Echte Vielfalt

Aufklärung und Bildung

„Asexualität kennen die meisten ja noch, aber bei Aromantik hörts dann meistens auf. Weil es ist ja wirklich so extrem präsent in unserer Gesellschaft: Wie wir groß werden, bei Disney-Filme fängt das schon an, und in der Schule. Du musst heiraten, Kinder kriegen, Haus bauen. Das ist wichtig, und wenn du das nicht erreichst, dann hast du sozusagen versagt“ – Caro, die aromantisch ist und in mehreren queer-platonische Beziehungen lebt, erzählt in einem Interview, wie es ist, in einer solchen Gesellschaft keine romantische Beziehung zu wollen.

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Für sie sei es nie das richtige gewesen: Caro (25) habe tatsächlich viele klassische, romantische, und wie sie sagt, „einengende“ Beziehungen geführt, bis sie in der queeren Community in einem Tumblr-Post etwas über Aromantik las – „und dann hat es einfach Klick gemacht“: Sie ist auf dem sogenannten Ace/Aro-Spektrum, welches Personen einschließt, die asexuell und/oder aromantisch sind. Während Asexualität bedeutet kein oder wenig Verlangen nach Sexualität mit anderen Menschen zu haben, bezieht sich Aromantik darauf keine klassische, romantische Beziehung führen zu wollen. Dabei schließe das eine das andere jedoch nicht automatisch ein: Ein Menschen könne sowohl Ace als auch Aro sein, jedoch auch nur aromantisch und trotzdem mit dem Verlangen nach Sex, oder asexuell und trotzdem mit dem Wunsch nach einer romantischen Beziehung.

Caro bezeichnet sich als Ace/Aro und hat nur selten und unter bestimmten Umständen Lust auf Knutschen oder Sex, wie man es von klassischen romantischen Beziehungen erwarten würde. Sie fühle sich einfach nicht romantisch zu Menschen hingezogen – sondern platonisch. Im Ace/Aro-Spektrum gibt es für diese Art von Anziehung einen Begriff, der den romantischen „Crush“ (Schwarm) ersetzt: Man spricht davon einen „Squish“ zu haben. „Ein Squish ist ein super intensives Gefühl einer anderen Person gegenüber, das aber nicht von romantischer Natur ist.“ Das könne sich sogar ähnlich äußern wie verknallt sein, dass man einer Person sehr nah sein und viel Zeit mit ihr verbringen will – aber eben freundschaftlich. Als „mehr als eine normale Freundschaft, weniger als eine romantische Beziehung“ und „irgendwas zwischen Partner*In und Freund*In“ beschreibt Caro die queer-platonischen Beziehungen, die aus solchen Squishes entstehen können. Der Unterschied zu „normalen“ Freundschaften sei dabei, dass es in queer-platonischen Beziehungen schon eine „wesentlich tiefere emotionale Bindung“ gäbe. Dabei werde vorher „klipp und klar“ kommuniziert, was jeder will. Es gibt sogar einen queer-platonischen Beziehungsvertrag, bei dem man umkreisen und durchstreichen kann was man mag, und was nicht, wie „kleine Küsse“, „große Küsse“, „Sex“ und „Händchen halten“.

Caro findet, dass solche Absprachen in jeder Art von Beziehung gelten sollten – auch klassischen, hetero-romantischen – da es ein „vorgefertigtes Bild gibt von dem, was in einer romantischen Beziehung passieren soll oder darf, oder nicht, und darüber redet niemand, aber alle wissen es, und es ist irgendwie allgemeingültiges Gesetz – obwohl das eigentlich eine Sache ist, die total individuell ist. Jeder Mensch ist ja anders und jeder Mensch kann Nähe anders zulassen, an sich ranlassen, und zurückgeben“.

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Die Kampagne #NoHateMe ist eine Initiative des Vereins Liebe wen Du willst e.V. und setzt sich für ein Internet ohne Hass auf LSBTIQ-Menschen ein.

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„Hass im Netz existiert nicht losgelöst vom analogen Leben, sondern greift reale Macht- und Diskriminierungsstrukturen auf, aus denen er sich speist. Zusätzlich lässt sich im Internet eine Art Enthemmungseffekt beobachten. Meinungen, die im realen Leben oft nur von einer Minderheit offen vertreten werden, sind mit wenigen Klicks veröffentlicht und finden im Internet eine große Bühne.“ schreibt die Initiative auf ihrer Homepage.

