Echte Vielfalt

LSBTIQ

Wie der Leichtathletik-Weltverband „World Athletics“ (WA) am 23. März bekannt gab, werden in Zukunft nicht nur die Testosteron-Grenzwerte stärker beschränkt. Ab dem 31. März dürfen zudem keine Trans-Leichtathletinnen, die eine männliche Pubertät durchlaufen haben, an offiziellen Weltranglistenwettkämpfen der Frauen teilnehmen.

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Zur Begründung sagte der WA, dass es derzeit keine transgender Athlet*innen gebe, die international in der Leichtathletik antreten, und folglich auch keine leichtathletikspezifischen Beweise für die Auswirkungen, die diese Athlet*innen auf die Fairness des weiblichen Wettkampfs in der Leichtathletik haben würden. Unter diesen Umständen beschloss der Rat, der Fairness und der Integrität des Frauenwettbewerbs Vorrang vor der Aufnahme in die Liste einzuräumen.

Gabriel Nox Koenig vom Bundesverband Trans* e.V. kritisierte diese Entscheidung gegenüber der Deutschen Well (DW):

"Es wurde hier nicht versucht, einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, sondern Transfrauen und nicht-binäre Personen, bei denen bei Geburt das männliche Geschlecht eingetragen wurde, gezielt auszuschließen […], Theoretisch ist es zwar möglich, mit Pubertätsblockern die Pubertät von trans- und nicht-binären Jugendlichen zu verzögern. In der Praxis ist die Zahl derer, die Zugang zu dieser Behandlung haben, aber sehr gering. Die Regelungen des Leichtathletik-Weltverbands sind also quasi für niemanden einhaltbar."

Koenig befürchte, dass mit dieser Entscheidung junge trans Frauen noch stärker im Sport diskriminiert und sich daher vermehrt gegen Vereinssport entscheiden würden. An dieser Stelle muss betont werden, dass Diskriminierung im Sportverein auch ohne Aussichten auf eine Karriere im Spitzensport ein Thema ist. Auf der anderen Seite bleibt Spitzensport allgemein selektierend, was in der Natur von hohem Leistungsdruck plus viel Geld liegt. Auch wenn es derzeit keine Athletinnen im Frauen-Spitzensport gibt, die in die vom WA ausgeschlossene Kategorie fallen, so kündigte dieser dennoch eine Arbeitsgruppe zum Thema an. In den nächsten zwölf Monaten soll die Arbeitsgruppe speziell Transgender-Athletinnen nach ihren Ansichten über die Teilnahme an Leichtathletikwettbewerben befragen sowie zusätzliche Informationen überprüfen oder ggf. in Auftrag geben. Wie die Sportschau berichtet, äußerte Sebastian Coe, Präsident von World Athletics, dass der Verband die Teilnahme von trans Leichtathletinnen nicht für immer ausschließe. Es brauche jedoch belastbare Daten, um darüber letztendlich entscheiden zu können.

Aber nicht nur trans Sportlerinnen sind von der Weltrangliste ausgeschlossen. Auch Athletinnen mit einer Variante in der Geschlechtsentwicklung (DSD) sind vorläufig betroffen. Bei DSD handelt es sich nach Angaben der Deutschen Welle „[…] um eine seltene Kondition, bei denen die Hormone, die Gene und/oder die Fortpflanzungsorgane eines Menschen eine Mischung aus männlichen und weiblichen Merkmalen aufweisen können. Einige der Betroffenen bevorzugen den Begriff ‚intersexuell‘“. Allerdings, so die DW weiter, sehen die verschärften Richtlinien bei Sportlerinnen dieser Gruppe eine Reduzierung des Testosterongehalts im Blut von fünf auf 2,5 Nanomol pro Liter über zwei Jahre statt wie bisher nur einem Jahr vor. Damit ist dieser Ausschluss lediglich temporär, solange der Richtwert eingehalten wird. An den Olympischen Spielen 2024 könnten die 13 betroffenen Athletinnen laut WA wieder teilnehmen.

Im Endeffekt schließt die neue Richtlinie damit an die Stelle an, an der sich der Gesamtdiskurs scheidet: Welche Unterscheidungen zwischen Menschen sind wann und warum zulässig und wann überschreiten diese Differenzierungen die Grenze zur Diskriminierung. Eine Frage, die sich vermutlich auch durch eine Arbeitsgruppe des WA nicht klären lassen wird, aber vielleicht neue Gedanken aufwirft.

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Nach Erkenntnissen einer neuen DAK-Studie zum Gaming-Verhalten spielen ca. drei Millionen Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren regelmäßig Computer-, Handy- oder Konsolenspiele. Davon wurden 15,4 Prozent als sogenannte Risiko-Gamer*innen eingestuft, also fast eine halbe Million Jugendliche.

