Echte Vielfalt

Queer

Der norwegische Sprachrat hat bestätigt, dass ein neues geschlechtsneutrales Pronomen voraussichtlich in norwegische Wörterbücher aufgenommen wird: "Hen" wird voraussichtlich noch in diesem Jahr als Alternative zum femininen "hun" und maskulinen "han" in der Amtssprache anerkannt werden.

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"Hen" würde eine Alternative zu den bestehenden Singularpronomen der dritten Person, dem femininen "hun" und dem maskulinen "han", werden. Im Laufe der Zeit habe man festgestellt, dass die tatsächliche Verwendung von "hen" zugenommen und sich stabilisiert hat, sagte Daniel Ims, ein Vertreter des Rates, gegenüber norwegischen Medien. Ims sagte, dass geschlechtsneutrale Pronomen in der norwegischen Sprach- und Grammatikgemeinschaft zwar schon seit einiger Zeit diskutiert werden, die Argumente für ihre Verwendung sich aber zunächst nicht in den norwegischen Sprachmustern widerspiegelten.

Ähnliche Debatten gibt es auch in anderen Teilen der Welt. Kürzlich warf der französische Bildungsminister Jean-Michel Blanquer einem Nachschlagewerk "US-inspirierten Wokeism" vor, weil es einen Eintrag für das Wort "iel" enthält, das in Frankreich als geschlechtsneutrales Pronomen verwendet wird. In den USA hat das Merriam-Webster-Wörterbuch im Jahr 2019 eine geschlechtsneutrale Definition des Pronomens "they" im Singular aufgenommen.

"They" kam in seiner Pluralform zuerst über das Altnordische in die englische Sprache. Die englische Singularform des Pronomens wiederum hat sich in den letzten Jahren bei einigen nicht-binären Norwegern durchgesetzt, wobei viele das norwegische Äquivalent "de" auf dieselbe Weise verwenden. „Vor hundert Jahren war es normal, die Einzahl "de" zu verwenden, um Menschen höheren Ranges anzusprechen“, sagt Carl-Oscar Vik, 18, aus Skien im Südosten Norwegens. Vik ist nicht-binär ist und hat im vergangenen Jahr mit Pronomen experimentiert. Obwohl es Vik nichts ausmacht, hen zu verwenden, fühlt Vik sich mit de am wohlsten, da es im Norwegischen natürlicher klingt: "Letztendlich ist es nur eine Frage der Vorliebe“.

Für Vik war die Debatte, die durch die Pläne zur Anerkennung von hen ausgelöst wurde, ein positiver Weg, um die Sichtbarkeit von nicht-binären Menschen im öffentlichen Leben zu erhöhen. "Ich denke, dass eine normale Person auf der Straße niemanden kennt, der sich als nicht-binär identifiziert", sagte Vik. "Aber ich hoffe, dass wir durch die Aufnahme von hen in das Wörterbuch die Idee verbreiten können, denn es gibt viele Menschen, die sich in bestimmten Pronomen nicht zu Hause fühlen, aber nicht die richtigen Worte haben, um das zu beschreiben." Vik hofft auch, dass die offizielle Anerkennung der geschlechtsneutralen Pronomen ein erster Schritt zur rechtlichen Anerkennung eines dritten Geschlechts sein könnte.

Hen könnte bereits im Frühjahr oder Frühherbst in die norwegischen Wörterbücher aufgenommen werden, so Ims, nach einer Konsultationsphase, an der "alle Mitglieder der [norwegischen] Sprachgemeinschaft" teilnehmen können.

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In kaum einer anderen Alltagssituation wird so binär und stereotypisch zwischen Frau und Mann unterschieden wie beim Gang zur Toilette, oft sogar nur bildsprachlich mit „Rock“ und „Hose“ an der Tür. Doch die Realität ist nicht nur cis-männlich und -weiblich, sondern trans*, nicht-binär, agender, und genderdivers. Um für einen angenehmen Klogang für alle zu sorgen, wird fortan bei allen städtischen Neu- und Umbauten in Heidelberg geprüft, ob Unisex-Toiletten eingerichtet werden können.