Das wichtigste Ziel der Studierenden und jungen Menschen, die sich bei NoHateMe engagieren, ist die Präventionsarbeit gegen digitales Mobbing bzw. Cyber-Mobbing und Hate Speech. Dies soll unter anderem durch Förderung von Medienkompetenz, der Stärkung von Selbstvertrauen und der Vermittlung von sozialen und kommunikativen Fähigkeiten erreicht werden. Betroffene sollen informiert werden, welche Rechte sie im Internet haben, und wie man sich gegen Hass und Diskriminierung im Netz zur Wehr setzen kann.

Auch Bildungs- und Aufklärungsarbeit wird durch das Projekt geleistet, zum Beispiel durch Workshops in Schulen und Jugendzentren.

Über die Webseite von Liebe wen Du willst können außerdem Vorfälle gemeldet werden, und darüber beraten werden, ob eine strafrechtliche Verfolgung Sinn machen kann.

Erreichbar ist die Initiative auch über Facebook und Instagram.

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Was ist der Unterschied zwischen bisexuell und queer? Und zwischen queer und pansexuell? Und zwischen pansexuell und polysexuell? Und ist das überhaupt wichtig? Und wenn ja: Warum?

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Der erste Unterschied zwischen queer sein auf der einen Seite, und bi-, pan-, oder polysexuell sein, auf der anderen, offenbart sich durch das Vorhandensein der Komponente „Sexualität“ in den Begriffen. Das heißt, dass Menschen, die sich als bi-, pan-, und polysexuell outen, damit erstmal nur Auskunft über ihre sexuelle Orientierung geben – nicht ihre geschlechtliche Identität. Während das zwar nicht bedeutet, dass bi-, pan-, und polysexuelle nicht auch queer sein können, so schließen diese Bezeichnungen nicht automatisch jede Person ein, die Geschlecht und Sexualität nicht „traditionell“ lebt – wie der Begriff queer es tut. Queer ist damit eine positive Selbstbezeichnung für Personen, die nicht heterosexuell und/oder cisgeschlechtlich sind. In diesem Zusammenhang kann „nicht heterosexuell“ entweder bedeuten nur Menschen des eigenen Geschlechts anziehend zu finden (homosexuell), oder mindestens zwei verschiedene Geschlechter zu begehren (bi-, pan-, und polysexuell). „Nicht cisgeschlechtlich sein“ als mögliches Element von Queer sein, bezieht sich wiederum auf die eigene Geschlechtsidentität und hat erstmal nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun, sondern besagt, dass sich eine Person nicht oder nur zum Teil zu dem Geschlecht zugehörig fühlt, welches ihr bei der Geburt zugewiesen wurde. Trans*, inter*, agender und nicht-binäre Personen bezeichnen sich daher oft auch als queer – jedoch nicht immer.

Und darin offenbart sich der zweite Unterschied zwischen queer sein und beispielsweise bi sein: Als eine Frage der Selbstidentifizierung und der Begriffe, die Menschen zur Verfügung stehen, wenn sie sich zur ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität outen wollen. In einem Gespräch zwischen zwei Journalistinnen des Online-Netzwerks Funk, von denen sich eine als queer und die andere als bisexuell bezeichnet, schildert die bisexuelle Journalistin, dass sie den Begriff queer gar nicht gekannt habe, als sie vor zehn Jahren begann sich in einem kleinen bayerischen Dorf als bi zu identifizieren. Dies bedeute für sie jedoch nicht, dass sie sich nur für Frauen und Männer interessiere - eine überholte Vorstellung und häufige Annahme der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft.

Und so geht aus diesem Gespräch der dritte Unterschied zwischen den verschiedenen Bezeichnungen hervor: Die Erfahrungen, die Menschen damit machen. So erzählt die queere Person in dem oben genannten Gespräch, dass ihr oft vorgeworfen werde, mit ihrer queeren Selbstbezeichnung nur für Aufmerksamkeit sorgen zu wollen; oder dass man ihr sage: „Du siehst ja gar nicht queer aus!“. Die bisexuelle Journalistin wiederum berichtet von sogenannter „Bi-Erasure“, auf Deutsch „Bi-Radierung“: Das Phänomen, dass bisexuellen Menschen häufig unterstellt wird, nur in der Übergangsphase zum Outing als schwul oder lesbisch sein, oder sich nicht entscheiden zu können und in einer „Phase“ zu sein.

So zeigt sich jedoch in den Unterschieden der oben genannten Bezeichnungen auch eine große Gemeinsamkeit, und zwar die Abweichung von „traditionellen“ Vorstellungen. Damit kann „queer“ eine Art Regenschirm-Begriff für alle darstellen, die sich nicht zur heteronormativen Mehrheitsgesellschaft zugehörig fühlen – sondern zu einer queeren Community.

