören gegen Diskriminierung zu kämpfen und seid euch sicher #ihrkönntaufunszählen“.

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Vor einiger Zeit meldete der LSVD Schleswig-Holstein, dass es zu einem queerfeindlichen Vorfall an der freien Waldorfschule in Itzehoe gekommen sei. Im Rahmen der „Michaeli“-Feier wurde am 29. September 2023 ein von den Kindern gebastelter Drache verbrannt, der als queeres Monster dargestellt wurde. Daraufhin stellte der Lesben- und Schwulenverband Strafanzeige gegen die Schule.

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Die Waldorf-Schule beschrieb in einem Beitrag zum Fest auf ihrer Webseite, das Verbrennen des Drachens repräsentiere „[d]e[n] Sieg des Guten über das Böse, der Freiheit über die Gefangenschaft“ (der Beitrag wurde später von der Webseite genommen, ist jedoch noch auf archive.org verfügbar). Dabei war das „Böse“ in pink und queer dargestellt worden. Nach Angaben von queer.de zählten zu den queeren Elementen des Pappmaché-Drachens ein Barbie-Hut und ein rosafarbenes Trikot des queerfreundlichen Fußballclubs „Inter-Miami“. Diese war zusätzlich markiert mit dem Aufschrift „Gaydidas“. So lässt die Gestaltung des Drachens wenig Zweifel an der Intention des Verbrennungsrituals zu. Oliver Rautenberg, der sich auf seinem Blog kritisch mit Rudolf Steiners Anthroposophie auseinandersetzt, stellt klar: „Der Teufel, den die Waldorfschule hier mit Feuer austreibt, ist queer“. Vorstandsmitglied des LSVD Schleswig-Holstein Florian Wieczorek äußerte sich ebenfalls zum Vorfall: “Wir werden als Böses assoziiert und das ist das Problem! Wir sind alles Menschen. Und deswegen kann es nicht sein, nur weil ich 'nen Mann liebe, dass ich in irgendeiner Weise Böse oder anders bin." Am 13. Oktober veröffentlichte die Waldorfschule eine Entschuldigung auf ihrer Webseite, doch scheint sie keine direkte Verantwortung für den Vorfall zu übernehmen. In der Stellungnahme wird nicht die gesellschaftliche Bedeutung des Verbrennungsrituals reflektiert, sondern die Schule entschuldigt sich lediglich dafür, falls einzelne Personen oder Gruppen sich verletzt gefühlt haben sollten. Doch vor allem in Bildungsinstitutionen kann eine solche queerfeindliche Symbolik dramatische Folgen haben. Die SPD-Abgeordnete im Schleswig-Holsteinischen Landtag Birgit Herdejürgen betont: „Weder „woke“ noch „queer“ dürfen Kindern als Böse vermittelt werden, was auch immer von archaischen Ritualen sonst zu halten ist.“ Daraufhin forderte die Fraktion das Bildungsministerium auf, den Vorwürfen gegen die Waldorfschule Itzehoe nachzugehen. Das Bildungsministerium Schleswig-Holstein äußerte sich dazu, dass es den Vorfall untersuchen werde. Auch die Schule ist verpflichtet, denn Fall aufzuarbeiten. Die Strafanzeige des LSVD Schleswig-Holstein bleibt auch nach der Stellungnahme der Schule bestehen, denn „[i]nakzeptables Verhalen muss Konsequenzen nach sich ziehen“, so Wieczorek.

Der amerikanische Football ist auch in Deutschland mittlerweile mehr als nur ein Randphänomen. So sahen im Februar 2023 1,77 Millionen Menschen den Super Bowl. Insgesamt berichtet die Tagesschau von rund 99 Millionen Zuschauer*innen weltweit, eine riesige Reichweite, die sich die Werbeindustrie einiges kosten lässt.

