Echte Vielfalt

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Vom 5. bis 11. September erwartet uns wieder ganz großes – queeres – Kino. Zum sechsten Mal werden im Rahmen des Queerfilmfestivals die besten LGBTIQ*-Filme des Jahres gezeigt. In diesem Jahr wurden 25 herausragende internationale Filme ausgewählt, die queere Lebenswelten auf unterschiedliche Weise abdecken. Unter den gezeigten Werken befinden sich auch Highlights von den renommierten Filmfestivals in Cannes, Venedig und Berlin.

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Das Programm umfasst mehrere Coming-of-Age Filme, darunter „Young Hearts“ von Anthony Schatteman, „Sunflower“ von Gabriell Carrubba und „Jungs vom Lande“ von Gaël Lépingle. Darüber hinaus erwartet die Zuschauer*innen ein Dokumentarfilm von Markus Stein über den Berliner Fotografen Jürgen Baldiga („Baldiga – Entsichertes Herz“), sowie das Feel-Good-Musical „Chuck Chuck Baby“ von Janis Pughs und ein queerfeministischer Roadmovie von María Gisèle Royo und Julia de Castro „On the Go“. Hervorzuheben sind auch die trans* Geschichten, die in den Filmen „Close to You“ von Dominic Savage mit Elliot Page in der Hauptrolle sowie „Frau aus Freiheit“ von Małgorzata Szumowska und Michał Englert erzählt werden. Für ausführliche Beschreibungen und Termine siehe das Programm des Queerfilmfestivals.

Die Filme werden in insgesamt 15 Kinos in Deutschland und Österreich gezeigt. Falls keines der Partnerkinos im näheren Umkreis ist, gibt es auch die Möglichkeit, online am Festival teilzunehmen: Anlässlich seines neuen Films „The Visitor“ macht das Filmfestival eine Online-Retrospektive zu Ehren des queeren Kultfilmemacher Bruce LaBruce. In dieser Retrospektive werden sieben weitere Filme des Queercore-Pioniers präsentiert – eine Reise durch seine Werke von den 1990ern bis (quasi) heute.

Und wer vom queeren Kino nicht genug bekommen kann: Im Rahmen des Lübeck Pride wird zwischen September 2024 und April 2025 ein queeres Filmangebot gemacht. In der Location 25 in Lübeck werden sowohl deutsche als auch internationale Spiel- und Dokumentarfilme abseits des Mainstreams gezeigt. Mehr dazu auf der Webseite von Queer Cinema. Außerdem findet vom 15. bis 20. Oktober 2024 wieder das Hamburg international Queerfilmfestival mit einem umfangreichen Programm statt.

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Die Abschlussfeier der Olympischen Spiele 2024 liegt nun einige Tage zurück, und so bietet es sich an, aus Sicht der LGBTIQ*-Gemeinschaft Bilanz zu ziehen. Die Spiele von Paris standen ganz unter dem Motto „Games Wide Open“ und sollten die Vielfalt des Sports und seiner Teilnehmer*innen unterstreichen.

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Wie das Magazin L-Mag schreibt, „kämpf[t]en in den Frauenwettbewerben über 150 lesbische, bisexuelle und queere Frauen sowie vier nichtbinäre/trans Athletinnen um Medaillen.“ Wer sich hierfür im Detail interessiert, findet auf outsports.com eine vollständige Liste aller LGBTIQ*-Teilnehmer*innen nach Ländern und Sportarten sowie den gewonnenen Medaillen. Insgesamt gewannen LGBTIQ*-Sportler*innen 43 Medaillen, davon 16-mal Gold, 13-mal Silber und 14-mal Bronze.

Für Julia Monro, Bundesvorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD), stellen die Spiele nach einem Zitat der Süddeutschen Zeitung eine Chance für eine größere Akzeptanz queerer Lebensweisen dar. Gleichzeitig kritisiert sie, dass die Entscheidung, ob Transsportlerinnen starten dürfen, weiterhin den jeweiligen Fachverbänden überlassen bleibt. Zwar sieht die IOC-Leitlinie explizit vor, dass „niemand wegen seiner Identität als Transperson vom Sport ausgeschlossen werde, solange ein fairer und sicherer Wettkampf gewährleistet werden könne. Unter welchen Bedingungen eine Transperson am Wettkampf teilnehmen darf, obliegt den Fachverbänden.“ Damit bestünde de facto ein Bann, so Monro. Immerhin konnten Athletinnen, die in ihren Ländern Gefahr von Verfolgung und Strafe ausgesetzt sind, unter dem Banner des IOC-Flüchtlingsteams an den Start gehen.

