Echte Vielfalt

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Vom 17.3. bis zum 10.4.2023 sorgen die vom Sozialministerium Schleswig-Holstein und der Gleichstellungsbehörde Hamburg geförderten Plakate der Initiative Bi+Pride für bi+sexuelle Sichtbarkeit. Gesundheit für Menschen, die sich in mehr als ein Geschlecht verlieben können, verdient ein besonderes Augenmerk.

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Initiator Frank Thies, der auch Diversitätsbeauftragter an seiner Schule in Hamburg ist: „Sichtbarkeit ist das zentrale Thema für Bi+sexuelle. Junge bi+ Menschen outen sich deutlich seltener als gleichaltrige homosexuelle, bi+ Frauen werden deutlich öfter mit Gewalt in Intimpartnerschaften konfrontiert. Aber auch Ärzt*innen kennen sich nicht genug aus und können daher nicht optimal behandeln. Hier benötigen wir dringend bessere Aufklärung.“

Der März wurde 2014 vom Bisexual Resource Center in den USA zum „Bisexual Health Month“ ausgerufen.

Für Aufklärung sorgt die Kampagne im Rahmen von „Echte Vielfalt“ in Schleswig-Holstein.

Die Plakate sind in Flensburg, Kiel, Lübeck, Norderstedt und Hamburg zu sehen. Fototermine mit Politik, Community und Presse wird es auch geben:

  • Flensburg: Schiffbrücke 60 vom 31.3.-10.4.23 (Fototermin am 3.4. um 15 Uhr mit Dezernentin, Gleichstellungsbeauftragter und Presse),
  • Kiel: Hopfenstraße / Lerchenstraße 13 gegenüber EKZ Sophienhof vom 28.3.-6.4.23 (Fototermin noch unklar),
  • Lübeck: Hauptbahnhof – Gleis 4/5 vom 28.3.-6.4.23 (Fototermin am 31.3. um 15:30 Uhr mit Bürgermeister, Senatorin und Presse),
  • Norderstedt: U-Bahnhof Garstedt vom 28.3.-6.4.23 (Fototermin am 30.3. um 16 Uhr mit Oberbürgermeisterin und Presse).
  • Hamburg: siehe Website (s.u.)

Etwas später im Jahr findet die Bi+Pride rund um den 23. September, dem Tag der Bisexualität, statt: mit Flaggenhissungen, Workshops und einer Demonstration durch die Hamburger Innenstadt. Videobotschaften und Reden kamen in den letzten Jahren auch von Bundestagsabgeordneten, der Wissenschaft und aus anderen Bereichen.

Mehr Informationen finden sich auf https://bipride.de/bisexual-health-month/  

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Transgender-Politik und Behandlungsprogramme für Geschlechtsdysphorie sind Themenfelder, die auf echte-vielfalt.de bereits des Öfteren in Bezug auf Deutschland oder Schottland betrachtet wurden. Allerdings hört dieses Thema nicht an Landesgrenzen auf.

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Norwegens nationale Untersuchungskommission für das Gesundheits- und Pflegewesen (UKOM) hat nun eine Studie veröffentlicht. In dem dazugehörigen Bericht bemerkt die UKOM, dass in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der Anfragen von Menschen mit Geschlechtsdysphorie an das Gesundheitswesen festzustellen sei:

„Insbesondere die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Teenageralter, die eine Untersuchung und Behandlung im spezialisierten Gesundheitsdienst wünschen oder an diesen überwiesen werden, ist deutlich gestiegen. Der größte Anstieg ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verzeichnen, die bei der Geburt als Mädchen registriert wurden, sich aber als Jungen identifizieren.“

Wie das Magazin Schwulissimo ergänzt, waren es bis 1990 durchschnittlich vier Überweisungen pro Jahr, die eine Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen als Ursache hatten. Seit 2018 ist diese Zahl auf 600 Fälle jährlich gestiegen. Zu den Gründen gebe es an dieser Stelle nur Mutmaßungen, allerdings unterstreichen die Zahlen die Wichtigkeit einer adäquaten Auseinandersetzung mit dem Thema. Das gilt auch für Deutschland, wie echte vielfalt bereits in einem früheren Bericht festgestellte, wo es zwischen 2017 und 2020 alleine in Niedersachsen insgesamt 289 Geschlechtsoperationen gab.