Mehr Informationen und mehr Begriffe finden Sie in der Fibel Echte Vielfalt. 

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Die Bundestagsfraktion der FDP hat den Antrag „Vielfalt schützen – Homo- und transfeindliche Hasskriminalität bekämpfen“ ins Parlament eingebracht.

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Um der wachsenden homo- und transfeindlichen Hasskriminalität zu entgegnen, wird der Bundestag aufgefordert, einen nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit zu entwickeln.

„In einem freiheitlich-demokratischen Land darf niemand aufgrund der geschlechtlichen oder sexuellen Identität Angst vor gewaltsamen Übergriffen haben müssen. Die Zunahme von homo- und transfeindlichen Straftaten zeigt, wie zerbrechlich vermeintlich selbstverständliche Minderheitenrechte sein können“ schreibt die Fraktion in ihrer Begründung für den Antrag.

Der Vorschlag für den Aktionsplan beinhaltet Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen. Bei Polizei und Staatsanwaltschaften sollen jeweils LSBTI-Ansprechpersonen benannt werden, und homo- und transfeindliche Straftaten einheitlich in der Kriminalstatistik erfasst werden. Laut dem Antrag ist Berlin bisher das einzige Bundesland, das homo- und transfeindliche Hintergründe von Straftaten gezielt in Polizeiberichten benennt und regelmäßig die dazu gemeldeten Fallzahlen veröffentlicht.

Die Stärkung von Aufklärungs- und Bildungsangeboten über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sieht der Antrag ebenfalls vor, und Beratungs- und Selbsthilfeangebote für Betroffene sollen ausgebaut werden. Die Fraktion fordert die Bundesregierung außerdem auf, den Schutz vor Diskriminierung auf Grund der sexuellen Identität im Grundgesetz zu verankern.

In 15 von 16 Bundesländern gibt es bereits Landesaktionspläne gegen Homo- und Transphobie. Einzig Bayern sieht dies bisher nicht als notwendig an.

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Das Magnus-Hirschfeld-Centrum e.V. (mhc) ist ein Beratungs-, Kultur und Jugendzentrum in Hamburg und existiert seit über 35 Jahren. Ziel der Arbeit des mhc ist die „Gleichstellung, gesellschaftliche Chancengleichheit und die positive Wertschätzung einer heterogenen Gesellschaft.“. 

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Angeboten werden unter anderem Gruppen und Selbsthilfegruppen für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans*. In der Beratungsstelle des mhc erhalten Menschen professionelle Unterstützung zu allen Fragen, die mit sexueller Identität und Orientierung zusammenhängen. Ein Kulturprogramm mit Vorträgen, Theater- und Musikveranstaltungen lädt ebenfalls ein, das mhc und sein dazugehöriges Café zu besuchen.

Magnus-Hirschfeld-Centrum
Borgweg 8
22303 Hamburg
www.mhc-hh.de

Telefon: 040.278 778 00

E-Mail: info@mhc-hamburg.de

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Der 27.1. ist der Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, an dem regelmäßig an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird. Auch der Verfolgung von homosexuellen Menschen während der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus wird an diesem Tag mit verschiedenen Gedenkveranstaltungen gedacht.

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Über 50.000 schwule Männer wurden während des Nationalsozialismus unter einem verschärften Paragraph 175 verfolgt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Hierfür wurde 1936 eigens eine Behörde, die "Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung", eingerichtet. Der "Schwächung der allgemeinen Volkskraft" sollte damit Einhalt geboten werden. Homosexuelle Männer galten als „Volkschädlinge“, da sie die Ideologie der „gesunden Volksgemeinschaft“ und das Männlichkeitsbild im Nationalsozialismus bedrohten. Lesbische Frauen waren hingegen weniger im Fokus der Nationalsozialisten.

Schätzungsweise 10-15.000 schwule Männer wurden in Konzentrationslagern festgehalten, und erfuhren hier besondere Gewalt, welche viele nicht überlebten. Gekennzeichnet waren sie mit dem Häftlingsabzeichen des rosa Winkels. Zu den dokumentierten Zwangsmaßnahmen gehörten auch „Umerziehungsmaßnahmen“, die dazu dienten, die sexuelle Orientierung zu ändern, wie zum Beispiel der zwangsweise Besuch von KZ-Bordellen.