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Die DAK schreibt: „Die Betroffenen fehlen häufiger in der Schule, haben mehr emotionale Probleme und geben deutlich mehr Geld aus.“ Insgesamt spielen dabei ungefähr 90 Prozent aller Jungen und fast 50 Prozent der Mädchen dieser Altersgruppe. Betrachtet man nur die Risikogruppe, sind ca. 79 Prozent Jungen und insgesamt 3,3 Prozent erfüllen sogar „[…] die Kriterien einer Computerspielabhängigkeit mit Entzugserscheinungen, Kontrollverlusten oder Gefährdungen.“

Besonders problematisch dabei sind die Spielmechanismen, die gezielt auf Belohnungen ausgerichtet sind und damit die Gefahr einer Abhängigkeit verstärken. Dazu zählen u.a. Spiele, die sich unendlich erweitern, z. B. immer neue Ziele verfolgen, Möglichkeiten der Personalisierung von virtuellen Avataren oder Loot-Boxen (Belohnungen für Erfolg, Dauer, auch durch Geld). Gerade Loot-Boxen greifen dabei auf ähnliche Mechanismen wie Glücksspiele zurück.

Doch wo liegt nun der Bezug zur LGBTIQ*-Gemeinschaft? Die Studie befragte 1.000 Jugendliche und rechnete dann die Zahlen auf die Gesamtbevölkerung hoch. Dabei wurde allerdings vorrangig zwischen Jungen und Mädchen unterschieden. Berücksichtigt man bei der Hochrechnung allerdings den Anteil an LGBTIQ*-Jugendlichen, so würden sich, nach Angaben des Magazin Schwulissiom, ca. 102.000 der rund 465.000 Risiko-Gamer*innen der LGBTIQ*-Gemeinschaft zuordnen. Schwulissimo betont weiter, dass gerade für LGBTIQ*-Jugendliche Aspekte wie ein unterdrücktes Coming-out, offene Fragen über die eigene Sexualität oder Identität, aber auch Mobbing- und Gewalterfahrungen verstärkend dazu beitragen können, Videospiele als Verdrängungsmethode zu nutzen. „So ist es gut möglich, dass die tatsächliche Zahl der spielsüchtigen LGBTIQ*-Jugendlichen weit höher liegt und einen überproportionalen Anteil an der gesamten Risikogruppe einnimmt.“ Aber auch grundsätzlich ist davon auszugehen, dass durch die dichotome Erfassung der Studie sowie den Umstand, dass einige der Befragten noch kein Coming-out hatten, ein Blindfeld besteht.

Nichtsdestoweniger unterstreicht die Studie die Nutzung von Videospielen als Verdrängungsmethode: „29 Prozent der 12- bis 17-jährigen Computerspieler haben im vergangenen Jahr Spiele gespielt, um nicht an unangenehme Dinge denken zu müssen. Dies trifft auf die Mädchen etwas häufiger als auf die Jungen zu.“ Hier würde eine genauere Differenzierung evtl. helfen, könnte auf der anderen Seite aber auch die Gefahr einer falschen Pathologisierung mit sich bringen.

Um es klar zu sagen: Das Problem sind nicht Computerspiele per se, ebenso wenig sind es die Gruppen, die ein besonderes Risiko aufweisen, ob LGBTIQ* oder andere. Das Problem besteht in den Spielmechanismen, die gezielt ihre Spieler*innen an sich binden und dazu auf suchterzeugende Methoden zurückgreifen. Diese Mechanismen treffen auf Strukturen, in denen gesellschaftliche bzw. sozialräumliche Probleme dazu führen, dass eine Flucht aus der Realität für einige Jugendliche nötig erscheint. Die eine Konsequenz ist also das von der DAK geforderte Verbot von Glücksspielelementen. Die andere Konsequenz bleibt jedoch die Frage, was sich hinter der Aussage verbirgt, „unangenehmen Dinge vergessen zu wollen" und das betrifft auch LGBTIQ*-Jugendliche, ob mit oder ohne Coming-out.

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Das Risiko für LGBTQ* Personen wird im US-amerikanischen Bundestaat Florida als besonders hoch eingeschätzt. Nun wurden Gesetze beschlossen, die die geschlechtsangleichende medizinische Versorgung stark einschränken soll. Besonders trans Kinder und Jugendliche sind davon betroffen.