Während es grundsätzlich einen öffentlichen Diskurs zu Geschlechtsinkongruenz und ihrer Behandlung gibt, nimmt dieser häufig nochmals an Schärfe zu, wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Wie die UKOM unmissverständlich klar macht, verlaufen die Meinungsverschiedenheiten dabei auch innerhalb der unterschiedlichsten LSBTIQ*-Gruppen. „Wir sind uns bewusst, dass die Wahl der Worte und ein Verständnis für die Komplexität wichtig ist. Die Situation der Unsicherheit und Uneinigkeit beeinträchtigt die Entwicklung der Gesundheitsdienste“, so die UKOM. Kommunikation und Sicherheit gehen damit Hand in Hand. Was eine uninformierte und emotional aufgeladenen Debatte bedeuten kann, wurde auf echte-vielfalt.de bereits mehrfach thematisiert. Auch die UKOM kommt zu dem ernüchternden Ergebnis einer unzureichenden Datengrundlage. Aber auch veraltete Leitlinien werden bemängelt. Ihnen fehle es an einem angemessenen Standard für die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen. Darüber hinaus weckten die Leitlinien Erwartungen, die das Gesundheitssystem nicht erfüllen könne. Im Gegenteil bestehe sogar eine Gefahr der Unter- oder Fehlversorgung. Um den Dienst zu stärken, sei es nach Ansicht der UKOM wichtig, die Versorgung im primären Gesundheitssektor zu stärken und mehr interdisziplinäres Fachwissen im spezialisierten Gesundheitsdienst auf regionaler Ebene aufzubauen. Es bedarf einer gut vernetzten und auf Fakten basierenden medizinischen Versorgung, die bereits bei der Ebene der Grundversorgung ansetzt, also auch Krankenhäuser und Hausärzt*innen sensibilisiert. Dem steht der große Komplex der öffentlichen Meinungen gegenüber. Die UKOM kommt entsprechend zu dem Schluss, dass das Klima der Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit erhebliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche habe, auch in Bezug auf Behandlung und Gesundheitsdienste.

Die UKOM plädiert daher für die Notwendigkeit eines konstruktiven Diskursklimas. Dies sollte selbstverständlich für alle Personen und Organisationen der Öffentlichkeit gelten, die hier einen Betrag leisten. Dass um Meinungen gestritten wird, bildet dabei weniger das Problem. Dass allerdings diese Meinungen so absolut vertreten werden, dass die eigene Position unhinterfragbar wird, kann im Fall von Geschlechtsinkongruenz, gerade bei Kindern und Jugendlichen, im wahrsten Sinne gesundheitsgefährdend wirken.

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Nach dreieinhalb Jahren Synodalen Weges in der katholischen Kirche war es nun so weit: Am Freitag, 10. März, hat sich die Synodalversammlung dazu durchgerungen, dass die katholische Kirche in Deutschland bald auch offiziell Segensfeiern für homosexuelle Paare durchführen darf.

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Bereits im September 2022 hatte echte vielfalt über diesen Reformprozess berichtet. Damals war eine Neuausrichtung zur Sexualmoral knapp gescheitert, was Empörung innerhalb und außerhalb der Kirche nach sich zog. Dabei war die Kluft zwischen Teilen der katholischen Führung und Teilen ihrer Basis nicht nur innerhalb Deutschlands sichtbar geworden. So langwierig und kleinschrittig die deutschen Reformen sind, so ungehört bleiben diese in Rom. Wie die Tagesschau berichtet, erteilte der Vatikan bereits Anfang des Jahres den deutschen Reformen eine Absage. Man befürchte eine Spaltung der Kirche.

Mit der Abschlusskonferenz vom 10. bis 12. März gelang es der Synodalversammlung allerdings, sich dennoch zu Reformen auch gegen die Zentrale in Rom durchzuringen. Nach Berichten von Tagesschau, Queer und ZEIT kam es bereits am Freitag zur ersehnten positiven Zustimmung.

Zu den Ergebnissen zählt u. a., dass Frauen zukünftig Taufen, bei der Eheschließung assistieren oder die Beichte abnehmen dürfen. In Bezug auf Homosexuelle können diese nun nicht mehr aufgrund ihrer Sexualität entlassen werden und sollen ganz offiziell den Segen erhalten. Was für Außenstehende ein Angleichen der Katholischen Kirche an das gesellschaftliche Minimum darstellt, ist für die Kirche selbst ein mühsamer Weg gewesen. Gerade vor dem Hintergrund der Ablehnung aus dem Vatikan hatten sich einige der Bischöfe bereits im Vorfeld wieder von ihrer Kompromissbereitschaft entfernt, so die Tagesschau.

