Weiterlesen Die Broschüre bezieht sich auf die Aktion #WirRedenMit, die im Frühjahr 2022 durchgeführt wurde. An einer Online-Umfrage haben sich 576 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von fünf bis 26 Jahren beteiligt. Aus den Antworten ergab sich ein vielfach geäußerter Wunsch nach mehr Selbstbestimmung. Zudem möchten die Kinder und Jugendliche in ihren Belangen ernst genommen werden und benötigen mehr unterstützende Strukturen. Die zwölf zentralen Forderungen, die sich aus der Umfrage ergeben haben, können auf der Webseite der Aktion #WirRedenMit nachgelesen werden. Erlebnisse wie Diskriminierung im Alltag, Mobbing in der Schule oder Konflikte in den Familien führen zu erhöhten psychischen Belastungen für trans*, inter* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche. Wenn sie in ihrem Umfeld Unterstützung erfahren, ist die Gefahr psychischer Probleme nicht höher als bei cis-geschlechtlichen Kindern und Jugendlichen. Ein zentraler Teil der Broschüre behandelt, wie Unterstützung aussehen kann: Geschlechtliche Vielfalt sollte selbstverständlich thematisiert und allgemein berücksichtigt werden. Dazu zählen kleine Maßnahmen wie geschlechtsneutrale Optionen bei Anmeldeformularen sowie die Möglichkeit, Pronomen und selbstgewählte Vornamen eintragen oder mitteilen zu können – sei es in der Schule, im Sportverein oder zu Hause. Die Repräsentation von Vielfalt in Büchern und Serien sowie im Unterrichtsmaterial kann ebenfalls zur Normalisierung von trans* und nicht-binären Identitäten beitragen, was sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene wirkt. Ebenfalls wird betont, dass Diskriminierung zu entgegnen und sich gegen Trans*feindlichkeit zu positionieren ein relevanter Aspekt der Unterstützung von trans* Kindern und Jugendlichen ist. „Zu wissen, dass jemand hinter uns steht und wir uns immer an jemanden wenden können, ist unfassbar viel Wert!“, so ein*e Jugendliche*r in der Broschüre. Zudem wird die Frage nach Selbstbestimmung ab 14 Jahren diskutiert. Dabei werden diverse Verbände und Organisationen zitiert, die durchaus dafür plädieren, dass Personen ab 14 Jahren selbstbestimmt ihren Vornamen und Geschlechtseintrag ändern dürfen sollten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beispielsweise fordert eine Stärkung der Selbstbestimmung von Minderjährigen. Im aktuellen Selbstbestimmungsgesetz können Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren ihren Antrag selbst stellen, benötigen jedoch das Einverständnis ihrer Sorgeberechtigten. In der Broschüre wird betont: „Entgegen weit verbreiteter Missverständnisse hat das Selbstbestimmungsgesetz allerdings nichts mit körperlichen oder medizinischen Änderungen zu tun. Beim Selbstbestimmungsgesetz geht es nur um Bürokratie: die Änderung von Vorname(n) und Geschlechtseintrag im Geburtenregister, was eine Änderung in den Dokumenten wie Geburtsurkunde oder Personalausweis zur Folge hat.“ Geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen bei Minderjährigen sind weiterhin umstritten. Der BV Trans* plädiert für ein sogenanntes „shared decision making“, was bedeutet, dass alle Beteiligten (Jugendliche, Eltern, Mediziner*innen, Psychotherapeut*innen) ihren Teil der Verantwortung tragen. Dafür braucht es passende und diskriminierungsfreie Beratungsangebote, die sich auf die individuellen Fälle einlassen. So würde eine pauschale Altersgrenze keinen Sinn machen. Ein*e trans* und nicht-binäre junge*r Erwachsene*r sagt dazu: „Transition ist individuell. Es gibt mehr als nur ‚ganz oder gar nicht‘. ‚Was brauchst du?‘ ist daher immer wieder eine enorm wichtige Fragestellung.“
Aufklärung und Bildung
LGBTIQ*-feindliche Politik in Ungarn: Wird es diesen Sommer noch Pride-Veranstaltungen geben?