Den großen Skandal um transgeschlechtliche Teilnehmer*innen gab es allerdings in der Sportart, die nicht von einem Fachverband, sondern vom IOC selbst ausgerichtet wurde. Auslöser war die Teilnahme der Boxerinnen Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu-ting aus Taiwan am Frauenturnier. Wie das Magazin Blick zusammenfasst, wurden beide bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr aufgrund nicht bestandener Geschlechtstests vom Box-Weltverband IBA disqualifiziert. Das IOC hatte diese Disqualifizierung für Olympia nicht erneuert. Mit der Aufgabe von Khelifs erster Gegnerin Angela Carini nach nur 46 Sekunden entbrannte die Frage: „Haben die beiden Boxerinnen einen Vorteil gegenüber den anderen Frauen?“ Dem widerspricht IOC-Sprecher Mark Adams: „Es gab nie einen Zweifel, dass Khelif und Lin Frauen sind“, zitiert Blick und fügt hinzu: Laut Adams handele es sich um eine „Attacke auf die Menschenrechte dieser Athletinnen.“ Hierzu ausführlicher der  Artikel auf echte-vielfalt.de vom 13. August.

Am 28. August haben nun die Paralympics begonnen und bereits jetzt wird wieder diskutiert. Laut einem Artikel von Queer wird die Italienerin Valentina Petrillo als erste trans Person bei den Paralympischen Spielen teilnehmen. An der neuen Diskussion zeigt sich, dass nichts geklärt ist. Ihre deutsche Konkurrentin Katrin Müller-Rottgardt äußerte Bedenken, dass Petrillo aufgrund ihrer biologischen Vergangenheit möglicherweise einen unfairen Vorteil haben könnte. Laut einer Studie des IOC lässt sich allerdings nicht pauschal sagen, dass Transsportler*innen anderen Frauen überlegen seien. Petrillo erfülle darüber hinaus alle Regularien des Verbands.

Vorsicht bei der Bewertung: Die Aussagen von Adams klären die Fragen um Fairness und Transgender im Sport nicht abschließend. Solange das IOC die Entscheidung den Fachverbänden überlässt, bleibt die Problematik ungelöst. Während andere Veranstaltungen wie die Commonwealth Games, nach einem Artikel von schwulissimo, Länder ausschließen, die Homosexualität kriminalisieren, schweigt das IOC zu solchen Maßnahmen. Wer tiefer in die Themen rund um Olympia, das IOC und dessen Politik eintauchen möchte, dem sei das Interview des Sportjournalisten Jens Weinreich bei Jung und Naiv empfohlen.

 

Quelle Olympische Ringe

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Der Dachverband Lesben und Alter e.V. veranstaltet vom 15. bis 17. November 2024 eine Fachtagung in Rostock unter dem Motto „Rückblick und Perspektiven lesbischen Lebens“. Eingeladen sind Multiplikator*innen der Alters- und Gleichstellungsarbeit sowie alle weiteren an diesem Thema Interessierten.

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Als Anlass zur Tagung wird 35 Jahre Mauerfall und 20 Jahre Netzwerk Lesben und Alter genannt. Denn zentral soll der Austausch über lesbische Lebenswelten in Ost und West sein: „Politische Prägungen vor und nach 1989, lesbisches Leben in ländlichen Regionen, Verständigung zwischen den Generationen und der Rechtsruck in Europa sind Themen, die zur Diskussion stehen.“ Ebenso geht es um die Frage: „Welche Bedeutung hat lesbisches Leben heute und welche Perspektiven für ein gemeinsames Handeln sind denkbar?“

Das Programm beinhaltet Vorträge und Podiumsdiskussionen, eine Stadtführung zur FrauenLesbenbewegung in Rostock, ein Filmscreening und genug Möglichkeit zum Austausch. Weitere Informationen sowie die Anmeldung zum Fachtag auf der Webseite des Dachverbandes Lesben und Alter e.V.

Die Tagung wird in Kooperation mit dem Rostocker Frauen*kulturverein veranstaltet unter der Schirmherrschaft von Eva-Maria Kröger, Oberbürgermeisterin von Rostock.

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Die Entwicklungen in den USA mit einem massiven Kulturkampf, der sich gerade in Bezug auf die anstehenden Wahlen zuspitzt, war schon des Öfteren Thema auf echte-vielfalt.de. Aber auch die Situation in einigen afrikanischen Staaten, wie bspw. das „Anti-Homosexuellen-Gesetz“ in Uganda, zeigt eine deutliche Zuspitzung.

