Echte Vielfalt

Lebensbereiche

Am 25. Mai 2023 wurde der Tätigkeitsbericht 2021/2022 der Antidiskriminierungsstelle des Schleswig-Holsteinischen Landtags veröffentlicht. Darin werden auch Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung gegenüber LSBTIQ*-Personen besprochen.

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Die Antidiskriminierungsstelle des Schleswig-Holsteinischen Landesparlaments besteht nun seit 10 Jahren. Sie berät und unterstützt Personen, die von Diskriminierung betroffen sind und leistet zudem Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit. Allein im Tätigkeitszeitraum des veröffentlichten Berichts wurden 667 Vorgänge bearbeitet. Die meisten Fälle beziehen sich auf geschlechtliche und rassistische Diskriminierung sowie Diskriminierung aufgrund einer Behinderung. Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle ist auch für die LSBTIQ*- Community im norddeutschen Bundesland relevant.

Im aktuellen Bericht wird auf queere Angriffe eingegangen, die vor kurzem in Schleswig-Holstein geschahen und auf Fehler bei der medialen Berichterstattung über diese verwiesen. So wurde beispielsweise in einer Suchmeldung Anfang 2023 ein vermisster trans Jugendlicher misgendert und sein Deadname verwendet, sowohl in dem Polizei- als auch in einem Zeitungsbericht. Die Antidiskriminierungsstelle verweist deshalb auf die Fibel „Echte Vielfalt“, in der Begriffe der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt erklärt werden. Diese könne bei der Berichterstattung zu Themen der LSBTIQ*-Community als Grundlage dienen. Außerdem habe ein queerfeindlicher Angriff in Kiel im vergangenen November gezeigt, dass auch in Schleswig-Holstein „Hassdelikte gegen das Geschlecht und die sexuelle Orientierung vorkommen“. Demnach wird im Bericht auch die Wichtigkeit betont, dass die Landespolizei für solche Themen sensibilisiert und geschult sei.

Unter Leitung von Samiah El Samadoni hat sich die Antidiskriminierungsstelle in den Jahren 2021 und 2022 auch mit geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen befasst. Dabei wurde festgestellt, dass einige Betriebe weiterhin den Zusatz „(m/w)“ verwenden, wodurch Geschlechter jenseits von Mann und Frau ausgeschlossen werden. Auch Formulierungen wie „Der/die Bewerber/in“ in Ausschreibungstexten können Personen außerhalb des binären Geschlechtersystems das Gefühl vermitteln, dass sie nicht mitgemeint werden. Dies geschehe „in der Regel einerseits aus Unwissenheit heraus und andererseits aus der Verfestigung von Geschlechterrollenklischees und einer männlich geprägten Sprache“. Deshalb müsse weitere Aufklärungsarbeit durch die Antidiskriminierungsstelle erfolgen. Stellenausschreibungen können beispielsweise den Zusatz „(m/w/d)“ verwenden, um die Option „divers“ zu inkludieren. Ebenso können gegenderte (beispielsweise durch das Gender-Sternchen) oder geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet werden.

Hier zum ganzen Bericht (PDF) der Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein.

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Nachdem Ungarn bereits letztes Jahr einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht hatte, der unter anderem die Denunziation von Mitbürger*innen forcierte, reichte die Europäische Kommission am 15. Juli Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Nun hat das Parlament das Gesetz ohne den entsprechenden Passus verabschiedet.

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Wie wir bereits im Februar dieses Jahres mit Bezug auf die Europäische Kommission berichtet hatten, verstoße Ungarn mit dem Gesetz gegen die „Unantastbarkeit der Würde des Menschen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Recht auf Nichtdiskriminierung“ der Artikel 1, 7, 11 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Weiter hieß es, aufgrund der Schwere verstoße es zudem gegen die gemeinsamen Werte nach Artikel 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, so der Vorwurf aus Brüssel.