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Nach Angaben der Tagesschau kostete ein Werbespot im letzten Super Bowl über 233.000 US-Dollar pro Sekunde, was die mediale Reichweite dieses Spektakels unterstreicht. Diese mediale Macht, verbunden mit der zunehmenden Popularität in Deutschland, ist Anlass genug, sich diesen Sport und seine Haltung zur LGBTIQ*-Gemeinschaft genauer anzusehen.

Über Fußball wurde an dieser Stelle schon des Öfteren berichtet, zuletzt über den Machismo in Spaniens Führungsetage des Frauenfußballs, die ewige Diskussion über die Regenbogenfarben der Kapitänsbinde und nicht zuletzt die verachtenden Zustände in Katar bei der WM der Männer.

Verschafft man sich hingegen einen ersten Überblick zum Football, zeigt sich zumindest vordergründig ein deutlicheres Bekenntnis zur Diversität und Menschenwürde. Im Jahr 2021 outete sich mit Carl Nassib zum erstmals ein aktiver Spieler als schwul. Beim Blick auf Spiele der aktuellen Saison stößt man des Weiteren immer wieder auf Aufnäher und andere Symbole in Regenbogenfarben. Allerdings ist Football nach wie vor ein körperbetonter Leistungssport, der trotz allem immer noch Klischees von "Männlichkeit" bedient. In einem Interview mit dem Guardian bringt es der ehemalige Spieler RK Russell auf den Punkt, wenn er sich vor seinem Coming-Out die Frage stellte, ob die Toleranz an der Stelle ende, wo die sportliche Leistung aufhöre. Eine Frage, der sich alle Leistungssportarten stellen müssen. Für die USA im Besonderen machte ihm darüber hinaus die Frage zu schaffen, wie es als schwarze Person in dieser Umgebung sein würde. Ein weiteres Thema, bei dem die Schnittstelle zwischen dem Kampf um Anerkennung von LGBTIQ* und People of Color (POC) im Football einen gemeinsamen Kristallisationspunkt findet.

Aber auch abseits des Spielfelds lassen sich positive Anekdoten entdecken. Wie die Seite Queerty im Oktober 2023 berichtete, hat sich in der NFL in den letzten Jahren eine Veränderung vollzogen, bei der männliche Cheerleader, die noch vor einem Jahrzehnt als unwahrscheinlich galten, heute fester Bestandteil der Liga sind. Allein die New Orleans Saints haben mehr als ein Dutzend männliche Cheerleader.

Auf der offiziellen Webseite der NFL heißt es zudem: "We're committed to continuing efforts around diversity, equity, and inclusion because football is for everyone. We proudly support the LGBTQ+ community...". In ihrem im aktuellen "Diversity and Inclusion Report" vom März 2023 betont die Liga zudem ihr Ziel, weiter auf eine bessere Inklusion und Diversität, nicht zuletzt auch bei ihren Angestellten, hinarbeiten zu wollen.

Dabei gilt es, die Anekdoten und Bekenntnisse einer Multimilliarden-Dollarvereinigung generell mit Vorsicht zu betrachten. Immerhin geht es bei diesem Sport nicht zuletzt um Gewinnen und Gewinne. Wie hier jedoch bereits in dem Artikel "Pinkwashing – ein Problem mit zwei Seiten" thematisiert wurde, kann auch eine kommerzialisierte Symbolik zur Sichtbarkeit und zum Schaffen von "Normalität" beitragen. Erst einmal darf damit ein positiver Eindruck von einem zunehmend populären Sport festgehalten werden.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verliert an Zuspruch innerhalb der türkischen Bevölkerung. Nicht zuletzt ein Grund, weshalb seine aktuellen Äußerungen um so verbissener in Richtung eines ultrakonservativen Familienbildes drängen.

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Erdogan kündigt am Freitag, 7. Oktober, an, Schritte gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und trans Menschen vornehmen zu wollen. Berichten des Magazins Spiegel unter Berufung auf die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu zufolge sei es sein Ziel, die „traditionelle“ Familie zu stärken, die den Kern eine starke Nation bilde. Die LGBTQ* Community strebe hingegen danach, diese „Familienstrukturen zu degenerieren“, so Erdogan sinngemäß.