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So beschloss, wie queer.de berichtete, der Heidelberger Gemeinderat kürzlich mit großer Mehrheit, genderneutrale Toiletten in städtischen Einrichtungen auszubauen. Demnach soll die Heidelberger Koordinationsstelle LSBTIQ+ künftig bei allen städtischen Neu- und Umbauten über den Bedarf und die Möglichkeiten der geschlechtsneutralen Toiletten mitentscheiden.

"Für Menschen, deren Erscheinungsbild nicht den gängigen Geschlechterbildern entspricht, kann es durch fehlende sanitäre Angebote zu diskriminierenden Erlebnissen und Gefahrensituationen kommen", so begründete Marius Emmerich von der Koordinationsstelle LSBTIQ+ der Stadt Heidelberg die Initiative. "Sie erfahren nicht selten Beleidigungen, Raumverweise und sogar Gewaltandrohungen."

Als Grund für die Initiative verweist die Stadt Heidelberg auf dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 2017, „divers“ als drittes Geschlecht anzuerkennen. Ein WC-Angebot in öffentlichen Räumen, das von Menschen aller Geschlechter diskriminierungsfrei genutzt werden kann, sei entsprechend erforderlich, so die Stadt.

Auch die Universität Bremen, die Hochschule Hildesheim-Göttingen-Holzminden (HAWK), die Universität Göttingen und eine Göttinger Schule haben seit einigen Jahren Unisex-Toiletten, und in vielen großstädtischen Bars und Cafés ist dies ohnehin schon die Norm (gerade in Berlin).

Über das Göttinger Gymnasium sagte der Schulleiter: Die Klos sind einfach da, das sei gar kein so großes Thema mehr. Es würde zwar nicht so weit gehen, dass die Schüler*innen durch die Toiletten Toleranz lernten, doch: „Es trägt ein wenig dazu bei." Vielleicht kann dies auch außerhalb der Schule und Universität geltend gemacht. Und für alle, die sich nicht eindeutig als Frau oder Mann fühlen bzw. gelesen werden, erleichtern genderneutrale Toiletten den Alltag. Die binäre Entscheidung für Rock oder Hose fällt weg: Im Unisex-Klo sind alle richtig.

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„Freddy ist 30 Jahre alt und Trans*mann. Sein größter Wunsch ist es, eine Familie zu gründen und sein eigenes Kind auf die Welt zu bringen. Schnell bemerkt er, dass sein Pragmatismus nicht von anderen geteilt wird. Freddy wird mit äußeren Vorstellungen von Geschlechterzuschreibungen und Körperkonzepten konfrontiert. Er selbst kann dabei nicht auf bestehende Vorbilder zurückgreifen, sondern muss sich als schwulen, schwangeren Vater selbst entwerfen.“ Darum geht es in dem WDR-Dokumentarfilm „Der schwangere Mann“ von Jeanie Finlay.

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Diesen können Sie hier in der ARD-Mediathek bis zum 19.01.2025 abrufen. Darin begleitet die Filmemacherin Jeanie Finlay Freddy über den gesamten Prozess seiner Schwangerschaft. Dabei ist ihr ein intimer und poetischer Film gelungen – über Familie, Schwangerschaft, Geburt und Identität.

Vor dem Hintergrund einer recht transfeindlichen Welt, muss Freddy sich seiner eigenen Naivität stellen und über sie hinauswachsen. Dabei braucht er jede Hilfe, die er kriegen kann – vor allem jene seiner Mutter. Mit Mut und Leidenschaft entscheidet Freddy sich für die Schwangerschaft und all ihre Herausforderungen und Konsequenzen.

Der schwangere Mann ist eine Grain Media Produktion in Zusammenarbeit mit Glitter Films, The Guardian und WDR.