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Laut einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2023 zur Situation auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, werden in den USA immer mehr Gesetze auf Ebene der Bundesstaaten verabschiedet, die direkt gegen LGBTIQ gerichtet sind.

Aber auch in Südamerika, einem Kontinent, der in den letzten Jahrzehnten bedeutende Fortschritte im Bereich der Menschenrechte zu verzeichnen hat, verschärft sich die Situation wieder. Während das Engagement für die Rechte von LGBTIQ* in einigen Ländern Anerkennung gefunden hat, bleibt die Region insgesamt eine der gefährlichsten für Aktivist*innen, die sich für Menschenrechte einsetzen, so das Fazit des Amnesty-Berichts:

„In Argentinien, Brasilien, Guatemala, Honduras, Kanada, Kolumbien, Paraguay, Peru, Puerto Rico, den USA und weiteren Ländern waren LGBTIQ* weiterhin in großem Maße Schikanen, Diskriminierung, Drohungen, gewaltsamen Angriffen und Tötungen ausgesetzt, die in der Regel straflos blieben. Zudem gab es Hindernisse bei der rechtlichen Anerkennung der Geschlechtsidentität.“

In mehreren südamerikanischen Ländern sind LGBTIQ*-Personen somit weiterhin massivem Druck ausgesetzt. Brasilien, das traurigerweise seit 14 Jahren die höchste Zahl an Morden an trans Personen weltweit verzeichnet, steht symbolisch für die Gefahren, denen diese Gemeinschaft ausgesetzt ist. Weiterhin heißt es, auch in Guatemala und Peru bleibt die Situation alarmierend, da es dort an wirksamen Mechanismen fehlt, um Gewalt und Hassverbrechen gegen LGBTIQ*-Personen zu dokumentieren und zu bestrafen.

Auch der LSVD berichtete im Zusammenhang mit dem Projekt „Do-No-Harm“ bereits 2022, dass sich die Situation verschärft habe. Während sich vor einigen Jahren das nicaraguanische Netzwerk für nachhaltige Entwicklung noch über repressive Gefahren hinwegsetzen konnte, um eine Minimalagenda für LGBTIQ*-Rechte im Land zu entwickeln, ist eine solche Arbeit im autoritär regierten Nicaragua von heute kaum mehr möglich. Seit dem Aufstand im April 2018 sehen sich Aktivist*innen der Gefahr willkürlicher Festnahmen und langjähriger Haftstrafen ausgesetzt, und NGOs droht der Verlust ihrer Rechtsform.

Doch es gibt auch Lichtblicke. Laut Amnesty international wurde 2023 in Kolumbien erstmals das Abschlusszeugnis einer Universität mit einer nicht-binären Geschlechtsbezeichnung ausgestellt - ein kleiner, aber bedeutsamer Fortschritt in Richtung Gleichberechtigung. Und auch der LSVD-Bericht beschreibt, dass die Verantwortlichen des „Do-No-Harm-Projektes“ trotz der Repression in Costa Ricas Hauptstadt San José eine registrierte Plattform mit Mitgliedsorganisationen aus Nicaragua, Honduras, Guatemala, Panama und Costa Rica eröffnet haben, die sich von dort aus für die Belange von LGBTIQ* in Zentralamerika einsetzt. Die Plattform zielt darauf ab, langfristig Einstellungsveränderungen in Bezug auf LGBTIQ* in der Region zu bewirken und die LGBTIQ*-Bewegung nachhaltig zu stärken.

Internationale Netzwerke sind also unverzichtbar, um in repressiven Ländern das Engagement für LGBTIQ*-Rechte zu unterstützen und den Widerstand gegen staatliche Unterdrückung zu stärken. Besonders dann, wenn auch die Regierungen ausländische Unterstützung gegen LGBTIQ* beziehen.

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Aus dem Flensburger LSBTIQ* Verein SL-Veranstaltungen zur Förderung der Primärprävention e.V. wird vielfalt.SH e.V. Hintergrund ist eine Veränderung und vor allem Ausweitung der Schwerpunkte.

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Der neue Name des Vereins spiegelt sich in den Aktivitäten des Vereins wider: So ist vielfalt.SH e.V.