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Erst vor kurzem berichtete echte vielfalt, dass die Vereinigten Staaten ein Schauplatz von Anti-LGBTQ*-Politik sind. Besonders negativ fällt dabei immer wieder der „Sonnenstaat“ Florida auf. Der republikanische Gouverneur Ron DeSantis, über den auch vermutet wird, dass er sich für die nächste Präsidentschaftswahl als Kandidat der Republikanisches Partei aufstellen will und damit in Konkurrenz zu seinem Parteifreund Donald Trump steht, zieht eine seine scharfe Anti-LGBTQ Politik in Florida durch. Bereits vor einem Jahr haben die von kritischen Stimmen als „Don't Say Gay“-Gesetze bezeichneten Vorschriften, die Schulen verbieten über queere Themen aufzuklären, für Aufruhr gesorgt.

Die nun diskutierten Gesetze sollen den Zugang zu Transitionsmedizin stark einschränken. So sollen insbesondere trans Kinder und Jugendliche verhindert werden, sich mit Hilfe von Mitteln wie Pubertätsblockern oder Hormontherapien körperlich ihrer Geschlechtsidentität anzupassen. Mit dem „Bill 254“ riskieren Eltern, die ihre Kinder bei der Transition unterstützen, sogar die Entziehung ihres Sorgerechts. Das Magazin Them warnt davor, dass damit transfeindliche Elternteile Kinder rechtlich abgesichert ,kidnappen‘ könnten, wenn sie von anderen Elternteilen in ihrem geschlechtsangleichenden Prozess gefördert wurden.

In einem Interview in „The Daily Show“ verurteilt Präsident Biden die neuen transfeindlichen Gesetze in Florida. Gleichzeitig gibt es jedoch noch kein staatenübergreifendes Gesetz zum Schutze der Rechte von trans Jugendlichen. Ähnliche Maßnahmen, die die Gesundheitsversorgung von trans Menschen einschränken werden derzeit auch in anderen Bundestaaten wie Tennessee beschlossen. Eine Übersicht über US-amerikanischen Staaten, die aktuell queerfeindliche Gesetze diskutieren, bietet queer.de.  

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Vom 17.3. bis zum 10.4.2023 sorgen die vom Sozialministerium Schleswig-Holstein und der Gleichstellungsbehörde Hamburg geförderten Plakate der Initiative Bi+Pride für bi+sexuelle Sichtbarkeit. Gesundheit für Menschen, die sich in mehr als ein Geschlecht verlieben können, verdient ein besonderes Augenmerk.

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Initiator Frank Thies, der auch Diversitätsbeauftragter an seiner Schule in Hamburg ist: „Sichtbarkeit ist das zentrale Thema für Bi+sexuelle. Junge bi+ Menschen outen sich deutlich seltener als gleichaltrige homosexuelle, bi+ Frauen werden deutlich öfter mit Gewalt in Intimpartnerschaften konfrontiert. Aber auch Ärzt*innen kennen sich nicht genug aus und können daher nicht optimal behandeln. Hier benötigen wir dringend bessere Aufklärung.“

Der März wurde 2014 vom Bisexual Resource Center in den USA zum „Bisexual Health Month“ ausgerufen.

Für Aufklärung sorgt die Kampagne im Rahmen von „Echte Vielfalt“ in Schleswig-Holstein.

Die Plakate sind in Flensburg, Kiel, Lübeck, Norderstedt und Hamburg zu sehen. Fototermine mit Politik, Community und Presse wird es auch geben:

  • Flensburg: Schiffbrücke 60 vom 31.3.-10.4.23 (Fototermin am 3.4. um 15 Uhr mit Dezernentin, Gleichstellungsbeauftragter und Presse),
  • Kiel: Hopfenstraße / Lerchenstraße 13 gegenüber EKZ Sophienhof vom 28.3.-6.4.23 (Fototermin noch unklar),
  • Lübeck: Hauptbahnhof – Gleis 4/5 vom 28.3.-6.4.23 (Fototermin am 31.3. um 15:30 Uhr mit Bürgermeister, Senatorin und Presse),
  • Norderstedt: U-Bahnhof Garstedt vom 28.3.-6.4.23 (Fototermin am 30.3. um 16 Uhr mit Oberbürgermeisterin und Presse).
  • Hamburg: siehe Website (s.u.)

Etwas später im Jahr findet die Bi+Pride rund um den 23. September, dem Tag der Bisexualität, statt: mit Flaggenhissungen, Workshops und einer Demonstration durch die Hamburger Innenstadt. Videobotschaften und Reden kamen in den letzten Jahren auch von Bundestagsabgeordneten, der Wissenschaft und aus anderen Bereichen.