Unter anderem sah das Gesetz vor, Bürger*innen konkret zu ermächtigen, ihre Mitbürger*innen anzuzeigen. Wie das Magazin Queer.de zusammenfasst, könne „dies […] etwa erfolgen, wenn jemand die in der Verfassung festgeschriebenen traditionellen Geschlechterrollen und Familienideale oder das Recht eines Kindes auf seine ‚Identität gemäß dem bei der Geburt empfangenen Geschlechts‘ in Zweifel zieht.“

Hierauf nahm die ungarische Staatspräsidentin Katalin Novak Bezug, als sie vor einem Monat, am 23. April 2023, das Gesetz mit der Bemerkung ans Parlament zurückverwies, der Text stehe nicht im Einklang mit den Rechtsnormen der Europäischen Union. Laut Deutschlandfunk war es das erste Mal, „dass ein Staatsoberhaupt gegen ein Gesetz der rechtspopulistischen Regierung von Ministerpräsident Orban Einspruch einlegt. Novak ist Mitglied der regierenden Fidesz-Partei.“

Wie Queer.de mit Bezug auf die amtliche Nachrichtenagentur MTI weiter berichtet, sei nun der neue Entwurf ohne die entsprechende Passage zur Denunziation von Bürger*innen mit 147 von 199 Stimmen angenommen worden. Allerdings ist dieses Ergebnis nur bedingt als Erfolg zu betrachten. So hatte sich bspw. auch Vize-Justizminister Róbert Répássy für eine entsprechende Änderung ausgesprochen, allerdings mit der Betonung auf eine möglichst baldige Beilegung der Verhandlungen mit der EU über die Freigabe eingefrorener EU-Gelder.

Damit ist es zwar positiv zu sehen, dass die EU-Sanktionen wirken, allerdings wird sich die Haltung innerhalb von Ungarns Regierung dadurch kaum ändern.

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Am 13. Juni soll in einer Münchner Stadtbibliothek eine Lesung für Kinder stattfinden - mit der jungen trans* Autorin Julana Gleisenberg sowie einer Drag Queen und einem Drag King. Dies löste eine hitzige Debatte in der bayrischen Politik aus. Während CSU und rechte Parteien vor einer ‚woken‘ Frühsexualisierung warnen, halten die Befürworter*innen der Lesung daran fest, dass Empathie mit queeren Menschen nicht früh genug gelernt werden kann.

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Die Veranstaltung sorgte bereits für viel Aufruhr, obwohl sie noch nicht stattgefunden hat. Insbesondere Mitglieder der CSU, aber auch der AfD, der Freien Wähler und der SPD lehnen das Format ab, da sie darin eine Frühsexualisierung von Kindern sehen. Die Drag-Lesung, die für Familien mit Kindern ab vier Jahren konzipiert ist, wird auf der Webseite der Stadtbibliothek München folgendermaßen beworben:

„Drag Queen Vicky Voyage mit Drag King Eric BigClit und die trans* Jungautorin Julana Gleisenberg nehmen euch mit in farbenfrohe Welten, die unabhängig vom Geschlecht zeigen, was das Leben für euch bereithält und dass wir alles tun können, wenn wir an unseren Träumen festhalten!“

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in Bayern thematisiert in einer Pressemitteilung die Diffamierungs- und Falschinformationskampagne, die um die Lesung stattfindet. Größter Aufhänger der Kritik war unter anderem der Name des Dragkings Eric „BigClit“, der für eine Veranstaltung mit Kindern ab vier Jahren unpassend sei. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) spricht auf Twitter sogar von Kindeswohlgefährdung.

Doch hat die Lesung selbst keine sexuellen Inhalte und die Stadtbibliothek betont, dass das Programm altersgerecht gestaltet sei. Unter dem Motto „Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt“ soll es vorrangig um Verkleidung und Rollenwechsel gehen. Gleichzeitig sollen Kinder dadurch die Diversität in der Gesellschaft kennenlernen. Zudem könnten Eltern selbst entscheiden, ob sie mit ihren Kindern die Veranstaltung besuchen.

