Echte Vielfalt

LSBTIQ

Die Coronapandemie durchzieht alle gesellschaftlichen Bereiche und verstärkt hier oftmals soziale Probleme und sozialökonomische Ungleichheiten. Benachteiligte Gruppen sind besonders von der Pandemie betroffen, da sie weniger Ressourcen haben, um mit den Auswirkungen umzugehen.

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Wie eine Studie der Charité vor Kurzem ermittelte, sind LSBTIQ stärker von den Veränderungen und Einschränkungen durch Corona betroffen. Die gerade erschienene Broschüre der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, des Bundesverband Trans*, des Vereins Intergeschlechtliche Menschen e.V. und des Lesben- und Schwulenverbandes mit dem Titel „Auswirkungen der Coronapandemie auf lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche, queere und asexuelle Personen in Deutschland“  widmet sich ebenfalls diesem Thema.

Die vom Bundesfamilienministerium mitfinanzierte 40-seitige Broschüre enthält Informationen, die auf  Fachgesprächen mit Expert*innen sowie einer Befragung von LSBTIQ-Organisationen und Initiativen basieren. Dabei wurden vier Themenbereiche identifiziert: Communitystrukturen, Gesundheit, Lockdown und Kontaktbeschränkungen sowie gesellschaftliche Debatten und Agenda Setting.

Mit der Broschüre sollen unter anderem Entscheidungsträger*innen in Politik und motiviert werden, die Auswirkungen der Pandemie auf unterschiedliche Gruppen in den Blick zu nehmen. Es gelte, so die Herausgeber*innen, mit LSBTIQ-Communityvertreter*innen ins Gespräch zu kommen und mit ihnen kurz- und langfristige Lösungsansätze zu erarbeiten.

Im Folgenden sollen zentrale Ergebnisse der Broschüre kurz dargestellt werden:

Wie die Broschüre im Abschnitt „Communitystrukturen“ herausstellt, sind durch die Coronapandemie Schutzräume und Anlaufstellen für LSBTIQ geschlossen. Beratungs- und Selbsthilfeangebote sind nur eingeschränkt verfügbar, und viele Organisationen fürchteten, dass ihre finanzielle Förderung gekürzt werde.

Die Gesundheitssituation queerer Menschen hat sich durch die Pandemie verschärft. Insbesondere trans und intergeschlechtliche Menschen werden in der Gesundheitsversorgung nach wie vor stigmatisiert.

Lockdown und Kontaktbeschränkungen: LSBTIQ-Personen mussten den Lockdown mitunter mit Familienmitgliedern verbringen, von denen sie abgelehnt oder diskriminiert werden. Durch das Verbot von Sexarbeit waren insbesondere auch queere Sexarbeiter*innen betroffen, die durch das staatliche Hilfesystem fielen. In Einrichtungen für geflüchtete und wohnungslose Personen ist ein Rückzug ins Private kaum möglich. Gerade in solchen Räumen erfahren queere Menschen häufig Gewalt und Diskriminierung.

Ausnahmen für die strengen Kontaktbeschränkungen werden hauptsächlich für Familien und Paarbeziehungen gemacht, wird in der Broschüre im Abschnitt Debatten und Agenda Setting festgestellt wird. Menschen in anderen Lebens- und Familienformen jenseits der heterosexuellen Kleinfamilie werden benachteiligt und geraten aus dem Blick. Zudem verfestigen sich traditionelle Geschlechterverhältnisse. Die gesellschaftliche Verunsicherung werde zudem von rechten Bewegungen genutzt, um gegen Diversität Stimmung zu machen und Verschwörungsideologien zu verbreiten.

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Im Januar berichtete Echte Vielfalt über den Kampf der beiden Frauen Verena und Gesa Akkermann, beide rechtlich als Elternteile für ihre Tochter Paula gelten zu können.

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Das Sorgerecht hat bisher nur die biologische Mutter Gesa, ihre Frau Verena müsste den langen Weg einer Stiefkind-Adoption gehen. Das Paar sah seine Grundrechte durch die bestehende Rechtslage verletzt und klagte dagegen.

