Echte Vielfalt

Lebensbereiche

Nach Angaben von Reuters nahmen am 9. Juli schätzungsweise 10 000 Menschen an der Demonstration teil, die sich für das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe und den Schutz von LGBTQ+-Personen einsetzte. Die Organisatoren schätzten die Zahl auf 15.000. Der Marsch fand statt, nachdem der Senat des Landes einen Gesetzesentwurf verabschiedet hat, der die Verwendung von Materialien, die das LGBTQ+-Sein "fördern", in der Schule verbietet.

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Eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten des Europäischen Parlaments hatte im Juni von einer "besorgniserregenden Entwicklung" gesprochen und verglich den Gesetzentwurf mit dem russischen Gesetz über "Schwulenpropaganda".

Am 16. Juni unterzeichneten 44 Mitglieder der interfraktionellen Arbeitsgruppe LGBTI des Europäischen Parlaments einen Brief an die rumänischen Beamten, in dem sie das Parlament aufforderten, das Gesetz zu stoppen: "Wir betrachten diesen Gesetzesentwurf als eine besonders besorgniserregende Entwicklung, da er dem ungarischen Gesetzesentwurf... und dem russischen 'Anti-LGBTQ+'-Propagandagesetz ähnelt", heißt es in dem Brief. Weiter heißt es: "Keine Informationen darüber, was es bedeutet, LGBTIQ zu sein, bedeutet weitere Unsichtbarkeit; keine Sichtbarkeit bedeutet kein Bewusstsein; kein Bewusstsein bedeutet keine öffentliche Politik, um Schutz zu gewährleisten; und dies wiederum bedeutet weiteren Hass und Gewalt". Der angeblich zur Verhinderung von "Kindesmissbrauch" eingebrachte Gesetzentwurf würde der Regierung die Befugnis geben, zu entscheiden, was Minderjährigen gezeigt werden darf, und verbietet trans Personen, ihr Geschlecht legal zu ändern, bevor sie 18 Jahre alt sind. Jeder Inhalt, der nach Ansicht der Regierung "vom Geburtsgeschlecht abweicht [oder] die Popularisierung von Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität fördert", wäre nach der Maßnahme verboten.

So klingen die Worte nach, die der britische Botschafter in Rumänien, Andrew Noble, bei der Pride-Parade auf der Bühne gesagt haben soll: "Keiner von uns ist frei, bis wir alle frei sind. Die Gewährung von Rechten für die LGBTQ+-Gemeinschaft stellt für niemanden eine Bedrohung dar. Wir alle, einschließlich unserer Regierungen, müssen für eine integrative Gesellschaft arbeiten, um die Rechte aller zu schützen. Es ist die Pflicht eines jeden, Ungleichheit und Ausgrenzung zu beseitigen".

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Seit der Einführung der "Ehe für alle" in Deutschland wurden rund 65.000 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen. Die Zahlen zeigen, dass der Ansturm auf die Eheschließung groß war, als sie Ende 2017 möglich wurde.

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Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 05. Juli mitteilte, wurde die höchste Zahl an gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in Deutschland 2018 verzeichnet: 21.757 Personen heirateten in dem Jahr nach Einführung der "Ehe für alle". In den letzten drei Monaten des Jahres 2017 war die Zahl der Eheschließungen von schwulen und lesbischen Paaren sogar noch höher - in diesem Zeitraum fanden rund 11.147 Trauungen statt.

Aus den Zahlen geht hervor, dass der Anteil gleichgeschlechtlicher Ehen zwischen Frauen seitdem gestiegen ist. Im Jahr 2017 waren 45 % der gleichgeschlechtlichen Eheschließungen zwischen Frauen. Im Jahr 2021 lag der Anteil bei 53 %. Mit Ausnahme von 2017 haben in jedem Jahr mehr Hochzeiten zwischen Frauen als zwischen Männern stattgefunden.

Deutschland hat die Gleichstellung der Ehe später als die meisten anderen westeuropäischen Länder eingeführt, was vor allem auf die Zurückhaltung von Angela Merkels konservativer CDU-CSU-Partei zurückzuführen ist, die in früheren Koalitionsregierungen dominierte. Frankreich und das Vereinigte Königreich ebneten 2013 den Weg für die gleichgeschlechtliche Ehe, die im Vereinigten Königreich 2014 eingeführt wurde, während die Niederlande 2001 als erstes Land überhaupt die Gleichstellung der Ehe gesetzlich verankerten.