  • Trägerverein
    • der Aidshilfe Nordfriesland,
    • des queeren Zentrums FLENSBUNT,
    • des Bildungsprojekts SCHLAU Flensburg,
    • der queeren Jugendgruppe Regenbogenaxolotl sowie
  • Veranstalterin bzw. Kooperationspartnerin
    • der queeren Party SL-Disco,
    • der Flensburger Rainbow Days und
    • der Queerfilmnacht und des CSDs in Flensburg.

„Mit diesen vielfältigen Projekten und Aktivitäten sind wir im Norden Schleswig-Holsteins vertreten und beraten und unterstützen bei allen Themen der sexuellen Gesundheit, geschlechtlichen, sexuellen und romantischen Vielfalt und Selbstbestimmung.“, so Vorstandsvorsitzender Andreas Witolla.
Sowohl der Name als auch das Logo wurde in der Mitgliederversammlung entschieden. Ebenso wurde hier der Vorstand (wieder)gewählt, er besteht aus Franziska Paulsen, Jörg Kobarg und Andreas Witolla.

Alle Informationen zu und von vielfalt.SH e.V. finden sich auf ihrer Webseite: https://slfl.de.tl/

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Der Dachverband Lesben und Alter e.V. startet eine wichtige bundesweite Umfrage, um die soziale Lebenssituation von Lesben* ab 55 Jahren in Deutschland zu erfassen. Mit der Umfrage „Würdevolles Altern – Zur sozialen Lebenssituation älterer und alter Lesben* in Deutschland“ möchte der Verband herausfinden, wie Lesben* in verschiedenen Teilen des Landes leben, welche Erfahrungen sie gemacht haben und welche Wünsche sie für die Zukunft haben.

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Dass Menschen im Alter neben Themen, die spezifisch in dieser Lebensphase auf sie zukommen, immer auch ihre gesamte Lebensgeschichte mitnehmen, ist keine neue Erkenntnis. Gerade mit Bezug auf den Dachverband Lesben und Alter haben wir bereits des Öfteren in unseren Artikeln das Thema von Mehrfachdiskriminierungen im Alter aufgegriffen. Dabei geht es allerdings nicht nur um sichtbare Probleme. Auch „blinde Flecken“, wie wir sie in unserem Artikel zur Demenz beschreiben, sind ebenso ein Problem.

In einer Gesellschaft, in der gerade ältere Menschen, die von mehrfacher Diskriminierung betroffen sind, häufig nicht mitgedacht werden, macht es Sinn, dass ein Verband wie Lesben und Alter e.V. sich für die spezifischen Bedürfnisse und Erfahrungen seiner Zielgruppe interessiert. Dies gilt allerdings ebenso für alle anderen Kombinationen doppelter oder multipler Diskriminierung. Das Ziel sollte immer sein, auch jene mitzudenken, die keine gute Lobby besitzen, sich nicht trauen oder um die Möglichkeit wissen, sich an Verbände zu wenden. Für die Leser*innen, die den Fragebogen ausfüllen „oder nicht“, kann das bedeuten, sich die Frage zu stellen: Wer aus meinem Umfeld nimmt eher selten an solchen Umfragen teil und wem könnte ich den Fragebogen daher weiterleiten?

Für die großen Verbände, gerade Lesben- und/oder Schwulen-Verbände, aber auch Senior*innen-Verbände, schließt sich mit Blick auf eine solche Umfrage der Bedarf an, über ihre Kernklientel hinaus zu blicken. Was ist beispielsweise mit anderen Gruppen der LGBTIQ*-Gemeinschaft? Was ist mit geflüchteten LGBTIQ*Seniorinnen oder mit Menschen, die mehrfach diskriminiert sind und sich in ökonomisch prekären Lebenslagen befinden? Hier geht es explizit nicht um Kritik am Fokus der Umfrage, sondern darum, diese als Denkanstoß für die unterschiedlichsten Verbände und Vereine zu begreifen und sich gerade auch bei Umfragen zu vernetzen, was viele vermutlich bereits tun.

Diese Umfrage zielt nun darauf ab, Unterschiede in den Lebenssituationen von Lesben* ab 55 Jahren in Deutschland, bspw. zwischen Ost und West, zu untersuchen, Diskriminierungserfahrungen sichtbar zu machen und das sexuelle sowie geschlechtliche Selbstverständnis der Befragten zu verstehen. Auch Fragen zu sozialer und politischer Teilhabe, sozialer Infrastruktur, Einkommen, Vermögen und Zukunftsplänen werden gestellt.