13. März 2025Weiterlesen Orbán kündigte in seiner "Rede zur Lage der Nation" an, dass eine Änderung der Verfassung angestrebt werde, die festlege, dass Menschen "entweder als Mann oder als Frau geboren werden" (queer.de). Dies geschehe unter dem Deckmantel des Kinderschutzes. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Orbáns Stabschef Gergely Gulyás, der erklärt, dass die geplante Verfassungsänderung den Vorrang des Rechts eines Kindes auf körperliche, geistige und moralische Entwicklung über alle anderen Rechte – mit Ausnahme des Lebensrechts – betonen solle. Dabei wird ausgeblendet, dass auch Kinder von LGBTIQ*-Rechten profitieren. Die Verfassungsänderung könnte Einfluss auf die geplanten Pride-Veranstaltungen im Sommer haben. Gulyás erklärt, dass die Pride-Märsche den Rechten von Kindern auf gesunde Entwicklung im Wege stehen könnten und betont, dass das Land keine Demonstrationen in Budapest tolerieren müsse. Die diesjährige Budapest Pride Veranstaltung dürfe nicht mehr in der Öffentlichkeit stattfinden (The Guardian). Die Veranstalter*innen von Budapest Pride erklären auf ihrer Webseite, dass die Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Ungarn verfassungsrechtlich geschützt sei. Inwieweit diese Freiheiten ausgelebt werden können, messe sich insbesondere daran, ob Menschen ihre Meinung äußern können, wenn diese nicht mit dem politischen Programm der Regierung übereinstimmt. Um diese fundamentalen Rechte scheint es in Ungarn nun schlecht zu stehen. Ende Februar erklärte Orbán, dass die Veranstalter*innen sich keine Mühe machen sollten, die Pride weiter zu organisieren (Reuters). Darauf hören die Aktivist*innen und Engagierten der LGBTIQ*-Community jedoch nicht. Sie zeigen sich optimistisch in Hinblick auf die diesjährigen Pride-Veranstaltungen in der ungarischen Hauptstadt. Es hätte schon unzählige Versuche gegeben, die LGBTIQ*-Community zum Schweigen zu bringen und unsichtbar zu machen. Pride-Demonstrationen wird es geben, betonen sie, egal “ob mit zwanzig oder zehntausenden Personen“. Illustration Flagge: Freepik
Nach Vorfall in queerem Jugendzentrum: Debatte um die Sicherheit queerer Menschen in Schleswig-Holstein
4. März 2025Weiterlesen Das Jugendnetzwerk lamda::nord bietet in Lübeck verschiedene Gruppentreffen für queere Kinder und Jugendliche an. Während diese Treffen eigentlich als Schutzräume dienen sollen, kam es Ende Januar zu einem queerfeindlichen Vorfall, der von lambda::nord als Morddrohung gegenüber den Teilnehmenden eingeschätzt wurde. Der LSVD Schleswig Holstein erklärt in einer Pressemitteilung, dass sich dieser Vorfall in eine steigende Zahl queerfeindlicher Angriffe im norddeutschen Bundesland einreihe. Erst kürzlich berichteten wir von Drohbriefen an einen schwulen Propst aus Itzehoe. Aufgrund der inakzeptablen Angriffe auf LSBTIQ*-Personen richtete sich Danny Clausen-Holm vom LSVD.sh-Landesvorstand an die Landesregierung: „Wir fordern die Aufnahme queerer Menschen in die Landesverfassung. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, wie notwendig dieser Schritt ist. Nur durch eine klare rechtliche Verankerung in der Verfassung können queere Menschen in Schleswig-Holstein effektiv geschützt werden. Der Blick in die USA, wo queeren Personen zunehmend grundlegende Rechte entzogen werden, zeigt, wie wichtig es ist, frühzeitig gegen einen gesellschaftlichen Rechtsruck vorzugehen.