Mehr Informationen finden sich auf https://bipride.de/bisexual-health-month/  

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Transgender-Politik und Behandlungsprogramme für Geschlechtsdysphorie sind Themenfelder, die auf echte-vielfalt.de bereits des Öfteren in Bezug auf Deutschland oder Schottland betrachtet wurden. Allerdings hört dieses Thema nicht an Landesgrenzen auf.

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Norwegens nationale Untersuchungskommission für das Gesundheits- und Pflegewesen (UKOM) hat nun eine Studie veröffentlicht. In dem dazugehörigen Bericht bemerkt die UKOM, dass in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der Anfragen von Menschen mit Geschlechtsdysphorie an das Gesundheitswesen festzustellen sei:

„Insbesondere die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Teenageralter, die eine Untersuchung und Behandlung im spezialisierten Gesundheitsdienst wünschen oder an diesen überwiesen werden, ist deutlich gestiegen. Der größte Anstieg ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verzeichnen, die bei der Geburt als Mädchen registriert wurden, sich aber als Jungen identifizieren.“

Wie das Magazin Schwulissimo ergänzt, waren es bis 1990 durchschnittlich vier Überweisungen pro Jahr, die eine Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen als Ursache hatten. Seit 2018 ist diese Zahl auf 600 Fälle jährlich gestiegen. Zu den Gründen gebe es an dieser Stelle nur Mutmaßungen, allerdings unterstreichen die Zahlen die Wichtigkeit einer adäquaten Auseinandersetzung mit dem Thema. Das gilt auch für Deutschland, wie echte vielfalt bereits in einem früheren Bericht festgestellte, wo es zwischen 2017 und 2020 alleine in Niedersachsen insgesamt 289 Geschlechtsoperationen gab.

Während es grundsätzlich einen öffentlichen Diskurs zu Geschlechtsinkongruenz und ihrer Behandlung gibt, nimmt dieser häufig nochmals an Schärfe zu, wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Wie die UKOM unmissverständlich klar macht, verlaufen die Meinungsverschiedenheiten dabei auch innerhalb der unterschiedlichsten LSBTIQ*-Gruppen. „Wir sind uns bewusst, dass die Wahl der Worte und ein Verständnis für die Komplexität wichtig ist. Die Situation der Unsicherheit und Uneinigkeit beeinträchtigt die Entwicklung der Gesundheitsdienste“, so die UKOM. Kommunikation und Sicherheit gehen damit Hand in Hand. Was eine uninformierte und emotional aufgeladenen Debatte bedeuten kann, wurde auf echte-vielfalt.de bereits mehrfach thematisiert. Auch die UKOM kommt zu dem ernüchternden Ergebnis einer unzureichenden Datengrundlage. Aber auch veraltete Leitlinien werden bemängelt. Ihnen fehle es an einem angemessenen Standard für die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen. Darüber hinaus weckten die Leitlinien Erwartungen, die das Gesundheitssystem nicht erfüllen könne. Im Gegenteil bestehe sogar eine Gefahr der Unter- oder Fehlversorgung. Um den Dienst zu stärken, sei es nach Ansicht der UKOM wichtig, die Versorgung im primären Gesundheitssektor zu stärken und mehr interdisziplinäres Fachwissen im spezialisierten Gesundheitsdienst auf regionaler Ebene aufzubauen. Es bedarf einer gut vernetzten und auf Fakten basierenden medizinischen Versorgung, die bereits bei der Ebene der Grundversorgung ansetzt, also auch Krankenhäuser und Hausärzt*innen sensibilisiert. Dem steht der große Komplex der öffentlichen Meinungen gegenüber. Die UKOM kommt entsprechend zu dem Schluss, dass das Klima der Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit erhebliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche habe, auch in Bezug auf Behandlung und Gesundheitsdienste.

Die UKOM plädiert daher für die Notwendigkeit eines konstruktiven Diskursklimas. Dies sollte selbstverständlich für alle Personen und Organisationen der Öffentlichkeit gelten, die hier einen Betrag leisten. Dass um Meinungen gestritten wird, bildet dabei weniger das Problem. Dass allerdings diese Meinungen so absolut vertreten werden, dass die eigene Position unhinterfragbar wird, kann im Fall von Geschlechtsinkongruenz, gerade bei Kindern und Jugendlichen, im wahrsten Sinne gesundheitsgefährdend wirken.

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Nach dreieinhalb Jahren Synodalen Weges in der katholischen Kirche war es nun so weit: Am Freitag, 10. März, hat sich die Synodalversammlung dazu durchgerungen, dass die katholische Kirche in Deutschland bald auch offiziell Segensfeiern für homosexuelle Paare durchführen darf.

