Echte Vielfalt

Lebensbereiche

Heute, am 08.11.2022, beginnen in den USA die Midterm Elections, die Zwischenwahlen während der Amtszeit des jetzigen Präsidenten Joe Biden. In einem früheren Artikel haben wir bereits einen kurzen Überblick über das System der Zwischenwahlen und ihre mögliche Signalwirkung auch für die internationale LSBTIQ* Comunity erwähnt. Nun ist es so weit.

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Im deutschen Fernsehen wird u. a. der Sender Phönix über Nacht Berichte und Dokumentationen zu den Wahlen senden. Mit Schließen der ersten Wahllokale beginnt bereits die Stimmzählung, sodass, mit etwas Nachlauf, ab 0 Uhr die ersten Hochrechnungen erwartet werden können. Auch wenn die genauen Ergebnisse noch ausstehen, berichtet die NGO „Human Rights Campaign“ (HRC) von ersten Anzeichen dafür, dass trotz der Versuche extremistischer Kandidat*innen, Angst zu schüren und LSBTIQ*, Schwarze und Frauen vom Wählen abzuhalten, die Zwischenwahlen 2022 mehr LSBTIQ*-Wähler*innen aufweisen als jemals zuvor. Damit verbindet die HRC die Hoffnung, dass auch entsprechend mehr LSBTIQ* Vertreter*innen in die Ämter gewählt werden. Wie in unserem letzten Bericht bereits erwähnt, stellen sich dieses Jahr mindestens 101 LSBTIQ*-Kandidat*innen zur Wahl.

„This year, HRC endorsed more people of color and openly LGBTQ+ candidates than ever before. The LGBTQ+ community is expected to score a series of historic victories across the country, continuing to make important strides toward stronger representation and visibility at every level of government.”

Trotz der Euphorie ist allerdings zu berücksichtigen, dass traditionell die Partei, die gerade den Präsidenten stellt, tendenziell schlechter abschneidet, wie die Friedrich Neumann Stiftung bemerkt. Das ist zunächst kein unlösbares Problem. Auch Clinton und Obama regierten teilweise aus einer Minderheit heraus. Allerdings werden die Ergebnisse einen Hinweis darauf geben, ob und wie stark der ehemalige Präsident Donald J. Trump in die Wahlen 2024 eintreten wird. Dieser hatte sich im Vorfeld stark in die Kandidatenauswahl der Republikaner eingebracht.

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Wenn die Transition den Prozess beschreibt, in den sich eine Person begibt, um äußere und soziale Merkmale dem empfundenen Geschlecht anzugleichen, dann beschreibt die Detransition den Prozess des Rückgängigmachens dieses Prozesses. In der Broschüre ‚Gender Detransition auf dem Weg zur Selbstakzeptanz‘ definieren die Autorinnen Detransition…

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„… als die Entscheidung, die jemand trifft, um die soziale und medizinische Transition zu einem anderen Geschlecht zu beenden. Diejenigen, die eine soziale Detransition durchliefen (Outing, Namensänderung, etc.), aber ihren Prozess abgebrochen haben, bevor sie sich trans-bezogenen Behandlungen oder Operationen unterzogen, werden als „Desister“ bezeichnet.“ (PostTrans)

Aber Vorsicht beim Verständnis: Es mag so scheinen, dass Menschen, die sich für eine Detransition entscheiden, einfach wieder das Geschlecht annehmen, dessen Merkmale sie bei ihrer Geburt aufwiesen. Jedoch haben viele auch weiterhin das Problem, sich nicht genau einem Geschlecht zuordnen zu können. Erschwert wird dies oftmals zusätzlich, wenn geschlechtsangeleichende Operationen durchgeführt wurden und/oder aufgrund von Hormoneinnahme Änderungen in Stimme und Erscheinungsbild aufgetreten sind. Detransition ist also nur eine bedingte Rück-Transition. Für einige ist es ein weiterer Schritt der Selbstfindung, für andere bedeutet es, zwischen allen Stühlen zu stehen. Gerade für letztere ist dabei die Emotionalität, mit der dieses Thema von allen Seiten behandelt wird, eine besondere Belastung.