In Deutschland zeigen die Daten, dass die Zahl der gleichgeschlechtlichen Eheschließungen im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 12,4 % gesunken ist: 8.710 Eheschließungen fanden statt. Dieser Rückgang war stärker als bei den Eheschließungen zwischen Männern und Frauen, wo es einen Rückgang von 3,9 % gab - von 363.400 im Jahr 2020 auf 349.100 im letzten Jahr.

Die höhere Nachfrage nach gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in den Jahren unmittelbar nach ihrer Einführung könnte zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass sie vorher nicht möglich gewesen waren. Seit 2001 hatten Paare die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartner*innenschaft einzugehen, von denen einige inzwischen in Ehen umgewandelt wurden. Ohne diese eingetragenen Lebenspartner*innenschaften gab es zwischen 2017 und Ende 2021 insgesamt 36.800 gleichgeschlechtliche Eheschließungen.

Die Auswirkungen des Coronavirus dürften auch die Statistiken für 2020 und 2021 erheblich beeinflusst haben.

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Nach Angaben der Organisator*innen einer Pride-Parade in Istanbul wurden 373 Personen, die dort am Sonntag festgenommen worden waren, wieder freigelassen. Eine Menschenrechtsgruppe erklärte jedoch, die hohe Zahl der Verhaftungen zeige, dass die Regierung der queeren Community den „Krieg“ erklärt habe.

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Pride-Märsche, die in der Türkei seit 2003 mehr als ein Jahrzehnt lang erlaubt waren, sind seit 2015 jedes Jahr verboten worden. Auch der diesjährige Sonntagsmarsch wurde zusammen mit allen LGBTQ-Veranstaltungen in der Pride-Woche vom 20. bis 26. Juni von den Bezirksgouverneuren in den Istanbuler Bezirken Beyoglu und Kadiköy verboten.

So nahm Polizei 373 Personen fest, die sich in der Nähe des Taksim-Platzes versammelt hatten, um für bessere LGBTQ*-Rechte zu protestieren, und verfrachtete sie dann in Busse, um sie abzutransportieren, so die Organisator*innen. Zudem schilderten sie, die Polizei habe den Festgenommenen den Zugang zu ihren Anwält*innen verweigert. Zuvor hatte die Polizei eine Reihe von Straßen und U-Bahn-Stationen abgesperrt, um zu verhindern, dass sich Menschen versammeln.

KAOS GL erklärte, die Zahl der Verhaftungen sei höher als je zuvor bei einer Pride-Parade in der Türkei. Amnesty Türkei bezeichnete das Verbot als „extrem hart“ und „willkürlich“. Die Türkei-Referentin der Menschenrechtsorganisation, Milena Buyum, twitterte, die Verhafteten seien „ihrer Freiheit beraubt worden, nur weil sie von ihrem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht haben“.

Homosexualität war während der gesamten Zeit der modernen türkischen Republik legal, doch der Marsch wird jedes Jahr aus Sicherheitsgründen offiziell verboten. Zudem berichten Menschen aus der LGBTQ*-Gemeinschaft in der Türkei, dass sie regelmäßig belästigt und misshandelt werden. So haben auch türkische Spitzenbeamte LGBTQ*-Personen als „pervers“ bezeichnet und ihnen vorgeworfen zu versuchen, die „traditionellen Familienwerte“ zu untergraben. Ein weiteres Zeichen der offiziellen Intoleranz trotz Legalität ist, dass Produkte mit der symbolischen Regenbogenflagge der queeren Bewegung nicht an Personen unter 18 Jahren verkauft werden dürfen.

Doch obwohl Märsche verboten sind und die Politik Stimmung gegen die Rechte von LGBTQ* zu machen scheint, haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder Menschenmengen in der Nähe des Taksim-Platzes versammelt, um das Ende des Pride-Monats zu feiern.

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Bei einem Angriff auf eine queere Bar im Zentrum von der Hauptstadt Oslo wurden zwei Männer getötet und 21 weitere Personen verletzt, nachdem der Verdächtige am frühen Morgen des 25. Juni das Feuer eröffnet hatte. Nun hat ein norwegisches Gericht angeordnet, dass der Verdächtige vier Wochen lang in Untersuchungshaft muss.

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Außerdem hob Norwegen nach dem Anschlag seine Terrorismusbedrohung auf die höchste Stufe und die Polizei rief aufgrund von Sicherheitsbedenken dazu auf, Pride-Veranstaltungen im Land zu verschieben.