Die Beantwortung des Fragebogens dauert ca. 20 bis 25 Minuten und er kann anonym online unter diesem Link ausgefüllt werden. Sollte eine Online-Teilnahme nicht möglich sein, bietet der Dachverband eine Printversion an, die auf Anfrage per Post zugeschickt wird. Dafür gibt es hier ein Kontaktformular.

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Olympia: Die algerische Boxerin Imane Khelif gewann am Freitag den finalen Kampf in ihrer Gewichtsklasse. Doch der Weg zur Goldmedaille wurde ihr nicht leicht gemacht. Während sie im Boxring ihr Bestes gab, sah sie sich auf den Sozialen Medien mit zahlreichen negativen Kommentaren und Anfeindungen konfrontiert.

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Denn nach dem ultraschnellen Sieg Khelifs im Viertelfinale gegen ihre italienische Konkurrentin Angela Carini, die nach 46 Sekunden im Ring den Kampf beendete, ist ein internationaler Diskurs ausgebrochen, der von Desinformation wimmelt. Rechtspopulistische und transfeindliche Stimmen – von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump und italienischer Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bis hin zur „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling – äußerten sich zu Wort und warfen Khelif vor, keine Frau zu sein und deshalb einen unfairen Kampf zu führen.

Dass Carini nach ihrer Niederlage ihrer Konkurrentin nicht die Hand schüttelte und nach dem Kampf erklärte, sie hätte noch nie so harte Schläge erfahren, wurde schnell so ausgelegt, dass es sich bei Khelif um eine unfaire Gegnerin handelte – was auf einer Information fußt, die die Internationale Boxing Association (IBA) 2023 verbreitet hat. Laut der Organisation, die im Übrigen vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht anerkannt wird, hätte ein Geschlechtstest ergeben, dass Khelif XY-Chromosomen habe und somit möglicherweise intersex sei (DW). Doch die Kredibilität der IBA und ihrer intransparenten Tests sind anzuzweifeln, unter anderem aufgrund des Vorsitzenden Umar Kremlev, der enge Beziehungen zum russischen Präsidenten Vladimir Putin pflegt - der wiederum eine Anti-LGBTIQ*-Politik verfolgt - so das Online-Magazin them. Eine ähnliche Diskussion gibt es im Übrigen auch über die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting, die ebenfalls von der IBA 2023 disqualifiziert wurde.

Dass trotz dieser vermeintlichen Disqualifikation der IBA die beiden Boxerinnen bei Olympia 2024 antreten durften, wird vonseiten des IOC verteidigt. Sie seien Frauen, die als Frauen geboren sind, so IOC-Präsident Thomas Bach in einer Pressekonferenz. Bach betont darüber hinaus, dass die Angriffe auf die Boxerinnen in den Sozialen Medien Teil eines politisch motivierten Kulturkampfes seien. So sei es nicht verwunderlich, dass reaktionäre und rechte Politiker*innen wie Trump und Meloni die Situation aufgreifen und Falschinformationen verbreiten. Seit dem Kampf von Khelif und Carini lauerte es in den Sozialen Medien nur von Desinformation und Empörung über die schlichtweg falsche Tatsache, dass ein Mann gegen eine Frau boxen würde. Auch in der BILD wird über Imane Khelif polemisch als „männliche“ Boxerin berichtet.

Diskussionen über XY-Chromosomen oder höhere Testosteron-Gehalte bei Frauen werden oft in trans- und interfeindliche Logiken eingebettet. Dabei sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass es für Sportler*innen, die in einer Olympia-Disziplin antreten, immer von Vorteil ist, bestimmte körperliche Voraussetzungen zu erfüllen – sei es beim Schwimmen, Laufen, oder eben Boxen. Wie in einem Artikel der taz erklärt wird: „Nachwuchstrainer:innen, die bei Kindern und Jugendlichen nach Talenten suchen, haben immer auch ein Auge für ihre körperliche Eignung. Die Großen kommen zum Basketball, die Kleinen zum Turnen, die mit den langen Armen zum Schwimmen.“ Fürs Boxen ist ein höherer Testosterongehalt – was auch bei cis-Frauen keine Ungewöhnlichkeit sein muss – von Vorteil für die Schlagkraft.

Gegen die Belästigung und Hate-Kommentare im Internet hat die Olympia-Gewinnerin inzwischen eine Klage eingereicht (Berliner Zeitung). Die italienische Boxerin Carini entschuldigte sich inzwischen bei ihrer Konkurrentin und betonte, dass die Einschätzung des IOC Khelif antreten zu lassen, respektiert werden müsse.