„So aufgeregt die Debatte in den Medien geführt wird, so dünn ist die Datenlage – und das gilt gleichermaßen für Trans-Personen wie für diejenigen, die detransitionieren.“ (Deutschlandfunk-Kultur)

Nicht nur Transmenschen, sondern alle, die nicht in das binäre Mann-Frau-Schema passen, können von Diskriminierung bis hin zu Gewalt betroffen sein. Der Deutschlandfunk nimmt auf dieses Dilemma Bezug, wenn er darauf verweist, dass Geschichten über Detransition immer auch das Potenzial haben, missbräuchlich verwendet zu werden. Wenn also einige Detransitionierer*innen aufgrund ihrer Erfahrungen mehr Vorsicht und bessere Begleitung fordern, steht auf der anderen Seite die trans Community, die ihre Rechte in Gefahr sieht. Dabei haben beide Gruppen gleiche Interessen - die Suche und gesellschaftliche Anerkennung des eigenen Geschlechts.

Gerade Jugendliche benötigen meist etwas mehr Beratung, da sie sich unabhängig davon, ob sie Transmenschen sind oder nicht, immer in einer Transitionsphase mit entsprechender Identitäts-Unsicherheit befinden. Aber auch Erwachsene – sowohl während einer Transition als auch bei einer Detransition - sind sich nicht unbedingt über mögliche Nebenwirkungen im Klaren. Wie der Deutschlandfunk in seinem Podcast anmerkt, können gerade Hormonbehandlungen nicht einfach abgebrochen werden, sondern benötigen medizinische Begleitung und entsprechende Beratung, die jedoch meist fehlt.

Persönliche Schicksale treffen also auf die politische Verwertungslogik von öffentlichen Debatten. Das Problem, das dabei entsteht, liegt nicht in der Unmöglichkeit aufeinander zuzugehen, sondern in der emotionalen Aufladung, mit der das Thema belastet ist und die zu einer verstärkten Verunsicherung der Beteiligten führt. Doch: „Detransition sollte als Part der geschlechtlichen Vielfalt und die detransitionierenden Menschen als Teil der trans*Community verstanden werden, bzw. ihre Geschichten als Teil der Trans Studies“ (Vanessa Slothouber auf: dgti).

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Am 27. Oktober trat die schottische Ministerin für kommunale Sicherheit, Ash Regan, zurück. Sie protestierte damit gegen den aktuellen Gesetzesentwurf der Regierung zur Selbsterklärung für die rechtliche Anerkennung des Geschlechts, das die Notwendigkeit einer psychiatrischen Diagnose der Geschlechtsdysphorie beseitigt und das Alter für Antragsteller*innen von 18 auf 16 Jahre herabsetzt.

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Als Begründung betonte Regan, sie könne die anstehende Abstimmung nach gründlicher Überlegung nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Die schottische Prime Ministerin Nicola Sturgeon nahm den Rücktritt Regans an, warf dieser allerdings vor, es versäumt zu haben, ihre Bedenken frühzeitig zu äußern. „Ich stelle fest, dass Sie sich zu keinem Zeitpunkt an mich - oder an den Kabinettssekretär für soziale Gerechtigkeit - gewandt haben […]“, zitiert The Guardian Sturgeon. Dennoch wurde der Gesetzesentwurf im ersten Schritt vom Parlament mit 88 zu 33 Stimmen angenommen. Unterstützt wurde der Entwurf dabei auch von Nicht-Regierungsparteien wie der Labour Partei, „die dafür eintritt, eine Befriedung in der Sache erreichen zu wollen“, so das Magazin schwulissimo.

Bevor es allerdings zur endgültigen Gesetzgebung kommt, geht der Vorschlag in die sogenannte Änderungsphase. Hier wurden bereits im Voraus von verschiedenen Abgeordneten Bedenken geäußert, dass das Vorhaben massiv an Zustimmung in der Bevölkerung verlieren könne, wenn die Regierung im weiteren Verlauf nicht auf wesentliche Bedenken eingehe, so das Magazin weiter (In unserem letzten Artikel zu diesem Thema findet sich ein Überblick zu den Kritikpunkten).

Die Ministerin für soziale Angelegenheiten, Shona Robison, versicherte den Abgeordneten, dass sie eine "Politik der offenen Tür" für diejenigen habe, die Bedenken vorbringen oder mögliche Änderungsanträge diskutieren wollen. Jede*r Abgeordnete könne in der zweiten Phase Änderungsanträge einbringen, solange diese im Rahmen der Gesetzgebung liegen.