Dennoch fordert die CSU ein Verbot der Lesung. SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter, der sich selbst negativ zur Veranstaltung äußerte, lehnte jedoch ein solches Verbot ab. Die teils queerfeindlichen Reaktionen der Christlich-Sozialen Union sowie Mitgliedern von AfD, Freien Wählern und SPD werden vom LSVD scharf kritisiert. Erneut werde durch die Debatte die Anti-LSBTIQ*-Rhetorik der CSU deutlich. Bereits wegen vergangener Äußerungen wurde die Partei vom diesjährigen CSD in München ausgeschlossen.

Als Reaktion auf die Äußerungen der CSU trat Linken-Politiker Thomas Lechner am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit als Drag Queen in den Münchner Stadtrat auf. Damit wolle er beweisen, „dass Inhalte wichtiger sind als das Äußere“ (zitiert im Merkur).

Das Format von Drag-Lesungen für Kinder stammt aus den USA. Noch mehr als in Deutschland sind diese dort Angriffsfläche rechter und konservativer Politiker*innen. In mehreren Bundesstaaten werden Drag-Verbote erlassen oder gefordert. Auch von Neonazis werden solche Lesungen attackiert, wie im Bundestaat Ohio im März dieses Jahres (queer.de berichtete).

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Wie bereits bei der Fußballweltmeisterschaft (WM) der Männer (2022 in Katar), besitzt auch die WM der Frauen (2023 in Neuseeland und Australien) eine Bedeutung als weltweites Sportereignis mit all seiner symbolischen Reichweite.

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Allein in Deutschland war das Finale der Fußballeuropameisterschaft (EM) der Frauen von 2022 mit ca. 18 Millionen Zuschauer*innen die meistgesehene Sportübertragung des vergangenen Jahres. Nun steht sogar die gesamte WM-Übertragung in Deutschland infrage. Laut eines Berichtes des Deutschlandfunks konnten sich FIFA und die deutschen Medien- und Streaming-Anbieter bis jetzt noch nicht über die Übertragungsrechte einigen. Dieser Zwist unterstreicht auch die Bedeutung der Frauen-WM.

Der Stern berichtete noch Ende März, dass die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben auch für die Frauen-WM nicht vorgesehen sei. Gegenüber der DPA ließ die Fifa allerdings verlauten, dass es noch kein endgültiges Ergebnis gäbe. „Die Fifa bemüht sich um einen fortlaufenden Dialog mit Spielerinnen und Mitgliederverbänden“.

Im Gegensatz zu Katar stehen Australien und Neuseeland dem Thema jedoch völlig anders gegenüber. So zeigte sich James Johnson, Chef des australischen Fußballverbandes, laut einem Bericht des Guardian vom 13. Mai 2023 nach einem Gespräch mit der Fifa durchaus optimistisch, dass es doch noch gelinge, dass Spielerinnen bei der Frauen-WM Regenbogenarmbinden tragen dürfen.

Demnach wollten Co-Gastgeber und Fifa aus der Kontroverse beim Männerturnier in Katar lernen. Damals mussten sechs europäische Länder ihre Pläne aufgeben, die „OneLove-Antidiskriminierungsbinde" zu tragen, nachdem ihnen mitgeteilt worden war, dass ihre Mannschaftskapitäne gesperrt würden, wenn sie dies täten. Nach den Fifa-Regeln darf die Mannschaftsausrüstung keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Aussagen oder Bilder enthalten. Der Kapitän jeder Mannschaft musste die von der Fifa bereitgestellte Kapitänsbinde tragen.