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Eine Anti-Trans-Gruppe hat einen Rechtsstreit gegen die schottische Regierung gewonnen, um zu verhindern, dass die gesetzliche Definition von "Frau" auch trans Frauen umfasst. For Women Scotland (FWS), die 2018 gegründet wurde, nur um sich gegen Reformen des Geschlechtsanerkennungsgesetzes (Gender Recognition Act) zu wehren, verklagte die Minister*innen wegen Plänen zur Förderung der Geschlechtervielfalt in den Führungsetagen.

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Das Gesetz über die Vertretung der Geschlechter in öffentlichen Gremien (Schottland) von 2018 hatte darauf abgezielt, die Zahl der Frauen in öffentlichen Gremien zu erhöhen, so dass 50 Prozent der nicht geschäftsführenden Mitglieder Frauen sind. Nun wandte sich die Gruppe dagegen, dass die regierende „Scottish National Party“ trans Frauen in solche Pläne einbeziehe, indem sie die gesetzliche Definition von "Frau" erweitere und argumentierte, dass dies die Befugnisse der Regierung überschreite. Dem hatte das Gericht in Edinburgh am 18. Februar zugestimmt, was trans Aktivist*innen als "beunruhigenden" und "besorgniserregenden" Schlag gegen die Rechte von trans Frauen bezeichneten. Das 2018 verabschiedete Gesetz definiert eine Frau auch als eine Person, die "als Frau lebt" und das "geschützte Merkmal der Geschlechtsanpassung" hat, oder "beabsichtigt, sich einem Verfahren (oder einem Teil eines Verfahrens) zu unterziehen, das darauf abzielt, das Geschlecht der Person durch Änderung der physiologischen oder anderen Geschlechtsmerkmale neu zuzuordnen, unterziehen sich diesem oder haben sich diesem unterzogen".

Das bedeutet, dass trans Frauen keine Bescheinigung über die Anerkennung des Geschlechts benötigen, ein Dokument, das weniger als ein Prozent der trans Menschen im Vereinigten Königreich besitze, weil das Verfahren zur Erlangung einer solchen Bescheinigung laut Aktivist*innen langwierig, aufdringlich und schwierig sei – ähnlich wie in Deutschland das von der Ampelkoalition abzuschaffende, sogenannte „Transsexuellengesetz“.

Die FWS nahm jedoch argumentierte, dass die Einbeziehung von trans Frauen gegen das Gleichstellungsgesetz verstoße, das die Grundlage des britischen Gleichstellungsrechts bildet und von Westminster verabschiedet wurde – und, dass nur Westminster als dezentralisierte Macht dazu befugt sei eine solche Änderung vorzunehmen, so die Lobbygruppe. Nachdem die Richter*innen Berufung eingelegt hatten, entschieden sie nun, dass die schottische Regierung tatsächlich nicht befugt sei, "die Definition von Frauen" auf trans Frauen auszuweiten. Indem "das Gesetz von 2018 die als Frauen lebenden Transsexuellen in die Definition der Frau einbezieht, vermischt und verwechselt es zwei separate und unterschiedliche geschützte Merkmale", schrieben die Richter Lady Dorrian, Lord Pentland und Lord Malcolm. "Eine Änderung der Definitionen geschützter Merkmale [...] ist nicht zulässig, und in dieser Hinsicht liegt das Gesetz von 2018 außerhalb der Gesetzgebungskompetenz. So sei "ein Mann ein Mann jeden Alters und eine Frau eine Frau jeden Alters", wobei ein Richter hinzufügte, dass diejenigen, die "biologisch männlich" sind, nicht unter diese Definition fallen würden. Damit bedient sich das Gericht einer ähnlich konservativen und transfeindlichen Rhetorik wie die trans-ausschließende „Feministin“ Alice Schwarzer und Afd-Vizechefin Beatrix von Storch.

So zeigt diese Entscheidung queeren Aktivist*innen, wie verworren das britische Recht zur Geschlechtsanerkennung sei und wie dringend es reformiert werden müsse: "Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer Gesetzesreform, um sicherzustellen, dass alle trans Frauen in jeder Hinsicht Frauen sind, ohne dass ein [Geschlechtsanerkennungszertifikat] benötigt wird", schrieb das Trans Safety Network in einer Erklärung.