“ Nun wurde im Landtag über zwei Anträge abgestimmt, die die Sicherheit queerer Menschen in den Blick genommen haben. Der Antrag der (Oppositions-)Fraktionen von FDP, SPD und SSW „Sicherheit und Gleichberechtigung für queere Menschen in Schleswig-Holstein: Entschlossene Maßnahmen gegen Diskriminierung und Gewalt“ fordert unter anderem, dass Straftaten gegen LSBTIQ* in der Polizeilichen Kriminalstatistik auf Bundesebene aufgenommen werden. Auch eine Erweiterung der Landesverfassung, um den Schutz der sexuellen Identität darin zu verankern, wurde vorgeschlagen. Diese beiden Aspekte würden vom Antrag der Regierungsparteien CDU und Bündnis 90/Die Grünen abweichen (LSVD.sh). Jedoch stünden alle Fraktionen dafür ein, dass eine Verfassungsänderung zur Verankerung des Schutzes sexueller Vielfalt auf Bundesebene geschehen soll. Dafür wird eine Bundesratsinitiative zur Ergänzung des Art. 3 (3) im Grundgesetz gefordert. Die beiden Anträge wurden an Ausschüsse überwiesen, die Regierungs- und Oppositionsparteien wollen zu einem gemeinsamen Antrag kommen. Der LSVD.sh befürwortet eine solches gemeinsames Zeichen zum Schutz von LSBTIQ*, betont im selben Zuge aber auch die notwendige Erweiterung der Landesverfassung um die Kategorie sexuelle Identität. Vor dem Hintergrund der Angriffe gegen LSBTIQ* sowie des Anstiegs der queerfeindlichen AfD, die nun als zweitstärkste Kraft im Deutschen Bundestag vertreten sein wird, scheint eine solche Sicherung des Schutzes von queeren Menschen in den Landesverfassungen ebenso wie im Grundgesetz überfällig.
Europas Demokratie im Fokus: US-Politik und die Bedrohung durch extrem rechte Ideologien
25. Februar 2025Weiterlesen Nachdem der US-Vizepräsident J. D. Vance am 15. Februar im Rahmen der Münchener Sicherheitskonferenz Europa und insbesondere Deutschland die Gefährdung der Demokratie vorgeworfen hatte, bediente er in derselben Rede die bekannten extrem rechten Rhetoriken, indem er die Zuwanderung als drängendstes Problem für Europa in den Raum stellte. Eine schwierige Situation für Diplomat*innen. Aus Sicht all jener, die sich für ein menschenwürdiges Miteinander engagieren, könnte die Botschaft jedoch kaum deutlicher sein. Im Anschluss traf sich Vance neben anderen mit der AfD-Parteichefin Alice Weidel. Nach Angaben des ZDF beschrieb ein Sprecher Weidels das Gespräch als „entspannt und freundschaftlich“. Zuvor hatte Vance in seiner Rede darauf hingewiesen, dass "es keinen Platz für Brandmauern" gebe. Indes wies Bundeskanzler Scholz den Vorwurf, „die Brandmauer“ gefährde die Demokratie, über den Onlinedienst X zurück. Aufgrund der Erfahrungen des Nationalsozialismus gebe es unter den demokratischen Parteien in Deutschland "einen gemeinsamen Konsens: Das ist die Brandmauer gegen extrem rechte Parteien". Neben Scholz (SPD) forderten in diesem Zuge auch Friedrich Merz (CDU) und Robert Habeck (Grüne) die USA auf, sich aus dem deutschen Wahlkampf herauszuhalten, so das ZDF weiter. Über die Bedeutung der USA als Bühne des „Kulturkampfes“ und die Zuspitzung, die mit der Wahl von Trump einhergeht, wurde hier schon des Öfteren berichtet. Und auch der systematische Lobbyismus US-amerikanischer ultrakonservativer Organisationen auf politische Entscheidungsträger in anderen Staaten weltweit, wie bspw. Uganda oder Spanien, wurde bereits thematisiert. Mit dem unverhohlenen Lobbyieren von Vance für die AfD erreicht diese Einflussnahme in Deutschland ein neues Niveau. Die Spitze kam allerdings erst rund eine Woche später. Am 21. Februar teilte Vance nach Angaben des Deutschlandfunk und anderer Medien mit: Da die „gesamte“ deutsche Verteidigung von amerikanischen Steuerzahler*innen subventioniert würde, hätten diese jjin der deutschen Politik mitzuentscheiden, „falls jemand in Deutschland ins Gefängnis