Das Oberlandesgericht Celle entschied nun:  Das bestehende Abstammungsrecht ist verfassungswidrig.Der gemeinsame Entschluss beider Partnerinnen sei in diesen Fällen die Voraussetzung dafür, dass neues Leben entstehe. Der hierdurch gegenüber dem Kind begründeten Verpflichtung folge zugleich das Recht, die Pflege und Erziehung des Kindes wahrnehmen zu können, heißt es in der Urteilsbegründung.

Das Bundesverfassungsgericht muss nun über den Fall entscheiden. Dies hätte wohlmöglich eine Gesetzesänderung und eine Reform des Abstammungsrechts zur Folge.

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Vater-Mutter-Kind: Das war lange Zeit das war lange Zeit die einzige Form, in der Familie gelebt werden konnte. Doch die Existenz von Regenbogenfamilien mit gleichgeschlechtlichen Elternpaaren macht nun immer mehr deutlich -  die „normale“ Familie gibt es nicht.

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Das gilt auch für die Frage, ob sich die Eltern in einer Familie eigentlich immer lieben müssen oder wie viele (soziale) Eltern ein Kind haben kann.  Auch die Soziologie hat angefangen, sich dafür zu interessieren. Christine Wimbauer, Soziologin, forscht zu Co-Elternschaft/Co-Parenting. So wird eine Form der Elternschaft genannt, in der die Elternteile keine romantische Beziehung Liebesbeziehung miteinander führen. Das Modell der Co-Elternschaft findet zunehmend Verbreitung und stellt bisherige Vorstellungen von romantischer Zweierbeziehung und Familie in Frage.

In einem Interview mit der TAZ erklärt Wimbauer, dass für die Kindererziehung die Liebe zu den Kindern am wichtigsten sei, und nicht die romantische Liebe zwischen den Eltern und zieht einen Vergleich zu traditionellen Familien:  „Selbst bei traditionellen Elternpaaren wissen Sie ja nicht, ob sich die beiden nun unbedingt lieben oder nicht. Trotzdem können sie selbstverständlich gemeinsam Kinder erziehen – und sicherlich auch gut erziehen“.

Genau genommen gibt es Co-Parenting schon länger, etwa wenn sich Elternpaare scheiden lassen und dann Stiefeltern dazukommen. Neuer ist jedoch das Phänomen der geplanten Co-Elternschaft. Auch queere Menschen nutzen das Modell der Co-Elternschaft, wie Wimbauer in ihrer Studie schreibt: „Man kann hier verschiedene Konstellationen aufzählen: Seien es homosexuell orientierte Menschen, die gemeinsam eine Queer Family gründen, etwa das lesbische Paar, das mit einem befreundeten oder erst noch zu findenden (eventuell) schwulen Mann oder Männerpaar eine Familie gründet und sie dann zu dritt oder zu viert Co-Eltern in einer Mehrelternfamilie sind.“

Rechtlich sind in Deutschland allerdings bisher nur Familien mit zwei Personen als Eltern möglich. So schreibt Wimbauer, dass „schon die Frage beim medizinischen Personal nach der Erkrankung des Kindes […] rechtlich für soziale Co-Eltern nicht abgesichert“ sei.   Das mache die Eltern in Co-Parenting-Familien zu „Alltagsjongleur*innen, da die faktische Sorgearbeit ja meist geteilt werden soll und wird.“

Das Buch von Christine Wimbauer mit dem Titel „Co-Parenting und die Zukunft der Liebe“  ist im Transcript-Verlag erschienen und kann OpenAccess als PDF heruntergeladen werden.

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Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung wurden 2007 auf Initiative des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) gegründet. Sie wurde nach  Magnus Hirschfeld, Sexualforscher und Pionier der Schwulenbewegung sowie der lesbischen Menschenrechtsaktivistin Fannyann Eddy aus Sierra Leone benannt.