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Die Coronapandemie ist bisher für niemanden leicht gewesen. Mit dem häufigen Vorzeigen von digitalen Impfnachweisen tritt für viele transgeschlechtliche Personen das zusätzliche Problem auf, dort ihren Deadname (ihren alten Namen) nutzen zu müssen, was Stress und unwillkommene Fragen einladen kann. Nun kann jedoch in fünf Ländern mit dem Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) im digitalen Impfnachweis auch der richtige Name stehen.

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Denn wer sich – wie beispielsweise die Grünenpolitikerin Tessa Ganserer – nicht einem Verfahren nach dem „Transsexuellengesetz“ oder Personenstandsgesetz unterzogen hat (wegen der diskriminierenden Bedingungen), muss beim Vorzeigen von Impfnachweisen immer auch den Deadname offenbaren. Dies kann sich für trans Personen durchaus unangenehm, verunsichernd, und demütigend anfühlen – selbst, wenn die Impfpass-kontrollierende Person einen guten Umgang damit findet.

Nachdem vier Bundesländer (Ba-Wü, NRW, Brandenburg, Hessen) eindeutige Hinweise auf den Ergänzungsausweis und die Lage von trans- und intergeschlechtlichen Personen in ihre Corona-Verordnungen beziehungsweise in den Erläuterungen aufnahmen, gibt es hier nun in die offizielle Möglichkeit, Nachweise auch auf den richtigen Namen ausstellen zu lassen, indem man einen Ergänzungsausweis der dgti nutzt. Damit lassen sich Impfungen und digitale Test- und Genesenennachweise, etwa über die Corona-Warn-App, mit dem richtigen Namen auf dem Display nachweisen (queer.de berichtete).

Inoffiziell möglich ist dies auch in Berlin möglich (laut der prinzipiellen Rechtsauffassung des Berliner Senats), und auch Rheinland-Pfalz hat der Möglichkeit, den Ergänzungsausweis als Identitätsnachweis bei den Corona-Dokumenten zu verwenden, gegenüber der dgti zugesagt. Öffentlich bekannt gemacht wurde darüber allerdings noch nichts, und da Kontrollen der entsprechenden Nachweise in den meisten Fällen durch etwa Türsteher*innen oder Kellner*innen erfolgen, nützt dies im Zweifelsfall wenig.

Eine Öffentlich-Machung, etwa in der eigenen Corona-Schutzverordnung, sei daher laut Petra Weitzel, Vorsitzende des dgti, entscheidend, denn nur so könnten sich die Nutzer*innen darauf berufen. Weitzel rät darum, den Link zu den bestehenden Verordnungen auf dem Smartphone abzuspeichern und aufzurufen, falls es Diskussionen gibt. Dies sei nötig, denn der Nachweis könnte von Menschen kontrolliert werden, die gar nicht wissen, was ein Ergänzungsausweis ist.

Doch auch der Ergänzungsausweis ist offiziell nur in Verbindung mit dem amtlichen Personalausweis gültig, so dass Kontrolleur*innen die Vorlage des zugehörigen Personalausweises verlangen können, und damit Einsicht in den Deadname und vielleicht sogar ein altes Passfoto erhalten, wodurch sie als trans, inter oder nicht-binär zwangsgeoutet werden. Auch auf entsprechende Kommentare, intime Nachfragen oder Anfeindungen müssten auch sie sich dann also weiterhin einstellen.

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Das polnische Unterhaus hat am 09. Februar ein von der regierenden PiS-Partei vorgeschlagenes Gesetz verabschiedet, das den Zugang zu Unterricht über queere Themen einschränkt und die Kontrolle der Regierung über die Schulen verstärkt. Die PiS-Abgeordneten riefen dazu auf, „die Kinder zu schützen“, und brachten die Abstimmung über das Gesetz unerwartet mehr als eine Woche früher als geplant auf den Weg.