Nach der intensiven Debatte am Donnerstag, 27. Oktober, zeigten sich einen Tag später die Abgeordneten beider Seiten optimistisch: Diejenigen, die darauf hinwiesen, dass die wichtigsten Grundsätze der Reform parteiübergreifend unterstützt würden, und diejenigen, nach deren Meinung die Revolte der ‚Hinterbänkler‘ der Schottischen Nationalpartei (SNP) - die stärkste seit 15 Jahren - eine weitere Zusammenarbeit der Gegner*innen in der nächsten Phase anregen könne. Die Vertreter*innen der schottischen trans Community begrüßten zwar die breite Unterstützung des Gesetzentwurfs durch die Abgeordneten, fügte aber hinzu, dass es bedauerlich war, im Plenarsaal einige der gleichen Fehlinformationen zu hören, gegen die sie seit Jahren ankämpften.

Wie The Guardian weiter berichtet, wird auf der Gegenseite nächsten Monat die Anhörung eines langwierigen Gerichtsverfahrens erwartet, das den Entwurf evtl. nochmals infrage stellen könnte. Die Kampagnengruppe „For Women Scotland“, die gegen die Selbstdeklaration eintritt, hatte bereits 2018 im Zusammenhang mit einem Gesetz über die Vertretung der Geschlechter in öffentlichen Gremien gegen die schottische Regierung geklagt.

Es ist also zu vermuten, dass die zweite Phase nicht weniger kontrovers verlaufen wird als es bis jetzt der Fall war.

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Mitte letzten Jahres trat Amazons ‚Inclusion Playbook‘ in Kraft. Darin legte der Konzern Richtlinien zum Beispiel zum Umgang mit Stereotypen fest, die bei einem Filmdreh von und für Amazon zu berücksichtigen sind. Seitdem ist über ein Jahr vergangen und die zunächst laut gewordene Kritik am Playbook scheint in den Hintergrund gerückt, wie aktuell die jüngsten Empörungen um die Netflix-Serie „Heartstopper“ zeigen.

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Nach massivem Druck aus der Community sah sich der Schauspieler Kit Connor gezwungen, sich auch privat als bi zu outen, nachdem ihm bzw. der Serie ‚Queerbaiting‘ vorgeworfen wurde. Queerbaiting gilt als „eine Marketingtechnik für Fiction- und Entertainment-Formate, bei denen die Produzent*innen auf gleichgeschlechtliche Romanzen oder andere LGBTI-Darstellungen hinweisen, sie dann aber nicht darstellen.“ (queer.de) Connor erhielt die Vorwürfe, nachdem er Hand in Hand mit einer Schauspielerkollegin gesehen wurde: „Bei manchen Fans sorgte dies für Unverständnis, da Connor in ‚Heartstopper‘ einen bisexuellen Schüler spielte, […] und in Interviews von sich gab, dass er sich mit seiner Rolle identifizieren könne.“

Diese „Fans“ glaubten, einen Anspruch darauf zu haben, aufgrund einer Rolle über die sexuelle Orientierung eines Schauspielers zu urteilen. Genau dies missversteht jedoch auch Amazon: Im Inclusion Playbook stellt - neben Inklusion - Authentizität eine zentrale Maxime. Es gehe darum, Minderheiten auch in Bezug auf ihre „sexuelle Orientierung“ zu stärken, so der Konzern. Aber: Die Richtlinie regelt, wer vor und hinter der Kamera steht, indem sie Quoten für Geschlecht, Herkunft sowie sexuelle, politische oder religiöse Ausrichtungen setzt. Andreas Berner zitiert dazu in seiner ZEIT-Kolumne: „Es sollen nur noch Schauspieler engagiert werden, deren Identität (Geschlecht, Geschlechtsidentität, Nationalität, Ethnizität, sexuelle Orientierung, Behinderung) mit den Figuren, die sie spielen, übereinstimmt."

Der Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt mahnt, dass die hier betriebene Nebeneinanderstellungen von Identitäten durch „Authentizität“ eine Identitätspolitik erzeuge, wie sie auch bei den „Neuen Rechten“ zu finden sei. Hier gehe es nicht mehr um Schauspiel und Rollenübernahme, sondern dass jede*r einen/ihren Platz zugewiesen bekommt. Sowohl Schmitt als auch Berner zitieren in diesem Zusammenhang Diderot und sein „Paradox über den Schauspieler“ um 1770:

"Der Schauspieler ist nicht diese oder jene Person, er spielt sie nur und spielt sie so gut, dass Sie ihn mit ihr verwechseln", […] "das vollständige Fehlen von Empfindsamkeit" sei daher gerade "die Voraussetzung für erhabene Schauspieler".