Aber selbst die beschlossenen Reformen bleiben hinter den Erwartungen zurück: So wurde der Wunsch nach Gleichstellung von Frauen in den Ämtern „bis zur Unkenntlichkeit verwässert“. Zwar nicht verwässert, aber noch lange nicht am Ziel ist die beschlossene offizielle Segnung. Der Beschluss sieht vor, dass zunächst eine Arbeitsgruppe gebildet werden soll, um den Ablauf für Segensfeiern in einer Handreichung zu konkretisieren. „Sobald die Handreichung fertig ist, kann jeder Bischof die Segensfeiern in seinem Bistum umsetzen. 2026 sollen die Erfahrungen evaluiert werden“, so die Tagesschau weiter. Dabei war trotz all der Kompromisse die erforderliche Zweidrittelmehrheit nur durch die Enthaltung einiger Bischöfe zustande gekommen. Hätten diese ebenfalls dagegen gestimmt, wäre der Synodale Weg am Ende wohl ohne Ergebnis geblieben.

Die katholische Kirche in Rom mag recht haben mit ihren Befürchtungen einer Spaltung. Die Frage, die sich jedoch stellt, ist: Wird es eine Spaltung durch die Reformen geben oder werden die Katholik*innen irgendwann den Mangel an Reformen nicht mehr akzeptieren? Der deutsche Sonderweg gegen die Haltung des Vatikans verweist darauf, dass die Bischöfe in Deutschland bereits jetzt den öffentlichen Druck bemerken.

Den offiziellen Handlungstext der Konferenz zum „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“ gibt es hier.

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In Uganda wird derzeit über einen Gesetzesentwurf debattiert, der auf eine umfassende Kriminalisierung von Homosexualität abzielt. Die Reform würde die Diskriminierung und Verfolgung von LSBTIQ*-Personen in dem konservativ-christlichen Staat auf eine neue Stufe heben.

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Im ostafrikanischen Staat sind homosexuelle Beziehungen bereits verboten und gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr kann mit einer lebenslänglichen Haft bestraft werden. Eine weitergehende Kriminalisierung wurde bereits mit dem „Anti-Homosexuality Act“ von 2014 vorgenommen, dieser wurde jedoch vom Verfassungsgericht aufgrund einer fehlenden Mehrheit im Parlament gekippt (The Guardian).

Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht vor, dass allein die sexuelle Orientierung eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren begründen kann. Auch die öffentliche Unterstützung oder ‚Bewerbung‘ von Homosexualität sollen verhindert werden. Nach Quellen der Deutschen Welle habe unter den Abgeordneten bereits vorher großer Rückhalt für ein solches Gesetz bestanden.

Homosexualität wird im Gesetzestext als „creeping evil“ beschrieben, das eine Gefahr für die traditionelle (heterosexuelle) Familie darstelle. Man müsse dagegen vorgehen, dass Kinder ‚rekrutiert‘ werden. Die Rhetorik zeigt auf, wie stark der Hass auf LSBTIQ* im Land ist. Abgeordnete sprachen sich sogar für die Todesstrafe für gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr aus.

Gewalt gegen queere Menschen ist in Uganda keine Ausnahme und auch Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie im Gesundheits- und Bildungssystem bestehen. Die Zeitung The Guardian zitiert den ugandischen Anwalt für Menschenrechte und Vorsitzenden der Organisation „Human Rights Awareness and Promotion Forum“ Adrian Jjuuko, der die weiterführende Verfolgung und Dämonisierung von LSBTIQ*-Personen durch das geplante Gesetz beklagt. Die Gewalt gegenüber sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten würde dadurch noch weiter ansteigen. Die Organisation Human Rights Watch hat bereits nach dem Inkrafttreten des Anti-Homosexualitätsgesetz im Jahr 2014 einen Anstieg bei den Menschenrechtsverletzungen gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen sowie trans und inter Personen in Uganda verzeichnet. Dass jetzt auch Organisationen im Land angegriffen werden, die sich für die Rechte von queeren Menschen einsetzen, könnte die Situation nochmals verschärfen.

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Mythen und mythologische Kunst als gegeben hinzunehmen, ist schon fast ein Widerspruch an sich, leben diese doch von dem ständigen Hinterfragen, aber auch Neuinterpretieren ihrer Symbolik. Und so verwundert es nicht, wenn sich Künstler*innen die Freiheit nehmen, Geschichten neu zu entwerfen.