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Dieser Schritt kam, nachdem das Parlament einen Gesetzentwurf bereits im November 2021 debattierte, und nach jahrelangem Bestehen sogenannter „LGBT-freier Zonen“, die von der EU als queer-feindlich kritisiert wurden. Nun seien die PiS-Abgeordneten laut berichten „in tosenden Beifall“ ausgebrochen, als das Gesetz verabschiedet wurde - es wird nun an den Präsidenten Andrzej Duda zur Unterzeichnung weitergeleitet.

Aktivist*innen jedoch erklärten gegenüber PinkNews, dass die Gesetzgebung eine Kultur der "Kontrolle und Angst" in den Schulen einführen werde, wodurch Ungleichheit und Ausgrenzung zunehmen würden. So würden mit dem Gesetzentwurf von der Regierung zugelassene „Einpeitscher“ eingeführt, die die Schulen unter Kontrolle halten sollen. Sie würden die Macht haben, Schulleitungen einzustellen und zu entlassen und externe Gruppen daran zu hindern, in den Schulen zu arbeiten. Zudem müssten Pädagog*innen ihre Unterrichtspläne spätestens zwei Monate vor Unterrichtsbeginn von den Aufsichtsbehörden genehmigen lassen – werde dabei festgestellt, dass die Lehrpläne nicht mit den strengen Werten der Regierung übereinstimmen, können die Regierungsmandatierten Schulleitungen fristlos und ohne Einspruchsmöglichkeit entlassen. Außerschulische Aktivitäten, die von Nichtregierungsgruppen durchgeführt werden, müssten demnächst erst von den Minister*innen genehmigt werden, was ihnen mehr Kontrolle über das Schulleben gäbe.

Lehrkraftgewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen warnten, dass die Gesetzgebung einer Zensur gleichkomme und der Regierung ermögliche, den Unterricht über LGBT+ und reproduktive Rechte zu unterbinden. Das Gesetz sei „eine Katastrophe für die Schulen in Polen“, sagte Justyna Nakielska, Beauftragte für LGBT+-Rechte bei Kampania Przeciw Homofobii. Junge Menschen würden für Toleranz, Offenheit für Vielfalt, kritisches Denken und Unabhängigkeit bestraft. Das Gesetz führe eine Atmosphäre der Denunziation, Kontrolle und Angst in den Schulen ein. "LGBT-Jugendliche werden sich in den Schulen immer weniger sicher fühlen", sagte sie und zitierte einen Bericht der EU-Grundrechteagentur aus dem Jahr 2020, wonach vier von zehn queeren Jugendlichen in Polen ihre Identität in der Schule verbergen. "Ungleichheit und Ausgrenzung", so Nakielska, "werden zunehmen und es wird immer weniger Platz für LGBT-Jugendliche geben."

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Anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar, an dem das Konzentrationslager Auschwitz im Jahr 1945 durch die Rote Armee befreit wurde, erinnern LGBTI-Aktivist*innen daran, dass auch queere Minderheiten in Deutschland heute noch gefährdet seien: "Die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus führt uns vor Augen, was geschehen kann, wenn Hass und Hetze eine Gesellschaft vergiften, wenn eine Mehrheit gleichgültig wird gegenüber dem Leben Anderer, wenn sie Ausgrenzung und Entrechtung zulässt und unterstützt", erklärte LSVD-Bundesvorstandsmitglied Henny Engels.

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Menschenfeindliche Ideologien wie Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Homofeindlichkeit und Transfeindlichkeit seien stark miteinander verwoben, so Engels weiter (queer.de berichtete). Denn all diese Ideologien leugnen, dass alle Menschen mit gleicher Würde und gleichen Rechten ausgestattet seien. Doch queere Opfer des Nationalsozialismus seien "über Jahrzehnte aus der Gedenkkultur ausgeschlossen" worden. Deswegen setzt sich der LSVD dafür ein, dass eine der jährlichen Gedenkstunden des Bundestages an die Opfer des Nationalsozialismus auch den Menschen gewidmet wird, die während der NS-Herrschaft wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität verfolgt, inhaftiert und ermordet worden waren.