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Bereits im September 2022 hatte echte vielfalt über diesen Reformprozess berichtet. Damals war eine Neuausrichtung zur Sexualmoral knapp gescheitert, was Empörung innerhalb und außerhalb der Kirche nach sich zog. Dabei war die Kluft zwischen Teilen der katholischen Führung und Teilen ihrer Basis nicht nur innerhalb Deutschlands sichtbar geworden. So langwierig und kleinschrittig die deutschen Reformen sind, so ungehört bleiben diese in Rom. Wie die Tagesschau berichtet, erteilte der Vatikan bereits Anfang des Jahres den deutschen Reformen eine Absage. Man befürchte eine Spaltung der Kirche.

Mit der Abschlusskonferenz vom 10. bis 12. März gelang es der Synodalversammlung allerdings, sich dennoch zu Reformen auch gegen die Zentrale in Rom durchzuringen. Nach Berichten von Tagesschau, Queer und ZEIT kam es bereits am Freitag zur ersehnten positiven Zustimmung.

Zu den Ergebnissen zählt u. a., dass Frauen zukünftig Taufen, bei der Eheschließung assistieren oder die Beichte abnehmen dürfen. In Bezug auf Homosexuelle können diese nun nicht mehr aufgrund ihrer Sexualität entlassen werden und sollen ganz offiziell den Segen erhalten. Was für Außenstehende ein Angleichen der Katholischen Kirche an das gesellschaftliche Minimum darstellt, ist für die Kirche selbst ein mühsamer Weg gewesen. Gerade vor dem Hintergrund der Ablehnung aus dem Vatikan hatten sich einige der Bischöfe bereits im Vorfeld wieder von ihrer Kompromissbereitschaft entfernt, so die Tagesschau.

Aber selbst die beschlossenen Reformen bleiben hinter den Erwartungen zurück: So wurde der Wunsch nach Gleichstellung von Frauen in den Ämtern „bis zur Unkenntlichkeit verwässert“. Zwar nicht verwässert, aber noch lange nicht am Ziel ist die beschlossene offizielle Segnung. Der Beschluss sieht vor, dass zunächst eine Arbeitsgruppe gebildet werden soll, um den Ablauf für Segensfeiern in einer Handreichung zu konkretisieren. „Sobald die Handreichung fertig ist, kann jeder Bischof die Segensfeiern in seinem Bistum umsetzen. 2026 sollen die Erfahrungen evaluiert werden“, so die Tagesschau weiter. Dabei war trotz all der Kompromisse die erforderliche Zweidrittelmehrheit nur durch die Enthaltung einiger Bischöfe zustande gekommen. Hätten diese ebenfalls dagegen gestimmt, wäre der Synodale Weg am Ende wohl ohne Ergebnis geblieben.

Die katholische Kirche in Rom mag recht haben mit ihren Befürchtungen einer Spaltung. Die Frage, die sich jedoch stellt, ist: Wird es eine Spaltung durch die Reformen geben oder werden die Katholik*innen irgendwann den Mangel an Reformen nicht mehr akzeptieren? Der deutsche Sonderweg gegen die Haltung des Vatikans verweist darauf, dass die Bischöfe in Deutschland bereits jetzt den öffentlichen Druck bemerken.

Den offiziellen Handlungstext der Konferenz zum „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“ gibt es hier.

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Mythen und mythologische Kunst als gegeben hinzunehmen, ist schon fast ein Widerspruch an sich, leben diese doch von dem ständigen Hinterfragen, aber auch Neuinterpretieren ihrer Symbolik. Und so verwundert es nicht, wenn sich Künstler*innen die Freiheit nehmen, Geschichten neu zu entwerfen.

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Auf dem diesjährigen VAULTS-Festival in London (24. Februar bis 19. März), Großbritanniens größten Live-Performance Festival, veranstalteten die Künstler*innen Roann Hassani McCloskey und Joel Samuels eine Neuinszenierung des Garten Eden und anderen Mythen. Die Show „Remythed review – a joyful evocation of queer mythology” nimmt dabei die ausschließlich heterosexuellen Charaktere dieser alten Geschichten und entwirft sie in all ihrer sexuellen Diversität neu, so der Guardian.