Die taz fragte im vergangenen Jahr, ob nun nicht geoutete Schauspieler*innen mehr oder weniger zu Outings gezwungen würden, um Jobs zu bekommen und bemerkte: „Ein Mörder muss nicht von einem Mörder gespielt werden. […] Und ein homosexueller Schauspieler kann eben auch die Rolle eines Heterosexuellen übernehmen.“ Ebenso hätte Connor, auch wenn er nicht bi wäre, die Rolle verkörpern können.

Amazons Anliegen, möglichst keine potenziellen Kund*innen zu verschrecken, ist offensichtlich. Dabei verlangt der Konzern allerdings nicht weniger als eine*n gläserne*n Arbeitnehmer*in, die*der alles über ihre*seine Herkunft und (sexuelle) Identität verrät, um anstellbar zu bleiben. Ob dabei ein Thema schauspielerisch gut umgesetzt wird oder nicht, sollte jedoch auch weiterhin eine Frage des Handwerks und nicht der sexuellen oder irgendeiner anderen Identität bleiben.

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Die Veranstaltung in Köln war schnell ausgebucht. 70 Teilnehmende – überwiegend frauenliebende Frauen – besuchten den Fachtag „Verbundenheit und Einsamkeit im Alter“, den der Dachverband Lesben und Alter am 21.10.2022 ausrichtete. Lesen Sie in diesem Beitrag mehr zu den zentralen Inhalten des Fachtages.

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Impulsvorträge

Der Spagat zwischen Gemeinschaft und Rückzug betrifft Ältere ebenso wie Jüngere, betonte Prof. Dr. Sonia Lippke in ihrem Impulsvortrag. Studien deuten allerdings darauf hin, dass LGBTQI*‐Menschen doppelt so häufig von Einsamkeit betroffen sind wie die sonstige Bevölkerung. Genaue Zahlen fehlen jedoch. Insbesondere fehlt Forschung zur Lebenssituation älterer lesbischer Frauen. „Hier ist die Politik in der Pflicht“, so Carolina Brauckmann, Vorstandsfrau des Dachverbands Lesben und Alter. „Denn spezifisch lesbische Strategien über soziale Netzwerke und Wahlverwandtschaften der Einsamkeit entgegenzuwirken, können Vorbild sein für eine älter und diverser werdende Gesellschaft.“

Wie gut das funktioniert, zeigte Barbara Bosshard, seit 2019 Präsidentin von queerAltern Schweiz. Dem Verein gelang es auch in Pandemie-Zeiten, Angebote wie regelmäßige Wanderungen und Erzählcafés aufrecht zu erhalten. Der Austausch mit Jüngeren und das Aufbrechen stereotyper Altersbilder sind Bosshard besonders wichtig. Ihr Credo: Sichtbarkeit als alte, als queere Menschen. „Damit auch die Jüngeren sehen: Aha, man kann 70 werden und immer noch glücklich aussehen.“

Talkrunde

"Wie verschaffen wir uns Verbundenheit und Zugehörigkeit?" Auf dem Bild von links: Christof Wild (Der Paritätische, Kreisgruppe Köln), Betty Thie (Golden Girls, Köln), Barbara Bosshard (queerAltern, Zürich), Elke Schilling (Silbernetz e. V.), Carolina Brauckmann (Dachverband Lesben und Alter).

In der Talkrunde knüpfte Betty Thie an die Impulsvorträge an. In den Pandemiejahren sei es schwierig gewesen, die Gruppe zusammenzuhalten, nicht wenige hätten sich völlig zurückgezogen. Vor allem das Telefon wurde zum Mittel der Wahl, um in Kontakt zu bleiben. Auf die Kraft der Kommunikation via Telefon setzt der Verein Silbernetz von Beginn an. Elke Schilling, Gründerin des Netzwerks, legt nach wie vor großen Wert darauf, all jene zu erreichen, die anderen Angeboten fernbleiben. Schilling spricht nicht von den Einsamen, sondern von Menschen mit Redebedarf. Bei Silbernetz können sie einfach anrufen oder sich anrufen lassen. Es sei erstaunlich „welche Nähe über dieses Medium möglich ist.“ Die Themen, über die gesprochen wird, sind „so divers wie alte Menschen nun einmal sind.“ Ob Sexualität, Armut, Alltagserlebnisse – alles komme zur Sprache.