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Das Literarische Colloquium Berlin (LCB) widmet sich vom 08. bis zum 10. August dem Thema „Coming Out, Inviting In“ in der Literatur. Neben dem Diskurs um das Thema in und mit diversen Texten geht es auch um die Synergie zwischen Literatur und Film.

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Coming Outs sind persönlich und doch jedes Mal aufs Neue politisch. „Längst ist das Konzept des Coming Out jedoch nicht unhinterfragt. Wie wird es aus intersektionalen Perspektiven geframed? Was bedeutet ein Inviting In? Wie sieht eine Gesellschaft aus, in der sich ein Outing erübrigt? Welche Rolle spielt die Literatur als (Auto-)fiktion, als Archiv, als Entwurf von Narrativen? Wo sind Spielfilme, Comics, Pornos Orte der Selbstimagination? Und wo (er-)findet die Lyrik ihre Sprache? Was erzählen historische Quellen? Wie recherchieren Schreibende und wie nähern sich Texte der historischen Komplexität queerer (Un-)Sichtbarkeit?“ Mit all diesen Fragen will sich das LCB dieses Jahr befassen.

Gegenüber dem Tagespiegel begründete die Kuratorin Anna Hetzer: „[Es gehe darum,] wie Erfahrungen als queere Person zusammenhängen mit dem eigenen Schreiben [und] wie Film und Literatur sich gegenseitig beeinflussen. Schriftsteller*innen gucken auch Filme. Literarisch werden wir die Rolle von Archiven diskutieren und sicher das große Thema Autofiktion, das gerade in der queeren Community eine Tradition hat.“

Auf den Veranstaltungsnamens angesprochen erklärt Hetzer, dass sich beim Coming Out immer auch die Frage stelle, ob es sich um ein einmaliges Ereignis oder einen Prozess handele. Hierzu haben wir bereits in unserem Artikel „Auf der Suche nach der Wahrheit über unsere sexuelle Orientierung“ festgestellt: Sexualität ist ein Spektrum, auf dem sich Menschen bewegen, und dieses Spektrum ist nicht statisch. Im Gegenteil, es kann sich über das Leben in beide Richtungen verändern. Dabei sind wir nie außerhalb unserer sozialen Beziehungen. Wir treffen auf Ressentiments oder haben selbst welche, wie wir in unserem Artikel „Philosophische Überlegungen zur Bedeutung von Trans- und Nichtbinär-Sein“ aufgegriffen haben. Hier kamen wir allerdings auch zu dem Schluss, dass in diesen Auseinandersetzungen immer auch die Chance liegt, das eigene und gemeinschaftliche (Nach-)Denken zu schulen und das Selbst und seine Beziehungen als dynamischen Prozess zu begreifen. Auch ging es darum, dass man selbst und das Gegenüber auf die jeweils andere Person angewiesen ist, um sich zu verstehen. Das wird umso bedeutender, wenn Personen aufgrund von Gesundheit nicht mehr über das eigene Selbstbild bestimmen kann, wie es bspw. bei Demenz vorkommen kann. Was dabei die Rolle und was das „tatsächliche Selbst“ ist, bleibt für das Gegenüber zunächst offen. Ein Coming Out ist damit immer auch auf die Community, in der man sich bewegt, bezogen und kann bedeuten, dass sich eine ehemals homosexuelle Person nun zu beiden oder nur zum anderen Geschlecht hingezogen fühlt.

Literatur und Film bieten hier eine faszinierende Brücke in fremde, aber immer auch in eigene Gedanken - und haben die Möglichkeit, mit allen denkbaren Kombinationen von Selbst und Rolle in Gesellschaften verschiedenster Art zu spielen.

Wie Anna Hetzer ausführt, versteht die Veranstaltung unter Coming Out das Kommunizieren einer Person ihrer Sexualität und Geschlechtsidentität nach außen, was sie immer auch „ein Stück weit der Reaktion von anderen aus[setzt]“. Inviting In bedeutet in diesem Zusammenhang: „Menschen werden eingeladen, zuzuhören und etwas sehr Persönliches zu erfahren. Gleich zu Beginn des Festivals gibt es eine Diskussionsrunde zu den Begriffen und ihren Perspektiven.“

Ein umfangreiches Ziel, das Erwartungsmanagement verlangt. Es wird vermutlich politisch, philosophisch und, wenn es gut läuft, auf eine positive Weise kontrovers. Auf jeden Fall darf damit gerechnet werden, dass man am Ende mit mehr offenen Fragen nach Hause geht.

Interessierte finden hier das Programm.