Gleichzeitig steckt in diesen Äußerungen eine Spitze gegen den Oppositionspolitiker Kemal Kilicdaroglu von der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP. Dieser hatte nach Angaben von queer.de in einer kürzlichen Wahlumfrage „mit 53 zu 47 Prozent gegen den langjährigen Machthaber“ vorne gelegen. Die Regierung plane ein Gesetz „gegen Desinformation“, das noch zur Abstimmung durch das Parlament muss. Die Opposition befürchtet hingegen, dass sich dahinter eine Verschärfung der Zensur verberge. Noch kommt es in der Türkei nicht überall zu Zensur und Gewalt gegen LGBTQ*, wie ein Podcast des Deutschlandfunks vom Oktober 2021 erwähnt:

„Ein kleines Fußballfeld in Istanbul. […] Am Rand stehen etwa dreißig Zuschauende, bejubeln die Spielerinnen und Spieler in ihren rosafarbenen Trikots. […] Wir sind alle supereuphorisch, wenn wir hierherkommen. In der Türkei erleben wir ansonsten sehr viel Unterdrückung. […]“.

Doch auch dieser Ort wurde am Ende von Polizist*innen geräumt und das Spiel verboten. Der Podcast berichtet von Wasserwerfern und gesperrten Onlineplattformen, von Gewalt und Unterdrückung. Zwar gelten Homosexualität und Transgender nicht als Straftat, aber das ändert nichts an der staatlichen Haltung. Und doch gibt es Lichtblicke. Das Viertel Çihangir in Istanbul, das als gentrifizierter Stadtteil gilt:

„Vor zwei Wochen trug ich einen Rock. Und der war super kurz geschnitten. Auf der Straße begegnete ich zwei Polizisten, sie schauten mich an und ich sagte: Hiiiii – das wars. Wir haben weder darüber gesprochen, noch haben sie mir etwas angetan“, sagt Buğra Büyükşimşek, einer der Demonstranten, die im letzten Jahr gegen das Verbot einer Pride-Parade auf die Straße gegangen waren, gegenüber dem Deutschlandfunk.
Mit den Äußerungen von Erdogan im Ohr scheint die Wahl im Jahr 2023 eine Weichenstellung zu bedeuten, bei der es darum geht, ob Orte wie Çihangir weiter möglich sind oder selbst diese immer mehr unter Druck geraten.

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Der Streaming-Gigant Netflix hat einen ersten Blick auf Queer Eye Germany mit den neuen Deutschen "Fab Five" geworfen, und sie sehen ebenso fantastisch aus wie die der US-Version. Der deutsche Ableger der amerikanischen Show wird die Fab Five im März in die Welt schicken. In Zusammenarbeit mit ITV Germany werden die Expert*innen der Show mit den Zuschauer*innen zusammenarbeiten, um ihnen zu helfen, ihr Leben zu verändern.

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Der Trailer, der im Februar veröffentlicht wurde, stellt die neue Fünfergruppe vor: Lebensberaterin Leni Bolt, Modedesigner Jan-Henrik Scheper-Stuke, Beauty-Guru David Jakobs, Ernährungs- und Gesundheitsexperte Aljosha Muttardi und Design-Ass Ayan Yuruk. Das neue Queer Eye Germany verspricht, genauso gut zu sein wie das Original. Mit dem fröhlichen Reboot von Netflix wird das überholte Bild von schwulen Männern als urteilende Diven neu erzählt - es geht nicht nur darum, sich schick anzuziehen und richtig zu essen, sondern auch darum, was in einem steckt. Und es sieht so aus, als würde dies nun auch nach Deutschland kommen.