Sie erklärte zudem, sie untersuche noch immer, was das Motiv für das Verbrechen gewesen sein könnte, wobei ideologische Gründe, eine instabile psychische Verfassung oder eine Abneigung gegen die LGBTQ-Gemeinschaft in Betracht gezogen werden. Bisher hat sich der Verdächtige geweigert, das Motiv für seine Tat preiszugeben, die vom norwegischen Inlandsgeheimdienst PST zunächst als „islamistischer Terrorismus“ eingestuft wurde. Er war dem Dienst seit 2015 als jemand bekannt, der radikalisiert war und eine Vorgeschichte von psychischen Erkrankungen hatte.

Der PST erklärte jedoch, er habe bei seiner Befragung im vergangenen Monat keine „gewalttätigen Absichten“ feststellen können. Laut einer Entscheidung des Osloer Bezirksgerichts wird der Verdächtige nun „nur“ noch wegen des Verdachts auf Mord und versuchten Mord festgehalten. Das Gericht fügte hinzu, dass es „nicht erkennen kann, dass es heute notwendig ist, zu entscheiden, ob es einen guten Grund gibt, terroristische Absichten zu vermuten“.

In Bezug auf die Verschiebung aller Pride-Veranstaltungen im Land sagte der Leiter der norwegischen Polizei Benedicte Bjoernland in einer Erklärung, dass die Queere Community von extremistischem Islamismus als Teil des „Feindes“ betrachtet werde, was bedeute, dass Pride-Veranstaltungen zu Zielen für weitere Anschläge werden könnten. Daher wurde die Osloer Pride-Parade, die nach einer durch die COVID-Pandemie verursachten Unterbrechung zum ersten Mal seit drei Jahren wieder stattfinden sollte, auf unbestimmte Zeit verschoben.

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Die Ampelparteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, das sogenannte „Transsexuellengesetz“ abzuschaffen. Nun sagte Justizminister Marco Buschmann, er rechne damit, dass die Regierung das Gesetz noch vor Jahresende verabschieden werde, danach müsse es noch das Parlament passieren. Trans Personen in Deutschland sollen nach einem neuen Plan der Regierung in Zukunft ihr Geschlecht und ihren Namen leichter ändern können. Die Selbstbestimmung soll das Erfordernis von zwei psychologischen Gutachten und einer gerichtlichen Genehmigung ersetzen.

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So hat die Regierung am 30. Juli Pläne vorgestellt, die es trans und nicht-binären Personen erleichtern sollen, ihren Vornamen und ihr Geschlecht gesetzlich anerkennen zu lassen. Dieses vorgeschlagene „Selbstbestimmungs“-Gesetz soll das vielkritisierte sogenannte „Transsexuellengesetz“ ablösen, welches seit 40 Jahren gilt. Darin ist geregelt, dass Menschen vor Gericht gehen und zwei psychotherapeutische Gutachten vorlegen müssen, um ihren Vornamen und ihr Geschlecht in offiziellen Dokumenten wie ihrem Personalausweis oder Führerschein ändern zu lassen. Nach den Plänen des neuen Gesetzesvorschlags können Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren (mit Erlaubnis ihrer Erziehungsberechtigten) in ihrem örtlichen Standesamt eine Änderung erklären.

In einigen anderen europäischen Ländern wie Belgien, Dänemark und der Schweiz ist die Änderung des rechtlichen Geschlechtsstatus durch Selbsterklärung bereits möglich.

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Nachdem gegen den Auftritt einer transfeindlichen Biologin an der Berliner Humboldt-Universität protestiert wurde, ist ein für den zweiten Juli geplanter Vortrag der Biologiedoktorandin Marie-Luise Vollbrecht an der Berliner Humboldt-Universität (HU) abgesagt worden. Dies scheint nun vor allem, aber nicht nur, von rechten Kreisen instrumentalisiert zu werden.