Christof Wild ergänzte die Runde mit Erkenntnissen aus der modernen offenen Senior*innenarbeit. Vernetzung und selbstorganisierte Gruppen stehen im Mittelpunkt. „Einsamkeit in der Gruppe“ sei immer wieder Thema. Schon früh habe er gelernt: „Wenn ich Verbundenheit haben will, muss ich soziale Intimität herstellen“.

Abschluss und Folgetag

Zum Abschluss vertieften die Teilnehmerinnen die Tagungsthemen in moderierten Austauschrunden. Lebendig, sehr persönlich und kreativ kamen weitere Aspekte zur Sprache. So gehört zu den persönlichen Strategien, sich im Alter mit anderen Lesben zusammenzutun, die eine ähnliche Biographie haben. Es sei hilfreich, die Gemeinsamkeiten zu bewahren, Veränderungen zuzulassen und im Gespräch mit Jüngeren zu bleiben, auch im Rahmen von internationalen Begegnungen.

Am Folgetag tauschten sich Mitgliedsorganisationen und interessierte Fachfrauen unter dem Motto „Allein, aber nicht einsam“ über konkrete Angebote vor Ort aus.

Vorstandsfrau Carolina Brauckmann zeigte sich am Ende der Tagung hoch zufrieden: „Das war ein reiches Programm mit unglaublich vielen Impulsen. Als Dachverband Lesben und Alter werden wir die Anregungen aufgreifen. Zentral bleibt für uns: Sichtbarkeit zeigen, als ältere Lesben vielfältige Altersbilder nach außen tragen und die Bedürfnisse der Zielgruppe bei der Politik und im geplanten Nationalen Aktionsplan ‚Queer leben‘ verankern. Wir benötigen mehr Erkenntnisse über alte und junge Lesben, das heißt Forschung, Forschung, Forschung! Und wir brauchen Unterstützungsstrukturen, damit auch diejenigen teilhaben können, denen das Geld fehlt, kostenpflichtige Angebote wahrzunehmen. Wir nehmen den Bundeskanzler beim Wort: 'You'll never walk alone‘."

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Zwei Studierende des Masters 'Soziale Arbeit und Forschung' an der FH Münster möchten im Rahmen eines Forschungsprojektes herausfinden, wie es gender-queeren Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe geht, um deren Bedarfe, Lebenswege und Anliegen sichtbar zu machen. Dazu möchten sie gerne mehr zu subjektiven Erfahrungen vor und während der Heimunterbringung erfragen und bitten hier mit einem Fragebogen um Unterstützung.

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Der Fragebogen umfasst fünf größere Themenkomplexe, die Anzahl der Fragen hängt von den jeweiligen Antworten ab. Die Bearbeitungsdauer beträgt etwa 30 bis 40 Minuten. Es kann aber auch jederzeit pausiert und später wieder an derselben Stelle weitergemacht werden. Alle Daten werden anonym erhoben, streng vertraulich behandelt und können nicht der jeweiligen Person zugeordnet werden.

Die Studierenden bitten darum, ihren Fragebogen an junge Menschen weiterzueiten, die zwischen 16 und 27 Jahren alt sind und entweder derzeit in stationärer Jugendhilfe leben oder einen Teil ihres Lebens in stationärer Jugendhilfe gelebt haben.

Hier ist der Flyer zur Umfrage: FLYER_FFA. Darauf sind sowohl der URL-Link als auch ein QR-Code zur Umfrage vorhanden. Gerne kann der Flyer auch in Einrichtungen ausgehängt oder auf anderen Wegen geteilt werden.

Die Umfrage wird bis zum 29.01.2023 freigeschaltet sein.

Rückfragen können gerne jederzeit per Mail an gender-queere.Umfrage@web.de gerichtet werden.

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Während der Dokumentarfilm „Mutter Mutter Kind“ ein Langzeit-Porträt über zwei Frauen und ihre Familie zeigt, handelt es sich bei ‚Bodies Bodies Bodies‘ um einen sozialsatirischen Horrorfilm mit lesbischen Hauptfiguren.

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Die Langzeit-Doku ‚Mutter Mutter Kind‘ begleitet die Protagonist*innen seit 2009 ca. 13 Jahre lang und gibt somit nicht nur Einblicke in das Leben der Familie, sondern zeigt darüber hinaus die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich in dem Zeitraum ereignet haben und mit denen Anny und Pedi und ihre Kinder konfrontiert sind.