Dem Trailer nach zu urteilen, haben es die Kenner*innen mit Leuten zu tun, die sich selbst die Haare schneiden, "vier, fünf graue Pullover" besitzen und sich von einer Vergangenheit distanziert haben, der sie sich nicht stellen können. Das Quintett besucht einen jungen Fußballtrainer, der sich outen will, einen alleinerziehenden Vater, der sich darauf vorbereitet, wieder ein Date zu haben, und eine junge Frau, die lernen will, wie man wirklich lebt. "Ich habe das Gefühl, dass ich im Leben viel verpasst habe", sagt die 18-jährige Marleen. "Ich fühle mich gefangen, als könnte ich nicht entkommen."

Hier kommen die Fab Five ins Spiel, die fast wie Superhelden wirken. Oder, wie Muttardi im Trailer sagt: "Wir sind der Regenbogen, der Farbe in [ihr] Leben bringt", während Bolt gegenüber einem Mentee betonte, dass "es da draußen Menschen gibt, die dich wirklich lieben". Für Yuruk ist seine Rolle in der Show wegweisend. "Ich kann das Vorbild sein, das ich als schwuler Türke nie hatte", sagte er. "Es ist, als wäre ich ein völlig neuer Mensch", sagte ein Mentee. "Und das habe ich euch zu verdanken."

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Nachdem sich der Münchner Stadtrat in einem fraktionsübergreifenden Antrag dafür ausgesprochen hatte, das Fußballstadion zum Gruppenspiel gegen Ungarn in Regenbogenfarben zu beleuchten, wie es in der Vergangenheit etwa schon zum CSD geschehen war, hatte auch der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die UEFA und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) am Montag in einem Schreiben gebeten, „dieses Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz zu unterstützen“. Nun hat die UEFA den Regenbogen für die Allianz-Arena offenbar abgelehnt.

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Laut DFB-Pressesprecher Jens Grittner gibt die UEFA „ein einheitliches Stadiondesign vor. Und es gibt gute Gründe, dieses einheitliche Stadiondesign auch zu leben. Vielleicht muss man die Beleuchtung nicht unbedingt am Spieltag Mittwoch festmachen.“ So argumentierte der EM-Ausrichter, dass alle Stadien einheitlich in den Farben der UEFA und der teilnehmenden Länder leuchten sollten. Dies kam, nachdem die UEFA unabhängig davon geprüft hatte, ob Manuel Neuers Regenbogen-Kapitänsbinde zulässig ist – sie gab ihr OK, aber dass es überhaupt zu einem Prüfverfahren kommen musste, zeigt wohl, welche Strukturen in der UEFA noch vorhanden sind. So soll die Arena wie vorgesehen in den Farben des EM-Ausrichters UEFA und der teilnehmenden Nationen leuchten – wie es auch für die anderen zehn Stadien gelte.

Vor dem Hintergrund, dass das ungarische Parlament am Dienstag ein – wahrscheinlich EU-rechtlich gesehen illegales – Gesetz verabschiedet hat, das sich nach russischem Vorbild gegen vermeintliche „Homo-Propaganda“ wendet (echte-vielfalt.de berichtete), ist dies besonders bedauerlich. Eine Online-Petition zur Beleuchtung der Arena hatte bis Montagabend fast 100.000 Unterschriften erzielt. Sogar Bayerns konservativer Ministerpräsident Markus Söder (CSU) unterstützte das Vorhaben als „ein Signal für die Offenheit unserer Gesellschaft“.

Nun soll die Arena jedoch erst zu einem späteren Termin rund um den Christopher Street Day in Regenbogenfarben leuchten, beispielsweise am 28. Juni zum Jahrestag der Stonewall-Aufstände – ohne Publikum  dann. Der fehlende Bezug zu Ungarn bei einem späteren Termin würde so das Politikum für die UEFA entschärfen – aber auch den Sinn des Protestes.

Aber: Der CSD München und weitere Gruppen haben angekündigt, vor dem Spiel gegen Ungarn am Mittwoch 10.000 Regenbogenfahnen an Fans zu verteilen. Zusammen mit Neuers Kapitänsbinde wird so hoffentlich, wenn es schon keine große leuchtende Flagge gibt, viele kleine, schwenkende geben.

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