käme, nur weil er online etwas gepostet habe“, so die Zusammenfassung des Deutschlandfunks. Zwar betonte Vance auch, dass die USA selbstverständlich weiterhin wichtige Bündnisse mit Europa pflegen würden – „deren Stärke werde aber davon abhängen, ob – Zitat – ‚wir unsere Gesellschaften in die richtige Richtung lenken‘“. Mit anderen Worten: Es obliege dem amerikanischen Steuerzahler und damit dessen gewählten Vertretern (Vance bzw. Präsident Donald Trump) zu entscheiden, was in Deutschland „Hassrede“ ist und ob sie geahndet gehöre, ansonsten würde sanktioniert. Die investigative ARTE Dokumentation „Amerikas Bücherkrieg“ von Ilan Ziv beleuchtet die politischen Mechanismen hinter dieser Zensurbewegung. Sie zeigt den Konflikt zwischen ultrakonservativen Bücherverboten und liberalen Intellektuellen sowie Minderheiten wie der LGBTQIA+-Bewegung sowie afroamerikanischen Communities. Die Dokumentation erläutert die kulturelle Schlacht, die vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahlen 2024 ausgetragen wird. Ein deutliches und explizites Porträt der Situation. Mit Blick auf die vergangene Bundestagswahl und die Wahlergebnisse war es damit nie wichtiger als zuvor, sich auf zivilgesellschaftlicher Ebene deutlich gegen einen amerikanischen Einfluss zu stellen und den etablierten Parteien – besonders den Wahlsiegern – die „Brandmauer gegen Rechts“ nicht bloß als rhetorische Floskel, sondern als nicht hinterfragbare Handlungsmaxime abzuverlangen. Gleichzeitig scheint ein internationales Vernetzen zwischen den Interessenvertreter*innen von LGBTIQ* und weiterer zivilgesellschaftlicher Institutionen wichtiger denn je.
Homosexueller Propst aus Itzehoe erhält Drohbrief
20. Februar 2025Weiterlesen Steffen Paar äußerte sich oft zu Themen wie Migration und Klimawandel. Diese Äußerungen wurden in dem Drohbrief als Lügen diffamiert. Die Absender drohen Paar damit, dass sie wüssten, wo er lebe und seinen Partner kennen würden. Auch seine Sexualität wird negativ in dem Brief hervorgehoben. Die Absender unterzeichnen als sogenannte „Sturmfront Schleswig-Holstein“, die laut dem Brief als „Patriotischer Untergrund der AfD und Bauernschaft“ agieren würde. Das AfD-Logo wurde verwendet, ebenfalls das Logo der schleswig-holsteinischen Landvolk-Bewegung. Auf Anfrage des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf äußerte sich die Bundesgeschäftsstelle der AfD, dass die Partei nichts mit der erwähnten Vereinigung sowie dem Brief zu tun hätte. Auch der Bauernverband Schleswig-Holstein distanzierte sich von dem Brief. Steffen Paar ging nicht auf die Drohungen ein. Er lasse sich nicht einschüchtern, so der queere Propst in seiner Stellungnahme zum anonymen Brief. In dieser klagt er an, dass auch, wenn die AfD mit dem Brief nichts zu tun habe, „Vertreter:innen dieser Partei […] mit ihren Äußerungen und ihrem Handeln den Nährboden dafür“ schaffen würden. Er warnt: „Es geht um viel. Wenn eine Partei wie die AfD weiter an Macht gewinnt, wird niemand mehr sicher sein. Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“. Paar hat bereits Strafanzeige erstattet. Laut Angaben des Spiegel ermittelt nun der Staatsschutz. Scheinbar wurden mehrere anonyme Briefe mit AfD-Logo in Schleswig-Holstein verschickt, darunter auch an die Fraktionsvorsitzende der SPD im schleswig-holsteinischen Landtag Serpil Midyatli sowie den Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter (Süddeutsche Zeitung).
Gewalthilfegesetz: Schutz für wen? Fehlende Berücksichtigung von trans und nicht-binären Personen* und der im Raum stehende juristische Diskurs.