Doch schon der Austragungsort der letzten Männer-WM kann als politische Wertung betrachtet werden. Bereits damals hatten wir die eklatanten Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen angesprochen, die von einem öffentlichen Lavieren der Fifa begleitet wurden. Sobald eine Organisation wie die Fifa ein Land als medial wirksamen Austragungsort auswählt, bedeutet dies auch eine Akzeptanz der aktuellen rechtlichen und gesellschaftlichen Situation.  Selbst wenn die Gegebenheiten offener sind als in Katar, bleibt das nicht zulassen der Regenbogenbinde politisch.

Solange die Debatte um die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben in der Welt ist, bedeutet jedes nicht erlauben: „We don't support you“. So wie gezieltes nicht-kommunizieren als Teil von Kommunikation verstanden werden sollte, so ist das Verbot einer politischen Aussage Teil von Politik. Ein Turnier, welches von Teams aus Nationalstaaten ausgetragen wird, das Absingen von Nationalhymnen beinhaltet und öffentlichkeitswirksam von Politiker*innen begleitet wird, kann nicht unpolitisch sein.

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Nachdem auch die USA mit einem immer stärkeren Rückgang an Blutspenden und damit an Blutkonserven zu kämpfen haben, wurde nun eine Anpassung der entsprechenden Gesundheitsrichtlinie vorgenommen.

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Laut eines Berichts des Guardian lockern die am 11. Mai 2023 verabschiedeten Richtlinien der Food and Drug Administration (FDA) jahrzehntealte Beschränkungen, die die Blutversorgung vor HIV schützen sollten. Bis dato galt die sexuelle Orientierung als anerkannter Risikoindikator. Seit nun ca. acht Jahren vollzieht die FDA eine Kehrtwende in ihrer Gesundheitspolitik. Galt bis 2015 Homo- und Bisexualität bei Männern noch als Ausschlusskriterium, wurde in den Folgejahren das Blutspenden unter Abstinenzauflagen zugelassen, so das Magazin queer. Im Januar kündigte die FDA an, diese Auflage komplett zu kippen.

Damit ist es schwulen und bisexuellen Männern in monogamen Beziehungen erlaubt, in den USA Blut zu spenden, ohne auf Sex verzichten zu müssen. Stattdessen sieht der neue Fragebogen für potenzielle Spender*innen vor, das individuelle HIV-Risiko unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung auf der Grundlage ihres Sexualverhaltens, ihrer letzten Partner*innen sowie weiteren Faktoren zu erfassen.

Während laut Guardian die FAD sowie die NGO Human Rights Campaign (HRC) die neue Richtlinie als Schritt in die richtige Richtung bezeichneten, fügte die HRC im selben Atemzug hinzu, dass auch Personen, die PrEP (ein Medikament zur HIV-Vorbeugung) nehmen, die Spende möglich gemacht werden solle.

Bereits Januar dieses Jahres hatte echte vielfalt in Bezug auf Deutschland über dieselbe Problemlage und den Mangel an Blutkonserven berichtet. Im März berichtete queer, dass der Deutsche Bundestag nun die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität als Ausschlusskriterium gekippt habe. Bis dato steht eine Richtlinienanpassung durch die Bundesärztekammer allerdings noch aus.

Wichtig bei der ganzen Debatte ist, dass sowohl laut FDA für die USA als auch nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Deutschland, alle Spenden grundsätzlich auf HIV, Hepatitis C, Syphilis und andere Infektionskrankheiten getestet werden.