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Die Stiftung setzt sich weltweit für Menschenrechte von LSBTIQ ein und unterstützt Partnerorganisationen im globalen Süden und in Osteuropa. Durch Aufklärung- und Überzeugungsarbeit bei politisch Verantwortlichen sowie Kampagnen gegen Homophobie und strafrechtliche Verfolgung soll die Menschenrechtssituation von LSBTIQ verbessert werden.

„In 76 Staaten wird Homosexualität heute noch strafrechtlich verfolgt, in einigen Ländern der islamischen Welt sogar mit Todesstrafe bedroht. Vielerorts sind staatliche Behörden an der Unterdrückung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender beteiligt, verweigern ihnen jeglichen Schutz vor Anfeindungen und Gewalt“ so schreibt die Stiftung über ihr Problemfeld. Auch in Europa schlage Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender mitunter noch Hass entgegen und werden ihre Grundrechte eingeschränkt.

Grundlage der Arbeit sind die Yogykarta-Prinzipien, eine Zusammenstellung von Menschenrechtsstandards in Bezug auf sexuelle Minderheiten und LSBTIQ, die von führenden Menschenrechtsexpert*innen entwickelt wurde. Zu den Strategien der Stiftung zählt die direkte Hilfe für LSBTIQ-Organisationen und Projekten im Ausland, die Organisation von Menschenrechtskongressen und Tagungen, internationale Lobbyarbeit, Informationsvermittlung und Forschung. Die Arbeitsschwerpunkte liegen bisher in Afrika, Mittelamerika und Osteuropa.

Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung gibt außerdem eine Schriftenreihe heraus. Zu den erschienenen Bänden gehört unter anderem eine deutschsprachige Übersetzung der Yogykarta-Prinzipien.

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Lesbische, schwule, bisexuelle, trans, inter und asexuelle Menschen sind laut den vorläufigen Ergebnissen einer Studie der Berliner Charité unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfram Hermann stärker als der Rest der Bevölkerung durch den Corona-Lockdown belastet.

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Die Forscher*innen um Wolfram Hermann führten die Befragung mittels eines Online-Fragebogens durch. Im März/April 2020 gab es eine erste Erhebungswelle, im Januar/Februar 2021 fand zweite Befragung statt. Ziel der Studie des Instituts für Allgemeinmedizin war es, die Situation und das Befinden von Menschen in Deutschland während der Corona-Pandemie zu untersuchen. Dabei lag ein Schwerpunkt der Studie auf LSBTI-Menschen.Es zeigt sich, dass Teilnehmer*innen, ohne Partner, ohne Kind, alleine wohnend, unter 65 und LGBTIA+ einsamer waren“ schreiben die Autor*innen der Studie über die bisherigen Ergebnisse. Auch zeigte sich eine höhere Einsamkeit in der zweiten Befragungswelle im Vergleich zur ersten Befragungswelle. In der Gruppe der LGBTIA+ Menschen seien vor allem asexuelle Menschen, trans Menschen und non-binäre Menschen besonders ausgeprägt von Einsamkeit betroffen, auch wenn diese in einer Partnerschaft seien.

Die Pandemie belaste insbesondere Menschen, die vorher schon von psychischen Problemen betroffen waren. So gaben Befragte, die sich während der Befragung in Psychotherapie befanden, an, dass die Psychotherapie während der Pandemie seltener stattfand oder langfristig ausfiel.

Insgesamt, so die Forscher*innen, zeige sich weiterhin ein hoher psychosozialer Unterstützungsbedarf. Insbesondere asexuellen, trans und non-binäre Menschen sollten digitale Unterstützungs- und Vernetzungsangebote als Mittel gegen Einsamkeit angeboten werden.  Hausärzt*innen sollten bei Patient*innen, die sich zurzeit in Psychotherapie befinden, gezielt nachfragen, ob diese aktuell ausreichend stattfindet. Es sei außerdem empfehlenswert, wenn Hausärzt*innen bei LGBTIA+ Patient*innen gezielt nach Einsamkeit fragen.

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Im November berichtete Echte Vielfalt über das geplante und bundesweit einzigartige lesbische Wohnprojekt RuT-Wohnen.