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So reagierte die transfeindliche Biologin Marie-Luise Vollbrecht selbst mit dem Vorwurf, dass ihre Gegner*innen gewaltbereit und wissenschaftsfeindlich seien. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hingegen erklärte die Demonstrierenden in seiner Berichterstattung zu Opfern einer Verschwörungstheorie und erwähnte nichts von der queerfeindlichen Haltung der Biologin. Zudem wurde der Beitrag mit einem Video von aus der Nazi-Zeit versehen. Und gerade in rechten Kreisen führte die Absage zu dem Vorwurf von „Cancel Culture“. Der AfD-Familienpolitiker Martin Reichardt nutzte etwa das Stichwort „Queerer-Extremismus“. Die AfD-Abgeordnete Christina Baum, die selbst ein CSD-Verbot fordert, behauptete: „Die freie Wissenschaftsenfaltung wird behindert.“ Bei solchen Argumentationslinien scheint es sehr wichtig zu reflektieren, dass die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit von beispielsweise transfeindlichen Akademiker*innen durch Ausladungen nicht eingeschränkt wird – es hindert sie nur daran, diese Freiheit nicht auf der Bühne der jeweiligen Institution zu praktizieren. Darin zeigt sich also auch die völlige Deplatzierung der Vergleiche dieser Situation mit Bücherverbrennungen in NS-Zeiten.

Doch auch der Bildungsstaatssekretär Jens Brandenburg, ehemaliger queerpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, folgte dieser Kritiklinie auf Twitter: „Zur Meinungsfreiheit gehört, auch schwer erträglichen Unsinn äußern zu dürfen. Zur Wissenschaftsfreiheit gehört, dass auch längst widerlegte Thesen ihren Raum bekommen. Denn das stärkste Argument siegt in der offenen Debatte. Abgesagte Vorträge füttern nur bequeme Vorurteile.“

Abgesagte transfeindliche Vorträge verhindern jedoch auch, so ließe sich argumentieren, dass Hetze gegen die bloße Existenz von geschlechtlichen Minderheiten eine Plattform geboten und Gewalt gegen trans und nichtbinäre Menschen damit legitimiert wird. Ohne Zweifel sind Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit in einem solchen Kontext von sehr hoher Bedeutung. Es muss jedoch die Frage gestellt werden, ob dabei nicht aus einer Machtposition heraus einer ohnehin bereits marginalisierten Gruppe die bloße Existenz und damit Menschlichkeit abgesprochen wird – und ob der Schutz dieser Gruppen in solchen Entscheidungen nicht Priorität genießen sollte.

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Ein für den zweiten Juli geplanter Vortrag der Biologiedoktorandin Marie-Luise Vollbrecht an der Berliner Humboldt-Universität (HU) ist wegen Protest, unter anderem aus dem Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der HU, abgesagt worden. Das Thema des Vortrags sollte lauten: „Geschlecht ist nicht gleich Geschlecht. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt.“

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So schrieb der Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der HU auf Twitter, man wolle „Keine Bühne für die Co-Autorin von Statements einer 'biologischen Realität der Zweigeschlechtlichkeit' und 'woker Trans-Ideologie'. An unserer Uni gibt es keinen Platz für Queerfeindlichkeit. Wir sehen uns auf der Straße!“.

Hintergrund des Protests und der Kritik war, dass Vollbrecht zu den Autor*innen eines viel kritisierten transfeindlichen Gastbeitrags in der „Welt“ gehört und sich in sozialen Netzwerken bereits wiederholt über geschlechtliche Minderheiten lustig gemacht hat.

Während diese Absage in verschiedenen Kreisen als Zensur verurteilt wird, ließe sich dem entgegensetzen, dass Hetze gegen die bloße Existenz von geschlechtlichen Minderheiten zu Gewalt gegen trans und nichtbinäre Menschen führe. So tweetete die trans Journalistin Georgine Kellermann über Vollbrecht: „Sie ist halt nicht nur als Wissenschaftlerin unterwegs“ – sondern auch, so ließe sich argumentieren, in einer einflussreichen Machtposition, deren Missbrauch zu gravierenden Konsequenzen für marginalisierte Geschlechter führen könnte.

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Bereits vor über einem Jahr veröffentlichte echte-vielfalt.de einen Artikel mit dem Titel „Was ist Bifeindlichkeit?“, in der es um die spezifische Art vor Queerfeindlichkeit, die bisexuelle Menschen erfahren, ging. Nun ist zu dem Thema ein ganzes Buch veröffentlicht worden: The Hidden Culture, History and Science of Bisexuality (Die verborgene Kultur, Geschichte und Wissenschaft der Bisexualität) von Julia Shaw.