Mit dieser Praxis als Voraussetzung sollten sich die Gesundheitsbehörden die Frage stellen, ob sie mit ihrem Betonen einer weniger diskriminierenden Haltung beim Blutspenden trotz aller Progressivität nicht dennoch einen grundsätzlichen Fehler vollziehen. Dass in der Medizin immer wieder auch persönliche Fragen gestellt werden und dass diese Fragen dabei auch immer wieder zur Diskriminierung führen können, wird wohl zunächst ein gesellschaftlicher Balanceakt bleiben, an dem sich nicht nur direkt Betroffene weiterhin beteiligen müssen. Sollte aber der Mangel an Blutkonserven zu einem ernsthaften Problem werden, sollte der Grundsatz nicht heißen: „Ihr dürft jetzt auch wie alle anderen spenden." Sondern: „Bitte spendet Blut. Wie können wir es Euch recht machen?“

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Am 17 Mai 2023 findet zum 15. Mal der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Trans-feindlichkeit statt. Begleitet wird der Tag durch verschiedene Veranstaltungen rund um die Welt. Die Idee ist es, auf Gewalt und Diskriminierung aufmerksam zu machen, denen Menschen wegen ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität ausgesetzt sind.

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Ins Leben gerufen wurde der Tag 2004. Mittlerweile handelt es sich um einen vom Europäischen Parlament offiziell anerkannten und von Organisationen der Vereinten Nationen begangenen Aktionstag. In Ländern, in denen Homo-, Bi-, Inter- und Trans* legal sind, werden immer wieder Veranstaltungen organisiert, um diesen Tag zu begehen.

Allerdings bedarf es keiner weiten Reise, um sich der Aktualität und Bedeutung dieses Themas bewusst zu werden. Anlässlich des vergangenen 17. Mai 2022 ließ der Europarat auf seiner Webseite nochmals den Schutz von Gleichheit und Vielfalt durch Art.14 der Europäische Menschenrechtskonvention und des zugehörigen Protokolls Nr. 12 hervorheben, nur um anschließend festzustellen:

„Homophobe Zwischenfälle in einigen Mitgliedsstaaten haben jedoch leider gezeigt, dass die Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBTs) systematisch verletzt werden. Sie haben auch gezeigt, dass Ungerechtigkeiten dieser Art oft von genau jenen Behörden geduldet oder aktiv gefördert werden, deren Aufgabe es ist, ihre Bürger vor allen Formen der Diskriminierung zu schützen.“

Ein sehr präsentes Beispiel innerhalb von Europa, dass auch bei echte Vielfalt immer wieder Thema war, ist Ungarn. Aber auch in Deutschland dürfen wir uns nicht zu selbstverständlich nehmen. Mit seinem Verweis auf „systematische Verletzungen“ macht der Rat deutlich, dass Missstände ein Teil von Strukturen sind und damit letztendlich in jedem bürokratischen Apparat vorkommen können. Das trifft insbesondere Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände Schutz suchen, wie bspw. Asylsuchende. Fehlende Papiere, Sprachbarrieren und kein Anschluss zu Vereinen vor Ort treffen LGBTI*-Geflüchtete meist doppelt. Der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit bedeutet also, auch auf die Stellen zu blicken, an denen die internationale Welt und das eigene Land sich begegnen.

Anlässlich des diesjährigen 17. Mai veranstaltet die Stadt Hamburg in Verbindung mit dem Lesben- und Schwulen-Verband LSVD-Hamburg auch dieses Jahr wieder einen Rainbowflash am Rathausmarkt. Ziel soll es sein, eine Regenbogenflagge zu bilden, um somit ein Zeichen zu setzen (umso mehr kommen, desto besser). Die Aktion beginnt um 18:00 Uhr am Rathausmarkt. Alle Teilnehmer*innen erhalten einen bunten Karton. Gegen 19:00 wird nach einem kurzen Abschnitt von Reden mit diesen Kartons eine Regenbogenflagge gebildet. Für Interessierte finden sich auf der Seite des LSVD-Hamburg hierzu weitere Details.

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Am 14. Mai 2023 wird in der Türkei gewählt. Dabei wird entschieden, ob der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdoğan weiter regieren wird. Dieser greift im Wahlkampf auf eine Anti-LSBTIQ* Rhetorik zurück. Der Ausgang der Wahl wird entscheidend für die Situation von queeren Personen und Frauen im Land sein.