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Auf dem diesjährigen VAULTS-Festival in London (24. Februar bis 19. März), Großbritanniens größten Live-Performance Festival, veranstalteten die Künstler*innen Roann Hassani McCloskey und Joel Samuels eine Neuinszenierung des Garten Eden und anderen Mythen. Die Show „Remythed review – a joyful evocation of queer mythology” nimmt dabei die ausschließlich heterosexuellen Charaktere dieser alten Geschichten und entwirft sie in all ihrer sexuellen Diversität neu, so der Guardian.

Aber kommen in den alten Mythen tatsächlich ausschließlich heterosexuelle Charaktere vor? Einen völlig anderen kulturellen Zugang zur Rolle von LSBTIQ* Menschen in den Erzählungen der Vergangenheit bietet das „Bode-Museum“ in Kooperation mit dem schwulen Museum in Berlin. In der Ausstellung „Spielarten der Liebe“ führen fünf Rundgänge durch die gesamte Sammlung des Museums. Sie bieten dabei „[…] Einblicke in die künstlerische und gesellschaftliche Beschäftigung mit LGBTIQ* […] Sexualitäten und Identitäten, die in der Kunst immer präsent waren, aber nur wenig Beachtung gefunden haben.“

Im ersten thematischen Rundgang „Liebe und Krieg“ geht es um den heroischen Soldaten und seine Bisexualität. Der zweite Rundgang legt den Fokus auf männliche Künstler, die selbst homosexuell waren oder dieser Gruppe nahestanden. Beim dritten Rundgang geht es hingegen um männliches homosexuelle Sammler von Kunst. Die vierte Route führt zur Darstellung „Weiblicher Intimität und erotischer Liebe unter Frauen“. Auf dem fünften Rundgang können sich die Besucher*innen mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit sich die Zuordnung zu einem Geschlecht immer aufrechterhalten lässt.

Die Reihe zeigt dabei keine neuen Stücke, sondern verändert lediglich den Blickwinkel auf Objekt und Kontext. Bereits von Beginn ihrer Erschaffung waren die Kunstwerke dabei mit den unterschiedlichsten Deutungen konfrontiert. „Durch den*die Künstler*in selbst, durch den*die Auftraggeber*in und durch jede*n einzelne*n der Millionen von Betrachter*innen, die sie bis heute in Augenschein genommen haben.“ Es geht also auch darum zu begreifen, dass Kunst niemals für sich steht, sondern immer wieder der Aneignung bedarf - und sei es nur für den*die momentane*n Betrachter*in selbst.

Die Ausstellung eröffnet einen spannenden Blick, der verdeutlicht, dass die Beschäftigung mit Sexualität und Geschlechtlichkeit, Selbstverständlichkeit und Emanzipation keine rein modernen Themen sind. Dennoch ist die Aussage der Londoner Live-Performance über „ausschließlich“ heterosexuelle Darstellungen nicht falsch. Im Gegenteil verdeutlicht sie, dass Aneignung in alle Richtungen funktioniert und somit immer wieder auch zu einer Verengung der Betrachtung von Mythologie und Geschichte führen kann.

Für Personen, die es weder nach London noch nach Berlin schaffen, gibt es hier eine kleine lesenswerte PDF-Broschüre zu den einzelnen Routen mit kurzen thematischen Beschreibungen der einzelnen Ausstellungsstücke.

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Mehr als 50.000 feiernde LGBTIQ*-Menschen marschierten am Sonntagmorgen, 05. März, über Sydneys Harbour Bridge. Sie bildeten damit den Auftakt des Abschlusstages der 17-tägigen „WorldPride 2023“, die am Abend mit einem Konzert zu Ende ging.

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Wie der Guardian berichtet, führte Australiens Premierminister Anthony Albanese den Marsch zusammen mit einer Reihe von „78ern“ an. So werden die Menschen bezeichnet, die am ersten Mardi Gras in Sydney vor fast 50 Jahren teilnahmen. Der Mardi Gras ist eine bekannte Institution in Sydney, in deren Rahmen die diesmalige WolrdParade stattfand. Über den Zusammenhang und die Parade hatte echte vielfalt bereits im November berichtet. Nach Angaben von schwulissimo fanden dabei in den 17 Tagen ca. 300 Nebenveranstaltungen statt, bei denen auch bekannten Stars wie Kylie Minogue auftraten. Es sei auch die erste Parade gewesen, bei der der amtierende Prime Minister mitgelaufen sei. Nach Angeben der Polizei sei es während der gesamten Zeit zu keinerlei Zwischenfällen gekommen.