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Wie das Berliner Queer-Magazin Siegessäule nun berichtet, fehlen dem Projekt rund eine Million Euro. Die Mittel werden unter anderem für die Projektsteuerung, fachliche Beratung und für die Ausstattung sowie langfristige Sicherung des Wohnprojekts benötigt.

Derzeit versucht die Projektgruppe, das Geld über Anträge und Spenden zu akquirieren. Jutta Brambach, Projektleiterin, sieht aber auch die Politik in der Pflicht: „Es braucht einfach mehr – wenn man ein Leuchtturmprojekt lesbischer Sichtbarkeit wirklich umsetzen möchte. Die Politik muss auch Geld in die Hand nehmen. Das geht dann nicht anders.“

Unter rut-wohnen.de finden Sie weitere Informationen, wie das Projekt mit einer Spende unterstützt werden kann.

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Erfolg für die LSBTIQ-Community in Japan: Ein Gericht hat die fehlende rechtliche Anerkennung für gleichgeschlechtliche Paare als verfassungswidrig erklärt.

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Japan hat als bisher einziger G7-Staat die „Ehe für alle“ bisher nicht anerkannt. Nun entschied in der nordjapanischen Stadt Sapporo ein Bezirksgericht, dass Weigerung Japans, gleichgeschlechtliche Ehen offiziell anzuerkennen, das verfassungsmäßige Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

2019 hatten mehrere Paare von verschiedenen Gerichten des Landes gegen ihre Diskriminierung geklagt und verlangten außerdem eine Entschädigung für das Unrecht. Vor dem Gericht in Sapporo hatten drei Paare geklagt.  Das Urteil von Sapporo könnte nun wegweisend für weitere Gerichtsverfahren sein.

Aktivist*innen begrüßten das Urteil. Die Anwälte der Kläger*innen betonten, es handle sich um "einen großen Schritt hin zur Gleichberechtigung bei der Ehe".

Ob der Gesetzgeber nun jedoch die notwendigen Reformen einleitet, um die gleichgeschlechtliche Ehe endlich zu ermöglichen, ist weiterhin unklar. Für eine Gesetzesänderung ist eine Mehrheit im Parlament von Nöten. Laut Umfragen befürwortet inzwischen jedoch eine Mehrheit der Japaner*innen die rechtliche Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe.

Einige Gemeinden haben bereits in den letzten Jahren Partnerschaften von homosexuellen Menschen eigenständig anerkannt. Hier können sich Paare ein Zertifikat als „gleichgeschlechtliche Lebenspartner“ ausstellen lassen. Eine solche Eintragung einer Partnerschaft ist zwar rechtlich nicht bindend, ist aber ein Schritt gegen alltägliche Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren. Die gleichen Rechte wie heterosexuelle Ehepaare haben Menschen, die eine solche Lebenspartnerschaft eintragen lassen, jedoch auch weiterhin nicht.

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Vor Kurzem verabschiedete das Bundeskabinett ein „LSBTI-Inklusionskonzept für Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit“. Darin verpflichtet sich Deutschland, den Schutz der Menschenrechte von queeren Menschen zu einem wichtigen Bestandteil der Außenpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit zu machen. So können zum Beispiel in Ländern, die finanzielle Hilfen erhalten aber wo Homosexualität verboten ist, gezielt LSBTI-Organisationen unterstützt werden. Auch greift das Konzept zentrale Forderungen von LSBTI-Organisationen auf, wie etwa LSBTI-Themen in den Kontext der Menschenrechte einzubetten oder auf die besondere Schutzwürdigkeit von Minderjährigen einzugehen.

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Außenamts-Staatsminister Michael Roth (SPD) äußerte sich in einem TAZ-Interview über die Hintergründe des Beschlusses: „Weltweit, aber auch in Europa, gehören LGBTI nach wie vor mit zu den verwundbarsten Gruppen, die Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt ausgesetzt sind. In mehr als 70 Staaten weltweit werden LGBTI vom Staat verfolgt und bestraft. In einigen Staaten steht auf Homosexualität sogar noch die Todesstrafe.“  Es solle Grundsatz der Politik der Bundesregierung in der internationalen Politik werden, dass LGBTI-Rechte Menschenrechte seien. Vorreiter*innen mit ähnlichen Strategien seien unter anderem die skandinavischen Länder.