18. Februar 2025Weiterlesen Gleichzeitig nimmt die Gewalt gegen trans* und nicht-binäre Personen im öffentlichen Raum zu. Laut dem Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie dem Bundeskriminalamt verzeichnete die Statistik für 2023 einen Anstieg der Hasskriminalität wegen „sexueller Orientierung“ von 1.005 auf 1.499 Straftaten. Dieses Missverhältnis zwischen schutzbedürftigen Personen und einem selektiven Fokus auf konservative Rollenbilder bildet die zentrale Kritik des Bundesverband Trans*. Dieser hatte anlässlich des am selben Tag beschlossenen Gewalthilfegesetzes am 31. Januar 2025 eine entsprechende Stellungnahme veröffentlicht. Am 14. Februar wurde das Gesetz nun vom Bundestag verabschiedet. Zu den Maßnahmen zählen: Der Bundesverband Trans* bemerkt: „Das Gesetz nennt […] nur Frauen und ihre Kinder als Personen, die Zugang haben sollen. Ob trans* Frauen hier mitgemeint sind oder nicht, lässt das Gesetz an dieser Stelle offen.“ In einer früheren Version hatte das Gesetz trans*, inter* und nicht-binäre Personen explizit noch miteingeschlossen. Aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag war diese Form mit der CDU jedoch nicht umsetzbar gewesen. Stattdessen wollte die Union sogar noch einen Schritt weiter gehen und trans* Frauen explizit ausschließen. Zwar wurde in der verabschiedeten Fassung nun kein expliziter Ausschluss formuliert, allerdings droht die CDU damit, das gesamte Gesetzesvorhaben platzen zu lassen, sollten trans*, inter* und nicht-binäre Personen in den Gesetzestext aufgenommen werden. Mari Günther vom Bundesverband Trans* bringt die dahinterliegende Bigotterie (Scheinheiligkeit) auf den Punkt: „All die Frauen, die zum jetzigen Zeitpunkt keine Hilfe finden, die getötet werden, hätten in diesem Fall weiter keine Hilfe gefunden – und die CDU hätte das billigend in Kauf genommen.“ Bereits im Mai 2023 hatten wir im Zuge der Diskussion um das Hausrecht im Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsgesetz den Verein Frauenhaus Koordinierung zitiert, der die Vulnerabilität dieser Gruppen betonte und deutlich machte: „Der kursierenden Vorstellung, dass nun durch schlichte Änderung des Vornamens oder Geschlechtseintrags cis Männer missbräuchlich in Frauenhäuser einziehen und die dortigen Bewohner*innen bedrohen können, treten wir energisch entgegen.“ Für die Frauen und Kinder, die das Gewalthilfegesetz nun miteinschließt, bleibt es dennoch ein positiver Schritt. Inwieweit es sich auf den Umfang von Schutz- und Beratungsangeboten auswirkt, wird weiterhin zu beobachten sein. Fest steht: Es liegt nicht in der Verantwortung der schutzsuchenden Frauen und Kinder, diese Problematik zu diskutieren. Vielmehr ist es die Aufgabe der Träger sowie der Interessenverbände für Frauen, trans* und weiterer LGBTIQ*-Verbände und deren Mitglieder, sich aktiv für den Schutz aller Hilfesuchenden einzusetzen. Hinzu kommt, dass die Haltung der CDU in Verbindung mit der expliziten Bezugnahme nur auf „Frauen und Kinder“ einen weiteren, eher juristischen Diskurs eröffnet. Dabei könnte es um die Frage gehen, wen ein Gesetz, das Frauen benennt, tatsächlich einschließt. Rechtlicht logisch betrachtet müsste das ausschlaggebende Element der Geschlechtseintrag sein. In diesem Fall würde das Gewalthilfegesetz alle Personen mit dem Geschlechtseintrag „Frau“ betreffen – und damit automatisch auch trans* Frauen einbeziehen. Sollte jedoch ein Gericht dies anders beurteilen, stünde als nächstes die Frage im Raum, was unsere Verfassung dazu sagt. . Natürlich könnte auch einfach gar nichts geschehen und dieser Einbezug würde als selbstverständlich betrachtet. Aber selbst dann bliebe das Problem bestehen, dass trans*, inter* und nicht-binäre Personen, die keine Frauen sind, weiterhin gesellschaftliche Solidarität benötigen, da nur dann ausreichend politischer Druck zu erwarten ist, an dessen Ende hoffentlich ein „Miteinbeziehen“ aller Gruppen steht.