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Erdoğans Partei AKP tritt im Wahlbündnis mit nationalistischen und islamistischen Parteien an, gemeinsam verfolgen sie eine queerfeindliche und antifeministische Politik. Homo-, Bi- und Transsexualität wurden erst kürzlich von Erdoğan als pervers bezeichnet und als Bedrohung für die traditionelle Familienstruktur dargestellt. Im Jahr 2021 ist die Türkei aus der Istanbuler Konvention gegen Gewalt an Frauen ausgetreten, mit der Begründung, dass Homosexualität darin normalisiert werde. So drückt sich die ablehnende Haltung Erdoğans gegenüber der LSBTIQ*-Community nicht erst im Wahlkampf aus. Die türkische Regierung ist in den letzten Jahren bereits mehrfach mit ihrem harten und repressiven Vorgehen gegenüber queeren Personen aufgefallen (echte vielfalt berichtete).

Dass sich Oppositionelle für die Rechte von LSBTIQ* einsetzen, wird ihnen im jetzigen Wahlkampf zum Vorwurf gemacht. Wie der Tagesspiegel berichtet, wird in den Wahlkampfreden der AKP, die in den öffentlichen Medien ausgestrahlten werden, stets davor gewarnt, dass die Türkei in die Hände von LSBTIQ* Personen gerate. So tragen auch die Medien dazu bei, dass queerfeindliche Tendenzen in die Gesellschaft getragen werden. Laut FAZ beklagt die Opposition, dass die staatlichen Sender Präsident Erdoğan eine deutlich größere Bühne bieten als seinem liberaleren Konkurrenten Kemal Kilicdaroglu. Dieser wird zusätzlich von AKP-Mitgliedern angegriffen und manipuliert, wie erst kürzlich mit einem gefälschten Wahlvideo, dass den Oppositionsführer mit der kurdischen PKK in Verbindung bringen soll.

Trotz der ungerechten Mittel im Wahlkampf ist der Ausgang noch nicht entschieden, es bleibt ein enges Rennen zwischen den beiden Kandidaten. Erstmals könnte nach 20 Jahren die Türkei von jemand anderem als Erdoğan regiert werden, was ein Hoffnungsschimmer für die türkische queere Community sein könnte. Jedoch ist eine queerfeindliche Rhetorik auch in Teilen der Opposition bemerkbar, etwa in der konservative Saadet Partei, welche dem Oppositionsbündnis unter Kilicdaroglu angehört.

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Ein Deutscher wird unter dem Vorwurf, Homosexualität zu bewerben, aus Russland abgeschoben. Die „Propaganda“ für „nicht-traditionelle“ sexuelle Beziehungen ist unter russischem Gesetz eine Straftat. Außerdem wurde er zu einer Geldstrafe von circa 1.700 Euro verurteilt.

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Offenbar habe der deutsche Staatsbürger versucht, online einen Mann kennenzulernen. Russische Medien berichten davon, dass er ihn zu sich ins Hotelzimmer eingeladen habe. Fraglich bleibt, inwiefern dies als „Propaganda“ für Homosexualität zu verstehen ist. Bereits Anfang April wurde das Gerichturteil beschlossen. Nun soll er über die Türkei nach Deutschland gebracht werden.

Die Rechte von LSBTIQ*-Personen sind in Russland stark eingeschränkt. Im Juni 2022 wurde ein seit 2013 bestehendes Gesetz verschärft, dass die „Werbung“ für Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit verbietet. Geld- sowie Haftstrafen können bei Verstößen folgen. Mit dem sogenannten „Gay Propaganda“ Gesetz werden queere Personen stark diskriminiert, in die Unsichtbarkeit und Illegalität gedrängt. Homo- und Queerfeindlichkeit kann öffentlich kaum mehr kritisiert werden, da Aktivist*innen mit hohen Repressionen rechnen müssen.