Lange Zeit wurde Männern, die aufgrund ihrer Homosexualität im NS verfolgt wurden, der Status als Opfergruppe nicht zuerkannt. Dies hing unter anderem damit zusammen, dass auch nach 1945 Homosexualität zunächst ein strafrechtliches Vergehen darstellte. Erst langsam gelangten Homosexuelle als spezifische Opfergruppe in das öffentliche Bewusstsein. Zum zehnten Jahrestag der Einweihung eines Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen formulierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier daher 2018 starke Worte und bittet die LGBTI-Community um Vergebung: „Als Bundespräsident ist mir heute eines wichtig: Ihr Land hat Sie zu lange warten lassen. Wir sind spät dran. Was gegenüber anderen gesagt wurde, ist Ihnen bisher versagt geblieben. Deshalb bitte ich heute um Vergebung – für all das geschehene Leid und Unrecht, und für das lange Schweigen, das darauf folgte.“

Seit Jahren fordern LGBTQI-Aktivist*innen nun eine offizielle Ehrung der queeren Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag, so zum Beispiel in der offiziellen Gedenkstunde des Bundestages. Vertreter*innen verschiedener Parteien sprachen sich dafür aus, verhindert wurde dies jedoch von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU).

Detaillierte Informationen zur Verfolgungsgeschichte Homosexueller im NS gibt es unter  www.rosa-winkel.de

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Homofeindlichkeit, auch bekannt als Homophobie, wird als negative Einstellungen, Vorurteile und Ablehnung gegenüber homosexuellen Menschen definiert. Das Wort geht auf die griechischen Wörter „homos“ =gleich und „phobos“= Angst zurück. Erstmals kam der Begriff gegen Ende der 60er Jahre auf, als der amerikanische Psychologe George Weinberg ihn in einem Artikel verwendete.

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Mitunter wird Kritik am Begriff der Homophobie geübt, da der Wortteil „phobie“ auch für eine Angststörung steht. Viele homophobe Menschen haben jedoch nicht direkt Angst vor homosexuellen Menschen, sondern weisen eher eine Abneigung und Feindseligkeit auf.

Wissenschaftliche Forschung zu Homofeindlichkeit gibt es zum Beispiel in der Sozialpsychologie. Hier betrachten Wissenschaftler*innen die Homophobie in verschiedenen Dimensionen, die affektive, die kognitive und die verhaltensbezogene Homophobie. Bei der affektiven Homophobie geht es um unangenehme Gefühle, die jemand empfindet, zum Beispiel beim Anblick eines Kusses zwischen zwei Männern. Die kognitive Komponente von Homophobie bezieht sich auf Einstellungen, z.B. wenn bestimmte Rechte für homosexuelle Menschen abgelehnt werden. Die verhaltensbezogene Ausprägung schließlich umfasst das Handeln von homophoben Menschen, zum Beispiel abwertende Äußerungen oder auch Gewalt.

Ein in der Forschung oft eingesetztes Instrument, um Homophobie zu messen, ist der „Index of Homophobia“. Hier wird mit einem Fragebogen abgefragt, wie Menschen verschiedene Aspekte von Homosexualität bewerten. Auch zu den Ursachen von Homophobie wird geforscht: Einflussfaktoren auf die Ausprägung der Homophobie sind zum Beispiel das Geschlecht, Religiosität oder die Erziehung von Personen.

In den Sozialwissenschaften wir Homofeindlichkeit gemeinsam mit den Konzepten Sexismus, Rassismus und Antisemitismus als Phänomen der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ verstanden. Ähnlich wie bei Rassismus kann es dabei helfen, Menschen am besten schon früh in Kontakt mit queeren Personen zu bringen, um Vorurteile abzubauen und Wissen zu vermitteln. 

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Das sperrige Wort Heteronormativität (englisch: Heteronormativity) wurde von  Michael Warner in seinem Artikel Introduction: Fear of a Queer Planet geprägt, um ein System von Normen, also Verhaltenserwartungen zu bezeichnen, nach denen jeder Mensch heterosexuell ist bzw. sein sollte.

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Mittlerweile ist der Begriff ein zentrales Konzept der Queer-Theorie. Die Idee der Heterosexualität als vermeintlich „natürliche“ oder höherwertige Form der Sexualität wird damit in Frage gestellt. Dazu gehört auch die alltagsweltliche Annahme, dass er nur zwei Geschlechter gäbe, die sexuell aufeinander bezogen sind: „Die Heteronormativität drängt die Menschen in die Form zweier körperlich und sozial klar voneinander unterschiedener Geschlechter, deren sexuelles Verlangen ausschließlich auf das jeweils andere gerichtet ist“ (Wagenknecht 2004).