Die queerpolitischen Sprecher*innen der grünen Bundestagsfraktion begrüßten das Konzept kritisierten jedoch, dass dieses „längt überfällig“ gewesen sei. Nun müsse der Beschluss schnellstmöglich in die Arbeit des Auswärtigen Amtes und des Entwicklungsministeriums Einzug erhalten: „Deutschland als eines der größten Geberländer darf angesichts der verheerenden Situation für LSBTI in manchen Regionen der Welt keine weitere Zeit zu verlieren.“ Der Beschluss der Bundesregierung müsse auch Selbstverpflichtung sein, viel stärker als bisher auf die Einhaltung von Menschenrechten zu drängen. Außerdem dürfe die Bundesregierung nicht mehr Staaten zu „sicheren Herkunftsländern“ erklären und Abschiebungen in diese durchführen, in denen Homosexualität strafrechtlich verfolgt werde.

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Am Wochenende vor der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, welche vom 23. bis 25. Februar 2021 pandemiebedingt digital abgehalten wurde, „schlugen“ Aktivistinnen der Bewegung ‚Maria 2.0‘ mit der Aktion ‚Thesenanschlag 2.0‘ bundesweit ein Papier mit sieben Thesen an die Eingangsbereiche katholischer Kirchen. Die vierte These hat den Titel „#bunt“ und fordert „eine wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft“ – aber kann es echte (sexuelle und geschlechtliche) Vielfalt in der katholischen Kirche wirklich geben?

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Denn wie Maria 2.0 einräumt, sei die offizielle Sexualmoral der katholischen Kirche, wie sie aktuell gelehrt werde „lebensfremd und diskriminierend“: So dürfen beispielsweise gleichgeschlechtliche Paare in der katholischen Kirche noch immer nicht heiraten (und in der evangelischen Kirche können sie nur „gesegnet“ werden), auch das Pflichtzölibat besteht noch. Zudem ist die katholische Kirche eine der einzigen Institutionen in der Welt, die Frauen explizit von bestimmten Ämtern ausschließt – obwohl Menschenrechte und Grundgesetz allen Menschen gleiche Rechte garantieren.

Deswegen forderte das Katholische LSBT+ Komitee gemeinsam mit anderen Reformbewegungen der katholischen Kirche (unter anderem Maria 2.0) in einem öffentlichen Appell an die Bischofskonferenz, dass es ein Umdenken bei der Sexualmoral und Akzeptanz sexueller Minderheiten brauche: „Die Kirche braucht einen neuen und positiven Zugang zur Sexualität, ihrer bewussten Gestaltung und der Tatsache, dass Sexualität zum Leben gehört“ – „Heterosexuelle, Lesben, Schwule, trans- und intergeschlechtliche Menschen – alle gehören gleichwertig zu unserer Kirche. Es darf hier keine Verurteilungen und Diskriminierungen mehr geben“.

Doch obwohl diese Forderungen unter dem Appell „Verspielen Sie die letzte Chance nicht!“ gestellt wurden, wird bislang selbst das Problem der zahlreichen sexuellen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, die seit 2010 an die Öffentlichkeit geraten (sind), unzureichend von der Bischofskonferenz thematisiert und aufgearbeitet. So wird unter anderem dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki „fehlende Transparenz“ vorgeworfen, weil er ein unabhängiges Gutachten zum sexuellen Missbrauch durch Priester wegen angeblicher methodischer Fehler nur eingeschränkt veröffentliche – eine Entscheidung, von der der Betroffenenbeirat ausgeschlossen wurde, wie Patrick Bauer, ein Betroffener, dem Deutschlandfunk sagte: „Man hat uns in dieser Sitzung das Gefühl gegeben: Lieber Betroffenenbeirat – Ihr müsst mit uns diese Entscheidung tragen. Wir hören auf Euch und das ist das Entscheidende: Wir hören auf euch. Das, was ihr uns sagt, machen wir. Das ist das, was uns vermittelt worden ist. Fakt war aber, dass da die Entscheidung längst gefallen war“, sagt Patrick Bauer.