Auf Basis des Gesetzes wurde unter anderem auch vor kurzem die Social-Media Plattform TikTok zu einer Geldstrafe verurteilt. Allein eine positive Darstellung von nicht-heterosexuellen Beziehungen kann rechtlich verfolgt werden, auch in Filmen und Büchern. So müssen auch Streaming-Anbieter und Verlagshäuser mit Verboten, Einschränkungen und Strafen rechnen.

Wie echte vielfalt im Januar berichtete, wurden queere Personen auch zur Angriffsfläche in Putins diesjährigen Rede zur Lage der Nation. Das Feindbild des Westens würde traditionelle Werte zerstören. So wird der Ausbau von Rechten für Angehörige der LSBTIQ*-Community als Gefahr für die russische Bevölkerung konstruiert. Seit der Einführung des Gesetzes 2013 hat sich nach Angaben von Human Rights Watch die Situation für queere Personen verschlimmert. Unter anderem werden damit Vorurteile gegenüber homosexuellen Personen verstärkt und ein queerfeindliches Klima im Land geschürt.

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Der Verfassungsschutz hat die Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ (JA) sowie zwei weitere Organisationen als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Zusätzlich zu dem starken Rassismus ist auch Queerfeindlichkeit Teil von den rechten Ideologien, die die Gruppierungen vertreten.

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Am Mittwoch, 26. April, bestätigte das Bundesamt für Verfassungsschutz, dass die Junge Alternative, das Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein „Ein Prozent“ verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgten und ihre Positionen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Alle drei Gruppierungen können in der Neuen Rechten verortet werden. Das IfS steht unter der Leitung von Götz Kubitschek, welcher einer der zentralen Figuren der rechtsintellektuellen Bewegung in Deutschland ist. Er gründete auch den Verein „Ein Prozent“ mit, der nun vom Verleger Philipp Stein geleitet wird. Dieser wiederum ist ebenfalls vernetzt in der Neuen Rechten, beispielsweise mit der „Identitären Bewegung“, die bereits vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Die Organisationen fallen vor allem mit ihrer rassistischen Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen und dem Verbreiten völkischer Ideologien auf, die mit Begriffen wie „Umvolkung“ oder „Volkstod“ in den Diskurs getragen werden. Aber auch Gender und Sexualität werden zur immer größeren Zielscheibe der rechtsextremen Programmatik. Mit dem Einführen des Ausdrucks „Genderismus“ hat die Neue Rechte einen Kampfbegriff gegen Gender-Mainstreaming, also das Einbeziehen geschlechterspezifischer Fragen in alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche, eingeführt. Rassistische Narrative werden zudem oft mit einer Vorstellung von Geschlechterrollen und Familienmodellen verknüpft, so wird zum Beispiel suggeriert, dass nur die heterosexuelle Ehe zwischen Mann und Frau die völkische Ordnung sichern könne.

Auch die AfD, die als rechtsextremer Verdachtsfall gilt, nimmt regelmäßig Position gegen einen vermeintlichen „Gender-Wahn“ ein, vertritt homo- und transfeindliche Inhalte und verfolgt eine heteronormative Familienpolitik. Wie queer.de hervorhebt, gilt ihre Jugendorganisation als noch radikaler und fällt regelmäßig mit ihrer Queerfeindlichkeit auf. Aber nicht nur in sprachlichen Äußerungen ist der rechte Hass auf Minderheiten spürbar. Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit des rechtsextremistischen Milieus, in welchem sich JA, IfS und „Ein Prozent“ befinden, drückt sich auch in gewaltvollen Aktionen aus. Im Jahr 2021 allein gab es nach Angaben des Verfassungsschutzes über 20.000 rechtsextreme Straftaten.