„Es war mir wichtig, die privaten Erlebnisse unserer Protagonisten in einen zeitgeschichtlichen Kontext zu stellen und auch den Umgang mit Homosexualität in Deutschland international zu verorten“, zitiert der Freitag Annette Ernst, die Regisseurin des Films.

Der Film beginnt kurz vor der Geburt des dritten Sohnes von Anny und Pedi zu einer Zeit, in der die beiden Frauen noch mit einer Annonce nach einem passenden Samenspender suchen mussten. Annette Ernst und Kamerafrau Nina Werth wollten mit ihrem Film Antworten auf vorurteilsbeladene und hoch umstrittene Fragen finden. Zum einen: „Fehlt den Kindern bei gleichgeschlechtlichen Eltern das jeweils andere Geschlecht?" Und zum zweiten: „Darf man den Kindern zumuten, eine Sonderrolle zu spielen?“ (hessenschau)

Das Magazin L-Mag kritisiert hingegen die problembeladene Sicht des Films und hätte sich angesichts des umfassenden Rohmaterials und der „prächtige[n] Entwicklung der porträtierten Regenbogenkinder“ eine positivere Betrachtungsweise gewünscht: „Die Doku lässt viele spannende Themen liegen.“

‚Bodies Bodies Bodies‘ der holländischen Regisseurin Halina Reijn ist ein Generation Z-Film im typischen Slasher-Comedy-Style: Eine Gruppe von sieben rund 20-jährigen ‚Rich Kids‘ verbringt ein Wochenende auf einem abgelegenen Anwesen. Ein Mord-im-Dunkeln-Spiel entpuppt sich dabei als bitterer Ernst mit mehreren echten Leichen… Ein aufziehender Hurrikan mit Strom- und Netzausfall tut sein Übriges.

Auch wenn diese Art Geschichte nicht wirklich neu ist und bereits in diversen Filmen umgesetzt wurde, besteht das Besondere hier aus „immer aggressiver werdenden Anspannungen und Sticheleien innerhalb der toxischen Gruppendynamik, deren Gespräche wie aus einem Twitter-Thread entnommen wirken.“ (moviebreak). Damit zeigt sich ‚Bodies Bodies Bodies‘ als „Genre-Parodie und als Sozialsatire auf Gen Z-Kids, ihre Werte und ihre Freundschaften“ (L-Mag).

Überzeugend spielen zudem Amandla Stenberg und Maria Bakalova ein junges lesbisches Paar, das – anders als häufig in Filmen – ganz selbstverständlich zueinander findet. Stenberg ist im echten Leben offen Bi und setzt sich für LGBTIQ* Rechte ein (hier ein interessantes Interview mit ihr). Ein weiterer Hauptdarsteller, Lee Pace, der im Film zwar einen heterosexuellen Part spielt, gab im August bekannt, seinen langjährigen Freund geheiratet zu haben.

Trailer ‚Mutter Mutter Kind‘

Trailer ‚Bodies Bodies Bodies‘

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Die Aussage „Don‘t say gay“, die auf eine Gesetzgebung in Florida vom März 2022 hinweist, steht für eine hoch ideologische und Menschen abwertende Politik. Das Gesetz verbietet den Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität vom Kindergarten bis zur dritten Klasse, so The Guardian im Frühjahr dieses Jahres.

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Darüber hinaus gilt je nach Auslegung des jeweiligen Schulbezirks, dass auch diesbezügliche Vertrauensgespräche zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen oder Symbole wie die Regenbogenflagge in das Verbot eingeschlossen sind. In einem früheren Artikel haben wir hierzu ausführlicher berichtet.

Die Gesetzgebung bildet das „Vorbild“ für die Republikaner*innen, wie das Magazin schwulissimo betont, um in den gesamten Vereinigten Staaten die Grundrechte von Homosexuellen und LGBTIQ+ im Allgemeinen anzugreifen. „Doch es sollte nicht übersehen werden, dass Florida mit der Verabschiedung eines solchen Gesetzes, das den Bildungsbereich betrifft, nicht allein dasteht.“, mahnt die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Auch weitere Bundesstaaten haben bereits ähnliche Gesetze erlassen: „In Georgia etwa richtet sich ein gesetzliches Verbot der Verbreitung von ‚spalterischen Ideen und Konzepten‘ an Schulen nicht nur gegen LGBTQ+-Themen.“