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Mit dem Rückzug von Präsident Joe Biden aus dem US-Wahlkampf soll nun die bisherige Vizepräsidentin Kamala Harris in den Ring gegen Trump steigen. Am 7. August soll sie auf dem Parteitag der Demokrat*innen offiziell nominiert werden. Ohne offizielle*n Gegenkandidat*in und mit der Zeit im Nacken ist ihre Kandidatur damit bereits ziemlich gesichert. Doch wofür steht Harris in Bezug auf LGBTIQ*-Politik?

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Laut Angaben der NGO „Human Rights Campaign“ (HRC) erfährt Harris derzeit massive Unterstützung aus der amerikanischen LGBTIQ*-Gemeinschaft: „The community is sending a message loud and clear: we are united in support of the experienced, tough, pro-equality Vice President Kamala Harris and will do everything it takes to defeat Donald Trump and JD Vance.“, zitiert die HRC ihre Präsidentin Kelley Robinson und nimmt einen Blick in ihre Vergangenheit vor, um zu zeigen, dass Harris sich bereits früher immer wieder aktiv für LGBTIQ*-Belange eingesetzt hat:

  • 2004 gründete sie eine Einheit zur Untersuchung und Verfolgung von Hassverbrechen gegen LGBTQ*.
  • 2010 wurde sie Staatsanwältin in Kalifornien und eröffnete eine Kampagne gegen die Verteidigung der Proposition 8, die gleichgeschlechtliche Ehe verbot.
  • Als Senatorin von Kalifornien war sie zudem 2018 Mitunterzeichnerin des Equality Act.
  • Sie verteidigte den Zugang zur Gesundheitsversorgung unter dem Affordable Care Act.

Auch ihre möglichen Vizepräsidenten gelten als Verfechter der Rechte von LGBTIQ*. Eine Liste der Kandidaten (alles Männer) und ihrer Positionen hat das Magazin queer zusammengestellt.

Dennoch - um, wie Kelley Robinson betont, Donald Trump and JD Vance zu „besiegen“, sind viele zu allem bereit. Gerade aus europäischer oder deutscher Sicht sollten wir uns erlauben, auch Harris kritischer zu betrachten. Wie wir bereits in unserem Artikel zur „USA als Weltbühne“ thematisiert haben, haben die USA durchaus einen richtungsweisenden Effekt im internationalen Kampf um Anerkennung und Würde.

Auch abseits von LGBTIQ*-Rechten findet sich bei Harris eine progressive Agenda. So sprach sie sich laut dem Magazin Jacobin „[…]für eine Reform des sogenannten Three-Strikes-Gesetzes in Kalifornien aus und verhängte dementsprechend keine lebenslangen Haftstrafen für Personen, die zum dritten Mal straffällig geworden waren. Außerdem führte sie 2004 das Programm »Back on Track« ein. Damit werden Ersttäter zwischen 18 und 24 Jahren in 18-monatige Ausbildungsprogramme der lokalen City Colleges vermittelt. Dies trug dazu bei, dass die Rückfallquote in der Stadt innerhalb von sechs Jahren von 54 Prozent auf 10 Prozent sank“.

Wie wichtig eine gesamtheitlich progressive Sozialpolitik ist, wenn es darum geht, die Rechte und Würde von Menschen zu erkämpfen und zu sichern, ist kaum zu unterschätzen. Allerdings ist auch Harris durchaus zu Opportunismus bereit. Wie Jacobin in seinem Artikel weiter zeigt, fiel sie in ihren Äußerungen oft progressiv, in ihren Handlungen jedoch immer wieder durch eine „harte, strafende Politik“ auf. „So stehen ihre konservativen Taten ihren progressiven Worten entgegen. Es ist auch nicht unbedeutend, dass Harris dies manchmal unnötigerweise tat und dabei eine härtere Haltung als ihre rechte Konkurrenz einnahm.“

Auch wenn Trump und Vance sicherlich die deutlich ungünstigere Wahl für die LGBTIQ*-Gemeinschaft bedeuten, sollte sich die Community dennoch keine Illusionen machen. Vermutlich wird es nie eine*n amerikanische*n Präsidentin geben, der*die nicht auch Opportunist*in und Machtmensch ist. Aus diesem Grund lohnt sich ein Blick in den Artikel „Wofür steht Kamala Harris?“ des Jacobin Magazins, um sich trotz – oder gerade wegen – des momentanen Hypes etwas nüchterner mit der Zukunft des immer noch stärksten „westlichen“ Staates zu befassen.