Allerdings finden sich auch kritische Töne: So berichtet der Guardian, der ebenfalls eine positive Gesamtbilanz zieht, dass am Wochenende (25./26. Februar) die Aborigine-Senatorin Lidia Thorpe die Mardi-Gras-Parade kurzzeitig blockierte, indem sie sich auf die Straße legte. Mit ihrem Protest wollte sie darauf hinweisen, dass die erste Pride von schwarzen und braunen trans Frauen aus Protest gegen die Polizeigewalt begangen wurde, diese Gewalt jedoch bis heute ein Thema sei. Während die einen das politische Statement begrüßten, kritisierten andere die Unterbrechung der Feier. Linda DeMarco, Ko-Vorsitzende des InterPride-WorldPride-Komitees, brachte in Folge die Hoffnung zum Ausdruck, die nächste Generation von Aktivist*innen anspornen zu wollen. „Man kann gute Dinge feiern, aber wir haben noch viel zu tun ... es ist wichtig, dass wir auch die Menschenrechtskonferenz haben.", zitiert der Guardian. Die Konferenz - einer der Höhepunkte der WorldPride - behandelte u. a. Themen wie psychische Gesundheit, HIV-Prävention und Trans-Rechte. Es herrschte eine gute Stimmung und die Teilnehmenden waren engagiert, so das Fazit eines Teilnehmers. Doch reicht das?

Bereits zuvor war die WorldPride wegen ihrer Kommerzialisierungstendenz in die Kritik geraten. Zu den Party-Highlights des Abschlusswochenendes gehörte bspw. die Bondi Beachparty, für die 12.000 Karten zum Preis von 179 Dollar pro Person verkauft wurden. Zwar gab es genügend kleinere Veranstaltungen und auch die „First Nation“, Australiens indigene Bevölkerungsgruppe, war zahlreich und mit eigenen Veranstaltungen vertreten, sodass für jede*n etwas dabei war. Dennoch, so einige Kritiker*innen, schienen gerade die größeren offiziellen Partys besonders auf wohlhabende schwule Männer zugeschnitten. Peter Tatchell, einer der Organisatoren der ersten Stunde und bereits vor 52 Jahren mit dabei, sagte gegenüber dem Guardian:

“I’m all in favour of a party, but many Prides are sidelining our liberation struggle in the process,” he says. “They’ve strayed far from the roots of Pride, becoming depoliticised, ultra hedonistic and too corporate and commercial. A lot of them are more a PR and branding exercise for big business than a serious challenge to the abuse of our human rights.”

Für Tatchell ist die Menschenrechtskonferenz, die Linda DeMarco ins Zentrum gestellt hat, lediglich zu einem Nebenschauplatz verkommen.

Die nächste WorldPride wird 2025 in Verbindung mit der 34. jährlichen DC Black Pride in Washington DC stattfinden. Die Veranstalter*innen sind dabei bemüht, das Gleichgewicht zwischen Feier und Nachdenken zu gewährleisten.

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Den Kampf der LSBTIQ* Gemeinschaft um ihre (Menschen-)Rechte wie Würde, Selbstbestimmung und Gleichheit als Kampf der Ideologie zu bezeichnen, ist problematisch, denn der Begriff „Ideologie“ beinhaltet die Möglichkeit, dass es auch anders sein kann.

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„Im politischen Sinne dienen Ideologien zur Begründung und Rechtfertigung politischen Handelns und sind daher immer eine Kombination aus bestimmten Weltanschauungen und spezifischen Absichten“. Dabei haben sie eine spezifische Art des Denkens und des Wertsetzens zur Folge und sind in ihren Zielen in der Regel nicht als uneigennützig zu begreifen.

Und dennoch, so richtig es ist, dass die einzelnen Gruppen und Personen der LSBTIQ* Gemeinschaft grundsätzlich dieselben Rechte haben sollten wie andere Menschen, so richtig ist es auch, dass diese Rechte nicht unabhängig von politischen Ideologien verfasst werden. Damit ist der Kampf auf politischer Ebene eben doch ein Kampf der Ideologien, in dem es darum geht, die eigene Position in Rechten und Werteüberzeugungen zu verankern. Dabei lassen sich Zusammenschlüsse von Akteuren finden, die nicht mehr auf die typische Kategorisierung von Parteien, Staaten oder konservativ vs. progressiv zurückzuführen sind, wie der Fall Ungarn verdeutlicht. Rhetorisch bildet Ungarn als EU-Land damit einen Schulterschluss mit Russland bzw. sind es nicht die Länder, sondern ihre führenden Politiker*innen. Diese Unterscheidung ist essenziell.

Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks lässt sich diese Rhetorik finden, die sich bis in konkrete Gesetzesentwürfe niederschlägt. So wurden seit Beginn dieses Jahres bereits mehr als 270 Gesetzesentwürfe in den Parlamenten der amerikanischen Bundesstaaten eingebracht, die laut der Organisation „Gay and Lesbian Alliance Against Defamation“ (GLAAD) als Anti- LGBTIQ* zu bewerten seien. Zwar scheiterte im letzten Jahr mit 93% die überwiegende Mehrheit solcher Gesetzesentwürfe, allerdings wirken sie dennoch auf psychologischer Ebene. So gaben beispielsweise 86% der sich als trans bzw. non-binär identifizierenden Jugendlichen an, dass die Gesetzesentwürfe ihrer psychischen Gesundheit sehr oder etwas schadeten (hier der Link zur Untersuchung).

Damit geht es beim politischen Kampf von Ideologien auch um eine psychische Zermürbung. “Their short-term goals change, but their long-term goals stay the same: to prevent LGBTQ people from having social and legal acceptance. That is what they are here for.”, so Cathryn Oakley, Direktorin der Landesgesetzgebung bei „Human Rights Campaign“ (HRC) gegenüber Them. Mit “they” meint Oakley konservative Politiker*innen.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Rede zum „State of the Union“ des amerikanischen Präsidenten Joe Bidon zwiespältig zu sehen. Zwar erwähnte er die Belange der LSBTIQ* Gemeinschaft, bezog z. B. das Gesetz zum Schutz gleichgeschlechtlicher Ehen explizit mit ein und forderte des Weiteren dazu auf, ein überparteiliches Gleichstellungsgesetz zu verabschieden, um sicherzustellen, dass LGBTIQ*-Amerikaner*innen, insbesondere junge Transgender, in Sicherheit und Würde leben können. Während Organisationen wie GLAAD oder auch HRC die Rede positiv konnotieren, bemerkten jedoch die Kritiker*innen, dass Biden das Thema der Zunahme von transphoben Gesetzesentwürfen vermieden habe und sich scheue, den politischen Gegner diesbezüglich direkt anzugehen. Dies nutzten „Ultra-rechts-Konservative“ wie Sarah Huckabee-Sanders, Gouverneurin von Arkansas, oder Donald Trump, um dem Präsidenten vorzuwerfen, „seine Präsidentschaft einem woken Mob zu überlassen, der nicht weiß, was eine Frau ist“ oder auch „die Kinder zu indoktrinieren und zu verstümmeln“.

Die Rhetorik ist scharf und macht deutlich, dass ideologische Kämpfe nicht nur auf Gesetzesebene geführt werden. Dabei bilden die Äußerungen eine deutliche Linie von der einen Seite des Landes zur anderen. Anhand dieser Linie wird deutlich, dass der Kampf um Grundwerte nicht nur zwischen den üblichen Grenzen geführt wird, sondern sich quer durch die Staaten, aber auch parteiliche und gesellschaftliche Gruppierungen erstreckt.