Heteronormativität findet sich nicht nur in den Einstellungen von Menschen, sondern auch in den gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen wieder, zum Beispiel wenn homosexuelle Paare oder Regenbogenfamilien rechtlich diskriminiert werden.

Auch in der Alltagskultur findet sich Heteronormativität wieder, wie die Geschlechterforscherin Sabine Hark in einem Interview erläutert: „Heterosexualität organisiert die gesamte Alltagskultur. Das beginnt mit den Fantasiewelten, die in Kinderbüchern oder -filmen gezeigt werden, geht über Lehrmaterialien in der Schule bis hin zu allgegenwärtiger Werbung, in der das romantische Glück von Heteropaaren inszeniert wird. Es wird schon früh vorausgesetzt, dass Kinder und Jugendliche eines Tages eine/n gegengeschlechtliche/n Partner/in finden.“

Doch natürlich gibt es auch Widerstand gegen die Norm der Heterosexualität und die Abwertung von Homosexualität. LSBTIQ-Personen, ihre Sichtbarkeit und ihr Engagement zeigen auf, dass die Gesellschaft vielfältiger ist, als es uns oft vermittelt wird.

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2012, im Rahmen des Aktionsplans der Landesregierung NRW „für Gleichstellung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt – gegen Homo- und Transphobie“, wurde vom Schulministerium NRW und der Initiative Schule der Vielfalt ein Kooperationsvertrag unterschrieben. Damit wurde auf das bereits seit 2008 vorhandene Engagement der damaligen lesbisch-schwulen Schulaufklärung (SchLau) NRW und der Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben und Schwule in NRW aufgebaut.

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Diese war ins Leben gerufen worden, um „in Nordrhein-Westfalen eine gesellschaftliche Öffentlichkeit für die Ächtung von Homophobie in der Schule herzustellen und so sowohl strukturelle als auch individuelle homophobe Diskriminierung und Gewalt in Schulen zu stoppen“.

Heute ist die Schule der Vielfalt ein bundesweites Antidiskriminierungsnetzwerk, welches Lokalgruppen in allen Ländern hat, die sich dafür einsetzen, „dass an Schulen mehr gegen Homo- und Trans*feindlichkeit und mehr für die Akzeptanz von unterschiedlichen Lebensweisen getan wird“.

Für das Landesnetzwerk in Schleswig-Holstein wurde unter dem Träger „HAKI e.V. – lesbisch-schwule Emanzipationsarbeit in Schleswig-Holstein“ der Name SCHLAU übernommen, mit SCHLAU-Teams in Flensburg, Kiel und Lübeck; die Bildungs-, Aufklärungs- und Antidiskriminierungsworkshops zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt für Schulen, Sportvereine, Jugendzentren und andere Jugendeinrichtungen anbieten. Dabei stünden Begegnungen und Gespräche zwischen Jugendlichen und lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Teamer*innen im Zentrum, um diese mittels „pädagogischer Methoden und evaluierter Konzepte“ für die Lebenswirklichkeiten von jungen LSBTIQ*-Personen zu sensibilisieren. Weitere Ziele der SCHLAU-Workshops sind unter anderem die Förderung von Respekt und Toleranz gegenüber geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, und Jugendlichen und jungen Erwachsenen Mut zu machen für einen selbstbewussten Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität.

Die Tatsache, dass 2015 eine Studie zu Coming-Out-Erfahrungen von LSBTIQ*-Jugendlichen ergab, dass mehr als 65% der ca. 4000 Befragten vor ihrem ersten äußeren Coming-Out Ablehnung durch Freund*innen und Familienmitglieder fürchteten, ist nur ein Indiz für die Notwendigkeit von aufklärenden Antidiskriminierungsworkshops. Unter ihrem Konzept erklärt auch SCHLAU selbst, warum Arbeit wie ihre wichtig ist – und liefert Informationen zu Methodik, theoretischen Grundlagen wie Menschenrechtsbildung und Intersektionalität und der Qualifikation ihrer Mitarbeitenden.

Zwar können momentan während der COVID-19 Pandemie keine physischen Workshops stattfinden, doch auch online steigt die Präsenz von LSBTIQ*-Inhalten für Jugendliche: Beispielsweise das TV-Magazin von Queerblick e.V.  „das Medienprojekt für schwule, lesbische, bisexuelle und trans* Jugendliche“ auf YouTube. Hier können Interessierte durch eine Bandbreite verschiedener Filmformate wie Dokus, Kurzfilme und Interviews mehr über geschlechtliche und sexuelle Vielfalt lernen.

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