Jahrelang hatte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Erinnerung an queere Opfer der Nazi-Barbarei im deutschen Parlament verhindert, doch nun hat die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) für das kommende Jahr einen entsprechenden Schwerpunkt in der Holocaustgedenkstunde des Bundestags in Aussicht gestellt – das Gleiche hatte Schäuble jedoch bereits 2019 versprochen.

Landesparlamente hingegen erinnern schon seit längerem an die Gräueltaten der Nazis gegenüber sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten. So wurde am Mittwoch eine Gedenkstelle für diese Gruppe im ehemaligen KZ Flossenbürg eingeweiht, um „homosexuellen Opfern eine Stimme zu geben“, so die bayrische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Homosexuelle Männer seien auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der Bundesrepublik weiterhin staatlich verfolgt worden, so der Bildhauer und CSD-Vorstand Bastian Breuwer. „Es ist nun an der Zeit, dieser Opfergruppe ein würdiges Gedenken zu schaffen“.

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Am Dienstag teilte der israelische Gesundheitsminister mit, dass gleichgeschlechtliche israelische Paare schon ab nächster Woche durch Leihmutterschaft Eltern werden können. Seit Jahren hatte Israels LGBTQ-Gemeinschaft gefordert, Leihmutterschaft in Anspruch nehmen zu dürfen. Nun hat das Land, sechs Monate nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die Leihmutterschaft für alle Bürger*innen geöffnet - auch für gleichgeschlechtliche Paare, alleinstehende Männer und trans Personen.

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Mit dieser Entscheidung wird ein Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem vergangenen Jahr bestätigt, das ein Ende des Verbots forderte. „Dies ist ein historischer Tag für den Kampf der LGBTQ in Israel“, sagte Gesundheitsminister Nitzan Horowitz, der selbst offen schwul ist. „Damit wird der Traum vieler Menschen, eine Familie zu gründen, wahr. Volle Gleichberechtigung. Das ist die einfache Forderung und das Ziel des Kampfes der LGBTQ, des langen Kampfes meiner Community“, sagte er. „Gleichheit vor dem Gesetz und Gleichheit der Elternschaft.“

Das Ministerium habe einen Runderlass herausgegeben, der allen den gleichen Zugang zur Leihmutterschaft gewähre, auch alleinstehenden Männern und trans Personen, sagte Horowitz. Bis zu dieser Ankündigung war die Leihmutterschaft in Israel nur für heterosexuelle Paare und alleinstehende Frauen zugänglich gewesen. So waren gleichgeschlechtliche Paare gezwungen die kostspieligere Alternative eine Leihmutter im Ausland zu finden, zu wählen.

Im Juli hob der Oberste Gerichtshof des Landes Teile eines Leihmutterschaftsgesetzes auf, das homosexuelle Paare daran hinderte, im Staat Kinder durch eine Leihmutter zu bekommen. Der Staat hatte zuvor argumentiert, das Gesetz diene dem Schutz von Leihmüttern. Das Gericht entschied nun jedoch, dass ein Gleichgewicht hergestellt werden könne, ohne gleichgeschlechtliche Paare zu diskriminieren. Es fügte hinzu, dass die Gesetzesänderung jedoch erst nach sechs Monaten in Kraft treten werde, um Zeit für die Ausarbeitung professioneller Richtlinien, unter denen der Schutz von Leihmüttern weiterhin gewährleistet wird, zu haben.

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Nachdem der Bundesjustizminister Marco Buschmann die „vermutlich größte familienrechtliche Reform der letzten Jahrzehnte“ verkündete, mutmaßte der CDU-Politiker Günter Krings, der bereits eingetragene Partnerschaften, das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule und die Ehe-Öffnung bekämpfte, dass dies angeblich „verfassungswidrige Pläne“ seien.