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Pressemitteilung, Berlin, 06.03.2023 Schluss mit der Diskriminierung älterer Lesben! Zum Internationalen Frauentag fordert der bundesweite Dachverband Lesben und Alter Geschlechtergerechtigkeit. Lesbische Seniorinnen sind stark benachteiligt. Es sind vor allem Frauen, die die Gruppe der Älteren prägen! In Deutschland ist die Zahl der 65-Jährigen und Älteren seit 1991 von 12 Millionen auf 18,4 Millionen im Jahr 2021 deutlich gestiegen. Mit 10,3 Millionen bilden die Frauen nach wie vor die Mehrzahl älterer Menschen. Von ihnen leben nach konservativen Schätzungen mindestens 300.0000 lesbisch beziehungsweise frauenliebend. „Im Alter sind viele Lesben und alleinstehende Frauen stark benachteiligt“, kritisiert Carolina Brauckmann, Vorstandsfrau im Dachverband Lesben und Alter. Die Hochglanzbilder der betuchten Seniorin passen nicht zur Lebensrealität derjenigen, deren Rente wegen Erziehungszeiten, Minijobs und Niedriglöhnen hinten und vorne nicht ausreicht. Sorge vor explodierenden Kosten und das drohende Stigma Altersarmut sind allzu oft Alltagsbegleiter lesbischer und alleinstehender Seniorinnen. Selbst das Wohnen als „letzte Bastion der Selbstwirksamkeit“, so Prof. Dr. Irene Götz von der Ludwig-Maximilian-Universität München, ist gefährdet angesichts horrender Mieten. Wo sind die bezahlbaren Wohnprojekte und Mehrgenerationen-Häuser für Lesben und alleinstehende Frauen? Wo sind die Orte für Lesben- und Frauengemeinschaften? Und wo sind die staatlichen und kommunalen Förderprogramme, die der massiven strukturellen Benachteiligung von älteren Lesben und alleinstehenden Frauen Einhalt gebieten? Zum Internationalen Tag für die Rechte der Frauen ruft der Dachverband Lesben und Alter dazu auf, die Lebenssituation älterer Lesben und alleinstehender Frauen zu stärken. Geschlechtergerechtigkeit ist noch lange nicht erreicht. Notwendig sind eine systematische Erforschung insbesondere lesbischer Lebenslagen und geeignete Maßnahmen, um strukturelle Ungleichheiten dauerhaft zu beenden. Der Dachverband Lesben und Alter fordert:
  • Bereitstellung von bezahlbarem gemeinschaftlichem Wohnraum.
  • Aufstockung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau.
  • Funktionierende Mietendeckel mit Sanktionen bei Verstoß.
  • Förderprogramme für Kultur- und Begegnungsorte für Lesben in allen Lebensaltern.
  • Sicherung und Ausweitung von Lesbenberatungen und Lesbenprojekten.
  • Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Verbesserung der Einkommenschancen und der eigenständigen Alterssicherung von Frauen.
  • Unterstützung von Pflegewohngemeinschaften.
  • Finanzierung und Umsetzung von Konzepten für frauen- und lesbenrespektierende Pflege.
Pressekontakt: Carolina Brauckmann Dachverband Lesben und Alter e. V. | Friedbergstr. 20 | 14057 Berlin www.lesbenundalter.de | kontakt@lesbenundalter.de | Tel: +49 (0)179 6603807 Der Dachverband Lesben und Alter e.V. vertritt die Interessen älterer und alter lesbisch lebender Frauen gegenüber Politik, Verbänden und Gesellschaft. Er stärkt die Wahrnehmung für ihre spezifischen Lebenssituationen. Alles, was Frauen ein unabhängiges und wirtschaftlich gefestigtes Leben ermöglicht, ist auch ein lesbisches Thema. Zu diesen Themen gehören gesellschaftliche und politische Teilhabe, Wohnformen, Pflege, Rentenpolitik und drohende Altersarmut.

Wie die International AIDS Society (IAS) bereits am 14. Februar bekannt gab, wird die 25. AIDS-Konferenz vom 22. bis 26. Juli 2024 in München stattfinden. Laut IAS werden rund 18.000 Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt erwartet.

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In den Folgejahren sollen die Veranstaltungen im Jahresrhythmus durch alle Kontinente wandern. Die IAS betonte, dass ein virtueller Zugang jedoch immer ermöglicht werde. Durch das angestrebte Rotationsprinzip soll es Personen leichter gemacht werden, persönlich an den Konferenzen teilzunehmen, unabhängig von der Region.

Die internationale AIDS-Konferenz ist die wichtigste globale Plattform zur Förderung der HIV-Bekämpfung. Sie soll dabei eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Interessenvertretung und Menschenrechten ermöglichen und Vertreter*innen von Wissenschaft, Politik und Geldgebenden, aber auch Angehörige der Gesundheitsberufe und Menschen, die mit HIV leben, zusammenbringen.

"AIDS 2024 wird die Gelegenheit bieten, ein Schlaglicht auf eine der am schnellsten wachsenden HIV-Epidemien der Welt zu werfen, die durch den mangelnden Zugang zu Gesundheitsdiensten für Drogenkonsumenten verursacht und durch die Störungen und die Instabilität des Krieges in der Ukraine, die Massenmigration und die schwächelnde Wirtschaft noch verschärft wird“. So Andriy Klepikov, dritter Co-Vorsitzende der Konferenz. Aus diesem Grund fiel die Wahl auf München mit ihrer offiziellen Partnerstadt Kiew.