Es ist also nicht „nur“ die LGBTQ+ Comunity, die hier von den Konservativen als Feind auserkoren wurde. Die Konservativen haben es geschafft, ähnlich wie schon bei dem Begriff „political correctness“ den umgangssprachlichen Begriff „woke“ (zu Deutsch: aufgewacht) zu einem Synonym für linken Autoritarismus umzudeuten. Der Begriff hat seinen Ursprung im afroamerikanischen Englisch und bedeutet eigentlich, dass eine Person „wachsam gegenüber Rassismus, Sexismus und anderen Unterdrückungsverhältnissen“ ist. Gesetze wie das in Florida werden als „Anti-woke-Gesetze“ bezeichnet und verfolgen den Zweck, Bildung und Verbreitung von Weltbildern, die nicht in das Bild „weißer christlicher Nationalist*innen“ passen, zu verbieten, so die Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammenfassend.

Dabei geht es über ein Redeverbot bereits weit hinaus. Laut einer Studie von „Pen America“ wurden im vergangenen Schuljahr 2021/22 in den USA über 1.600 Schulbücher zu Themen von Rassismus, Sexualkunde, geschlechtliche Identität etc. auf den Index gesetzt, schreibt der Stern. Auf der Seite von Pen America ist dazu zu lesen, dass von diesem „Buchverbot“ fast vier Millionen Schüler*innen betroffen seien.

Wenn sich also die Konservativen – nach Angaben der Rosa-Luxemburg-Stiftung – neben den Bundesgerichten auf die Einzelstaaten und die lokalen Regierungen konzentrieren, um dort ihre Anliegen durchzusetzen, dann ist das eine nicht zu unterschätzende Bedrohung. Es geht hierbei um eine dezentrale Politik, deren konkrete Konsequenzen nicht nur auf die LGBTQ+ Community zielen, sondern alle betreffen, die nicht dem konservativen Weltbild entsprechen, wie bspw. Frauen, die sich gegen überkommene Reproduktionsvorstellungen stellen, People of Color oder all jene, die grundsätzlich von einem guten Bildungssystem abhängig sind, d. h. die Bildung und Sozialisation der nächsten Generationen.

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Mittwoch, 12. Oktober 2022: Vor einer Schwulenbar in der slowakischen Hautstadt Bratislava erschoss ein 19-Jähriger einen Besucher und einen Kellner sowie verletzte eine weitere Angestellte. Nach Angaben der taz, mit Bezug auf Polizei und Staatsanwaltschaft, sei die Tat geplant gewesen, die Opfer jedoch zufällig gewählt. Noch am selben Abend soll der Täter ein Video über die sozialen Netzwerke verbreitet haben, in dem er sagte, er habe „keine Reue“. Anschließend tötete er sich selbst.

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Im Licht dieses Ereignisses verabschiedete das Europäische Parlament am 20. Oktober eine Resolution, in der es die Tat als rechtsextremen Terrorakt bezeichnete und zutiefst verurteilte. Gleichzeitig zeigte es sich „besorgt über die Straflosigkeit, mit der LGBTIQ+-feindliche Gruppen und insbesondere rechtsextremistische Gruppen in einigen Mitgliedstaaten agieren“. Im aktuellen Fall hatte sich der Schütze sowohl an der White-Supremacy-als auch an der Incel-Ideologie orientiert. Das Parlament bestätigt damit, dass die Tat kein Einzelfall war, sondern ihren Ursprung in den ideologischen bis hin zu rechten LGBTIQ+-feindlichen Strukturen hat.

Wie die Magazine Schwulissimo und Queer berichten, sei die Resolution mit 447 zu 78 Stimmen und 45 Enthaltungen verabschiedet worden. Dabei kamen die Neinstimmen vor allem von Vertreter*innen aus Ungarn, Polen und Italien.

Dass es sich hierbei auch um ein strukturelles Problem handelt, macht ein Blick zurück in den März 2021 deutlich: Damals stellte das Europäische Parlament fest, dass es einen deutlichen Rückschritt bei den Rechten von LGBTIQ+ Personen gebe, der vor allem in Ungarn und Polen zu beobachten sei. In diese Situation von Hetze und Desinformation seinen auch Amtsträger*innen und Behörden involviert, heißt es. Auch in der Slowakei ist die Gesetzgebung weit hinter einem effektiven Schutz und Gleichbehandlung von LGBTIQ+ Personen zurück, daran ändert nichts, dass sich die Präsidentin und der Ministerpräsident solidarisch mit den Opfern zeigten.