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Die Autorin erzählte dazu in einem Interview mit dem britischen Guardian: „Ich hatte so viele Fragen über Bisexualität“. In ihrem Buch stützt sie sich daher auf ihre Erfahrungen als Bisexuelle und ihren Hintergrund in den psychologischen Wissenschaften, um eine sexuelle Identität zu erforschen und zu feiern, die ihrer Meinung nach immer noch an den Rand gedrängt und vergessen wird. Dabei bezieht sie sich unter andere auf eine der ersten Messmethoden für Bisexualität, die Kinsey-Skala, die erstmals 1948 von dem Biologen Dr. Alfred Kinsey veröffentlicht wurde. Kinsey fand heraus, dass etwa die Hälfte der Männer und etwa ein Viertel der Frauen sich selbst als nicht zu 100 % heterosexuell einstuften, was für sie bedeutet, dass viele Menschen queer waren. Wenn Menschen über Sexualität als Spektrum sprechen, würden sie sich in der Regel indirekt auf die Kinsey-Skala beziehen.

Das Buch verweist auch auf die Unsichtbarkeit biologischer Menschen in der Sexualitätsforschung. Doch auch im öffentlichen Diskurs und sogar innerhalb der queeren Community werden Bisexuelle oft ausgeblendet, was auch als „bisexual erasure“ („bisexuelle Radierung“) bezeichnet wird. Während Heteros Bisexuellen mit einer Art „Hypersexualisierung“ begegnen würden – nach dem Motto: „Du stehst ja auf alle“ – reagierten Lesben und Schwule oft ablehnend, weil sie Bisexuelle als unehrlich oder mutlos betrachteten, wohl noch auf dem Weg zum „richtigen“ Coming-out.

Umso schöner ist es, dass sich eine Veränderung dieses Narratives langsam erkennen lässt, beispielsweise in der britischen Netflix-Produktion „Heartstopper“ (basierend auf dem gleichnamigen Graphic Novel von Alice Oseman). Darin steht der Teenager Nick als Kind bei „Fluch der Karibik“ sowohl auf Orlando Bloom als auch Keira Knightley, und outet sich am Ende explizit als bisexuell – und zwar bei seiner Mama. (Die Serie ist übrigens wirklich sehr empfehlenswert.)

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Queer- und Transfeindlichkeit in der Presse sind leider nichts Neues. Zuletzt entsetzte ein queerfeindlicher „Welt“-Beitrag viele in der LGBTQI*-Community, ebenso sorgte ein transfeindlicher Beitrag Alice Schwarzers in der „Emma“ für Empörung – Beschwerden dagegen wies der Presserat jedoch zurück. Die britische BBC hingegen hat nun einen auf ihrer Webseite erschienenen, transfeindlichen Artikel für unvereinbar mit den eigenen journalistischen Standards befunden. Können wir davon lernen?

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Nachdem der Deutsche Presserat Beschwerden gegen Alice Schwarzers durchweg transfeindlichen Artikel (inklusive mehrfachem Misgendering und Deadnaming) zurückwies, da das Gremium „die Berichterstattung für eine diskussionswürdige, aber mögliche Positionierung im Rahmen des gesellschaftlichen Diskurses, die nicht die Grenze zur Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex überschreitet“ halte, lieferte die BBC (unabhängig davon) ein Gegenbeispiel.

Nach Beschwerden durch Aktivist*innen gegen einen Artikel, in dem behauptet wird, dass sich einige Lesben von Transfrauen zum Sex gedrängt fühlen, fand der BBC nach einer Hausinternen Prüfung, dass der besagte Artikel tatsächlich gegen die eigenen journalistischen Standards verstieß. Der Artikel mit dem Titel „Wir werden von einigen Transfrauen zum Sex gedrängt“ wurde im Oktober 2021 veröffentlicht. Nach der großen Anzahl von Beschwerden hat die BBC-Beschwerdestelle entschieden, dass der Beitrag in dreierlei Hinsicht nicht den erwarteten Standards des Senders entsprach, und eine Aktualisierung des Beitrags angeordnet.

Dabei wurde er insbesondere für der Verwendung einer unwissenschaftlichen Umfrage kritisiert, in der behauptet wurde, 56 % der Befragten hätten „berichtet, unter Druck gesetzt oder gezwungen worden zu sein, eine Transfrau als Sexualpartnerin zu akzeptieren“. Die Beschwerdestelle kam jedoch zu dem Schluss, dass ein Fragebogen zur Selbstselektion keine ausreichende Grundlage für diese Behauptung darstellt. Auch kritisiert wurde, dass der Artikel nicht klarstellte, dass die Gruppe, die die die die Umfrage durchführte, behauptet, dass „Transaktivismus Lesben auslöscht“. Zudem sei die Überschrift irreführend gewesen, da sie implizierte, dass trans Frauen aktiv Druck auf Lesben ausübten, Sex zu haben.