Aber nicht nur Osteuropa in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg leidet unter einem Anstieg. Auch andere Regionen der Welt verzeichnen eine massive Zunahme der Infektionszahlen. So verweist das Magazin schwulissimo auf den jährlichen HIV-Bericht der USA: Befürchtet wird auch hier wieder ein Anstieg der Zahlen. „Zwei hauptsächliche Gründe lassen sich dabei in den USA wie auch anderenorts festmachen: Zum einen wurden die Forschungskapazitäten vermehrt auf die Bekämpfung von Covid-19 gelenkt, zum anderen wurden viele Testzentren für HIV und andere Geschlechtskrankheiten (STI) kurzzeitig zu Corona-Teststationen umgebaut.“

Für die Zukunft und damit ebenfalls für die kommende Konferenz wird es allerdings nicht nur darum gehen, die Infrastruktur wieder hochzufahren und weiter zu verbessern. Auch der ständige Balanceakt zwischen Stigmatisierung und der notwendigen Thematisierung wird nach wie vor ein wichtiger Aspekt in der Bekämpfung von AIDS bleiben.

Laut schwulissimo befürchte die WHO, dass gerade in Ländern, in denen die Viruserkrankung bis heute noch immer tabuisiert und mehrheitlich mit negativ bewerteter Homosexualität in Verbindung gebracht wird, mit einem Anstieg zu rechnen ist. Und auch die Deutsche Aidshilfe warnt vor diesem Zusammenhang.

Ein weiteres Mal zeigt sich, dass physische Gesundheit und der Kampf der Homosexuellen wie auch der gesamten LSBTIQ* Gemeinschaft gegen verquere Ideologien nicht voneinander getrennt werden können. Die Konferenz kann dazu beitragen, dies weiter deutlich zu machen.

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Am Politischen Aschermittwoch zeigt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder in seinen verbalen Angriffen auf die Ampel-Regierung und insbesondere die Grünen klare Haltung gegen das Gendern. Auch gegen Hormonbehandlungen von trans Personen wird gewettert. Im Freistaat Bayern gelte „blau-weiß statt woke“, so der CSU-Chef.

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Dass der Vorsitzende der bayerischen Konservativen kein Fan von gendergerechter Sprache ist, hat er schon mehrfach klar gemacht. Auch in seiner Rede zum Politischen Aschermittwoch vertritt er seine Meinung hierzu deutlich, sei es in seiner Kritik an angeblichen Umerziehungsfantasien der Grünen oder in seiner Abgrenzung von der „Hauptstadt der Chaoten“ Berlin, wo sich „mehr ums Gendern statt um Gauner“ gekümmert werde.

Wenn Söder staatliche Vorgaben zum Gendern beklagt, ist fraglich, wovon er eigentlich spricht. Der Bayerische Rundfunk hat bereits im Sommer 2022 auf Äußerungen des CSU-Chefs reagiert und klargestellt, dass es keine staatlichen Vorschriften zur Verwendung von gendergerechter Sprache bei Privatpersonen gebe und auch die Partei die Grünen kein Gendergesetz plane, welches eine Sanktionierung bei Nicht-Befolgung beinhalten würde. Dennoch warnt Söder vor einer ‚Genderpflicht‘ in Bayern. Mit den Grünen drohe eine „düstere woke-Wolke“, die eine Umerziehung von Kultur und Sprache zur Folge habe. Die CSU hingegen würde freie Meinungsäußerung im „Frei-Staat“ gewähren.

Die übertriebene Rhetorik Söders scheint nicht nur einige falsche Fakten übertragen zu wollen, das Portal queer.de hebt auch hervor, dass das Verwenden von Begriffen wie „Cancel Culture“ und „Wokeness“ oft im Kampf gegen die Rechte von queeren Personen stehe. Ein Kommentar Söders wird dabei besonders kritisiert, der eine absurde Doppelmoral der Grünen hervorheben möchte. Denn während laut Söder Hormone im Fleisch zum Problem werden, würde „eine grüne Ministerin Kindern Hormone verabreichen, um ihr Geschlecht nicht zu entwickeln“. Damit spielt er unter anderem auf einen Beitrag im Regenbogenportal der Bundesregierung an, der im Herbst letzten Jahres kritisch debattiert wurde. Auch das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Regierung scheint Zielscheibe von Söders Bemerkung zu sein.

Die Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten sei nicht nur falsch, sondern verhöhne trans Personen als bereits diskriminierte Gruppe, schreibt der Queerbeauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann auf Twitter. Der Kommentar auf Kosten von trans Personen im Zuge mit der Verspottung von Versuchen, geschlechtliche Vielfalt in der Sprache abzubilden, lässt Markus Söders Rede zum Politischen Aschermittwoch im Kontext von LSBTIQ nicht gut abschneiden. Danach überrascht es auch nicht, dass Bayern als einziges Bundesland keinen Aktionsplan gegen Queerfeindlichkeit hat.

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