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Vom 21. bis 26. Juli 2024 fand in München die 25. Welt-AIDS-Konferenz statt. Ausgerichtet wurde die Konferenz von der International AIDS Society (IAS) - die weltweit größte Vereinigung im Bereich HIV-Expertise.

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Laut eigenen Angaben unterstützt die IAS über 13.000 Mitglieder in über 170 Ländern. Ihr Ziel ist es dazu beizutragen, dass HIV nicht länger eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und das individuelle Wohlbefinden darstellt. Dazu vernetzt sie führende Personen der AIDS-Forschung und setzt sich für eine evidenzbasierte und stigmatafreie Politik ein. Insbesondere die letzten beiden Aspekte sind dabei zentral für eine gelingende Bekämpfung von HIV.

Während sich in Deutschland im vergangenen Jahr etwa 2.200 Menschen mit HIV infizierten , ist die Krankheit in unserem Land jedoch gut behandelbar, sodass kaum jemand mehr daran sterben muss. Wie die Tagesschau mit Verweis auf die Vereinten Nationen (UN) schreibt, treffen die steigenden Infektionszahlen hauptsächlich diejenigen, die sowieso schon benachteiligt sind: „Menschen in Armut, Menschen, die ihre sexuelle Orientierung nicht offen zeigen dürfen, sei es, weil sie diskriminiert werden oder weil Homosexualität in vielen Ländern weiterhin verboten ist und sogar mit der Todesstrafe geahndet werden kann.“

Weltweit sind aktuell 40 Millionen Menschen mit HI-Viren infiziert. „Im Jahr 2022 gab es 1,3 Millionen Neuinfektionen […]. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist laut UNAIDS – dem gemeinsamen Programm der Vereinten Nationen – seit 2010 weltweit um 39 Prozent zurückgegangen, im östlichen und südlichen Afrika sogar um 59 Prozent. […].“ In Lateinamerika sowie in der Region Naher Osten und Nordafrika, vor allem aber in der Region Osteuropa und Zentralasien, seien die Todesfälle hingegen angestiegen, so die Tagesschau in ihrem Artikel zum Abschluss der diesjährigen Konferenz. Dabei ermöglichen moderne HIV- Medikamente Infizierten schon heute eine normale Lebenserwartung, gleichzeitig sterben jährlich immer noch etwa 630.000 Menschen an HIV. Das sind weit mehr als das von der UN angestrebte Ziel, die Todesrate bis 2025 auf 250.000 zu senken.

Ein Hoffnungsträger, dem zumindest mittelfristig entgegenzuwirken, bildet das neue Präventivmedikament Lenacapavir, das im Gegensatz zu den bisher üblichen Tabletten nur zweimal jährlich gespritzt werden muss und in einer ersten Studie hundertprozentigen Schutz versprach. Bis jetzt darf das Medikament allerdings noch nicht präventiv verabreicht werden. Hinzu kommt, dass die IAS und weitere internationale Akteure mit hohen Preisen rechnen, sobald die Zulassung erfolgt. Aus diesem Grund wurde der Hersteller Gilead aufgefordert, Generika für ressourcenarme Länder zu erlauben. Rund 95 % der weltweit HIV-Infizierten leben in diesen Regionen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die globalen Finanzmittel für den Kampf gegen HIV in einkommensschwachen Ländern 2023 um 5 % auf 19,8 Milliarden US-Dollar gesunken sind. Damit liegen sie 9,5 Milliarden US-Dollar unterhalb des bis 2025 laut UN benötigten Betrages.

Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe (DAH) bilanziert zur Welt-AIDS-Konferenz: „Die Welt verfügt über hochwirksame Mittel, aber die Finanzierung von Maßnahmen gegen HIV/AIDS ist global unzureichend, in vielen Ländern fehlt zudem der politische Wille zur Prävention für die besonders stark betroffenen Gruppen.“

Damit wird deutlich, dass die Frage der AIDS-Bekämpfung immer weniger eine Frage der medizinischen Machbarkeit und immer stärker eine Frage der politischen Bereitschaft und Ideologien ist: Sind die finanzgebenden Länder bereit, weiterhin ausreichend Geld zu geben, und ist die politische Führung der stark betroffenen Länder bereit, ihre Bevölkerung strukturell zu schützen? Ein makabres Beispiel, was es in Bezug auf die AIDS-Pandemie bedeutet, wenn Ideologie über das Wohl und die Würde von Teilen der Bevölkerung gestellt wird, liefert hier die Situation in Uganda.

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