LSVD+ veröffentlicht Wahlprüfsteine für die Bundestagswahl
13. Februar 2025Weiterlesen Welche Partei(en) setzen sich für LSBTIQ*-Rechte ein? Aus den Antworten der Parteien auf Fragen des LSVD+ zu verschiedenen Politikbereichen gibt der LSVD+ eine queerpolitische Einschätzung zur kommenden Bundestagswahl. Die acht Wahlprüfsteine teilen sich in folgende Schwerpunkte auf: 1. Demokratie und queere Strukturen stärken 2. LSBTIQ* vor Diskriminierung schützen 3. LSBTIQ*-feindliche Gewalt verfolgen 4. Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht anerkennen 5. Gründung von Regenbogenfamilien rechtlich ermöglichen 6. Verfolgte LSBTIQ* in Deutschland aufnehmen 7. LSBTIQ*-Communities im Ausland unterstützen 8. Rechte von trans*, inter und nicht-binären Personen wahren Die AfD reagierte nicht auf die Anfrage des LSVD+, das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) antwortete knapp, dass die Partei keine Kapazität zur Beantwortung habe. Mit Blick auf ihre Wahlprogramme liefert der LSVD+ dennoch eine kurze Einschätzung zu ihren queerpolitischen Agenden: Was sich im Wahlprogramm der AfD finde, sei „homosexuellen- und trans*feindlich“. Ihre asylpolitischen Forderungen seien „gerade auch für queere Geflüchtete ein Desaster“. In einem früheren Artikel gaben wir einen Überblick über die queerfeindlichen Positionen der AfD. Zum BSW erklärt der Verband Queere Vielfalt, dass es ebenfalls eine trans*feindliche Politik verfolgen würde, unter anderem indem die Partei das Selbstbestimmungsgesetz ablehnen und „einen nicht-existenten Zusammenhang von trans* Personen mit Sexualstraftätern“ suggeriere. Auch hier würde die vom BSW geforderte restriktive Asylpolitik dem Schutz von LSBTIQ* Personen entgegenstehen. Die Antworten der CDU/CSU, die aktuell in den Umfragen vorne liegen, werden in allen acht Wahlprüfsteinen als „schlecht“ oder „gefährlich“ eingestuft. Die Antworten der FDP seien in vier von acht Kategorien „unpräzise“, in den restlichen werden sie als gut oder sehr gut eingeschätzt. Die SPD wird vorwiegend als gut bis sehr gut bewertet, jedoch sei ihre Antwort in Hinblick auf Wahlprüfstein 6 „Verfolgte LSBTIQ* in Deutschland aufnehmen“ ungenügend. Die Antworten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE seien in fünf Fällen sehr gut, im Rest gut. Die Partei DIE LINKE wird in sieben von acht Wahlprüfsteinen als sehr gut und in einer als gut eingeschätzt. Zu der ausführlichen Einschätzung mit Verweisen auf die jeweiligen Antworten der Parteien siehe den Beitrag des LSVD+. In der dazu veröffentlichten Pressemitteilung betont Patrick Dörr vom Bundesvorstand des LSVD+: „Wir rufen mit Nachdruck dazu auf, erstens wählen zu gehen und zweitens nur solche Parteien zu wählen, die versprechen, die Menschenrechte von queeren Menschen zu wahren. Bei der Auswertung der Wahlprüfsteine zeigt sich, dass es massive Unterschiede bereits bei den demokratischen Parteien mit Bezug auf queere Menschenrechte gibt. Am deutlichsten werden die Unterschiede in der Positionierung bei den Fragen der Aufnahme queerer Geflüchteter und der Selbstbestimmungsrechte von trans*, inter und nicht-binären Menschen."