Aber kommen in den alten Mythen tatsächlich ausschließlich heterosexuelle Charaktere vor? Einen völlig anderen kulturellen Zugang zur Rolle von LSBTIQ* Menschen in den Erzählungen der Vergangenheit bietet das „Bode-Museum“ in Kooperation mit dem schwulen Museum in Berlin. In der Ausstellung „Spielarten der Liebe“ führen fünf Rundgänge durch die gesamte Sammlung des Museums. Sie bieten dabei „[…] Einblicke in die künstlerische und gesellschaftliche Beschäftigung mit LGBTIQ* […] Sexualitäten und Identitäten, die in der Kunst immer präsent waren, aber nur wenig Beachtung gefunden haben.“

Im ersten thematischen Rundgang „Liebe und Krieg“ geht es um den heroischen Soldaten und seine Bisexualität. Der zweite Rundgang legt den Fokus auf männliche Künstler, die selbst homosexuell waren oder dieser Gruppe nahestanden. Beim dritten Rundgang geht es hingegen um männliches homosexuelle Sammler von Kunst. Die vierte Route führt zur Darstellung „Weiblicher Intimität und erotischer Liebe unter Frauen“. Auf dem fünften Rundgang können sich die Besucher*innen mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit sich die Zuordnung zu einem Geschlecht immer aufrechterhalten lässt.

Die Reihe zeigt dabei keine neuen Stücke, sondern verändert lediglich den Blickwinkel auf Objekt und Kontext. Bereits von Beginn ihrer Erschaffung waren die Kunstwerke dabei mit den unterschiedlichsten Deutungen konfrontiert. „Durch den*die Künstler*in selbst, durch den*die Auftraggeber*in und durch jede*n einzelne*n der Millionen von Betrachter*innen, die sie bis heute in Augenschein genommen haben.“ Es geht also auch darum zu begreifen, dass Kunst niemals für sich steht, sondern immer wieder der Aneignung bedarf - und sei es nur für den*die momentane*n Betrachter*in selbst.

Die Ausstellung eröffnet einen spannenden Blick, der verdeutlicht, dass die Beschäftigung mit Sexualität und Geschlechtlichkeit, Selbstverständlichkeit und Emanzipation keine rein modernen Themen sind. Dennoch ist die Aussage der Londoner Live-Performance über „ausschließlich“ heterosexuelle Darstellungen nicht falsch. Im Gegenteil verdeutlicht sie, dass Aneignung in alle Richtungen funktioniert und somit immer wieder auch zu einer Verengung der Betrachtung von Mythologie und Geschichte führen kann.

Für Personen, die es weder nach London noch nach Berlin schaffen, gibt es hier eine kleine lesenswerte PDF-Broschüre zu den einzelnen Routen mit kurzen thematischen Beschreibungen der einzelnen Ausstellungsstücke.

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Den Kampf der LSBTIQ* Gemeinschaft um ihre (Menschen-)Rechte wie Würde, Selbstbestimmung und Gleichheit als Kampf der Ideologie zu bezeichnen, ist problematisch, denn der Begriff „Ideologie“ beinhaltet die Möglichkeit, dass es auch anders sein kann.

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„Im politischen Sinne dienen Ideologien zur Begründung und Rechtfertigung politischen Handelns und sind daher immer eine Kombination aus bestimmten Weltanschauungen und spezifischen Absichten“. Dabei haben sie eine spezifische Art des Denkens und des Wertsetzens zur Folge und sind in ihren Zielen in der Regel nicht als uneigennützig zu begreifen.

Und dennoch, so richtig es ist, dass die einzelnen Gruppen und Personen der LSBTIQ* Gemeinschaft grundsätzlich dieselben Rechte haben sollten wie andere Menschen, so richtig ist es auch, dass diese Rechte nicht unabhängig von politischen Ideologien verfasst werden. Damit ist der Kampf auf politischer Ebene eben doch ein Kampf der Ideologien, in dem es darum geht, die eigene Position in Rechten und Werteüberzeugungen zu verankern. Dabei lassen sich Zusammenschlüsse von Akteuren finden, die nicht mehr auf die typische Kategorisierung von Parteien, Staaten oder konservativ vs. progressiv zurückzuführen sind, wie der Fall Ungarn verdeutlicht. Rhetorisch bildet Ungarn als EU-Land damit einen Schulterschluss mit Russland bzw. sind es nicht die Länder, sondern ihre führenden Politiker*innen. Diese Unterscheidung ist essenziell.

Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks lässt sich diese Rhetorik finden, die sich bis in konkrete Gesetzesentwürfe niederschlägt. So wurden seit Beginn dieses Jahres bereits mehr als 270 Gesetzesentwürfe in den Parlamenten der amerikanischen Bundesstaaten eingebracht, die laut der Organisation „Gay and Lesbian Alliance Against Defamation“ (GLAAD) als Anti- LGBTIQ* zu bewerten seien. Zwar scheiterte im letzten Jahr mit 93% die überwiegende Mehrheit solcher Gesetzesentwürfe, allerdings wirken sie dennoch auf psychologischer Ebene. So gaben beispielsweise 86% der sich als trans bzw. non-binär identifizierenden Jugendlichen an, dass die Gesetzesentwürfe ihrer psychischen Gesundheit sehr oder etwas schadeten (hier der Link zur Untersuchung).