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Auf die Familienrechtsreform-Pläne von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), welche unter anderem die Rechte queerer Paare stärken würde, hat die Union ablehnend bis skeptisch reagiert. Vor allem die Idee der neuen Verantwortungsgemeinschaft, einer rechtlich anerkannten Lebensgemeinschaft jenseits der Ehe, berge „verfassungsrechtliche Risiken“, so Krings. „Wenn hier eine 'Ehe light' erfunden werden soll, riskiert man nicht nur einen handfesten Konflikt mit Artikel 6 des Grundgesetzes, der die Ehe besonders schützt, sondern muss vor allem ein hochkomplexes neues Regelungssystem schaffen“, warnte er. Mit Verweisen auf das Grundgesetz (sowie auf das „Kindeswohl“) hatte Krings bereits erfolgslos versucht eingetragene Partnerschaften, das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare und die Ehe für alle zu bekämpfen.

Mutmaßlich bezog sich SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese auf Positionen und Argumenten dieser Art, als er bei der Deutsches Presse Agentur kritisierte, „bei wie vielen gesellschaftspolitischen Themen die Union in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten konsequent auf der Bremse stand“. Nun gäbe es jedoch die Chance, ein fortschrittliches Familienrecht zu schaffen, das die vielfältigen Lebensrealitäten im 21. Jahrhundert anerkenne – auch die queeren. Es handele sich daher bei der Reform um ein Vorhaben von einer „historischen Dimension“, so Wiese.

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Bundesjustizminister Marco Buschmann verspricht die Einführung von "Verantwortungsgemeinschaften", ein Ende der Diskriminierung lesbischer Mütter sowie die Möglichkeit der Mehrelternschaft bis zum Herbst 2023. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Pläne sollen unter anderem unverheirateten Paaren, homosexuellen Eheleuten mit Kindern sowie Gemeinschaften, die nicht auf einer Liebesbeziehung fußen, neue rechtliche Möglichkeiten geben. „Was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist vermutlich die größte familienrechtliche Reform der letzten Jahrzehnte“, mutmaßte der FDP-Politiker.

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Ein wichtiger Bestandteil dieser Reformen sei die geplante „Verantwortungsgemeinschaft“. Dieses neue Rechtskonstrukt werde viel Flexibilität bei der individuellen Ausgestaltung bieten, wobei ein mehrstufiges Modell, das zu verschiedenen Lebenssituationen passt, unterschiedliche Intensitäten der Verantwortungsübernahme füreinander ermögliche, so der Minister. Es sei also ein Modell für Menschen, „mit einem über eine reine Geschäftsbeziehung hinausgehenden tatsächlichen und persönlichen Näheverhältnis“, wie etwa Senior*innen-Wohngemeinschaften oder Alleinerziehende, die von Menschen außerhalb der eigenen Familie dauerhaft Unterstützung bei der Kinderbetreuung erhielten.

Vorgesehen ist bei der geplanten Reform jedoch auch mehr Unterstützung für ungewollt kinderlose Paare, um unter anderem die Diskriminierung lesbischer Mütter zu beenden. So sollen zwei miteinander verheiratete Frauen in Bezug auf Kinder rechtlich künftig genauso behandelt werden, wie wenn ein Mann und eine Frau miteinander verheiratet sind. Das heißt auch, dass das von einer der beiden Frauen geborene Kind von Anfang an die Ehefrau als zweiten Elternteil haben soll. Bisher kann die Partnerin der Mutter nur über eine Stiefkindadoption rechtlicher Elternteil des Kindes werden, wie es im Falle der Klage „Paula hat zwei Mamas“ angeprangert wurde (echte-vielfalt berichtete). Als das Oberlandesgericht Celle dazu entschied, dass bestehende Abstammungsrecht verfassungswidrig sei, war zu vermuten, dass dies wohlmöglich eine Gesetzesänderung und eine Reform des Abstammungsrechts zur Folge haben würde. Diese soll es nun also geben, und auch für unverheiratete hetero Paare soll es neue Möglichkeiten geben, Vereinbarungen über die Elternschaft zu treffen.

Dabei gelte bei dem gesamten Reformvorhaben grundsätzlich: „Das Kindeswohl muss immer im Vordergrund stehen“, so Buschmann.

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