Ergebnisse der LGBTIQ*- Wahlstudie 2025: Hohe Wähler*innenwanderung in der Community
11. Februar 2025Weiterlesen „Die Ergebnisse zeigen, dass LGBTIQ*-Wählerinnen eine klare Präferenz für Die Grünen haben. Auffällig sind auch die starken Wählerwanderungen im Vergleich zur letzten Bundestagswahl. Deutlich wird, dass die Regierungspolitik der vergangenen drei Jahre für die Parteien der Ampelregierung nicht zu mehr Rückhalt in der LGBTIQ*-Community sorgte.“ (LSVD+) Auf der Seite des LSVD+ findet sich dazu ein Überblick der Ergebnisse. Hier heißt es neben den eben genannten Informationen, dass regionale Unterschiede kaum eine Rolle spielten. Bis auf Die Linke haben alle Parteien an Rückhalt unter den LGBTIQ*-Wähler*innen verloren. Das gilt auch für Die Grünen, auch wenn sie immer noch im Vergleich die meisten Stimmen erhalten würden. „So geben ganze 26,7 % derjenigen Befragten, die am 23. Februar voraussichtlich Die Linke wählen möchten, an, 2021 bei der letzten Bundestagswahl noch die Grünen gewählt zu haben.“ Ebenfalls deutlich wird in diesem Zusammenhang, dass die Ampelparteien in den letzten Jahren nicht überzeugen konnten. Laut der Studie gelang es SPD, Grünen und Linken nicht, einen deutlichen Teil ihrer potenziellen Wähler zu mobilisieren. Die traditionellen Volksparteien finden bei LGBTIQ* somit weniger Anklang als in den Jahren zuvor. Insbesondere Trans* und Queere favorisieren Die Linke. Schlüsselt man die Buchstaben weiter auf, so zeigt sich: Bildungspolitik, Gesundheitspolitik und Rechtsstaatlichkeit sind die wichtigsten Themen bei der Bundestagswahl 2025 für LGBTIQ*-Wähler*innen. Explizit LGBTIQ*-bezogene Themen sind Homofeindlichkeit, Diskriminierung und LGBTIQ*-Rechte. Insgesamt spalten sich die Parteien mit ihren Programmen für LGBTIQ* damit grob in zwei Lager: Für Personen, die sich näher mit den Ergebnissen befassen möchten oder Informationsmaterial benötigen, findet sich hier eine weitergehende grafische Aufschlüsselung der Ergebnisse im Detail.
Weiterlesen Ein Tag nach Trumps Amtseinführung, am 21. Januar, berichtete die Organisation GLAAD, dass fast alle Inhalte rund um LGBTIQ* und HIV auf der Webseite des Weißen Hauses entfernt wurden. Die Präsidentin der Organisation Sarah Kate Ellis erklärt, dass Trump damit seiner eigenen Haltung zu Meinungsfreiheit widerspreche, indem er Informationen zensiere, die für die LGBTIQ*-Gemeinschaft in den Vereinigten Staaten von Wichtigkeit sind. In einer der vielen hochumstrittenen Dekrete, die Trump an seinem ersten Tag als Präsident erließ, wurden auch alle bundesweiten Maßnahmen für „Diversity, Equity, and Inclusion (DEI)“ gestrichen. Diese unter Ex-Präsident Joe Biden erlassenen Programme, die zum Abbau von Diskriminierung von Minderheiten führen sollten, wurden in Trumps Erlass als illegal, unmoralisch und diskriminierend bezeichnet. Während mit den DEI-Programmen vor allem rassistischer und sexistischer Diskriminierung entgegnet werden sollte, werden auch sexuelle und geschlechtliche Minderheiten von der Beendigung solcher Programme angegriffen. In seiner Rede zur Amtseinführung erklärte Trump, dass künftig nur noch zwei Geschlechter anerkannt werden sollten. Zusätzlich zu den rhetorischen Angriffen auf trans Menschen baut Trumps Regierung die Rechte dieser ab. In einem Dekret, das eine vermeintliche ‚Indoktrination‘ von Schüler*innen beenden will, wird damit gedroht, dass Schulen finanzielle Mittel entzogen werden, wenn sie Maßnahmen ergreifen, die trans Schüler*innen direkt oder indirekt unterstützen (them). Mit anderen Worten sollen