Damit geht es beim politischen Kampf von Ideologien auch um eine psychische Zermürbung. “Their short-term goals change, but their long-term goals stay the same: to prevent LGBTQ people from having social and legal acceptance. That is what they are here for.”, so Cathryn Oakley, Direktorin der Landesgesetzgebung bei „Human Rights Campaign“ (HRC) gegenüber Them. Mit “they” meint Oakley konservative Politiker*innen.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Rede zum „State of the Union“ des amerikanischen Präsidenten Joe Bidon zwiespältig zu sehen. Zwar erwähnte er die Belange der LSBTIQ* Gemeinschaft, bezog z. B. das Gesetz zum Schutz gleichgeschlechtlicher Ehen explizit mit ein und forderte des Weiteren dazu auf, ein überparteiliches Gleichstellungsgesetz zu verabschieden, um sicherzustellen, dass LGBTIQ*-Amerikaner*innen, insbesondere junge Transgender, in Sicherheit und Würde leben können. Während Organisationen wie GLAAD oder auch HRC die Rede positiv konnotieren, bemerkten jedoch die Kritiker*innen, dass Biden das Thema der Zunahme von transphoben Gesetzesentwürfen vermieden habe und sich scheue, den politischen Gegner diesbezüglich direkt anzugehen. Dies nutzten „Ultra-rechts-Konservative“ wie Sarah Huckabee-Sanders, Gouverneurin von Arkansas, oder Donald Trump, um dem Präsidenten vorzuwerfen, „seine Präsidentschaft einem woken Mob zu überlassen, der nicht weiß, was eine Frau ist“ oder auch „die Kinder zu indoktrinieren und zu verstümmeln“.

Die Rhetorik ist scharf und macht deutlich, dass ideologische Kämpfe nicht nur auf Gesetzesebene geführt werden. Dabei bilden die Äußerungen eine deutliche Linie von der einen Seite des Landes zur anderen. Anhand dieser Linie wird deutlich, dass der Kampf um Grundwerte nicht nur zwischen den üblichen Grenzen geführt wird, sondern sich quer durch die Staaten, aber auch parteiliche und gesellschaftliche Gruppierungen erstreckt.

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Pressemitteilung, Berlin, 06.03.2023 Schluss mit der Diskriminierung älterer Lesben! Zum Internationalen Frauentag fordert der bundesweite Dachverband Lesben und Alter Geschlechtergerechtigkeit. Lesbische Seniorinnen sind stark benachteiligt. Es sind vor allem Frauen, die die Gruppe der Älteren prägen! In Deutschland ist die Zahl der 65-Jährigen und Älteren seit 1991 von 12 Millionen auf 18,4 Millionen im Jahr 2021 deutlich gestiegen. Mit 10,3 Millionen bilden die Frauen nach wie vor die Mehrzahl älterer Menschen. Von ihnen leben nach konservativen Schätzungen mindestens 300.0000 lesbisch beziehungsweise frauenliebend. „Im Alter sind viele Lesben und alleinstehende Frauen stark benachteiligt“, kritisiert Carolina Brauckmann, Vorstandsfrau im Dachverband Lesben und Alter. Die Hochglanzbilder der betuchten Seniorin passen nicht zur Lebensrealität derjenigen, deren Rente wegen Erziehungszeiten, Minijobs und Niedriglöhnen hinten und vorne nicht ausreicht. Sorge vor explodierenden Kosten und das drohende Stigma Altersarmut sind allzu oft Alltagsbegleiter lesbischer und alleinstehender Seniorinnen. Selbst das Wohnen als „letzte Bastion der Selbstwirksamkeit“, so Prof. Dr. Irene Götz von der Ludwig-Maximilian-Universität München, ist gefährdet angesichts horrender Mieten. Wo sind die bezahlbaren Wohnprojekte und Mehrgenerationen-Häuser für Lesben und alleinstehende Frauen? Wo sind die Orte für Lesben- und Frauengemeinschaften? Und wo sind die staatlichen und kommunalen Förderprogramme, die der massiven strukturellen Benachteiligung von älteren Lesben und alleinstehenden Frauen Einhalt gebieten? Zum Internationalen Tag für die Rechte der Frauen ruft der Dachverband Lesben und Alter dazu auf, die Lebenssituation älterer Lesben und alleinstehender Frauen zu stärken. Geschlechtergerechtigkeit ist noch lange nicht erreicht. Notwendig sind eine systematische Erforschung insbesondere lesbischer Lebenslagen und geeignete Maßnahmen, um strukturelle Ungleichheiten dauerhaft zu beenden. Der Dachverband Lesben und Alter fordert:
  • Bereitstellung von bezahlbarem gemeinschaftlichem Wohnraum.
  • Aufstockung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau.
  • Funktionierende Mietendeckel mit Sanktionen bei Verstoß.
  • Förderprogramme für Kultur- und Begegnungsorte für Lesben in allen Lebensaltern.
  • Sicherung und Ausweitung von Lesbenberatungen und Lesbenprojekten.
  • Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Verbesserung der Einkommenschancen und der eigenständigen Alterssicherung von Frauen.
  • Unterstützung von Pflegewohngemeinschaften.
  • Finanzierung und Umsetzung von Konzepten für frauen- und lesbenrespektierende Pflege.
Pressekontakt: Carolina Brauckmann Dachverband Lesben und Alter e. V. | Friedbergstr. 20 | 14057 Berlin www.lesbenundalter.de | kontakt@lesbenundalter.de | Tel: +49 (0)179 6603807 Der Dachverband Lesben und Alter e.V. vertritt die Interessen älterer und alter lesbisch lebender Frauen gegenüber Politik, Verbänden und Gesellschaft. Er stärkt die Wahrnehmung für ihre spezifischen Lebenssituationen. Alles, was Frauen ein unabhängiges und wirtschaftlich gefestigtes Leben ermöglicht, ist auch ein lesbisches Thema. Zu diesen Themen gehören gesellschaftliche und politische Teilhabe, Wohnformen, Pflege, Rentenpolitik und drohende Altersarmut.