Die Beschwerdestelle wies jedoch Vergleiche von Transfeindlichkeit mit Homofeindlichkeit und Rassismus zurück - bei denen die BBC es nicht (wie bei trans Themen) für nötig halte, beiden Seiten eines Arguments eine Plattform zu bieten. Bei Transfeindlichkeit hingegen gäbe es laut BBC nach wie vor „eine Kontroverse darüber, was eine transfeindliche Ansicht ausmacht“. So wurden andere Beschwerden aus der Öffentlichkeit – darunter für die Behauptung, dass trans Frauen als „biologisch männlich“ oder mit „männlichen“ Merkmalen bezeichnet werden, von der Beschwerdestelle der BBC zurückgewiesen.

Damit ist dieser Fall denen bei der „Welt“ und der „Emma“ sehr ähnlich. Selbstverständlich ist das Thema Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Bezug (in Deutschland, Großbritannien, und bestenfalls überall) von hoher Bedeutung, und auch mit der Behauptung, dass es nach wie vor „eine Kontroverse darüber gibt, was eine transfeindliche Ansicht ausmacht“, hat die BBC recht. Es ließe sich jedoch in Antwort darauf überspitzt argumentieren, es gäbe auch noch immer eine Kontroverse, was Rassismus ausmacht – so behauptet schließlich Innenminister Horst Seehofer, bei der Polizei gäbe es keinen Rassismus, wogegen unzählige Erfahrungsberichte Betroffener stehen. Inwieweit dies vergleichbar ist mit Menschen, die behaupten, es gäbe keine wahren trans Geschlechtsidentitäten, während trans Personen dies mit ihrer bloßen Existenz beweisen, ließe sich sicherlich diskutieren.

Klar ist jedoch, dass sich aus dem BBC-Beispiel lernen lässt, dass es für Medienschaffende wichtig ist, sich korrigieren zu können. Selbst wenn die Standards, die dabei angelegt werden, nicht „perfekt“ sind, war der Schritt, auf Kritik zu reagieren, wohl ein wichtiger.

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San Francisco hat einen Plan zur Beendigung der Obdachlosigkeit von trans Personen bis 2027 vorgestellt und ist damit die erste amerikanische Stadt, die sich zu einem solchen Ziel verpflichtet.

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Der Plan sieht eine neue Unterkunft für trans und gendervariante (aus dem Englischen: gender-nonconforming) https://echte-vielfalt.de/lebensbereiche/lsbtiq/nicht-binaer-gendervariant-genderlos-weder-mann-noch-frau-oder-beides/ Jugendliche vor. So kündigte Bürgermeisterin London Breed am Dienstag an, dass die Stadt in ihrem Zwei-Jahres-Budget 6,5 Millionen Dollar speziell für eine Initiative zur Beendigung der Obdachlosigkeit von trans und gendervarianten Menschen bereitstellen werde, wie das queere Onlinemagazin them berichtete https://www.them.us/story/san-francisco-end-trans-homelesness-2027 .

Demzufolge beinhalte der Plan in der Anfangsphase die Bereitstellung von mindestens 150 langfristigen Wohnsubventionen für trans und gendervariante Personen und die Entwicklung einer neuen dauerhaften Wohnanlage für trans und gendervariante Jugendliche. Der Großteil der Mittel werde für kurzfristige Mietzuschüsse und flexible finanzielle Unterstützung für die Bewohner*innen sowie für die Unterstützung der beteiligten gemeinnützigen Organisationen verwendet werden. Fünfhunderttausend Dollar sollen für die Finanzierung von Gesundheitsdiensten für trans und gendervariante Bürger*innen verwendet werden.

Trans und gendervariante Personen sind überproportional häufig von Wohnungsunsicherheit betroffen und erleben, wenn sie Zugang zu einer Unterkunft haben, mit größerer Wahrscheinlichkeit Diskriminierung und Missbrauch. Laut der Bürgermeisterin seien trans und gendervariante San Franciscaner*innen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung 18-mal häufiger von Obdachlosigkeit betroffen, wobei die Rate bei BIPOC trans Menschen noch höher sei.

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