Dass die JA sowie die zwei weiteren Organisationen bedrohlich sind, beweist also auch die jetzige Einstufung durch den Verfassungsschutz. Auch Innenministerin Faeser betitelt den Rechtsextremismus als größte Gefahr für unsere Demokratie. So stehen die Gruppierungen nun unter strengerer Beobachtung, wobei zu hoffen bleibt, dass rassistische und queerfeindliche Taten damit besser verhindert werden können.

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Im Prozess um Ugandas neuen Anti- LGBTIQ*-Gesetzesentwurf deuten sich minimale Veränderungen an. Ob diese allerdings eine Abmilderung des zutiefst menschenfeindlichen Gesetzesentwurfs bedeuten, ist zu bezweifeln.

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Unter anderem sieht der Gesetzesentwurf neben hohen Freiheitsstrafen bei Homosexualität oder versuchter Homosexualität zusätzlich die Möglichkeit der Todesstrafe vor. Bereits Mitte April hatte echte vielfalt über die kurz vor der parlamentarischen Abstimmung hinzugefügte Todesstrafe berichtet und die mögliche Signalwirkung thematisiert, die ein solches Gesetz international haben könnte.

Nun wurde das Gesetz am Donnerstag, 20. April 2023, Präsident Museveni zur Unterzeichnung vorgelegt. Dieser ließ jedoch, nach einer Meldung des Deutschlandfunks, den Entwurf mit „Vorschlägen zur Verbesserung an das Parlament zurückgehen“. Wie der Deutschlandfunk weiter berichtet, ließ in diesem Zuge ein Sprecher des Präsidenten verlauten, dass es bei den Verbesserungen explizit nicht um das Strafmaß gehe.

Also keine Rückweisung wegen der Todesstrafe und schon gar nicht ein Sinneswandel des Präsidenten. Im Gegenteil: Laut eines Berichts des Guardian sei Museveni grundsätzlich mit dem Entwurf einverstanden gewesen. Allerdings solle er das Parlament gebeten haben, „die Frage der Rehabilitation" zu berücksichtigen. Dabei bezeichnete er Homosexualität als psychische Desorientierung. Während sich einige Menschenrechtsorganisationen durch die Verzögerung weiter an die Hoffnung klammern, das Gesetz noch verhindern zu können, begrüßen Teile der Befürwortenden die Anmerkungen mit der Begründung, es sei „human und legitim“, Rehabilitierung und Rehabilitationszentren ins Gesetz aufzunehmen.

In Wirklichkeit handelt es sich bei den Vorschlägen nicht um Fortschritte, sondern eine solche Ergänzung würde vielmehr eine weitere Verschärfung bedeuten. Wie Adrian Jjuuko vom „Human Rights Awareness and Promotion Forum" in Kampala in einem Zitat des Guardian bemerkt, würde durch die Ergänzungen eine Kultur der Denunziation gefördert, in der eine Person, die um Rehabilitation ihrer ‚psychischen Desorientierung‘ bittet, als Opfer gelten würde, während die andere Person als Täter gebrandmarkt werde. Aber damit nicht genug. Aus der deutschen Problematisierung der sogenannten „Konversionstherapien“ wissen wir, dass eine Psychologisierung weit mehr Schaden anrichten kann als „nur“ Stigmatisierung. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt dazu auf seiner Webseite:

„Wissenschaftlich nachgewiesen sind aber schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch solche „Therapien“ wie Depressionen, Angsterkrankungen, Verlust sexueller Gefühle und ein erhöhtes Suizidrisiko. Nachgewiesen sind zudem Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.“

Nach Überarbeitung des Gesetzesentwurfes durch das ugandische Parlament hat Museveni weitere 30 Tage Zeit, um das Gesetz entweder zu unterzeichnen, es erneut zur Überarbeitung an das Parlament zurückzugeben oder sein Veto einzulegen und das Parlament zu informieren. Allerdings, so der Guardian, könne das Gesetz auch ohne die Zustimmung des Präsidenten in Kraft treten, wenn es ein zweites Mal an das Parlament zurückginge.

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