Am 11. Februar wurde Brianna Ghey, ein trans Mädchen, in einem Park in Culcheth, England, erstochen. Unter Tatverdacht stehen zwei 15-Jährige, gegen sie wird aktuell auch in Hinblick auf ein Hassverbrechen ermittelt. Im Vereinigten Königreich sowie international wird die anhaltende Gewalt gegenüber trans Personen und der Tod der jungen Frau betrauert. Britischen Medien und Politik wird zudem vorgeworfen, Transfeindlichkeit im Land zu schüren.

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Nach mehreren Messereinstichen ist die trans Teenagerin Brianna Ghey am Tatort im Culcheth Linear Park gestorben. Zunächst habe die Polizei keine Beweise für ein Hassverbrechen gesehen, wie der Guardian kurz nach der Tat berichtet. Nun wird jedoch die Möglichkeit bei den Ermittlungen einbezogen, dass Brianna aus transfeindlichen Motiven getötet wurde. Anfeindungen hat die Jugendliche bereits vorher erfahren. Die britische Zeitung The Sun veröffentlicht Äußerungen von Briannas Freunden, die beklagen, dass obwohl die Teenagerin bereits seit Jahren aufgrund ihrer Geschlechtsidentität gemobbt wurde, die Schule nicht eingegriffen habe.

Der Vorfall scheint das transfeindliche Klima im Vereinigten Königreich abzubilden. Das Online-Magazin „them“ wirft britischen Medien vor, die Diskriminierung von trans Personen in den letzten Jahren normalisiert zu haben und somit der transkritischen Politik der britischen Regierung in die Hände zu spielen. Auch Brianna Ghey wurde nach ihrem Tod in einigen medialen Berichten misgendert. Auf ihrer Todesurkunde steht das falsche Gender, eine Folge davon, dass es britischen Minderjährigen verwehrt wird, ihren offiziellen Geschlechtseintrag anzupassen.

Zum Tod Briannas wurden in vielen Städten Mahnwachen mit hunderten Trauernden abgehalten. Nach Angaben von PinkNews betonen Teilnehmer*innen, dass das Vereinigte Königreich keine Sicherheit für trans Personen biete. Der Tod von Brianna Ghey stelle einen „Krisenpunkt“ dar, so Aktivist*innen: „Wir sind es leid, unsere trans Schwestern, trans Brüder und trans Geschwister, die so gewaltvoll von uns genommen wurden, zu betrauern.“

Die als „stark, angstfrei und einzigartig“ beschriebene Teenagerin hinterlasse ein großes Loch in ihrem Umfeld, so die Angehörigen von Brianna Ghey. Solidarisch mit der hinterbliebenen Familie zeigen sich etliche Menschen bei den Mahnwachen sowie mit einer Spendenkampagne. Es bleibt, den Tod eines jungen trans Mädchens zu betrauern und zu hoffen, dass die Gewalt gegenüber der trans Community ein Ende nimmt – in England und weltweit.

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