Entscheidungen in der katholischen Kirche scheinen also nach wie vor hinter verschlossenen Türen von Männern getroffen zu werden, während kaum Offenheit für jegliche Forderungen zur Aufarbeitung oder Reform gezeigt wird – nicht einmal, wenn sie aus den Reihen der immer weniger werdenden Mitglieder kommen, und nicht einmal, wenn sie von denen kommen, die Opfer des „lebensfremden“ Umgangs der katholischen Kirche mit Sexualität geworden sind.

Die Frage danach, ob die katholische Kirche sich zu einem Ort der echten (sexuellen und geschlechtlichen) Vielfalt öffnen und reformieren kann besteht also: Nach dem Thesenanschlag „1.0“ vor über 500 Jahren, als Martin Luther 95, damals als radikal geltende, Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt haben soll, war das endgültige Ergebnis nicht etwa eine grundlegende Reform der katholischen Kirche – sondern die Bildung einer neuen. Angesichts steigender Austrittszahlen ist die Frage ist also nicht, ob es eine Veränderung geben wird – sondern ob diese inner- oder außerhalb der katholischen Kirche stattfinden wird.

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LSVD Schleswig-Holstein startet Kampagne zur Akzeptanz und Solidarität Pressemitteilung Flensburg, 21. Januar 2021. Mit der neuen Kampagne „Echte Vielfalt ÜBERALL #ZeigFarbe“ wirbt der LSVD Schleswig-Holstein für Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI*) in Schleswig-Holstein.

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Darüber hinaus soll darauf aufmerksam gemacht werden, wie sich die aktuellen Beschränkungen auf das Leben von LSBTI* auswirken.

„Die Corona-Pandemie verstärkt die Verletzlichkeit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI*) besonders. Die Gefahr von Gewalt und Anfeindungen, der LSBTI* in familiären Bereichen oder in Geflüchtetenunterkünften ausgesetzt sind, wächst dramatisch an. Zusätzlich finden Beratungs- und Unterstützungsangebote derzeit durch die Beschränkungen nicht statt - Rückzugsräume und Selbsthilfegruppen fehlen. Auf diese prekäre Situation möchten wir mit der Kampagne #ZeigFarbe aufmerksam machen und zu Solidarität aufrufen. Alle Menschen können sich an der Aktion beteiligen. Wer ein Plakat sieht, kann sich davor fotografieren und das Foto mit dem Hashtag #ZeigFarbe in den sozialen Medien teilen. Gemeinsam wollen wir so im ganzen Norden ein Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts setzen“, so Andreas Witolla aus dem Landesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) Schleswig-Holstein.

Neben der Kampagne initiierte der LSVD auch das Bündnis für Akzeptanz und Respekt mit über 40 engagierten Organisationen und Vereinen. Mit der Unterzeichnung der Lübecker Erklärung treten sie für die Bekämpfung von Diskriminierung und für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in Schleswig-Holstein ein.

„In kleineren Städten und ländlichen Gemeinden steckt das Thema Akzeptanz von LSBTI* noch in den Kinderschuhen. Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans*- und intergeschlechtliche Menschen sind jedoch auch hier Teil der Gesellschaft und brauchen Räume zum Austausch und Unterstützungsangebote. Um das zu ermöglichen stehen wir mit Vertreter*innen vieler Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein im Austausch. Auch im Bündnis sind Städte und Kreise, aber auch Vereine, Verbände und Unternehmen organisiert und wir freuen uns über jedes neue Mitglied. Gemeinsam treten wir für ein buntes und vielfältiges Schleswig-Holstein ein“, so Andreas Witolla weiter.

Die Kampagne wird gefördert durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein im Rahmen des Aktionsplans Echte Vielfalt.

Pressekontakt

LSVD Schleswig-Holstein
Andreas Witolla
T. 0163 7675747
andreas.witolla@lsvd.de 

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