auch Schulen die Existenz von trans Jugendlichen leugnen, wie die LGBTIQ*-Organisation Lambda Legal erklärt. Die Sicherheit von trans und nicht-binären Jugendlichen sei damit enorm gefährdet. Belästigung, Mobbing und Missbrauch würde gefördert werden, so Nicholas Hite von Lambda Legal. Simon Blake Obe, CEO der Organisation Stonewall, bezeichnet Trumps erste Amtshandlungen als „katastrophal“ für die Rechte von LGBTIQ* Personen. Die Behauptung, dass trans Personen oder andere marginalisierte Gruppen kein Recht auf Existenz hätten, „weist alarmierende historische Parallelen zu einigen der schlimmsten Momente der Menschheit auf“, so Obe. Unter diesen Umständen bleibt die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen im Land wie GLAAD, Lambda Legal, Human Rights Campaign und vielen weiteren, die sich für die Rechte von LGBTIQ* und anderen von Diskriminierung betroffenen Personen in den USA stark machen, wichtiger denn je. Zu hoffen bleibt, dass diese trotz der wiederholten Angriffe der Trump-Administration weiter Ressourcen schöpfen können, um ihre Arbeit fortzusetzen. Die Beendigung von DEI-Programmen fand bereits unter Joe Biden auf Bundestaatebene statt – und zeigte direkte Konsequenzen. So musste beispielsweise ein LGBTIQ*-Zentrum für Studierende an der University of Utah im Sommer 2024 schließen (them).
Weiterlesen Die Broschüre richtet sich an Pflegekräfte, Angehörige sowie an alle, die mit dem Thema befasst sind, und soll dazu beitragen, Verständnis und Sensibilität für die besonderen Bedürfnisse der von Demenz betroffenen queeren Menschen zu schaffen. Über die Vielfältigkeit von Demenz, die eben nicht bloß heterosexuelle, weiße und alte Menschen betrifft, wurde hier bereits ausführlich im April 2024 berichtet. Ziel ist es, die Diversität der an Demenz Erkrankten sichtbar zu machen und eine respektvolle Betreuung zu ermöglichen. Ein besonderes Merkmal der Broschüre sind QR-Codes, die zu vertiefenden Webinhalten führen. Hier teilen Expert*innen ihre Erfahrungen und geben wertvolle Einblicke in die Bedarfe queerer Menschen mit Demenz. Durch die finanzielle Unterstützung des Sozialministeriums Schleswig-Holstein im Rahmen des Landesaktionsplanes Echte Vielfalt können die Broschüre sowie das dazugehörige Poster gegen Versandkosten beim Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein per Mail bestellt werden: info@demenz-sh.de Die PDF-Version gibt es hier zum Download: Demenz und queer – Vielfalt denken, sehen, ermöglichen! 2. Auflage Das Kompetenzzentrum Demenz bietet auch in der aktuellen Version Links zum Weiterlesen, Informieren und Stöbern sowie einen kleinen Exkurs zum Thema „Liebe und Intimität im Alter und bei Demenz“. Ebenso finden sich auf der Webseite des Kompetenzzentrums die Originaltöne der Zitate aus der Broschüre und darüber hinaus weitere Veröffentlichungen und Broschüren zum Thema Demenz. Veranstaltungshinweis: Passend zur Neuauflage der Broschüre findet am 20. März 2025 eine Veranstaltung mit dem Titel "Demenz ist mehr als nur Vergessen" statt. In den Räumlichkeiten des HAKI e.V. in Kiel wird sich der Abend intensiv mit folgenden Themen befassen: Teilnehmer*innen haben zudem die Möglichkeit, eine Urkunde der Deutschen Alzheimer Gesellschaft zu erhalten, die als Softskill-Nachweis dient und zur internationalen "dementia friends"-Bewegung gehört. Veranstaltungsdetails auf einen Blick Datum: 20.03.2025, 18:00 - 20:00 Uhr
Ort: HAKI, Walkerdamm 17, 24103 Kiel
Kosten: Keine
Anmeldung: veranstaltungen@haki-sh.de
Spontane Teilnahme ist möglich, solange Plätze frei sind.