Dabei verstoßen die Länder in ihrer Ignoranz bis hin zur aktiven Beschneidung von Rechten nicht „nur“ gegen ethische Prinzipien oder die „Allgemeine Menschenrechtserklärung“. Stattdessen missachten alle Länder, die sich LGBTIQ+ feindlich verhalten, eindeutig europäisches Recht.

In ihrer letzten Resolution verweisen die Parlamentarier*innen zuallererst auf die eigenen Grundrechte der EU, um sofort im Anschluss Bezug auf Art. 2 EUV zu nehmen, den Vertrag über die Europäische Union. Hierin stellt die EU klar, dass ihre Gründungswerte die „Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören“, und allen Mitgliedstaten gemein sind. Bereits in der Vergangenheit hatte die EU sowohl Ungarn als auch Polen mit Sanktionen belegt, weil diese gegen die Grundwerte verstoßen hatten.

Das Parlament ist sich der strukturellen Ursachen sehr bewusst. Ob die Sanktionen allerdings wirklich zu einer Verbesserung für die LGBTIQ+ Community in den einzelnen Mitgliedstaaten führen, bleibt abzuwarten. Die Mühlen mahlen langsam und bis dahin und darüber hinaus braucht es immer wieder die Stimmen der Zivilgesellschaft.

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Die Fußball-WM in Katar ist mittlerweile kaum noch als unumstritten zu bezeichnen. Die unwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter*innen und die geradezu lebensgefährdende Gesetzgebung, vor allem auch für die LSBTIQ* Community, sind keine Vermutungen.

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In einem früheren Artikel haben wir bei echte-vielfalt.de über die Situation und was sie für LSBTIQ* Besucher*innen sowohl aus dem Ausland als auch aus Katar bedeuten kann, berichtet. Nun spitzt sich die Lage zu. Nach einer Zusammenfassung des Magazins Schwulissimo sollen Filmaufnahmen in Privaträumen, Universitäten, Krankenhäusern sowie bei Unternehmen verboten werden. Gerade die erste Einschränkung erschwert es, hinter die Kulissen zu schauen. Damit betrifft diese Medienzensur zwar alle, allerdings bedeutet sie gerade für gefährdete Personen „Unsichtbarkeit“ in Sinne des Wortes.

Der Tagesspiegel merkt an, dass übertragende Medien wie ARD und ZDF oder auch die Telekom Magenta TV immer wieder versichert hatten, auch über die vorherrschenden Zustände berichten zu wollen. Dies wird ihnen nun zumindest massiv erschwert.

Aber damit nicht genug: Wie der Stern mit Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Norwegen "NRK" berichtet, ist jede*r Besucher*in dazu verpflichtet eine App herunterzuladen, die weitreichende Zugriffe auf die privaten Daten erhält. Die App sei von einem „Trojaner“ kaum zu unterscheiden, so der Stern. Der NRK fasst zusammen:

„They can simply change the contents of your entire phone and have full control over the information that is there.”

Aus diesem Grund empfiehlt der norwegische Rundfunk, ein leeres bzw. neues Handy mitzunehmen, wenn man das Land besuchen möchte. Eine App, die einen fast uneingeschränkten Zugang hat, kann nicht nur auf vorhandene Daten zugreifen, sondern prinzipiell auch Gespräche. Wie schon in unserem vorherigen Bericht gilt hier: „Während die WM-Tourist*innen nach den Spielen das Land verlassen, bleibt das Gesetz gegen Homosexualität für die Menschen in Katar auch nach der WM, wenn die Welt nicht mehr zuschaut, bestehen.“ Und es ist unklar, welche Erkenntnisse die Führung in Katar über einige ihrer Bürger*innen daraus zieht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hingegen kündigte an, „vor Ort die Sicherheit von queeren Fans während des Turniers [zu] thematisieren.“ Sie wolle dafür zusammen mit der Menschenrechtsbeauftragten Luise Amtsberg (Grüne) sowie dem Eventmanager Bernd Reisig (Initiative "Liebe kennt keine Pause – gegen Homophobie in Katar") Ende Oktober nach Katar reisen. Bereits zuvor hatte Faeser gefordert, „bei künftigen internationalen Sportevents […]  bereits die Vergabe ‚an menschenrechtliche Standards‘" zu knüpfen, lehnte einen Boykott der WM jedoch ab.

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